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Katzen auf die harte Tour wecken.

Im Vorfeld der Messe 2016 hatte ich mich sehr drum bemüht, Cattack! No. 1 ins Deutsche übersetzen zu können. Das war aber leider schon vergeben gewesen, also blieb mir nichts anderes übrig, als es selbst zu kaufen. Das habe ich nicht bereut, obwohl mittlerweile die Luft leider ein bisschen raus ist.

Cattack! No. 1

Worum geht’s?
Als Volleyballcoach einer Katzenmannschaft kommt man in die Halle und stellt fest, dass da noch jemand mit dem gleichen Auftrag aufgetaucht ist. Also muss man das zusammen durchziehen, was zu Chaos führen kann. Glücklicherweise geht es dem anderen Team genauso. Also auf ins Match!

Auf einem kleinen Spielplan ist das Volleyballfeld abgebildet. Auf jeder Seite stehen die sechs Katzen eines Teams in einer vorderen und einer hinteren Reihe. Dazu gibt es einen Ball in Form einer Pappscheibe sowie zwei identische Kartensätze.

Jedes Team bekommt einen Satz der Karten und jede/r Spieler/in zieht drei Karten. Zum Aufschlag legt man den Ball einfach in die hintere Reihe der Gegenmannschaft, und dann geht es richtig los. Abwechselnd müssen die beiden Spieler/innen der aktiven Mannschaft je eine Karte spielen. Auf den Karten sind Pfeile drauf, mit denen der Ball von Katze zu Katze bewegt wird. Spätestens mit der dritten Karte muss der Ball über das Netz gespielt werden. Mit jedem Pass, den man spielt, dürfen die Gegenspieler/innen jeweils eine Karte nachziehen. Spielt man direkt zurück über das Netz, entfällt das und sie müssen mit ihren Restkarten auskommen. Ein gut vorbereiteter Spielzug hat allerdings auch Vorzüge: Wenn man den Ball genau mit der dritten Karte über das Netz donnert, darf man bei den Gegner/innen eine Verteidigungskarte zufällig ziehen. Allerdings sollte man über seine Karten nur Andeutungen machen („Spiel nach links, ich hab ihn!“ anstatt „Ich hätte hier noch zwei Vorwärts- und eine Rechts-Karte.“).
Einen Punkt erzielt man, wenn das gegnerische Team keine Karte mehr hat, um den Ball zu spielen, wenn es den Ball nicht mit der dritten Karte über das Netz bekommt oder ihn ins Aus spielt (weil man eine zufällige Verteidigungskarte gezogen hat, die nicht passte oder es gar keine anderen Karten mehr übrig hat).

Und dann passiert etwas total Großartiges: Eine Katze des punktenden Teams legt sich schlafen („Wir haben ja schon gepunktet, was soll noch schiefgehen? Zeit für eine Pause.“) und wird mit einem entsprechenden Plättchen abgedeckt. Von nun an gilt: Wenn der Ball genau auf eine schlafende Katze gespielt wird, kann diese natürlich nicht reagieren und das gegnerische Team bekommt einen Punkt. Die unsanft vom Ball getroffene Katze aber wacht auf und nimmt von nun an wieder am Spielgeschehen teil. Wie schön ist das denn?

Wer zuerst drei Punkte erzielt hat, gewinnt das Spiel. Mit zwei Punkten in Führung zu gehen, ist dabei allein schon deshalb keine Sieggarantie, weil dann ja zwei der eigenen Katzen schlafen und man zu viert gegen sechs antritt. Da kann es also noch reichlich hin- und hergehen.

Und? Macht das Spaß?
Spontan würde ich sagen: Ja, total. Das stimmt aber leider nicht uneingeschränkt. Charmant ist es natürlich ohne Ende. Es gibt aber auch ein Problem, und zwar das Ziehen der Karten. Auch nachdem man das einmal verstanden hat, fühlt es sich immer noch sehr konstruiert an; ich muss mich beim Ziehen jeder Karte erneut konzentrieren. Bei einem Spiel, was letztlich von der Stimmung leben sollte, ist das zu trocken und hindert mich dran, wirklich ins Szenario einzutauchen. Anderen Spieler/innen, mit denen ich zusammen gespielt habe, wurde es zum Teil bis zum Ende der Partie nicht klar, und ich musste es jedes Mal ansagen. Das hat den Spielfluss für mich einfach zu sehr unterbrochen, und für die anderen erst recht.

Noch mehr als andere Spiele ist Cattack! No. 1 darauf angewiesen, dass man in die richtige Stimmung versetzt wird. Wer sich diesem Spiel rein über die Mechanismen nähert, wird wahrscheinlich etwas ratlos davorstehen und sich fragen, was das alles soll. Schon vor Jahren gab es mal das Spiel Strand-Cup von Mark Sienholz, in dem zwei Spieler/innen ebenfalls zusammen ein Volleyball-Team bilden mussten und nicht konkret über ihre Karten reden durften. In einigen Besetzungen hatten wir damit großen Spaß, während gelegentliche Versuche, neue Leute dran heranzuführen, spektakulär scheitern konnten. Für Cattack! No. 1 habe ich leider keine wirklich passende Runde finden können. Die Kartenziehregeln wirken einfach zu abschreckend und zwingen einen dazu, sich auf die Regeln zu konzentrieren statt auf das Volleyballmatch.

Bonuspunkte gibt es dagegen für diese unglaublich charmante Idee mit den schlafenden Katzen. Diese Regel erklärt man einmal, dann ist sie so ungefähr für den Rest des Lebens klar. So stelle ich mir eine gute Regel vor: Wunderbar zum Spiel passend und dabei so eingängig, dass sie sich sozusagen von selbst erklärt. Ein völliger Gegensatz zum Kartenziehen.

Dazu kommt natürlich noch die Tatsache, dass es mehr oder weniger ein reines Vier-Personen-Spiel ist. Zwar gibt es Varianten für zwei oder drei Leute, aber alles schreit nach einer Vierergruppe. Und da die auch noch genau passen muss (siehe oben) und das Spiel zu kurz ist, um dafür eine Spielgruppe einzuberufen, fällt es ein bisschen durch die Ritzen.

Cattack! No. 1 ist damit leider nur fast ein großer Wurf geworden. Trotzdem werde ich ein Auge auf Autorin Azumi Date haben – falls sie weitere Spiele herausbringt, ist mein Interesse sicher. Dass sie interessante und ungewöhnliche Ideen umsetzen kann, hat sie schonmal bewiesen.

Gesamteindruck: 6/10

Cattack! No. 1
für (2 bis) 4 Leute
von Azumi Date, die es auch illustriert hat
erschienen bei GoccoGames, 2016

Essen-Vorfreude, in Worte und eine kleine Liste gekleidet

Immer näher rückt die Messe in Essen, und obwohl ich mich riesig drauf freue und andauernd irgendwas über Neuerscheinungen lese, kann ich nicht ansatzweise sagen, dass ich einen Überblick darüber hätte, was da alles neu erscheint. Wahrscheinlich ist meine Perspektive ohnehin ein bisschen anders als die der meisten Vielspieler/innen.

Erstens interessieren mich nur sehr wenige große, materialaufwändige Spiele mit komplexen Regeln und langer Spieldauer. Das, was in den einschlägigen Facebook-Gruppen die Herzen höher schlagen lässt, lässt mich oft einigermaßen kalt. Mitspielen würde ich sowas, aber kaufen? Das lohnt sich für mich nicht, es würde einfach viel zu selten auf den Tisch kommen. Für mich sind die komplexen Spiele ein bisschen wie gute Kinofilme, ich lasse mich ganz gern mal drauf ein und genieße das dann auch, aber dann bin ich auch damit durch und habe nur eher selten das wirkliche Verlangen, sie nochmal zu spielen. Glücklicherweise passt diese Haltung ganz gut zu meinem Budget – kurze, knackige Kartenspiele sind normalerweise viel billiger.

Zweitens habe ich nämlich nicht wirklich viel Geld für Spiele-Neuanschaffungen übrig. Ich kaufe nur einen Bruchteil meiner Spiele neu, die meisten tausche ich entweder ein oder kaufe sie gebraucht, oder bekomme welche, wenn ich Verlagen mit Übersetzungen oder Lektorat oder sonstigen Gefälligkeiten aushelfe. Entsprechend gerate ich auch in Essen nicht unbedingt in einen Kaufrausch, obwohl ich dort dann doch mal zuschlage (und das, was ich anschließend aus den Koffern hole, bei Normalspieler/innen wahrscheinlich den Eindruck völliger Übergeschnapptheit hinterlässt). Etwas von meinen Übersetzungshonoraren fließt voraussichtlich in Spiele. Aber nebenbei verbringe ich eine Menge Zeit damit, ältere Spiele zu tauschen, die gar nichts mit der aktuellen Messe zu tun haben. Trotzdem bietet sich das an, weil ohne Portokosten eben wesentlich leichter ein guter Tausch möglich ist.

Drittens fahre ich eigentlich gar nicht in erster Linie nach Essen, um viele neue Spiele kennen zu lernen. Viel wichtiger ist es mir, liebe Leute wiederzutreffen, die ich sonst nicht so oft zu sehen bekomme. Wenn man mit dem einen oder der anderen dann auch mal was spielt, um so besser. Aber ich stehe und sitze auch viel rum und rede mit anderen. Dieses Jahr wird das möglicherweise besonders einfach, weil ich wahrscheinlich viel Zeit am Stand von Lautapelit / Vennerød (3-L116, neben dem Stand der Spielbox) sein werde, um Mission Impractical zu erklären. Dabei ergeben sich bestimmt auch viele Gespräche. Dadurch habe ich zum Angucken vieler Spiele gar keine Zeit. In den drei Tagen, die ich hoffentlich zur Verfügung habe, kann ich auf keinen Fall alles ansehen, was mich grundsätzlich interessieren würde. Ich siebe daher im Vorfeld kräftig aus. Spiele von großen deutschen Verlagen, die noch im Weihnachtsgeschäft im Handel sind, muss ich nicht unbedingt ein paar Wochen vor allen anderen auf dem Tisch haben, die werde ich auch später noch in die Finger kriegen. Japanische, taiwanische, russische oder sonstige Raritäten sind mir eher einen zweiten Blick wert, denn an die komme ich unter Umständen später gar nicht mehr dran.

Aber na gut, wo es alle tun, kann ich ja auch mal eine Handvoll Spiele preisgeben, auf die ich mich neben Mission Impractical besonders freue und die vielleicht nicht in jeder Auf-die-Messe-freu-Liste auftauchen (alphabetisch sortiert, ohne weitere Wertung. Die Beschreibungen mögen nicht völlig zuverlässig sein, ich hab die Spiele ja noch nicht selbst in der Hand gehabt):

BaRRacuda von Christoph Cantzler, erscheint bei den Drei Hasen in der Abendsonne

Ein Handelsspiel um Strandbars, bei dem alle langsam pleite gehen, man aber gegebenenfalls andere unterstützen muss, damit diese erst dann vor die Hunde gehen, wenn man selbst in Führung liegt. Solche Bluff- und Verhandlungsspiele sind genau mein Ding, das sollte passen.

Cattack! No.1 von Azumi Date, erscheint bei GoccoGames

Katzen spielen Volleyball. Man versucht mittels Karten den Ball über das Netz zu hauen. Macht man einen Punkt, legt sich eine Katze aus dem eigenen Team schlafen, sodass eine Lücke im eigenen Feld entsteht. Das kann das andere Team ausnutzen (es wird zu viert gespielt) und den Ball genau da hinspielen. Dann gibt es wiederum einen Punkt, aber der Ball trifft die schlafende Katze, die dadurch natürlich wieder aufwacht. Wie verrückt ist das denn?

Hanamikoji von Kota Nakayama, erschienen bei EmperorS4 Games

Ein Kartenspiel für zwei, bei dem man die Gunst von Geishas erringen muss. Sehr schön illustriert und in seiner ersten Auflage schon überschwänglich gelobt. Ich übersetze gerade die erfreulich kurzen Regeln ins Deutsche, und das klingt alles prima.

Sapotagem von Fel Barros und Warny Marcano, erschienen bei Ace Studios

Ein Stichspiel, das eigentlich nicht übermäßig innovativ klingt, aber ebenfalls schön aufgemacht ist. Ich freue mich deshalb besonders darauf, weil ich einen der Autoren angeschrieben hatte und der sich sehr gefreut hat, dass sich jemand außerhalb Brasiliens für das Spiel interessiert. Er kommt selbst nach Essen und bringt mir eins mit. Immer schön, Leute aus ganz anderen Gegenden der Welt kennen zu lernen, mit denen man eine Leidenschaft teilt. Und Sapotagem passt direkt in mein Beuteschema – es klingt interessant, sieht gut aus und ist wahrscheinlich nach dem 16. Oktober ziemlich unerreichbar für mich.

Das sind ein paar der Spiele, die mich besonders locken. Was sie dann wirklich taugen, muss man sehen, aber ich bin optimistisch.

Vielleicht noch ein paar unvermeidliche Bemerkungen zur Messe insgesamt: Sie wächst dieses Jahr noch mal erheblich (vielleicht kommt mir das aber auch nur deshalb besonders extrem vor, weil ich letztes Jahr ja nicht hin konnte). Sieben Hallen und um die 1200 Neuerscheinungen sind schon ehrfurchterweckend. Eine besondere Neuerung, deren Wirkung erheblich sein könnte, ist der Versandservice, den es erstmals gibt. Dort kann man seine Neuerwerbungen direkt nach Hause schicken. Ich kaufe ja nicht so viel, dass das für mich relevant wäre, aber wer ansonsten wie ich mit dem Zug nach Hause fährt und mehr Geld als Arme zum Schleppen hat, freut sich vielleicht drüber. Ganz zu schweigen von den Leuten, die mit dem Flugzeug anreisen und teilweise Stunden damit verbracht haben, ihr Gepäck flugtauglich zu machen (beziehungsweise im Zweifelsfall nicht von ihrem Budget, sondern eher von ihrer Tragekapazität von weiteren Einkäufen abgehalten werden). Ich rechne jedenfalls mit ziemlichen Schlangen am Versandstand. 

Eins vielleicht noch hinterher, was ich seit letztem Jahr im Hinterkopf habe. Neben der eigentlichen Spielemesse gibt es in Essen auch noch die Comic Action, halt eine Comic-Messe. Die ist im Vergleich zum Spieleteil sehr klein und gehört irgendwie seit Jahren zum Gesamtbild. Ich selbst lese zwar hier und da Comics, bin aber sicherlich nicht Teil der Zielgruppe für eine Comicmesse. Dafür habe ich einen alten Freund, der dort zu sitzen und zu zeichnen pflegt. Der hat letztes Jahr nach der Messe einen Blogbeitrag geschrieben, in dem er ein paar Probleme mit der Comic Action anspricht. Ich finde das ganz lesenswert, denn obwohl es den wirklich boomenden Spieleteil der Messe nicht unmittelbar zu betreffen scheint, kann man daraus auch sehen, was kleine Änderungen bewirken können. Schließlich ist es auch bei den Spielen so, dass die Messe nicht nur aus den riesigen Ständen der Großverlage besteht, sondern eben ganz besonders auch aus den Ständen der kleinen und kleinsten Verlage. Und der Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen, zu plaudern oder auch gar nichts zu tun. Natürlich kann die Messe nur überleben, wenn das ein Randphänomen bleibt, aber wenn es ganz wegfiele und es nur noch Verkaufsstände gäbe, wäre sie für mich auch kaum noch interessant. Daher hoffe ich, dass auch die Comic Action nicht vor die Hunde geht.

Das war’s für heute. Eine Rezension gibt es auf alle Fälle noch vor der Messe, ob noch mehr kommt, wird sich zeigen (erfahrungsgemäß wird es mit den letzten Vorbereitungen nochmal turbulent). Hinterher sollte ich dann aber wieder einiges zu schreiben haben…