Schlagwort-Archive: Drei Hasen in der Abendsonne

Landwirtschaft im Ruhrgebiet

Ja ja, ich weiß, Ihr assoziiert den Ruhrpott eher mit rauchenden Schloten und kohleverschmierten Bergarbeitern. Aber an diesem Wochenende lohnt sich ein Besuch dort vielleicht auch mal für die Leute, die mehr auf Viehzucht als auf Schwerindustrie stehen. Denn auf der Messe in Essen wird Blöde Kuh von Florian Racky der Öffentlichkeit vorgestellt, bei dem man sich mit Nutztieren herumplagt. Da mir die Drei Hasen in der Abendsonne schon vor einigen Wochen ein Exemplar zugeschickt hatten, hatte ich die Gelegenheit, das immer mal wieder zu spielen und möchte es Euch noch mal ans Herz legen. Landwirtschaft im Ruhrgebiet weiterlesen

Drei Tage im Oktober – die Messevorschau 2018 (Teil 1)

Auch in diesem Jahr will ich einen kleinen Überblick darüber geben, was mich auf der Messe in Essen besonders reizt. Natürlich liegt mein Schwerpunkt dabei nicht auf den großen deutschen Verlagen, sondern auf den kleineren, meist aus fernen Ländern (obwohl ich hier und da auch mal eine Ausnahme mache). Das liegt nicht etwa daran, dass mich andere Spiele überhaupt nicht interessieren würden, sondern eher daran, dass ich dafür keine Messe brauche, denn die meisten deutschen Spiele kriege ich hinterher problemlos noch zu sehen, dafür brauche ich nicht nach Essen zu fahren. Und da ich dieses Jahr leider, leider nur von Mittwoch bis Freitag dort sein kann, muss ich mir meine Zeit gut einteilen. Drei Tage im Oktober – die Messevorschau 2018 (Teil 1) weiterlesen

Neue Spiele aus Lateinamerika, April 2018

Willkommen zu einer neuen Ausgabe meiner Lateinamerika-Nachrichten. Wie immer kann ich schwer einschätzen, wie viele Leute sowas wirklich interessiert. Aber hey, mich selbst ganz bestimmt, daher mache ich damit auch weiter, zumal ich davon überzeugt bin, dass die lateinamerikanischen Spiele in den nächsten Jahren stärker in den internationalen Markt integriert sein werden als jetzt. Das haben viele asiatische Spiele ja auch geschafft. Also: Viel Spaß beim Lesen.

Argentinien

Noch zwei Wochen, dann ist es so weit: In Buenos Aires findet zum vierten Mal das Geek Out Fest statt. Zum dritten Mal wird dabei der König-Alfonso-Preis verliehen. Über die Kandidatenspiele hatte ich ja hier schon berichtet. Nun sind die Finalisten bekannt gegeben worden. Da ich selbst ja nur ein einziges der Spiele gespielt hatte, war es für mich natürlich ein bisschen schwer, mich da auf Favoriten festzulegen, aber ich hatte meine Lauscherchen natürlich ein bisschen aufgestellt. In der Endrunde vertreten sind nun also Corona de Hierro von Franco Toffoli, was nach allem, was ich gehört hatte, keine Überraschung war. Ich hoffe, dass ich das Spiel nächste Woche endlich spielen kann, dann kann ich auch selbst was dazu sagen. Außerdem sind in der Endrunde noch Geek Out! Masters von Matías Saravía, das ich hier ja schon besprochen hatte, sowie Magus: Aura Mortis von Martin Oddino.

Während die Spannung beim Premio Alfonso also auf ihren Höhepunkt zuläuft, tut sich natürlich auch außerhalb davon einiges. Mandalas von Mauro Guarino ist schon einmal in einer Mini-Auflage erschienen, befindet sich aber derzeit in einer Neubearbeitung, um demnächst in besserer Materialqualität zu erscheinen. Es geht bei diesem Spiel darum, aus 13 Puzzleteilen je ein Mandala zu legen, in dem passende Muster und Farben möglichst aneinander grenzen sollen. Auch ohne Spanischkenntnisse kann man aus diesem kurzen Erklärvideo einiges herauslesen, glaube ich. Der Verlag heißt Old Skull Ideas.

Bolivien

Leider habe ich noch keine Verlage oder Autor/innen aus Bolivien ausfindig machen können. Aber dafür habe ich die Nachricht gefunden, dass das Goethe-Institut in La Paz seit dem 3. März 2018 auch über eine Ludothek verfügt, in der man sich europäische Spiele ausleihen kann. Das finde ich ja eine sympathische Idee. Wer sich also mal in La Paz langweilen sollte, weiß, wo er oder sie Abhilfe finden kann. Hier ist der Katalog., der leider eine Menge Tippfehler enthält – was bei einem Bibliothekskatalog natürlich ein Problem sein kann. Da hat das Goethe-Institut noch Nachbesserungsbedarf.

Brasilien

Ein ganz wunderbares Projekt gibt es hier zu bestaunen. Der Clube do Tabuleiro de Campinas (Brett(spiel)club aus (der Stadt) Campinas) entwickelt Spiele für diejenigen, die sich normalerweise keine Spiele leisten könnten. Es ist geradezu eine neuartige Form des Print-and-Play-Konzepts, denn die Spiele sind so gemacht, dass man sie aus Dingen selbst bauen kann, die normalerweise im Müll landen. Sie stellen sie entsprechend kostenlos zur Verfügung. Das aktuelle Spiel heißt Batalha espacial (Raumschlacht) und ist von Wagner Gerlach. Neben ein paar Ausdrucken braucht man noch den Deckel einer in Brasilien offenbar handelsüblichen Butterdose. Im Spiel bekämpfen sich zwei Raumschiffe, die von zwei Spielfeldrändern aufeinander schießen. In der Mitte liegt aber der beklebte Deckel, den man drehen kann. Dann haben die Schüsse, je nachdem, was für ein Feld auf dem Deckel man trifft, verschiedene Auswirkungen.
Spielentwicklung als Hilfe zur Teilhabe ist ein tolles Konzept, finde ich. Und ein Beitrag zum Recycling ist es auch noch. Toll!

Weiß es jemand noch nicht? Seit dem 27. März gibt es eine Kickstarter-Kampagne für Arena – the Contest von Alexandre Aboud und Danilo de Alcantara. In diesem Spiel befinden wir uns in einer fernen Zukunft, wo Krieg verboten ist und bewaffnete Konflikte nur in speziellen Arenen stattfinden. Sie werden von speziell ausgebildeten Miniaturen, äh, Heldinnen und Helden durchgeführt, die man in den Arenen aufeinander hetzen kann. Natürlich gibt es jede Menge Kombinationen aus Waffen, Fähigkeiten und Situationen, und wer auf Spiele mit großem Materialaufkommen steht, wird hier sicherlich fündig. Folgerichtig wurde das Spiel auch in Nullkommanichts finanziert und ist jetzt schon ein reichlicher Erfolg. Die Kampagne läuft noch bis zum 27. April und der Verlag heißt Dragori Games.

Neu bei Mandala Jogos ist Covil: Mestres das Trevas (Covil: Meister der Dunkelheit) von Luís Brüeh (der es auch illustriert hat). Dunkle Meister sammeln morgens ihre Truppen, prügeln sich tagsüber und gucken nachts, wer gewonnen hat. Das Ganze geht über vier Tage, und wer dann der dunkelste aller Meister ist, gewinnt. Die Mandala-Ausgabe ist auf Portugiesisch, aber im kanadischen Verlag Vesuvius Media ist auch eine englischsprachige Ausgabe erschienen. Da die meisten Leute hierzulande des Portugiesischen nicht mächtig sein dürften, ist das vielleicht eine beruhigende Nachricht.

Außerdem ist in Brasilien der Prêmio Ludopedia wieder vergeben worden (rückblickend für das Jahr 2017). Bei diesem Preis gibt es mittlerweile sechs Kategorien. Für Expert/innen, für Familien und für Kinder (dass das auf der Ludopedia-Webseite in dieser Reihenfolge aufgeführt wird, finde ich interessant – ein deutlicher Unterschied zur Spiel-des-Jahres-Tradition), und beides jeweils für internationale und einheimische Spiele. Mich interessieren natürlich vor allem die einheimischen. Gewonnen hat bei den Expert/innen Os Reinos de Drunagor (Die Reiche von Drunagor) von Daniel Alves und Eduardo Cavalcante, erschienen bei HISTERIA GAMES. Das ist ein aufwendiges Miniaturenspiel mit allem Drum und Dran, das über die brasilianische Crowdfunding-Plattform Kickante finanziert wurde. Schon bemerkenswert – man würde annehmen, dass Crowdfunding-Projekte nur weltweit funktionieren, aber dem ist offenbar nicht so.
Bei den Familienspielen ging der Preis an Dwar7s: Outono (Zwerge: Herbst) von Luís Brüeh, verlegt bei Mandala Jogos (als Dwar7s Fall auch schon außerhalb Brasiliens erschienen). In diesem Worker-Placement-Spiel versuchen ein paar Zwerge mit Rechtschreibschwäche, Vorräte für den Winter anzulegen, indem sie möglichst viele Juwelen sammeln, die sie dann gegen Essen eintauschen können.
Bei den Kinderspielen hat das sehr hübsche Belo Jardim von Marta Giardini gewonnen, das im Verlag Mitra erschienen ist.  Ich glaube, es geht darum, einen besonders schönen Garten zu bauen, denn das ist es, was der Name auf Deutsch bedeutet. Wenn ich das Material sehe, kriege ich gleich Lust zu spielen, obwohl meine eigenen Kinder aus dem reinen Kinderspielalter ja schon seit einer Weile raus sind (Belo Jardim ist ab 5).
Es ist ein klein wenig frustrierend für mich, die sonstige Empfehlungsliste durchzulesen, denn von den dort aufgeführten weiteren zehn Spielen hatte ich bisher nur von dreien etwas gehört. Ich habe noch viel zu tun und zu lernen…

Chile

In diesem Blog habe ich ja zwei regionale Schwerpunkte, nämlich Lateinamerika und Asien. Wenn ich dann von einem Spiel höre, das sozusagen aus beiden gleichzeitig kommt, ist das für mich natürlich ein besonderes Fest. Demnächst gibt es eine Crowdfunding-Kampagne für die Spielesammlung Primar, für die Hacko Games aus Taiwan und Ludoismo aus Chile zusammenarbeiten. Sie enthält Primar Yellow von Victor Hugo Cisternas und Pablo Céspedes (über deren Los Tesoros del Rey Pirata ich hier schon berichtet hatte), Primar Blue von Martin Windischer und Primar Red von Odd Hackwelder, der auch für den Druck und die Crowdfunding-Kampagne verantwortlich ist. Alle drei Spiele sind Mikrospiele, für die man jeweils nicht mehr als 18 Karten braucht (das ganze Set enthält 50 Karten). Die Gestaltung hat Pablo Céspedes übernommen. Regeln in verschiedenen Sprachen sollen enthalten sein, darunter auch Deutsch. Ich habe eine Vorabversion schon spielen können und sie gefällt mir sehr gut. Eine ausführlichere Rezension folgt.

Gleich fünf Mathematikspiele für Kinder hat Victor Ponce 2017 bei Langley herausgebracht. Die Mitarbeiter/innen seines Lernzentrums waren frustriert über die schlechte Qualität der zur Verfügung stehenden Lernmittel, und der Direktor gab ihm den ambitionierten Auftrag, gleich 100 Mathespiele zu entwickeln. Aus den 100 Ideen wurden dann tatsächlich (vorerst) fünf Spiele, wobei weitere folgen könnten. Ein wichtiges Element dieser Spiele ist, dass die Kinder für sich selbst lernen können, dass also keine Lehrkraft nötig ist. Das heißt, dass jedes Spiel ein Kontroll- beziehungsweise Korrekturement enthalten muss. Die bisherigen Spiele heißen Cuncuna Friends 1, Cuncuna Friends 2, MatematiKart, Treasure Times!! und The Tricky Turtles und wurden von Paula „Supergato“ Cortés illustriert (nur bei MatematiKart stammen die Illustrationen von Claudia Zavala).

Kolumbien

Ich muss gestehen, dass mir der Name Nairo Quintana bis vor Kurzem noch nichts gesagt hatte. Das liegt wahrscheinlich daran, dass mein Fahrrad für mich ein reines Transportmittel ist und ich mich für Radsport nie großartig interessiert hatte. Quintana ist ein kolumbianischer Radrennfahrer, der schon einige internationale Erfolge feiern konnte, und das hat sicherlich mit dazu beigetragen, dass Radsport in Kolumbien sehr populär ist. Da liegt es doch nahe, dass dort auch Brettspiele zu dem Thema erscheinen. Wie zum Beispiel La Vuelta – una clásica mundial, das im Verlag Board and Chips erschienen ist (ein/e Autor/in ist nicht angegeben. Die Illustrationen stammen von Jhon Cardenas). Es handelt sich dabei um ein Würfelspiel, bei dem man seine drei Würfel möglichst sinnvoll auf seine beiden Fahrer und das Begleitfahrzeug aufteilen muss, damit man bei den vier Rennen in verschiedenen Ländern am Ende die Nase vorn hat. Ein spanisches Regelvideo in vier Teilen gibt es hier.

Manche Verlagsnamen sind einfach cooler als andere. Drei Hasen in der Abendsonne zum Beispiel, oder Wattsalpoag („With All That Talent Sitting Around, Let’s Put Out A Game“). Noch so ein Fall ist der kolumbianische Verlag Creo Mi Juego, von dem in diesem Blog schon hier und da die Rede war. Der Name heißt eigentlich „Ich erschaffe mein Spiel“, kann aber auch als „Ich glaube meinem Spiel“ verstanden werden. Bei diesem Verlag sind derzeit diverse Spiele in Arbeit und zum Teil schon weit fortgeschritten. Bereits erschienen ist Flynn’s Scape, das sich an die Serie TRON: Der Aufstand anlehnt. Es ist eine aufgepumpte Variante des Klassikers Mille Bornes (in Deutschland auch als 1000 Kilometer bekannt), wobei die Fahrer/innen in dieser Version verschiedene Spezialfähigkeiten haben. Offenbar gibt es auch wesentlich mehr verschiedene Karten als bei Mille Borne. Autor ist Carlos Reyes.

Mexiko

Eine recht erfolgreiche Kickstarter-Kampagne hat das Kartenspiel Cooks & Crooks von Luis Muñoz (der es auch illustriert hat) und Andrés Novelo kürzlich hingelegt. Die Spieler/innen sind Köch/innen, die in einer Fernsehshow gegeneinander antreten. Dabei wollen sie nicht nur die Jury beeindrucken, sondern auch dafür sorgen, dass die Konkurrenz durchfällt. Also klauen sie fleißig Zutaten oder lassen irgendwas Ekliges in die Töpfe der Andern fallen. Motto: Experience the satisfaction of ruining food (Erlebe, wie befriedigend es ist, Essen zu ruinieren). Erschienen ist es bei Detestable Games (wobei die Kickstarter-Kampagne unter dem Label La Caravana lief).

Uruguay

Und noch einmal betrete ich in diesem Artikel Neuland – aus Uruguay hatte ich auch noch nichts berichtet. Aber wie überall gibt es dort natürlich Leute, die gern spielen, und einen Verlag habe ich auch aufgetan, nämlich Arnár Estudios. Sie haben schon einige Spiele herausgebracht, unter anderem Anfang 2017 das sehr ansprechend gestaltete Warnimal. Neu ist jetzt Undead Road von Federico Franco, ein endloses Zombie-Spiel. Endlos heißt, dass es kein fest definiertes Spielziel gibt. Man kämpft sich kooperative durch Welle auf Welle von Zombies. Jede Welle entspricht dem Durchspielen des Kartenstapels, der eben Zombies, aber auch Waffen und sonstige Ausrüstung enthält. Immer, wenn man den Stapel durch hat, hat man eine Welle überstanden und es beginnt die nächste. Man versucht also, möglichst viele Wellen durchzustehen, bevor es einen doch erwischt. Bei der nächsten Partie kann man dann versuchen, sein letztes Ergebnis zu überbieten.

 

Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung durch die Rechteinhaber/innen. Danke!

Essen-Vorfreude, in Worte und eine kleine Liste gekleidet

Immer näher rückt die Messe in Essen, und obwohl ich mich riesig drauf freue und andauernd irgendwas über Neuerscheinungen lese, kann ich nicht ansatzweise sagen, dass ich einen Überblick darüber hätte, was da alles neu erscheint. Wahrscheinlich ist meine Perspektive ohnehin ein bisschen anders als die der meisten Vielspieler/innen.

Erstens interessieren mich nur sehr wenige große, materialaufwändige Spiele mit komplexen Regeln und langer Spieldauer. Das, was in den einschlägigen Facebook-Gruppen die Herzen höher schlagen lässt, lässt mich oft einigermaßen kalt. Mitspielen würde ich sowas, aber kaufen? Das lohnt sich für mich nicht, es würde einfach viel zu selten auf den Tisch kommen. Für mich sind die komplexen Spiele ein bisschen wie gute Kinofilme, ich lasse mich ganz gern mal drauf ein und genieße das dann auch, aber dann bin ich auch damit durch und habe nur eher selten das wirkliche Verlangen, sie nochmal zu spielen. Glücklicherweise passt diese Haltung ganz gut zu meinem Budget – kurze, knackige Kartenspiele sind normalerweise viel billiger.

Zweitens habe ich nämlich nicht wirklich viel Geld für Spiele-Neuanschaffungen übrig. Ich kaufe nur einen Bruchteil meiner Spiele neu, die meisten tausche ich entweder ein oder kaufe sie gebraucht, oder bekomme welche, wenn ich Verlagen mit Übersetzungen oder Lektorat oder sonstigen Gefälligkeiten aushelfe. Entsprechend gerate ich auch in Essen nicht unbedingt in einen Kaufrausch, obwohl ich dort dann doch mal zuschlage (und das, was ich anschließend aus den Koffern hole, bei Normalspieler/innen wahrscheinlich den Eindruck völliger Übergeschnapptheit hinterlässt). Etwas von meinen Übersetzungshonoraren fließt voraussichtlich in Spiele. Aber nebenbei verbringe ich eine Menge Zeit damit, ältere Spiele zu tauschen, die gar nichts mit der aktuellen Messe zu tun haben. Trotzdem bietet sich das an, weil ohne Portokosten eben wesentlich leichter ein guter Tausch möglich ist.

Drittens fahre ich eigentlich gar nicht in erster Linie nach Essen, um viele neue Spiele kennen zu lernen. Viel wichtiger ist es mir, liebe Leute wiederzutreffen, die ich sonst nicht so oft zu sehen bekomme. Wenn man mit dem einen oder der anderen dann auch mal was spielt, um so besser. Aber ich stehe und sitze auch viel rum und rede mit anderen. Dieses Jahr wird das möglicherweise besonders einfach, weil ich wahrscheinlich viel Zeit am Stand von Lautapelit / Vennerød (3-L116, neben dem Stand der Spielbox) sein werde, um Mission Impractical zu erklären. Dabei ergeben sich bestimmt auch viele Gespräche. Dadurch habe ich zum Angucken vieler Spiele gar keine Zeit. In den drei Tagen, die ich hoffentlich zur Verfügung habe, kann ich auf keinen Fall alles ansehen, was mich grundsätzlich interessieren würde. Ich siebe daher im Vorfeld kräftig aus. Spiele von großen deutschen Verlagen, die noch im Weihnachtsgeschäft im Handel sind, muss ich nicht unbedingt ein paar Wochen vor allen anderen auf dem Tisch haben, die werde ich auch später noch in die Finger kriegen. Japanische, taiwanische, russische oder sonstige Raritäten sind mir eher einen zweiten Blick wert, denn an die komme ich unter Umständen später gar nicht mehr dran.

Aber na gut, wo es alle tun, kann ich ja auch mal eine Handvoll Spiele preisgeben, auf die ich mich neben Mission Impractical besonders freue und die vielleicht nicht in jeder Auf-die-Messe-freu-Liste auftauchen (alphabetisch sortiert, ohne weitere Wertung. Die Beschreibungen mögen nicht völlig zuverlässig sein, ich hab die Spiele ja noch nicht selbst in der Hand gehabt):

BaRRacuda von Christoph Cantzler, erscheint bei den Drei Hasen in der Abendsonne

Ein Handelsspiel um Strandbars, bei dem alle langsam pleite gehen, man aber gegebenenfalls andere unterstützen muss, damit diese erst dann vor die Hunde gehen, wenn man selbst in Führung liegt. Solche Bluff- und Verhandlungsspiele sind genau mein Ding, das sollte passen.

Cattack! No.1 von Azumi Date, erscheint bei GoccoGames

Katzen spielen Volleyball. Man versucht mittels Karten den Ball über das Netz zu hauen. Macht man einen Punkt, legt sich eine Katze aus dem eigenen Team schlafen, sodass eine Lücke im eigenen Feld entsteht. Das kann das andere Team ausnutzen (es wird zu viert gespielt) und den Ball genau da hinspielen. Dann gibt es wiederum einen Punkt, aber der Ball trifft die schlafende Katze, die dadurch natürlich wieder aufwacht. Wie verrückt ist das denn?

Hanamikoji von Kota Nakayama, erschienen bei EmperorS4 Games

Ein Kartenspiel für zwei, bei dem man die Gunst von Geishas erringen muss. Sehr schön illustriert und in seiner ersten Auflage schon überschwänglich gelobt. Ich übersetze gerade die erfreulich kurzen Regeln ins Deutsche, und das klingt alles prima.

Sapotagem von Fel Barros und Warny Marcano, erschienen bei Ace Studios

Ein Stichspiel, das eigentlich nicht übermäßig innovativ klingt, aber ebenfalls schön aufgemacht ist. Ich freue mich deshalb besonders darauf, weil ich einen der Autoren angeschrieben hatte und der sich sehr gefreut hat, dass sich jemand außerhalb Brasiliens für das Spiel interessiert. Er kommt selbst nach Essen und bringt mir eins mit. Immer schön, Leute aus ganz anderen Gegenden der Welt kennen zu lernen, mit denen man eine Leidenschaft teilt. Und Sapotagem passt direkt in mein Beuteschema – es klingt interessant, sieht gut aus und ist wahrscheinlich nach dem 16. Oktober ziemlich unerreichbar für mich.

Das sind ein paar der Spiele, die mich besonders locken. Was sie dann wirklich taugen, muss man sehen, aber ich bin optimistisch.

Vielleicht noch ein paar unvermeidliche Bemerkungen zur Messe insgesamt: Sie wächst dieses Jahr noch mal erheblich (vielleicht kommt mir das aber auch nur deshalb besonders extrem vor, weil ich letztes Jahr ja nicht hin konnte). Sieben Hallen und um die 1200 Neuerscheinungen sind schon ehrfurchterweckend. Eine besondere Neuerung, deren Wirkung erheblich sein könnte, ist der Versandservice, den es erstmals gibt. Dort kann man seine Neuerwerbungen direkt nach Hause schicken. Ich kaufe ja nicht so viel, dass das für mich relevant wäre, aber wer ansonsten wie ich mit dem Zug nach Hause fährt und mehr Geld als Arme zum Schleppen hat, freut sich vielleicht drüber. Ganz zu schweigen von den Leuten, die mit dem Flugzeug anreisen und teilweise Stunden damit verbracht haben, ihr Gepäck flugtauglich zu machen (beziehungsweise im Zweifelsfall nicht von ihrem Budget, sondern eher von ihrer Tragekapazität von weiteren Einkäufen abgehalten werden). Ich rechne jedenfalls mit ziemlichen Schlangen am Versandstand. 

Eins vielleicht noch hinterher, was ich seit letztem Jahr im Hinterkopf habe. Neben der eigentlichen Spielemesse gibt es in Essen auch noch die Comic Action, halt eine Comic-Messe. Die ist im Vergleich zum Spieleteil sehr klein und gehört irgendwie seit Jahren zum Gesamtbild. Ich selbst lese zwar hier und da Comics, bin aber sicherlich nicht Teil der Zielgruppe für eine Comicmesse. Dafür habe ich einen alten Freund, der dort zu sitzen und zu zeichnen pflegt. Der hat letztes Jahr nach der Messe einen Blogbeitrag geschrieben, in dem er ein paar Probleme mit der Comic Action anspricht. Ich finde das ganz lesenswert, denn obwohl es den wirklich boomenden Spieleteil der Messe nicht unmittelbar zu betreffen scheint, kann man daraus auch sehen, was kleine Änderungen bewirken können. Schließlich ist es auch bei den Spielen so, dass die Messe nicht nur aus den riesigen Ständen der Großverlage besteht, sondern eben ganz besonders auch aus den Ständen der kleinen und kleinsten Verlage. Und der Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen, zu plaudern oder auch gar nichts zu tun. Natürlich kann die Messe nur überleben, wenn das ein Randphänomen bleibt, aber wenn es ganz wegfiele und es nur noch Verkaufsstände gäbe, wäre sie für mich auch kaum noch interessant. Daher hoffe ich, dass auch die Comic Action nicht vor die Hunde geht.

Das war’s für heute. Eine Rezension gibt es auf alle Fälle noch vor der Messe, ob noch mehr kommt, wird sich zeigen (erfahrungsgemäß wird es mit den letzten Vorbereitungen nochmal turbulent). Hinterher sollte ich dann aber wieder einiges zu schreiben haben…

In den See! In den See, mit einem Gewicht an den Füßen!

Auf der Nürnberger Spielwarenmesse im Februar hatte ich am Stand der Drei Hasen in der Abendsonne zum erstem Mal einen Blick auf Gauner raus! erhaschen können. Leider hatte ich damals keine Gelegenheit bekommen, es mal anzuspielen, aber vor einigen Wochen erschien es dann im Handel und landete auch gleich bei mir auf dem Tisch. Und so richtig losgelassen hat es mich seither nicht.

Gauner raus! Cover
Cover. Mit freundlicher Genehmigung der Drei Hasen.

In einem alten Fabrikgebäude halten sich Mitglieder von sechs Gaunerbanden versteckt. Die Aufgabe der Spieler/innen ist es, sie aufzuspüren, einzukreisen und, wie der Titel schon verrät, aus dem Gebäude hinauszukomplementieren.
Dazu hat jede/r vor sich einen Plan des Gebäudes liegen. Die Gauner sind ein Kartensatz, mit Karten von A bis F in jeder der sechs Farben. Zu jedem dieser Gauner gehört ein Raum in der Fabrik, die also aus 36 Räumen besteht. Man kriegt nun einige dieser Gaunerkarten auf die Hand und muss versuchen, herauszufinden, welche der anderen Karten bei den anderen Spieler/innen auf der Hand sind. Zu Beginn wird einige Male mit zwei Würfeln gewürfelt, von denen einer eine Farbe und der andere einen Buchstaben zeigt. Man trägt nun auf das den gewürfelten Koordinaten entsprechende Feld eine Zahl ein, die angibt, wie viele passende Karten man auf der Hand hält. Zeigen die Würfel also beispielsweise Grün und D, muss man zusammenzählen, wie viele grüne Karten und wie viele Karten mit einem D man hat und die Summe im Feld Grün D eintragen.

Nun beginnt das eigentliche Spiel. Wer an der Reihe ist, würfelt zunächst wie zu Beginn (aber diesmal trägt man das Ergebnis nur bei sich selbst ein) und fragt dann eine/n andere/n Spieler/in ob er/sie eine bestimmte Karte auf der Hand hat. Natürlich sucht man sich zunächst mal eine Farbe oder einen Buchstaben aus, wo der/die Betreffende schon eine hohe Zahl eingetragen hat, weil dort die Wahrscheinlichkeit für einen Treffer am größten ist. Hat man getroffen, wird die entsprechende Karte ausgelegt und auf allen Zetteln markiert. Liegt man daneben, endet der Zug (und der Fehlversuch wird bei dem/der Befragten markiert). Das geht nun reihum solange weiter, bis jemand keine Karte mehr hat. Es gewinnt, wer am meisten Treffer gelandet hatte. In einer verschärften Variante bekommt man nur Punkte in einer Runde, wenn man vor dem ersten Fehlversuch aufgehört hatte.

Gauner raus! - Spielmaterial
Spielmaterial. Mit freundlicher Genehmigung der Drei Hasen.

Gauner raus! erinnert stark an das Lösen von Sudokus. Aus zunächst sehr wenigen Daten gewinnt man mühselig mehr und mehr Informationen, bis der Rest plötzlich sonnenklar ist – oder man bemerkt, dass man irgendwo einen Fehler gemacht hat. Meist lässt sich dann kaum noch herausfinden, wo dieser seinen Ursprung hatte. Das kann frustrierend sein. Daher auch hier zunächst mal eine ganz dicke Warnung: Wer Gauner raus! spielen will, muss hochkonzentriert sein. Mit Baby auf dem Arm klappt das nicht, und auch schlechtes Licht, Müdigkeit oder Bier sind Gegner dieses Spiels. Es ist ja so: Wenn man eine halbe Stunde auf das Finale hingefiebert hat, dann feststellt, dass irgendjemand etwas falsch eingetragen hat, daraus falsche Schlussfolgerungen entstanden sind und man diese nicht mehr korrigieren kann, endet das Spiel. Man kann dann zwar den/die Schuldige/n als Verlierer/in bezeichnen, aber befriediegend ist das natürlich ganz und gar nicht (vielleicht ist es am unterhaltsamsten, wenn man es hält wie die Schweizer bei Asterix?). Wir haben insgesamt vier Anläufe gebraucht, bis wir das Spiel zum ersten Mal mit einem Sieg beendet hatten. Natürlich hilft es, wenn niemand dabei ist, der das Spiel noch nicht kennt. Wiederholungspartien gehen dann durchaus flüssiger vonstatten. Aber die Gefahr, dass eine Unachtsamkeit das Spiel kaputt macht, ist groß. Da meine Augen außerdem nicht so messerscharf sind, kann ich nicht über den Tisch hinweg erkennen, welche Reihen schon voll sind, da muss ich mir den jeweiligen Zettel schon nehmen und genau angucken. Bei zwei Leuten ist das noch entspannt, bei drei oder mehr verliert man den Überblick schon leichter.

Trotzdem ist Gauner raus! klasse, da waren sich in meinem Spieleumfeld ziemlich alle einig. Man hat eben nicht nur ein Rätsel zu lösen, bei dem man versucht, die höchsten Wahrscheinlichkeiten für seine Tipps zu ermitteln, sondern gleichzeitig entblößt man sich selbst immer mehr und fühlt die Einschläge der anderen näher kommen. Spielt man zu zweit, ist es ein Rennen um das Lösen des anderen Rasters, sind mehrere beteiligt, kommt erschwerend dazu, dass man sowohl mit richtigen als auch mit falschen Tipps Informationen über sich selbst preisgeben kann, die man eigentlich lieber für sich behalten hätte. Auch hier sollte man aufpassen, aber wenn man da ungeschickt spielt, bleibt der Spielfluss zumindest erhalten.
In unserer bisher einzigen Viererpartie fand ich noch etwas interessant. Von einer Spielerin waren schnell mehrere Karten bekannt, von einer anderen längere Zeit gar keine. Zunächst hatte ich die Befürchtung, dass so etwas das Spiel aus der Balance werfen (und zu glücksabhängig machen) könnte. Aber dann zeigte sich, dass erstens die vielen Informationen auf ihrem Zettel auch viel über die anderen verriet, und das zweitens ein Ehrgeiz entstand, der bis dahin unbeschadeten Spielerin Karten herauszulocken. Das funktionierte ganz prima.
Auf jeden Fall ist Gauner raus! ein sehr durchdachtes und gelungenes Erstlingswerk von Autor Rene‘ Puttin, und ich wollte eigentlich nach jeder Partie sofort nochmal spielen. Die wunderbare Grafik von Rolf Vogt, dessen Stil ich einfach sehr mag, tut ein Übriges. Fast schade, dass man während des Spiels viel zu sehr auf Buchstaben und Farben konzentriert ist, um wriklich auf die Illustrationen zu achten.

Gauner raus! ist sicherlich nicht für jeden was. Vielleicht beginnt man zu zweit, um ein bisschen Routine zu bekommen (da muss man noch keine Punkte aufschreiben – wer keine Karten mehr hat, verliert), und arbeitet sich dann zu den größeren Partien hoch. Zielgruppe sind eigentlich Leute, die Spaß am Kombinieren haben, sich voll auf das Spiel einlassen, aber es anderen trotzdem nicht krumm nehmen, wenn doch mal ein Fehler auftritt. Der Typ, der bei Asterix im See versenkt wurde, ist ja nach seiner Rettung auch wieder auf die Party zurückgegangen.

Gesamteindruck: 8/10

Gauner raus!
für 2 bis 4 konzentrierte Leute
von Rene‘ Puttin*
mit tollen Illustrationen von Rolf Vogt
erschienen bei Drei Hasen in der Abendsonne, 2016
(hier kann man auch zusätzliche Wertungszettel herunterladen, denn der beiliegende Block ist etwas knapp bemessen)

*Auf der Schachtel heißt er René.

Stern auf Tier

Wie ich neulich schon mal geschrieben hatte, zeichnet sich ein gutes Kinderspiel dadurch aus, dass es Kindern und Erwachsenen zusammen Spaß macht und dass die einen wie die anderen Gewinnchancen haben (wenn es nicht sowieso ein kooperatives Spiel ist). Tolles Spielmaterial ist definitiv ein Bonus. Sowas ist leider nicht völlig einfach zu finden. Spiele, bei denen man schnell Gemeinsamkeiten erkennen muss, sind für mich meist völlig langweilig, wenn ich sie gegen Kinder spiele – ich muss mich zurückhalten, um nicht zu schnell zu gewinnen. Spiele, die Erinnerungsvermögen einsetzen, haben oft ein ähnliches Problem. Und von beiden Kategorien gibt es schon so viele, dass da selten wirklich was Innovatives dabei ist. Geschicklichkeitsspiele sind meist ebenfalls für Kinder schwieriger als für Erwachsene. In reinen Glücksspielen sind zwar die Chancen gleichmäßig verteilt, dafür sind sie für Erwachsene meist schrecklich langweilig.

Ja, was bleibt denn da noch übrig? Ein Spiel wie Raben stapeln mit Schnabelgrün zum Beispiel. Eigentlich ist das gar nicht ein Spiel, sondern das Regelheft enthält gleich vier Spielideen. Die ersten drei davon sind allerdings wirklich für die Allerkleinsten, und daher beziehe ich mich hier nur auf das vierte Spielidee, die alle von mir gerade geforderten Eigenschaften aufweist.

Das Spiel besteht aus einem Farbwürfel und 25 dicken Holzteilen: sieben Raben, zwölf Sternen (vier- und fünfzackig) sowie sechs runden Scheiben. Zunächst baut man je nach gewünschtem Schwierigkeitsgrad ein bis vier der Teile auf dem Tisch auf. Danach geht es reihum. Man würfelt, nimmt ein Teil in der gewürfelten Farbe und stellt es auf die schon aufgestellten Teile drauf. Wer Rot, Grün oder Gelb würfelt, darf zwischen einem Farbteil oder einem Raben wählen, denn die ansonsten schwarzen Raben haben einen roten Hut mit gelben Sternen auf, und ihr Schnabel ist eben grün. Wer eine bereits verbrauchte Farbe würfelt, darf/muss aussetzen; bei wessen Zug alles zusammenstürzt, hat verloren. Schafft man es aber, alle Teile aufeinanderzustapeln, gewinnen alle gemeinsam.

Den Würfel muss man natürlich nicht mitstapeln. Kann man aber.

Wer jetzt an Tier auf Tier erinnert wird, liegt nicht ganz falsch. Der genrebegründende Klassiker ist ja mittlerweile in massenweise Varianten erhältlich, und das Originalspiel nach wie vor wirklich zeitlos und schön. Nach einigen Dutzend Partien beider Spiele muss ich allerdings sagen, dass mir Raben stapeln noch ein klein wenig besser gefällt. Der krumme Rücken des Krokodils bei Tier auf Tier ist zwar eine schöne Ausgangsbasis, aber nach ein paar Stapeleien werden die Konstruktionen beim Raben stapeln weitaus gewagter und nervenkitzliger. Das mag daran liegen, dass die deutlich breiteren Teile mehr Grundstabilität bieten und man dadurch mehr überhängen kann. Auch die einfacheren Würfelregeln beim Raben stapeln sind in meinen Augen besser als die verschiedenen Aktionen bei Tier auf Tier, die letztlich dazu führen können, dass man kaum an der Reihe ist (wenn man ständig seine Tiere anderen in die Hand drückt), oder dass bei mehreren Krokodilswürfen das Ende sehr unspektakulär daherkommt, weil man schon weiß, dass nicht wirklich mehr was umfallen kann. Solche Situationen gibt es beim Raben stapeln nicht – alle sind beteiligt, und das Stapeln ist nie einfach. Wer sich an der Möglichkeit stört, aussetzen zu müssen (wenn alle Teile einer Farbe schon verbraucht sind), kann stattdessen auch die Regel einführen, dass man bei einer gewürfelten Fehlfarbe einfach ein beliebiges Teil stapelt.

Der von Johann Rüttinger gezeichnete Zauberrabe Schnabelgrün taucht mittlerweile in mehreren Spielen und einem Kinderbuch auf. Er sieht sehr sympathisch aus, und überhaupt ist das ganze Design des Spiels stimmig und einladend. Wärend eine einzelne Partie nur vielleicht zehn Minuten dauert, spielt man erstens meist mehrmals nacheinander, und zweitens sollte man sich nicht darauf einstellen, nach dem Spielen die Teile gleich einräumen zu können. Irgendjemand greift immer danach und versucht etwas Spektakuläres zu bauen, das machen durchaus nicht nur die Kinder. Im Regelheft sind dann auch gleich eine ganze Menge Bauten abgebildet, die es in sich haben und für die man teilweise beim Bauen eigentlich drei Hände braucht. Das lässt einen einfach nicht los.
Also unbedingt eine Empfehlung für alle Leute mit Kindern. Schon die Kleinsten werden gern damit spielen (und wirklich verschluckbar ist da auch nichts), und sobald sie groß genug sind, um zu würfeln und eine Zugreihenfolge einzuhalten, geht’s mit dem eigentlichen Spiel los. Klasse.

Man kann auch Tier auf Tier und das Rabenmaterial zusammen stapeln. Das Foto hat meine fünfjährige Tochter gemacht.

Raben stapeln mit Schnabelgrün
für 1-viele Personen ab drei Jahren
Autor: Paul Kappler
Gestaltung: Johann Rüttinger
Verlag: Drei Hasen in der Abendsonne, 2014

Danke und Glückwunsch!

Tja, das war ein schöner Start – kaum hatte ich die erste Rezension ins Blog eingestellt und auch über Facebook verbreitet, da fand ich dort schon einen Kommentar der Drei Hasen in der Abendsonne, die sieben Exemplare von Die fiesen 7 unter den Leuten ausgelost haben, die den Facebook-Eintrag noch am gleichen Tag teilen würden. Das hat eine Menge Aufmerksamkeit gebracht – vielen herzlichen Dank! Gewonnen haben:

Alexander
Antje
Dorle
Janni
Regina
Rik
Ver Bert

Ihr bekommt demnächst Post von den Drei Hasen. Viel Spaß damit – und Ihr könnt dann ja gern mal den einen oder anderen Kommentar hier posten, wie Euch das Spiel gefallen hat.
Die nächste Rezension sollte, wenn nichts dazwischen kommt, am Sonntag hier zu finden sein.

Sie sind so fies zu mir… und ich mag das.

Preisfrage (ohne Preis): Ein Spiel von Jacques Zeimet, bei dem man Karten aufdecken und Sachen sagen muss, und wenn man die falschen Sachen sagt, kriegt man zur Strafe den ganzen Ablagestapel. Illustriert von Rolf Vogt. Veröffentlicht im Verlag von Hans Rüttinger und Kathi Kappler. Von welchem Spiel ist die Rede?

Falsch geraten.

Ich schreibe hier nicht über das berühmt-berüchtigte Spiel Kakerlakensalat von 2007, sondern über Die fiesen 7, kürzlich auf der Spielemesse in Essen ans Licht gekommen. Die Parallelen zum Kakerlakensalat sind unübersehbar, aber dennoch ist die Spielerfahrung anders und, das kann ich gleich vorwegnehmen, für mich noch etwas besser.

Die fiesen 7 besteht aus einem größeren Stapel Karten, auf denen sieben Ganoven in fünf verschiedenen Motiven abgebildet sind. Die Karten werden gleichmäßig an die Spielenden verteilt. Jemand fängt an und deckt eine Karte auf und sagt sofort „1“. Dann geht es reihum, der/die Nächste deckt eine Karte auf und sagt „2“ und so weiter bis zur 7, dann wieder runter bis zur 1, wieder rauf bis zur 7, wieder abwärtst und so weiter und so weiter. Allerdings gibt es da ein paar Fallstricke zu beachten:

Sind zwei Ganoven auf einer Karte zu sehen, muss man zwei Zahlen sagen, und der/die Nächste muss aussetzen. Hält der Ganove ein Handy in der Hand, sagt man nur „Hmmmrrr“, bei zwei telefonierenden Ganoven entsprechend „Hmmmrrr, hmmmrrr“. Und ein Ganove, der in einen Revolverlauf guckt, ist mucksmäuschenstill und sagt gar nichts. Im Kopf muss man allerdings bei Handy- und Revolverganoven trotzdem weiterzählen, jeder Ganove erhöht beziehungsweise verringert die aktuelle Zahl um eins.

Die fiesen 7
Bild: Drei Hasen in der Abendsonne

Wer einen Fehler macht, muss alle abgelegten Karten unter den eigenen Stapel schieben. Wer als erstes alle Karten abgelegt hat, gewinnt.

Was man als Fehler definiert, ist ein bisschen Ansichtssache – falsches Zählen auf alle Fälle, eine Karte legen, wenn man nicht dran ist, auch, zu langes Zögern ebenso. Letztere Fehler sind aber anpassbar, wenn man zum Beispiel mit Kindern spielt. Ist ein bloßes Ziehen einer Karte, wenn man nicht dran ist, ein Fehler, oder gilt der erst, wenn die Karte auf dem Stapel liegt? Wie langes Zögern ist zu lange? Da ergibt sich in jeder Spielrunde ein eigener Beurteilungsstandard.

Wenn man sich warmgespielt hat, kommt die Fiesenregel ins Spiel, die dem Spiel erst den endgültigen Kick gibt: Wer das erste Handy einer Runde aufdeckt, sagt nicht mehr (unbedingt) „Hmmmrrr“, sondern kann irgendein Geräusch machen, ein Wort oder einen Satz sagen, egal was. Alle anderen, die nun einen Handyganoven aufdecken, müssen das nachmachen. Eine klassische Möglichkeit ist, irgendeine Zahl zu sagen, zum Beispiel 3 – diese Zahl muss jetzt bei jedem Handyganoven gesagt werden, und sie durchbricht natürlich das blanke Zählen, Das kriegt man vielleicht gerade noch hin. Aber wenn jemand sagt „Ich hätte gern die Pizza Nummer 3“ oder „Beim nächsten Ton ist es 10 Uhr 8“, ist es mit dem konzentrierten Zählen schnell vorbei.

Kakerlakensalat habe ich immer ganz gern gespielt und würde auch heute keine Partie ablehnen. Aber mit der Zeit wurde ich dann ganz gut darin und habe kaum noch Fehler gemacht. Die fiesen 7 habe ich jetzt ähnlich oft gespielt, und ich finde es viel, viel schwieriger. Ich glaube, dass dafür vor allem zwei Dinge verantwortlich sind:

– die Doppelganoven durchbrechen den Rhythmus (Spielen, wenn man nicht dran ist, ist bei uns der häufigste Fehler)

– durch die Fiesenregel kommen immer wieder Überraschungen ins Spiel, jede Partie ist anders.

Letzteres führt natürlich auch zu größerem Langzeitspielspaß. Die Illustrationen sind natürlich nicht so spektakulär wie bei den Kakerlakenspielen, aber dass die Ganoven einander furchtbar ähnlich sehen, ist sicherlich Absicht. Und wer das Spiel nach ein paar Runden tatsächlich zu leicht finden sollte, dürfte durch die Fiesenregel längst inspiriert sein, die Schwierigkeit weiter in die Höhe zu treiben. Spielt das Spiel halt mal in einer Fremdsprache, zählt von zwei bis acht anstatt von eins bis sieben, wechselt die Spielrichtung, wenn jemand hustet – die Möglichkeiten sind ziemlich unbegrenzt.

Die fiesen 7 ist zu zweit lustig, zu dritt noch besser und zu viert oder fünft richtig toll (zu sechst habe ich es noch nicht probiert). Wer nur auf harte Strategiespiele steht, sollte die Finger davon lassen – wer über Kakerlakensalat lachen kann, hat hier einen Pflichtkauf vor sich.

Die fiesen 7
Autor: Jacques Zeimet
Illustrationen: Rolf Vogt
Verlag: Drei Hasen in der Abendsonne, 2015