Ruhe jetzt!

Ich muss gestehen, dass mir der moses-Verlag bisher nicht als Verlag für Kinderspiele aufgefallen war. Dass das vielleicht ein Fehler war, stellte ich fest, als neulich meine fünfjährige Tochter an einem Malwettbewerb eines örtlichen Kinos teilnahm und eine riesige Tüte mit tollen Preisen gewann. Darin befand sich unter anderem auch das Spiel Holterdipolter von Jens-Peter Schliemann und Guido Hoffmann, erschienen bei ebenjenem moses-Verlag. Sowohl Schliemann  als auch Hoffmann waren mir allerdings schon als Autoren aufgefallen, die interessante Ideen oft dreidimensional und mit einem schönen Aha-Effekt umsetzen können.

Schon beim Auspacken wurde klar, dass auch Holterdipolter in diese Kategorie gehört. Kein flaches Brett, sondern gleich ein ganzer Berg, der in die Schachtel eingesetzt wird, bildet das Spielfeld. Dieser stellt den Blocksberg dar, der oben in der Mitte einen kleinen Krater hat. Drumherum tanzen Hexen und Zauberer – und auf einem Weg schleicht eine Katze entlang. Dazu kommen noch ein Würfel, ein paar Plastiktellerchen und schwarze Holzkugeln.

Das Spiel ist schnell erklärt: Alle halten die Ohren möglichst nahe an den Blocksberg dran, dann beginnt jemand und lässt eine der Kugeln in das kleine Loch fallen. Diese kullert durch den Berg und bleibt hinter einer der Hexen oder hinter einem der Zauberer liegen. Nun würfelt man mit der Katze auf einem Weg entlang bis hin zu dem Feld, wo man die Kugel vermeint gehört zu haben. Man zieht die entsprechende Figur aus ihrer Halterung und dahinter kommt aus einem Loch… meistens gar nichts gerollt, denn das ist gar nicht so einfach. Nun, schon ist der oder die nächste dran, würfelt die Katze zu dem Feld, wo er oder sie die Kugel vermutet, und so weiter. Kommt tatsächlich die Kugel zum Vorschein, nimmt man sie an sich, alle Hexen und Zauberer werden wieder in ihre Halterungen gesteckt und eine neue Kugel wird ins Loch geworfen. Wer als erstes eine bestimmte Zahl von Kugeln ergattert hat (je nach Spieler/innenzahl unterschiedlich), gewinnt das Spiel.

Holterdipolter
Die Holzkatze (links im Bild) müsste eigentlich vor dem Loch stehen, die haben wir nur für das Foto zur Seite gestellt.

Das Tolle an Holterdipolter ist, dass es so deutlich unterschiedliche Spielphasen gibt. Während man mit der Katze um den Berg läuft, um die Kugel zu finden, gibt es (zumindest bei uns) viel Angeberei und zur Schau gestellte Sicherheit, wo die Kugel sein muss. Wenn dann eine neue Kugel eingeworfen wird, sind alle mucksmäuschenstill und hochkonzentriert. Diese Mischung macht es in meinen Augen aus. Dazu kommt, dass es sich hier um ein Spiel handelt, bei dem Erwachsene und Kinder ziemlich auf Augenhöhe (oder besser: Ohrenhöhe) im Wettbewerb stehen, obwohl der Glücksfaktor durch den Würfel relativ gering ist (und man diesen durchaus auch ganz weglassen kann, wenn man will). So etwas finde ich ideal, denn Fünfjährige holen meiner Erfahrung nach doch eher selten ein Spiel heraus, um es mit ihren Freundinnen und Freunden zu spielen; meistens sind Erwachsene mit dabei. Bei primitiveren Kinderspielen kann das für die Erwachsenen eine ziemliche Qual sein, deren Spaß eigentlich nur darin besteht, den Kindern beim Spaßhaben zuzugucken. Holterdipolter fällt definitiv nicht in diese Kategorie, das ist einfach für jedes Alter gut.

Auch die Gestaltung des Spiels überzeugt ziemlich durchgehend, der Berg sieht schick aus, die Illustrationen von Antje Flad sind sehr charmant und der Aufbau des Spielbretts wirkt ausgereift (die Hexen- und Zaubererfiguren werden in einen Moosgummi-Ring gesteckt, was mir schöner vorkommt als ein einfacher Schlitz, und die Tunnel, durch die die Kugel rollt, ist geriffelt, damit man es besser hören kann – das wirkt alles sehr durchdacht). Einzig die Plastiktellerchen sind etwas dürr geraten, aber sie erfüllen ihren Zweck, und mehr Plastik ist ja nun auch nicht besser.

Holterdipolter
Konzentrierte Stille beim Einwerfen der Kugel.

Holterdipolter
Für 2-4 Personen ab 5 Jahren
Autoren: Jens-Peter Schliemann und Guido Hoffmann
Illustrationen: Antje Flad
Verlag: moses, 2014

 

(Die Fotos von heute stammen von meiner Frau – danke.)

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