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Neue Spiele aus Lateinamerika, April 2018

Willkommen zu einer neuen Ausgabe meiner Lateinamerika-Nachrichten. Wie immer kann ich schwer einschätzen, wie viele Leute sowas wirklich interessiert. Aber hey, mich selbst ganz bestimmt, daher mache ich damit auch weiter, zumal ich davon überzeugt bin, dass die lateinamerikanischen Spiele in den nächsten Jahren stärker in den internationalen Markt integriert sein werden als jetzt. Das haben viele asiatische Spiele ja auch geschafft. Also: Viel Spaß beim Lesen.

Argentinien

Noch zwei Wochen, dann ist es so weit: In Buenos Aires findet zum vierten Mal das Geek Out Fest statt. Zum dritten Mal wird dabei der König-Alfonso-Preis verliehen. Über die Kandidatenspiele hatte ich ja hier schon berichtet. Nun sind die Finalisten bekannt gegeben worden. Da ich selbst ja nur ein einziges der Spiele gespielt hatte, war es für mich natürlich ein bisschen schwer, mich da auf Favoriten festzulegen, aber ich hatte meine Lauscherchen natürlich ein bisschen aufgestellt. In der Endrunde vertreten sind nun also Corona de Hierro von Franco Toffoli, was nach allem, was ich gehört hatte, keine Überraschung war. Ich hoffe, dass ich das Spiel nächste Woche endlich spielen kann, dann kann ich auch selbst was dazu sagen. Außerdem sind in der Endrunde noch Geek Out! Masters von Matías Saravía, das ich hier ja schon besprochen hatte, sowie Magus: Aura Mortis von Martin Oddino.

Während die Spannung beim Premio Alfonso also auf ihren Höhepunkt zuläuft, tut sich natürlich auch außerhalb davon einiges. Mandalas von Mauro Guarino ist schon einmal in einer Mini-Auflage erschienen, befindet sich aber derzeit in einer Neubearbeitung, um demnächst in besserer Materialqualität zu erscheinen. Es geht bei diesem Spiel darum, aus 13 Puzzleteilen je ein Mandala zu legen, in dem passende Muster und Farben möglichst aneinander grenzen sollen. Auch ohne Spanischkenntnisse kann man aus diesem kurzen Erklärvideo einiges herauslesen, glaube ich. Der Verlag heißt Old Skull Ideas.

Bolivien

Leider habe ich noch keine Verlage oder Autor/innen aus Bolivien ausfindig machen können. Aber dafür habe ich die Nachricht gefunden, dass das Goethe-Institut in La Paz seit dem 3. März 2018 auch über eine Ludothek verfügt, in der man sich europäische Spiele ausleihen kann. Das finde ich ja eine sympathische Idee. Wer sich also mal in La Paz langweilen sollte, weiß, wo er oder sie Abhilfe finden kann. Hier ist der Katalog., der leider eine Menge Tippfehler enthält – was bei einem Bibliothekskatalog natürlich ein Problem sein kann. Da hat das Goethe-Institut noch Nachbesserungsbedarf.

Brasilien

Ein ganz wunderbares Projekt gibt es hier zu bestaunen. Der Clube do Tabuleiro de Campinas (Brett(spiel)club aus (der Stadt) Campinas) entwickelt Spiele für diejenigen, die sich normalerweise keine Spiele leisten könnten. Es ist geradezu eine neuartige Form des Print-and-Play-Konzepts, denn die Spiele sind so gemacht, dass man sie aus Dingen selbst bauen kann, die normalerweise im Müll landen. Sie stellen sie entsprechend kostenlos zur Verfügung. Das aktuelle Spiel heißt Batalha espacial (Raumschlacht) und ist von Wagner Gerlach. Neben ein paar Ausdrucken braucht man noch den Deckel einer in Brasilien offenbar handelsüblichen Butterdose. Im Spiel bekämpfen sich zwei Raumschiffe, die von zwei Spielfeldrändern aufeinander schießen. In der Mitte liegt aber der beklebte Deckel, den man drehen kann. Dann haben die Schüsse, je nachdem, was für ein Feld auf dem Deckel man trifft, verschiedene Auswirkungen.
Spielentwicklung als Hilfe zur Teilhabe ist ein tolles Konzept, finde ich. Und ein Beitrag zum Recycling ist es auch noch. Toll!

Weiß es jemand noch nicht? Seit dem 27. März gibt es eine Kickstarter-Kampagne für Arena – the Contest von Alexandre Aboud und Danilo de Alcantara. In diesem Spiel befinden wir uns in einer fernen Zukunft, wo Krieg verboten ist und bewaffnete Konflikte nur in speziellen Arenen stattfinden. Sie werden von speziell ausgebildeten Miniaturen, äh, Heldinnen und Helden durchgeführt, die man in den Arenen aufeinander hetzen kann. Natürlich gibt es jede Menge Kombinationen aus Waffen, Fähigkeiten und Situationen, und wer auf Spiele mit großem Materialaufkommen steht, wird hier sicherlich fündig. Folgerichtig wurde das Spiel auch in Nullkommanichts finanziert und ist jetzt schon ein reichlicher Erfolg. Die Kampagne läuft noch bis zum 27. April und der Verlag heißt Dragori Games.

Neu bei Mandala Jogos ist Covil: Mestres das Trevas (Covil: Meister der Dunkelheit) von Luís Brüeh (der es auch illustriert hat). Dunkle Meister sammeln morgens ihre Truppen, prügeln sich tagsüber und gucken nachts, wer gewonnen hat. Das Ganze geht über vier Tage, und wer dann der dunkelste aller Meister ist, gewinnt. Die Mandala-Ausgabe ist auf Portugiesisch, aber im kanadischen Verlag Vesuvius Media ist auch eine englischsprachige Ausgabe erschienen. Da die meisten Leute hierzulande des Portugiesischen nicht mächtig sein dürften, ist das vielleicht eine beruhigende Nachricht.

Außerdem ist in Brasilien der Prêmio Ludopedia wieder vergeben worden (rückblickend für das Jahr 2017). Bei diesem Preis gibt es mittlerweile sechs Kategorien. Für Expert/innen, für Familien und für Kinder (dass das auf der Ludopedia-Webseite in dieser Reihenfolge aufgeführt wird, finde ich interessant – ein deutlicher Unterschied zur Spiel-des-Jahres-Tradition), und beides jeweils für internationale und einheimische Spiele. Mich interessieren natürlich vor allem die einheimischen. Gewonnen hat bei den Expert/innen Os Reinos de Drunagor (Die Reiche von Drunagor) von Daniel Alves und Eduardo Cavalcante, erschienen bei HISTERIA GAMES. Das ist ein aufwendiges Miniaturenspiel mit allem Drum und Dran, das über die brasilianische Crowdfunding-Plattform Kickante finanziert wurde. Schon bemerkenswert – man würde annehmen, dass Crowdfunding-Projekte nur weltweit funktionieren, aber dem ist offenbar nicht so.
Bei den Familienspielen ging der Preis an Dwar7s: Outono (Zwerge: Herbst) von Luís Brüeh, verlegt bei Mandala Jogos (als Dwar7s Fall auch schon außerhalb Brasiliens erschienen). In diesem Worker-Placement-Spiel versuchen ein paar Zwerge mit Rechtschreibschwäche, Vorräte für den Winter anzulegen, indem sie möglichst viele Juwelen sammeln, die sie dann gegen Essen eintauschen können.
Bei den Kinderspielen hat das sehr hübsche Belo Jardim von Marta Giardini gewonnen, das im Verlag Mitra erschienen ist.  Ich glaube, es geht darum, einen besonders schönen Garten zu bauen, denn das ist es, was der Name auf Deutsch bedeutet. Wenn ich das Material sehe, kriege ich gleich Lust zu spielen, obwohl meine eigenen Kinder aus dem reinen Kinderspielalter ja schon seit einer Weile raus sind (Belo Jardim ist ab 5).
Es ist ein klein wenig frustrierend für mich, die sonstige Empfehlungsliste durchzulesen, denn von den dort aufgeführten weiteren zehn Spielen hatte ich bisher nur von dreien etwas gehört. Ich habe noch viel zu tun und zu lernen…

Chile

In diesem Blog habe ich ja zwei regionale Schwerpunkte, nämlich Lateinamerika und Asien. Wenn ich dann von einem Spiel höre, das sozusagen aus beiden gleichzeitig kommt, ist das für mich natürlich ein besonderes Fest. Demnächst gibt es eine Crowdfunding-Kampagne für die Spielesammlung Primar, für die Hacko Games aus Taiwan und Ludoismo aus Chile zusammenarbeiten. Sie enthält Primar Yellow von Victor Hugo Cisternas und Pablo Céspedes (über deren Los Tesoros del Rey Pirata ich hier schon berichtet hatte), Primar Blue von Martin Windischer und Primar Red von Odd Hackwelder, der auch für den Druck und die Crowdfunding-Kampagne verantwortlich ist. Alle drei Spiele sind Mikrospiele, für die man jeweils nicht mehr als 18 Karten braucht (das ganze Set enthält 50 Karten). Die Gestaltung hat Pablo Céspedes übernommen. Regeln in verschiedenen Sprachen sollen enthalten sein, darunter auch Deutsch. Ich habe eine Vorabversion schon spielen können und sie gefällt mir sehr gut. Eine ausführlichere Rezension folgt.

Gleich fünf Mathematikspiele für Kinder hat Victor Ponce 2017 bei Langley herausgebracht. Die Mitarbeiter/innen seines Lernzentrums waren frustriert über die schlechte Qualität der zur Verfügung stehenden Lernmittel, und der Direktor gab ihm den ambitionierten Auftrag, gleich 100 Mathespiele zu entwickeln. Aus den 100 Ideen wurden dann tatsächlich (vorerst) fünf Spiele, wobei weitere folgen könnten. Ein wichtiges Element dieser Spiele ist, dass die Kinder für sich selbst lernen können, dass also keine Lehrkraft nötig ist. Das heißt, dass jedes Spiel ein Kontroll- beziehungsweise Korrekturement enthalten muss. Die bisherigen Spiele heißen Cuncuna Friends 1, Cuncuna Friends 2, MatematiKart, Treasure Times!! und The Tricky Turtles und wurden von Paula „Supergato“ Cortés illustriert (nur bei MatematiKart stammen die Illustrationen von Claudia Zavala).

Kolumbien

Ich muss gestehen, dass mir der Name Nairo Quintana bis vor Kurzem noch nichts gesagt hatte. Das liegt wahrscheinlich daran, dass mein Fahrrad für mich ein reines Transportmittel ist und ich mich für Radsport nie großartig interessiert hatte. Quintana ist ein kolumbianischer Radrennfahrer, der schon einige internationale Erfolge feiern konnte, und das hat sicherlich mit dazu beigetragen, dass Radsport in Kolumbien sehr populär ist. Da liegt es doch nahe, dass dort auch Brettspiele zu dem Thema erscheinen. Wie zum Beispiel La Vuelta – una clásica mundial, das im Verlag Board and Chips erschienen ist (ein/e Autor/in ist nicht angegeben. Die Illustrationen stammen von Jhon Cardenas). Es handelt sich dabei um ein Würfelspiel, bei dem man seine drei Würfel möglichst sinnvoll auf seine beiden Fahrer und das Begleitfahrzeug aufteilen muss, damit man bei den vier Rennen in verschiedenen Ländern am Ende die Nase vorn hat. Ein spanisches Regelvideo in vier Teilen gibt es hier.

Manche Verlagsnamen sind einfach cooler als andere. Drei Hasen in der Abendsonne zum Beispiel, oder Wattsalpoag („With All That Talent Sitting Around, Let’s Put Out A Game“). Noch so ein Fall ist der kolumbianische Verlag Creo Mi Juego, von dem in diesem Blog schon hier und da die Rede war. Der Name heißt eigentlich „Ich erschaffe mein Spiel“, kann aber auch als „Ich glaube meinem Spiel“ verstanden werden. Bei diesem Verlag sind derzeit diverse Spiele in Arbeit und zum Teil schon weit fortgeschritten. Bereits erschienen ist Flynn’s Scape, das sich an die Serie TRON: Der Aufstand anlehnt. Es ist eine aufgepumpte Variante des Klassikers Mille Bornes (in Deutschland auch als 1000 Kilometer bekannt), wobei die Fahrer/innen in dieser Version verschiedene Spezialfähigkeiten haben. Offenbar gibt es auch wesentlich mehr verschiedene Karten als bei Mille Borne. Autor ist Carlos Reyes.

Mexiko

Eine recht erfolgreiche Kickstarter-Kampagne hat das Kartenspiel Cooks & Crooks von Luis Muñoz (der es auch illustriert hat) und Andrés Novelo kürzlich hingelegt. Die Spieler/innen sind Köch/innen, die in einer Fernsehshow gegeneinander antreten. Dabei wollen sie nicht nur die Jury beeindrucken, sondern auch dafür sorgen, dass die Konkurrenz durchfällt. Also klauen sie fleißig Zutaten oder lassen irgendwas Ekliges in die Töpfe der Andern fallen. Motto: Experience the satisfaction of ruining food (Erlebe, wie befriedigend es ist, Essen zu ruinieren). Erschienen ist es bei Detestable Games (wobei die Kickstarter-Kampagne unter dem Label La Caravana lief).

Uruguay

Und noch einmal betrete ich in diesem Artikel Neuland – aus Uruguay hatte ich auch noch nichts berichtet. Aber wie überall gibt es dort natürlich Leute, die gern spielen, und einen Verlag habe ich auch aufgetan, nämlich Arnár Estudios. Sie haben schon einige Spiele herausgebracht, unter anderem Anfang 2017 das sehr ansprechend gestaltete Warnimal. Neu ist jetzt Undead Road von Federico Franco, ein endloses Zombie-Spiel. Endlos heißt, dass es kein fest definiertes Spielziel gibt. Man kämpft sich kooperative durch Welle auf Welle von Zombies. Jede Welle entspricht dem Durchspielen des Kartenstapels, der eben Zombies, aber auch Waffen und sonstige Ausrüstung enthält. Immer, wenn man den Stapel durch hat, hat man eine Welle überstanden und es beginnt die nächste. Man versucht also, möglichst viele Wellen durchzustehen, bevor es einen doch erwischt. Bei der nächsten Partie kann man dann versuchen, sein letztes Ergebnis zu überbieten.

 

Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung durch die Rechteinhaber/innen. Danke!

König Alfonso blickt wieder nach Argentinien

Auch wenn die Zugriffszahlen auf mein Blog massiv drunter leiden, dass ich dauernd über so exotisches Zeugs schreibe, kann ich nicht umhin, wieder einen Blick auf den König-Alfonso-Preis in Argentinien zu werfen. Schließlich gibt es in kaum einem Land so systematische und ehrenwerte Bestrebungen, die einheimische Spieleszene aus ihrem Schattendasein herauszuheben, wie in Argentinien. Und auch dieses Jahr sind wieder interessante Sachen dabei. Genau wie im letzten Jahr nehmen 2018 erneut neun Spiele am Wettbewerb teil, die ich Euch hier kurz vorstellen möchte. Leider ist es mir dieses Mal nicht gelungen, mit allen Autor/innen und Verleger/innen in Kontakt zu treten. Daher konnte ich nicht für alle Spiele Bilder bereitstellen. Viele der Verlage haben auch keine Webseite, sondern nur eine Facebook-Präsenz, auf die ich dann entsprechend verlinkt habe.

Also, hier kommen in alphabetischer Reihenfolge die neun Spiele, die sich um den König-Alfonso-Preis beworben haben:

Bienaventurados

Bienaventurados (Die Gesegneten) ist ein Kartenspiel mit christlichem Thema. Solche Spiele sind in aller Regel Ladenhüter, aber die vier Autoren (Federico Acien, Germán Cuesta, Nicolás Passarino und Franco Toffoli) haben sich bei der Spielmechanik offenbar an Spielen wie 7 Wonders oder Sushi Go orientiert, und sowas kann ja erfahrungsgemäß durchaus erfolgreich sein. Es geht also darum, Karten herumzureichen und zu draften und damit eine möglichst punkteträchtige Auslage zu erstellen, wobei auch hier wieder die Punkte verschiedener Kartentypen voneinander abhängen. Nebenbei soll man etwas über ein gutes christliches Leben dabei lernen. Erschienen ist das Ganze bei Tëkun und es passt in eine kleine Kartenspielbox. Illustriert wurde es von Carlos Julio Sánchez Suau.

Contame

Contame (Sag es mir) ist ebenfalls ein ganz kleines Spiel. Es geht darum, Geschichten zu erzählen, indem man von verschiedenen Stapeln Karten zieht und die Bilder beziehungsweise Wörter in eine Geschichte aus einem vorgegebenen Genre einbaut. Man kann es kooperativ spielen oder auch gegeneinander (dann bekommt man Punkte, je nachdem, wie schwierig die entsprechenden Dinge in die Geschichte einzubauen waren). Zielgruppe sind offenbar vor allem Schulen und Bibliotheken, wo es ganz gut anzukommen scheint. Der Verlag Tinkuy, der aus Gloria Claro, Ariel Marcel, Daniela Azulay and Rocío Gil besteht, hat schon eine ganze Reihe kleiner Kartenspiele herausgebracht, in denen es um Poesie, Literatur und überhaupt die analoge Unterhaltung geht. Das von Pablo Patini illustrierte Contame wird da wahrscheinlich nicht das Letzte in der Reihe sein.

Corona de Hierro

Corona de Hierro (die Eisenkrone) liegt bei mir schon seit der Messe in Essen ungespielt herum, und es ist auch nicht so ganz einfach, das auf den Tisch zu bekommen, da es Karten mit spanischem Text darauf gibt. Da muss ich mal den richtigen Besuch haben, um das ausprobieren zu können. Jedenfalls geht es hier darum, im Italien des 9. Jahrhunderts der mächtigste Adlige zu werden, indem man sich mit anderen Adeligen oder dem Papst arrangiert, Burgen belagert und Schlachten gewinnt. Nebenbei hat jede/r noch ein verdecktes Ziel, und nicht unbedingt gewinnt, wer selbst neuer König wird. Corona de Hierro stammt von Franco Toffoli (der auch bei Bienaventurados die Finger im Spiel hat), ist von Luis María Dumont, Emiliano Mariani und Guillermo H. Nuñez illustriert worden und bei El Dragón Azul erschienen.

El Delirio

El Delirio (Das Delirium) von Daniel Martín ist ein abstraktes Zweierspiel, bei dem man mit pyramidenförmigen Steinen umherzieht und die Pyramiden des Gegners oder der Gegnerin einfängt. Dabei gibt es verschiedene Spielziele, aber in der Regel geht es offenbar darum, eine oder mehrere der gegnerischen schwarzen Pyramiden einzufangen. Das Spiel ist im Eigenverlag erschienen.

Epidemia

Ebenfalls im Selbstverlag ist Jonathan Agustinis Epidemia erschienen. Hier geht es darum, als letztes zu überleben. Dazu muss man seine fünf Organe schützen und die der anderen Spieler/innen angreifen, Immunsysteme manipulieren oder auch mal ein Organ austauschen. Wer fünf beschädigte Organe hat, kann nicht mehr gewinnen, aber weiterhin die anderen ärgern.

Futbolmesa

Futbolmesa (Fußballtisch) ist eine Fußballsimulation, wie der Name schon sagt. Auch hier habe ich nur wenige Informationen, aber in jedem Fall hat man Spieler mit verschiedenen Werten und bewegt mit deren Hilfe den Ball auf den Kreuzungspunkten des Spielplans entlang. Es scheint auch ein Glückselement zu geben, aber in welcher Form, habe ich nicht herausgefunden. Autor Pablo D’Andrea hat es in seinem Verlag Apóstrofe herausgebracht.

Geek Out! Masters

Geek Out! MastersVon Matias Saravias schönem kleinem Würfelspiel hatte ich hier ja schon berichtet. Kurz gesagt geht es darum, möglichst oft die Zahl 42 zu würfeln. Dazu muss man die anderen Würfel drehen, neu würfeln oder abschießen, aber keinesfalls mit Drachen allein lassen. Ein kleines, handliches Spiel, das in einem Land mit ziemlich hohen Spielepreisen wahrscheinlich auch durch seinen Preis schon Pluspunkte sammeln kann. Erschienen ist es ebenfalls bei El Dragón Azul, mit Illustrationen von Gabriel Pintueles.

Magos & Tabernas

Wenn es in der Lieblingskneipe nicht mehr genug Bier gibt, ist es sicher von Vorteil, wenn man zaubern kann. Dann kann man nämlich sein eigenes Bier herzaubern sich mit den anderen Gästen um das letzte Glas Bier prügeln, indem man ihnen Feuerbälle an den Kopf wirft und sowas. So geschieht es in Adrián Novells Kartenspiel Magos & Tabernas, erschienen bei Ludocracia mit Illustrationen von Matias Pan. Leider ist auch dieses Spiel sprachabhängig, sodass es hierzulande ohne eine Übersetzung kaum große Aufmerksamkeit finden dürfte. Aber so eine Übersetzung kann ja noch kommen, wenn sich das Spiel in Argentinien durchsetzen sollte.

Magus: Aura Mortis

Magus: Aura Mortis ist eine Weiterentwicklung von Magus: Fortuna et Nostis, das Martin Oddino vor drei Jahren erstmals veröffentlicht hatte. Es ist eins der größeren Spiele im Wettbewerb. Die Spieler/innen dringen in das Schloss eines Zauberers ein und versuchen, dort verschiedene Missionen zu erfüllen. Dabei können sie zaubern, angreifen, sich bewegen und gar die ganze Struktur des Schlosses verändern (es besteht aus einem variabel aufbaubaren Spielplan). Auch ein kooperativer Modus ist dabei, bei dem alle gemeinsam gegen den bösen Erzmagier kämpfen. Illustriert wurde es von Lucas Charra und María Luz Cantisani Rovasio. Erschienen ist es bei RunDOS – ja, das heißt wirklich das, wonach es klingt, der Verlag macht auch Videospiele.

Der Sieger des diesjährigen Wettbewerbs wird am 28. April auf dem Geek Out Festival in Buenos Aires gekürt. Ich werde dann sicherlich drüber berichten.

 

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber/innen.

Mit Raketen auf Superhelden schießen

Bin ich ein Geek? Ich mache mir darüber eigentlich nicht so viele Gedanken. Wenn es um Brett- und Kartenspiele geht, dann sicher. Bei anderen Sachen stehe ich manchmal etwas unbeteiligt daneben – ich spiele höchst selten Spiele am Computer, habe nicht die geringste Ahnung über die Unterschiede zwischen Marvel und DC und habe nach dem Desaster mit den Star-Wars-Episoden I bis III keinen Antrieb gehabt, mir VII und VIII anzusehen. Von Dr. Who glaube ich nur zu wissen, dass es in einer Telefonzelle spielt, und dass man sich im Internet gern drüber streitet, wer da die besten Schauspieler waren. Und so weiter.

In Deutschland habe ich manchmal das Gefühl, dass all die verschiedenen Geekbereiche ziemlich getrennt voneinander sind. In der Presse wird zum Beispiel vor allem der Kontrast zwischen Computer- und Analogspielen hervorgehoben, viel seltener die Gemeinsamkeiten. Von anderen Geek-Themen mal ganz zu schweigen. In anderen Ländern mit kleineren Geek-Szenen ist das zum Teil anders, da finden wesentliche Cons statt, die verschiedene Geekthemen vereinen, und die Abgrenzungen scheinen weniger wichtig zu sein.

Bei den Ausmaßen, die wir von den Riesenveranstaltungen Spiel und GamesCom gewohnt sind, wäre das hierzulande aber wohl auch gar nicht mehr möglich. Die Messe in Essen ist jetzt schon viel zu groß, als dass ich mir in vier Tagen alles ernsthaft ansehen könnte (selbst wenn ich den Comicteil ausspare). Wenn ich mir jetzt vorstellen sollte, dass da auch noch andere Genres vertreten wären, wäre ich vollends überfordert (von der RPC in Köln habe ich erst kürzlich zum ersten Mal gehört, der ist aber kleiner. Vielleicht zeigt es auch einfach nur, dass ich nicht der größte Geek auf Erden bin).

In Argentinien hingegen gibt es die Community Geek Out!, die sich einfach mal mit allem beschäftigt, was Geeks so mögen. Das ist für mich ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber ich kann ja die Sachen ignorieren, die mich nicht so locken. In Essen habe ich ein kleines Spiel namens Geek Out! Masters bekommen*, ein Würfelspiel für Geeks. Es besteht aus zehn Würfeln, bei denen jede Seite für ein Geekthema steht. Es gibt einen Drachen für Fantasy, eine Rakete für Science Fiction, einen Meeple für Brettspiele, ein Herz für einen zusätzlichen Lebenspunkt in Computerspielen, einen Superhelden für Comics und die Zahl 42.

Geek Out! Masters

Um zu spielen, legt man Schachtel und Deckel offen vor sich. In den Schachtelboden legt man zunächst drei Würfel hinein, die sind zunächst inaktiv. Mit den anderen sieben würfelt man und versucht, möglichst oft die Zahl 42 zu erreichen. Jede der anderen Seiten hat eine Funktion im Spiel:
– Der Superheld dreht einen Würfel auf die Rückseite
– Die Rakete schießt einen Würfel ab (der kommt dann zu den inaktiven Würfeln)
– Mit dem Meeple kann man einen Würfel erneut würfeln
– Mit dem Herzen kann man einen inaktiven Würfel nehmen und zu den anderen dazuwürfeln
– Der Drache ruiniert alles – wenn ich am Ende meines Zuges noch einen Drachen liegen habe, mache ich in der kompletten Runde null Punkte.
Benutzte Würfel kommen in den Schachteldeckel. Wenn am Ende meines Zuges alle Würfel, die nicht die 42 zeigen, im Deckel liegen, darf ich die 42er beiseite legen und alle benutzten Würfel herausnehmen und erneut würfeln. Und so weiter, bis ich nicht mehr möchte. Dann bekomme ich für meine 42er Punkte – einen für einen Würfel, drei für zwei, sechs für drei und so weiter bis 55 für zehn.
Das Ganze spielt man über fünf Durchgänge. Wer dann am meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt. Es gibt noch ein paar Details, die ich hier der Übersicht halber ignoriere, aber Geek Out! Masters ist dennoch ein Spiel mit einfachen Regeln.

Und? Macht das Spaß?

Das Schöne an Würfelspielen ist, dass man nicht weiß, wie es ausgeht (ganz frei nach Sepp Herberger). Geek Out! Masters findet hier die richtige Mischung aus Taktik, Push Your Luck und simplem Glück (hey, es ist ein Würfelspiel – wenn man immer nur Drachen würfelt, hilft die schönste Strategie nichts). Entscheidend ist, dass man die Fähigkeiten der Würfel in der richtigen Reihenfolge einsetzt, um entweder das Risiko zu minimieren oder in einem Husarenstreich die letzten Punkte herauszukitzeln. Da jede zusätzliche 42 ja immer mehr Punkte gibt, ist die Versuchung da dann schon ziemlich hoch. Man kann auf die Raketen setzen, die störende Würfel abschießen können, das ist sicher, aber dann ist halt der Raketenwürfel verbraucht und der abgeschossene inaktiv. Oder man kann riskieren, mit dem Meeple einen Würfel neu zu würfeln, mit komplett unsicherem Ausgang. Eine besondere Rolle kommt den Herzen zu, mit denen man inaktive Würfel wieder aktiviert. Das sollte man einerseits oft machen, denn damit bekommt man eben viele Würfel auf den Tisch. Andererseits sind die Herzen auf der Rückseite der 42, und die Versuchung ist groß, sie einfach mit einem Superhelden umzudrehen und in die Wertung einzubringen. Und so weiter. Diese Abwägungen machen mir Spaß, obwohl ich eigentlich ja nicht der ganz große Würfelspieler bin.

Andererseits ist die Zahl der Spieler/innen zwar offiziell 1-4, aber da die Länge einer Runde im Prinzip unbegrenzt ist (solange man noch Würfel im Deckel hat, kann man ja immer noch weitermachen, wenngleich das nicht immer sinnvoll ist), können die Wartezeiten sehr erheblich sein. Eine Interaktion irgendeiner Art gibt es auch nicht, das Spiel ist ein reines Solitärspiel, bei dem man seine Ergebnisse vergleichen kann. Da Interaktion für mich beim Spielen enorm wichtig ist, fehlt mir hier etwas. Eine klare Empfehlung kann ich für den Einsatz als Solitärspiel geben, auch zu zweit klappt es noch gut. Mit mehr Leuten ist es für mich nicht erste Wahl (zu viert würde ich es eigentlich gar nicht mehr spielen wollen). Die Produktionsqualität der Würfel und der Schachtel ist aus hiesiger Sicht vielleicht nicht überragend, und die Gestaltung ist Geschmackssache, aber wer sich dessen bewusst ist, findet hier ein schönes Solitärspiel für Geeks, und dann bin ich vielleicht doch wieder einer…

Geek Out! Masters
für 1-4 (besser: 1-2) Geeks
von Matías Saravia
Illustrationen von Gabriel Pintueles
El Dragón Azul, 2017

P.S.: Obwohl ich auch nicht so der Weihnachtsgeek bin, nehme ich mir jetzt erstmal eine kleine Auszeit. Ich melde mich voraussichtlich im Januar wieder. Bis dann!

* Das Spiel wurde mir freundlicherweise von El Dragón Azul zur Verfügung gestellt. 


Update, am späteren Abend: Soeben habe ich festgestellt, dass in der spanischen Anleitung noch interaktivere sowie eine kooperative Variante enthalten sind, die in der englischen Regelübersetzung fehlen (ich kann zwar langsam Spanisch lesen, aber wenn ich englische Regeln habe, gucke ich meistens doch nur in die). Das wertet das Spiel vermutlich noch weiter auf, aber die muss ich halt erst selbst noch ausprobieren.

Neue Spiele aus Lateinamerika – April 2017

Dass es beim Premio Alfonso Finalisten geben würde, war mir gar nicht klar gewesen, aber letzte Woche wurden welche bekannt gegeben. Einigermaßen erwartungsgemäß haben es Conejos en el Huerto und Cultivos Mutantes (das unterdessen auch sein Crowdfunding-Ziel erreicht hat) geschafft – ich hatte von mehreren Leuten gehört, dass sie die beiden als Favoriten sehen würden. Drittes Spiel im Bunde ist La Macarena, das ich hier ja auch schon sehr wohlwollend rezensiert hatte. Es gab ausführliche Beurteilungen aller Spiele durch jedes Jury-Mitglied, und sie haben es offenbar ähnlich gesehen wie wir – ein tolles Spiel, wenn auch zu lang. Aber das haben wir hier ja schon abgestellt. Die Grafik wurde natürlich ebenfalls gelobt. Bei Conejos en el Huerto wurden sowohl die Produktionsqualität als auch der Spielverlauf mit Spannung bis zum Ende hervorgehoben, trotz gelegentlicher Wiederholungen. Und Cultivos Mutantes scheint ein ihren Augen ein gutes Einstiegsspiel in das Worker-Placement-Genre zu sein. Ich sag mal: Herzlichen Glückwunsch an alle drei!

Geek Out! MastersEine weitere Ankündigung betrifft ein neues Spiel, das auf dem GeekOut-Festival am 6. Mai erscheinen soll. Es heißt Geek Out! Masters und ist ein Push-Your-Luck-Spiel, das die Würfel aus dem Geek Out!-Logo verwendet. Das finde ich grundsätzlich eine lustige Idee, und ich freue mich auch für den Autoren Matias Saravia, der letztes Jahr in Essen derjenige gewesen war, der mir meine ersten argentinischen Spiele mitgebracht hatte. Ohne ihn wäre mein Interesse an lateinamerikanischen Spielen wahrscheinlich gar nicht erwacht. Auch hier also meinen Glückwunsch. Die Grafik stammt von Gabriel Pintueles, und das Spiel erscheint bei El Dragón Azul.