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Die Feste des Herrn Friese

Zusammen mit Fertig! hatte ich auch ein Vorab-Exemplar von Fast Forward: Festung von Friedemann Friese bekommen, und auch das habe ich gespielt. Ich spule mal schnell vor: Das hat mir deutlich besser gefallen.

Fast Forward: Festung
Der erste Blick auf den Kartenstapel. Ich habe das Spiel ohne Schachtel bekommen, das sah dann tatsächlich so aus.

Worum geht’s?

Das ist nicht so ganz einfach zu beschreiben, ohne zu spoilern. Ich versuche es mal so: Das Spiel besteht aus einem Stapel, von dem ein Teil zusammengemischt und durchgespielt wird. Ist man damit fertig, kommen ein paar neue Karten dazu, während man andere aussortiert1. Es geht darum, Festungen zu erobern, indem man sie mit einer Übermacht angreift und dann an sich nimmt – bis sie wiederum jemand anders erobert. Während des eigenen Spielzugs kann man eine Karte aufdecken. Wenn die dritte Sanduhrkarte (von drei) aufgedeckt wird, endet das Spiel, und wer am meisten Festungen kontrolliert, gewinnt. So eine Partie dauert wenige Minuten, aber man schließt dann gleich eine weitere an, in der sich Regeln und Kartenverteilung ändern können, und wer ein Spiel gewonnen hat, bekommt einen Startnachteil für die nächste Partie. Wir haben das gemacht, was wahrscheinlich viele Gruppen machen: Wir haben den gesamten Stapel durchgespielt. Wenn ich mich nicht verzählt habe, waren das 12 Partien und vielleicht knapp anderthalb Stunden. Danach hätten wir noch weiterspielen können (auch dafür gibt es Regeln), aber dann war doch ein wenig die Luft raus. Es ist aber problemlos möglich, den Stapel wieder so herzurichten, dass man von vorne anfängt. Dann fehlt einem zwar der Überraschungseffekt, aber die häufigen Taktikwechsel, die das Spiel interessant machen, bleiben einem erhalten.

Und? Macht das Spaß?

Wenn Vielspieler/innen Spiele gegen weniger erfahrene Spieler/innen spielen, dann haben sie oft die Nase vorn, auch wenn sie das aktuelle Spiel noch nicht kennen. Meiner Meinung nach liegt das an der Erfahrung damit, sich schnell auf neue Spielsituationen einstellen zu können. Wer Gefallen an solchen Herausforderungen hat, ist bei Festung genau richtig. Von Spiel zu Spiel muss man, oft radikal, umdenken. Hat man eben noch gemauert, sich eine unüberwindbare Verteidigung aufgebaut und damit gewonnen, verliert man mit dem Sieg alle Festungen und wird von der Jägerin zum Gejagten. Dann heißt es plötzlich, Himmelfahrtskommandos auszuschicken, ein bisschen zu bluffen, und möglichst kurz vor dem Ende der Partie mit einem kleinen Überraschungsüberfall die letzte benötigte Festung einzusacken. Ich habe das als sehr interessant empfunden. Zuerst dachte ich noch, warum heißt nicht das Durchspielen des Stapels „Spiel“ und das, was „Spiel“ heißt, „Runde“. Aber nach wenigen Spielen war mir klar, warum das so ist – man spielt nämlich tatsächlich unterschiedliche Spiele, die sich zwar von den Regeln her nur wenig unterscheiden, vom Spielgefühl aber sehr. Das finde ich toll, und das hält einen gebannt bei der Sache. Es heißt allerdings auch, dass es vielleicht eher nicht das ideale Spiel ist, was alte Hasen mit vage Spielinteressierten auspacken sollten. Aber das ist als solches ja kein Manko, für solche Situationen gibt es zugänglichere Kost. Gleichzeitig heißt es natürlich auch, dass man zwar in einer Partie fast uneinholbar führen kann, aber dann eben in einer anderen Partie plötzlich einem harten Startnachteil hinterherläuft. So ziemlich keine Gruppe dürfte bei diesem Spiel nur eine Einzelpartie spielen, es lebt ganz eindeutig von der Abwechslung.

Noch ein Pluspunkt: Am späteren Abend bekam eine unserer Mitspielerinnen Kopfschmerzen und bat darum aussteigen zu dürfen. Bei Festung ist das überhaupt kein Problem, wir haben dann einfach zu dritt weitergespielt, und es tat dem Spielspaß keinen Abbruch.

Die Illustrationen fand ich persönlich wenig ansprechend, irgendeine thematische Immersion hat bei mir gar nicht stattgefunden, und nach dem Einpacken hätte ich kaum noch sagen können, was eigentlich auf den Karten drauf war. Da habe ich von 2F-Spiele schon Spektakuläreres gesehen. Aber auch das war nicht irgendwie störend oder so.
Eine faire Gesamtbeurteilung zu geben, fällt mir bei Festung ziemlich schwer. So interessant ich die knapp anderthalb Stunden spielerisch auch fand, war am Ende dann doch die Luft raus. Wenn man mit dem Stapel durch ist, kann man die ausgeschiedenen Karten mischen und wieder einen Nachziehstapel draus machen. Dazu allerdings hatte ich gar keine Lust mehr. Wir hatten das Spiel einfach durchgespielt, und ich habe auch wenig Ambitionen, es noch einmal anzugehen (auch wenn ich eine Einladung zu einer weiteren Partie vielleicht nicht ablehnen würde). Das forschende Herangehen an das Spiel, das ich als seine größte Stärke empfunden habe, ist dann nämlich weg. Und mit neuen Leuten haben die, die es schon kennen, eben einen ziemlich erheblichen Vorteil. Wer einen spannenden und fordernden Spieleabend erleben will und sich nicht dran stört, dass es danach vorbei ist (oder vielleicht tatsächlich Lust auf eine Endlosrunde oder – wahrscheinlicher – einen Reset hat), findet hier ein prima Spiel, das ich gern empfehle. Ich habe es sehr genossen – aber nun ist es aus zwischen uns.

Gesamteindruck: 6/10 (während des ersten Komplettdurchgangs höher)

Fast Forward: Festung
für zwei bis vier Leute
von Friedemann Friese
Illustrationen von Harald Lieske
2F-Spiele, 2017

1 Friedemann Friese hat dieses Konzept erfunden und Fabel-Spiele genannt. Disclaimer: Ich kann noch keinen Vergleich zu anderen Fabel-Spielen ziehen.

Muss man nicht auf den Balkon werfen.

Als Kind war ich, wie viele andere Kinder meiner Generation, ein begeisterter Quartettspieler. Also natürlich nicht der traditionellen Variante, bei der man durch Fragen Quartetts sammelt, sondern der Trumpfquartette, bei denen man Karte für Karte PS-Zahlen und Höchstgeschwindigkeiten und Bruttoregistertonnen und sowas miteinander verglich und dadurch versuchte, alle Karten in Besitz zu nehmen.

Das machte süchtig, war aber letztlich auch ziemlich doof. Ich erinnere mich daran, wie mein Freund und ich in späteren Jahren eine Variante erfanden, bei der der Verlierer seine Karte irgendwohin werfen durfte, und der Gewinner dann von dort aus weiterspielen musste, wo sie gelandet war. Gar nicht so einfach, eine Karte durch eine gekippte Balkontür zu werfen. Dass wir mit vielleicht dreizehn Jahren, zu einem Zeitpunkt also, wo wir längst Doppelkopf und sowas konnten, mit dem normalen Trumpfquartett nichts mehr anfangen konnten, ist kaum verwunderlich.

Länder toppen!

Gut 30 Jahre später kam auf der Messe in Essen eine Art Geographie-Trumpfquartett namens Länder toppen! heraus, das sofort Assoziationen an die alten Zeiten weckte. Es besteht aus 120 Karten, die meist ein Land der Erde zeigen und dazu sechs statistische Angaben – Fläche, höchster Berg, Durchschnittstemperatur, Bevölkerung, Lebenserwartung und Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Von diesen kriegt man pro Runde sieben bis zehn auf die Hand (hängt von der Spieler/innenzahl ab). Außerdem hat man vor sich eine Pappleiste liegen, auf der die sechs Datenkategorien stehen. Nun muss man seine Karten verdeckt an diesen Streifen anlegen – oberhalb, wenn ein Wert sehr hoch ist, unterhalb, wenn er sehr klein ist. Bei zwölf Anlagemöglichkeiten hat man nicht genügend Karten, um alle Felder zu bestücken, aber man kann auch nicht zwei Karten auf das gleiche Feld legen. Wenn alle fertig sind, deckt man zunächst die Karten auf dem ersten Feld (größte Fläche) auf und vergleicht die Werte. Wer das größte Land angelegt hat, kriegt alle anderen Karten, die auf diesem Feld lagen (bei anderen Spieler/innen). Dann geht es um die kleinste Fläche, dann um den höchsten Berg und so weiter, bis man schließlich beim kleinesten BIP angelangt ist. Da ja jeweils ein paar Felder freibleiben, bestehen die Stiche aus unterschiedlich vielen Karten.

Die Karten, die man kassiert, wandern aber nicht auf die Hand, sondern in Punktestapel. Sobald ein Stich aus mehr als einer Karte besteht, muss man ihn aufteilen – in Karten für den allgemeinen Punktestapel und in Karten für einzelne Kontinentstapel. Im Punktestapel zählt am Ende jede Karte einen Punkt, bei den Kontinentstapeln nur dann, wenn man den höchsten Stapel für diesen Kontinent hat. So kann man noch ein bisschen taktieren. Jokerkarten gewinnen keine Stiche, dafür kann man sie direkt auf einen der beiden darauf markierten Kontinentstapel legen (an dieser Stelle sind die Regeln nicht völlig klar – wenn man bisher keine Karte eines dieser Kontinente hat und mit der Jokerkarte einen neuen Stapel beginnt, muss man dann ansagen, welcher der beiden das ist oder kann man das später entscheiden?).

Auch die Rundenzahl hängt von der Zahl der Spieler/innen ab. Am Ende werden jedenfalls die Kontinente ausgewertet und die Karten vom Punktestapel dazugerechnet. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt.

Länder toppen!
Auslage mit acht Karten (zum Beispiel bei vier Spieler/innen).

Und? Macht das Spaß?

Blinde Wissens-Abfragespiele wie Trivial Pursuit sind mir ein Graus, die gehören zu den wenigen Spielen, die ich wirklich aktiv zu vermeiden suche. Da fehlt mir erstens das Spielerische und zweitens der Kontext, in den man die Informationen einsortiert. Wenn man da irgendeine blöde Frage kriegt und dann die Antwort von der Karte vorgelesen kriegt, sagt man Aha und hat sie nach kürzester Zeit wieder vergessen, weil es nichts gibt, mit dem man sie verbindet.

Nun gibt es natürlich längst Quizspiele, die das spielerische Element stärker betonen. Ich denke da etwa an Friedemann Frieses Fauna (oder auch Terra, das ich selbst noch nicht ausprobiert habe), aber da gibt es auch noch weitere. Selbst bei Fauna kann ich aber sagen, dass ich die meisten Informationen, die ich dort erfahre, schnell wieder vergesse, weil mir der Bezugspunkt fehlt. In diese Bresche springt Länder toppen!, da man die einzelnen Informationen ständig vergleicht und miteinander in Beziehung setzt. Das ist im Grunde genommen tatsächlich das alte Trumpfquartett-Konzept, aber eben gekonnt aufgemotzt.

Wenn man etwa China auf der Hand hat, kann man natürlich die Bevölkerungskategorie sicher gewinnen. Aber vielleicht reicht dafür auch Pakistan, dann kann man China für die Fläche oder den höchsten Berg einsetzen? Irgendwohin müssen dann auch die Karten mit den weniger spektakulären Werten. Tschechien etwa weist kaum herausragende Zahlen auf, aber irgendwo muss man es anlegen – vielleicht hat man dann Glück und erwischt ein Feld, auf das auch die anderen Spieler/innen die Karten gelegt haben, mit denen sie nicht viel anfangen konnten, oder das sie gleich ganz frei gelassen hatten. Ein bisschen anstrengend kann es werden, wenn jemand gezielt darauf schielt, wo bei den anderen Leuten die Lücken auftreten. Da wären eventuell Blankokarten hilfreich gewesen, die man nach dem Zug wieder auf die Hand nehmen darf. Aber letztlich geht es doch recht flott voran, da ist das zu verschmerzen.

Länder toppen!
Die Durchschnittstemperaturen in Estland sind niedriger als auf den Färöer-Inseln. Hättet Ihr’s gewusst?

Aber warum macht das nun eigentlich Spaß?

Ich glaube, Länder toppen! appelliert an spielerische Ur-Instinkte. Trumpfquartett ist ein völlig stupides Spiel, das noch dazu potentiell endlos ist. Trotzdem habe ich es in meiner Kindheit sehr viel gespielt und ich verbinde doch einiges an Erinnerungen damit. Es hatte einfach einen gewissen Suchtfaktor. Länder toppen! greift das auf, definiert aber eine feste Rundenzahl, sodass keine Endlospartien entstehen können. Auch der Wissensteil ist gut eingebunden. Da man sich ja nicht nur mit den anderen Spieler/innen vergleicht, sondern vor allem die Karten auf der eigenen Hand miteinander, kann man Länder toppen! auch dann gut spielen, wenn man nicht so viele Daten über die Länder der Welt im Kopf hat. Man muss ja nur gucken, welche Karten auf der Hand bei welchen Angaben stark von den anderen abweichen, und das dann ein bisschen optimieren. Für ein Wissensspiel ist das ideal – wer viel weiß, hat natürlich einen Vorteil, aber der Sieg ist keineswegs garantiert.

Das viele Vergleichen führt natürlich schnell zu einer Verankerung der Informationen im Gedächtnis. Dass Paraguay viel flacher ist als gedacht und die Mongolei viel kälter, bleibt hängen. Ebenso, dass der höchste Berg der Malediven keinen Namen hat (dabei ist er glatt 14 Zentimeter höher als ich). Das sind zwar Informationen, die ich nicht jeden Tag brauche, aber schaden kann es ja nicht, ein bisschen was über die Welt zu lernen.

Damit ist Länder toppen! ein tolles Lernspiel. Es ist spielerisch genug, um Spaß zu machen, und der Lernstoff wird geradezu nebenbei vermittelt. Also sozusagen das Gegenteil von Trivial Pursuit, das spielerisch primitiv ist und kaum einen Lerneffekt hat.

Das Aufteilen der Karten auf die Kontinent-Stapel fällt ein bisschen aus dem Rahmen. Es bringt ein wenig zusätzliche Taktik mit ins Spiel, wirkt aber letztlich doch etwas aufgesetzt. Das Gewinnen von Kontinenten ist zwar reizvoll, aber das gezwungene Aufteilen der Karten zwischen Punktestapel und Kontinentstapel ist nicht so richtig elegant (und in den Regeln wird als vereinfachende Variante auch vorgeschlagen, das wegzulassen. Na ja, das kann man halten, wie man will).

Die Grafik ist für Drei-Hasen-Verhältnisse eher frugal – Karten mit Landkartengrafik und Daten drauf. Aber das passt schon. So ist Länder toppen! das Richtige für die Leute, die sich darüber in Klaren sind, wie doof Trumpfquartette früher immer waren und trotzdem positive Erinnernugen damit verbinden. Bei 120 Länderkarten, darunter einer Handvoll Jokern, wünscht man sich fast ein Ergänzungsset mit den restlichen Ländern der Welt

Gesamteindruck: 7/10

Länder toppen!
von Matthias Jünemann
für 2 bis 6 Leute (besonders gut finde ich es zu viert)
Grafik: Lena Kappler
Drei Hasen in der Abendsonne, 2016

Zum Geburtstag: Alles gut.

Letzte Woche hatte ich keine Zeit für einen Blogeintrag, und auch diese Woche gibt es keine Rezension von mir. Ich habe zwar in der Zeit seit Essen fleißig gespielt, auch schon viele meiner Neuerwerbungen, aber die meisten doch erst einmal, und das reicht einfach nicht, um eine fundierte Meinung zu verbreiten. Also gibt es jetzt erstmal einen kleinen Jubeleintrag – Du bist dran! wird ein Jahr alt.
Am Abend des achten November 2015 habe ich dieses Blog gestartet, und vielleicht ist es Zeit für eine kleine Zwischenbilanz. Was erwartet einen eigentlich, wenn man ein Spieleblog schreibt? Bringt das was?

Zuerst mal ein paar Zahlen:

– Seit den ersten Anfängen gab es etwas mehr als 10.000 Zugriffe auf das Blog. Das ist eine schöne Zahl, finde ich. Zu Beginn geht das immer etwas langsam voran (nach sechs Monaten waren es erst gut 3000), und irgendwann bekommt man halt ein paar Stammleser/innen und wird hier und da von anderen verlinkt. Das passiert alles nicht von allein, aber dazu schreibe ich weiter unten noch was.

– Mein mit großem Abstand beliebtester Artikel ist der über Spiele im Deutschunterricht, der über 1500 Klicks generiert hat. Dagegen ist Integration durch Spielen nur 16mal aufgerufen worden.

– Reich geworden bin ich auch: Durch ein paar Amazon-Links habe ich bisher satte €13,20 eingesackt. Das müsste ich noch ungefähr vervierfachen, um die Kosten für meine Webseite hereinzuholen. Bis ich von den Bahamas aus weiterschreiben kann, dauert es also noch ein Momentchen.

Weitere Höhepunkte:

– Einige Zeit, nachdem ich den Artikel über meinen Ururururgroßvater veröffentlicht hatte, bekam ich einen Anruf. Ein anderer Nachfahre von Friedrich Ludwig Heimbert Drude war dran, der den Artikel gelesen hatte. Toll. Man lernt ja nicht jeden Tag einen Cousin fünften Grades von sich kennen.

– Die Bestätigung, dass ich zur Veröffentlichung von Elements bei Pegasus beigetragen habe, habe ich hier in der Kommentarspalte bekommen. Das freut mich natürlich besonders. Und immer mal kriege ich mit, dass Redakteur/innen mitlesen. Mindestens ein weiteres von mir besprochenes Spiel hat mittlerweile einen europäischen Verlag gefunden. Ich weiß zwar noch nicht, wann das rauskommt, aber das macht mich natürlich auch froh (denn ich hatte den Verlag direkt drauf gestoßen).

– Die Reaktion auf meine Rezension von Doppelt und Dreifach. Als ich das Spiel anonym zugeschickt bekommen habe, war ich gleich heiß drauf, es auszuprobieren und darüber zu schreiben. Später stellte sich heraus, dass andere Rezensent/innen es beiseite gelegt hatten, weil sie ja keine Kaufempfehlung aussprechen konnten. Da habe ich gemerkt, dass ich mein Blog eben nicht als Dienstleistungsseite für Spielekäufer/innen begreife, sondern als Ort, wo ich mich austoben kann. Zum Dank gab es dann eine Menge Zugriffe, als Friedemann Friese die Auflösung des Rätsels veröffentlicht und meine Rezension dabei verlinkt hat.

– Und auch sonst gibt es immer mal schöne Momente, wenn jemand schreibt oder erzählt, wie gern er das Blog liest. Ein bisschen Lob ist immer schön, und auch Kritik ist willkommen.

 

Insgesamt bin ich also mit meinem ersten Jahr als Spieleblogger sehr zufrieden, es gab schöne Moment und insgesamt das Gefühl, dass ich das nicht völlig für die Katz tue.

Jetzt möchte ich noch ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern und ein paar Tipps an Leute geben, die sich vielleicht mit dem Gedanken tragen, auch ein Spieleblog zu schreiben.

1. Macht Euch einen Plan und findet Eure eigene Linie.
Spieleblogs gibt es viele. Das soll nicht heißen, dass der Markt gesättigt sei, aber ich empfehle Euch, etwas zu finden, das Euch von den anderen unterscheidbar macht. Bei mir ist es der Schwerpunkt auf eher exotischen Spielen, aber Ihr könnt Euch natürlich auch auf Kinderspiele, Kartenspiele, Spieleveranstaltungen, Spieldesign oder sonstwas stürzen, Ihr könnt Euch von den anderen durch Eure Schreibe abheben, in Comicform rezensieren oder was weiß ich. Aber etwas, das die Leute mit Eurem Blog assoziieren, ist auf alle Fälle hilfreich – dann könnt Ihr hier und da auch mal davon abweichen. Macht Euch eventuell außerdem Gedanken, wie oft oder selten Ihr schreiben wollt und wie viel. Ich persönlich finde hier eine gewisse Regelmäßigkeit angenehm, und so versuche ich, ungefähr einmal pro Woche einen Artikel hochzuladen. Wer öfter schreibt, bekommt unmittelbar mehr Klicks, riskiert aber auch, dass ihm oder ihr nach kurzer Zeit die Puste ausgeht. Man kann Artikel auch auf Vorrat schreiben und dann in regelmäßigen Abständen hochladen (das geht auch automatisch). So könnt Ihr stressige Phasen im wirklichen Leben ein bisschen überbrücken. Von meinem Urlaub vor ein paar Wochen hat hier, glaube ich, kaum jemand was mitbekommen.

2. Aller Anfang ist schwer.
Wer ein Blog einrichtet, einen richtig tollen ersten Artikel schreibt und dann hofft, dass ihm oder ihr die Bude eingerannt wird, wird wahrscheinlich enttäuscht. Von alleine passiert so ziemlich gar nichts, man braucht schon eine Menge Text, um überhaupt mal per Zufall gefunden zu werden. Bis zum ersten Zugriff auf meine Blog über die Google-Suche vergingen Wochen. Ein bisschen Werbung tut also Not. Damit beginnt Ihr vielleicht in Eurem unmittelbaren Umfeld, um mal ein paar Rückmeldungen einzusammeln, aber dann müsst Ihr Euch irgendwann auch in die große weite Welt hinauswagen. Bei mir waren es zunächst bestimmte Facebook-Gruppen, in denen ich auf meine Artikel verlinkt habe (und das tue ich heute noch). Dabei fiel mir unter anderem auf, dass ich dort erheblich mehr Kommentare erhalte als im Blog selbst. Das ist eigentlich ein bisschen schade, denn die Artikel im Blog mit ihren Kommentaren haben doch eine größere Halbwertszeit als ein Facebook-Link. Aber es freut mich natürlich in jedem Fall, wenn jemand etwas kommentiert.
Wenn Ihr ein bisschen durchgehalten hat, solltet Ihr Euch einen Account bei luding.org besorgen. Dafür sollte man erstmal 20 brauchbare Rezensionen auf dem Buckel haben, dann kann man sich dort ein Konto einrichten lassen und die Blogartikel verlinken. Schon schnellen die Zugriffszahlen deutlich in die Höhe, das macht echt viel aus.
Manchmal schreibe ich auch eine kleine Nachricht an Verlagsleute, wenn ich deren Spiele rezensiert habe. Die verlinken das dann vielleicht auf ihren Seiten oder sonstwo, und auch das kann Leute auf mein Blog aufmerksam machen. Man kann die Verlage übrigens auch um Rezensionsexemplare bitten. Ich habe das bisher nicht gemacht, weil ich aus familiären Gründen ein bisschen schlecht planen kann, wann ich was spiele, und ich will ja niemanden enttäuschen. Vor ein paar Tagen kam allerdings das erste Paket mit unaufgeforderten Rezensionsexemplaren an. Das hat mich vor allem deshalb gefreut, weil es mir zeigt, dass ich als Blogger wahrgenommen werde. Und bei so etwas habe ich dann natürlich auch keinen Druck, mich damit irgendwie zu beeilen.

3. Ein SEO-Programm ist sinnvoll.
Dieses hilft Euch, ein paar Einstellungen vorzunehmen, mit denen Eure Artikel in Suchmaschinen besser platziert werden. Wie erwähnt dauert es ein bisschen, bis man für Google eine messbare Größe darstellt, und so sollte man da zumindest gut aufgestellt sein. Ich selbst benutze Yoast (das kann man, wenn mal als Blog-Programm WordPress benutzt, als Plugin installieren), das hat mir schon einiges beigebracht. Irgendwann allerdings hat sich irgendjemand bei Yoast entschlossen, das auch mit sprachlichen Tipps zu kombinieren. Das war ziemlich irritierend, ständig zu hören, dass ich zu lange Sätze schreibe, zu wenig Unter-Überschriften verwende und sowas. All das war eine Stilberatung durch einen Algorithmus, und das fand ich schon reichlich albern, also habe ich das geflissentlich ignoriert. Die Leute kommen auch, weil man so schreibt, wie man schreibt. Sich da automatisieren zu lassen, nur um Zugriffe von Leuten zu bekommen, die alles nur schnell überfliegen wollen, finde ich dann doch ein bisschen schräg. Offenbar war ich nicht der Einzige, der damit nichts anfangen konnte, denn nach ein paar Wochen wurde die Option eingeführt, diesen Teil des Programms auszustellen. Das habe ich dann auch gleich gemacht, seitdem ist wieder Ruhe.

4. Das Bloggen genießen!
In jedem Blog-Ratgeber steht als Devise: Durchhalten, durchhalten, durchhalten! Dem setze ich entgegen: Spaß haben, Spaß haben, Spaß haben! Zwar ist eine gewisse Regelmäßigkeit schön (siehe oben), aber bevor Ihr Euch quält, legt lieber mal eine Pause ein (die könnt Ihr ja auch im Blog ankündigen). Wenn Ihr dann nicht wieder anfangt, dann war das mit dem Bloggen vielleicht nicht das Richtige für Euch. Anderenfalls setzt es hoffentlich neue Energie bei Euch frei.

 

Ich jedenfalls freue mich auf ein weiteres Jahr als Blogger, und auf Eure Reaktionen als Leser/innen. Danke, dass Ihr dabei seid!

Das Geheimnis ist Futschikato

Vor einigen Monaten hatte ich zunächst hier und dann kurz darauf hier über das Spiel Doppelt und Dreifach berichtet, das ich anonym zugeschickt bekommen hatte. Nachdem es einige Zeit lang Spekulationen und Gespräche darüber gegeben hatte, war das irgendwann wieder abgeebbt und andere Spiele waren in den Vordergrund gerückt. Ich hatte mich schon fast damit abgefunden, nichts über den Ursprung herauszufinden. Als ich mich am Mittwoch morgen bei Boardgamegeek einloggte, fand ich überraschend eine Geeklist von Friedemann Friese vor, der sich als Autor und Verteiler des Spiels outete.

Die Geschichte dort ist auf Englisch, daher möchte ich hier mal kurz zusammenfassen. Friedemann ist in der Branche bekannt genug, dass eine Ankündigung eines neuen Spiels eine gewisse Erwartungshaltung hervorruft. Einerseits, weil er eben Friedemann Friese ist, andererseits aus den diversen im Netz kursierenden Ankündigungen, die ja auch Appetit auf das Spiel machen müssen. Manchmal sind das allerdings Erwartungen, die ein Spiel gar nicht unbedingt erfüllen kann oder auf die es gar nicht zugeschnitten ist.

Aus dieser Überlegung heraus entstand sein Plan, mal ein Spiel in Umlauf zu bringen, bei dem es keine Erwartungshaltung geben könnte – indem er es anonym in Umlauf brachte. Um die Spuren zu verwischen, schickte er ein paar Dutzend Exemplare an einen Freund in Freiburg, der sie von dort aus an mehr oder weniger zufällig ausgesuchte Leute aus der Spieleszene weiterschickte – und tatsächlich hatte ich als erstes mal herausgesucht, wo das Päckchen hergekommen war. Wäre es aus Bremen gekommen, wäre ich vielleicht auch nicht sofort auf Friedemann gekommen, weil ich selbst in Bremen aufgewachsen bin und dort doch noch einige Leute kenne, aber andere hätten den Braten vermutlich schnell gerochen.

Ein zweites Paket brachte er in den USA unter die Leute, ein drittes ließ er aus einem anderen Ort in Deutschland verschicken. Insgesamt waren es wohl so 150 Exemplare. Die Hoffnung darauf, wirklich viel Aufsehen zu erregen, erfüllte sich nicht (obwohl die wenigen Reaktionen durchaus positiv waren), jedenfalls stand es nicht wirklich in einem sinnvollen Verhältnis zu den Kosten, die Friedemann tragen musste. Bisher zumindest. Denn die Geeklist enthält gleichzeitig auch die Ankündigung, dass eine modifizierte Form des Spiels in Essen unter dem Titel Futschikato (englisch: Fuji Flush) erscheinen soll. Und Stunden später folgte dann die Ankündigung, dass Friedemanns Verlag 2F-Spiele künftig mit dem amerikanischen Verlag Stronghold Games zusammenarbeiten würde. Also jetzt doch einiges an Aufsehen im Vorfeld der Essener Messe im Oktober.

Futschikato
So soll es aussehen (Bild mit freundlicher Genehmigung von 2F-Spiele).

Einige Änderungen sind angekündigt: Futschikato wird eine andere Zahlenverteilung haben als Doppelt und Dreifach und wird für bis zu acht Leute spielbar sein. Die von unserer Spielgruppe ausprobierte Regeländerung hatte Friedemann nicht gefallen, aber hey, ist ja sein Spiel. Wir können es ja weiterhin spielen, wie wir lustig sind.

Für mich war das Ganze eine lustige Aktion, und ich freue mich, unter den Empfänger/innen gewesen zu sein. Letztlich bin ich auch genau in der Zielgruppe, da ich zwar ziemlich aktiv in der Spieleszene und insbesondere auf boardgamegeek bin, aber trotzdem kurze, knackige Spiele lieber mag als übermäßig komplexe. Das passte also schon.

Bleibt mir, Futschikato viel Erfolg zu wünschen (obwohl ich gerade selbst an einem Spiel mit einem ähnlichen Titel bastele). Vielleicht zahlt sich die ungewöhnliche Vorbereitungsphase ja doch aus und weckt im Nachhinein die richtigen Erwartungen. Wer weiß?

Im Garten des Herrn Friese

Wenn Friedemann Friese eins seiner eigenen Spiele verlegt, kommen im Titel nur Wörter vor, die mit „F“ anfangen. Auch in fremden Verlagen kommt er damit gelegentlich durch, aber nicht immer. Eins seiner weniger bekannten Spiele fiel mir letztes Jahr als Geschenk von einem niederländischen Freund in die Hände, und es fällt mir fast schwer, den Titel „Spring Fever“, der auf der Packung steht, zu verwenden. Es ist einfach zu klar, dass das Spiel mal Frühlingsfieber hätte heißen sollen. Na ja, immerhin heißt der Verlag Filosofía.

Spring Fever ist ein Spiel, wie ich es mag: Klein, ansprechend illustriert, simple Regeln, recht kurze Spieldauer (20-30 Minuten), trotzdem ein tolles Spielgefühl, genügend Interaktion und die Möglichkeit, es locker aus dem Bauch heraus oder eher berechnend anzugehen. Gelegentliche Lacher fehlen auch nicht. Warum es sich dennoch auf dem deutschen Markt nicht recht durchgesetzt hat, weiß ich nicht, die Ausgabe, die ich habe, enthält englische, französische und deutsche Regeln, und das Spiel selbst ist ohnehin sprachunabhängig.

Spring Fever

Worum geht’s? Spring Fever ist ein typisches Bluffspiel, bei dem man einen Garten mit möglichst vielen Blumen und möglichst wenigen Schnecken bestücken möchte. Es besteht aus 60 Karten, von denen die eine Hälfte Blumen zeigt (jeweils mit einem Wert von 3 Punkten), die andere Hälfte Schnecken (mit Werten von -1 bis -10 in abgestufter Häufigkeit). Zu Beginn bekommt jede/r eine Blume und legt sie vor sich aus. Vier Karten kommen verdeckt in die Schachtel, und dann kann’s auch schon losgehen.

Ein/e Startspieler/in wird bestimmt, zieht 4 Karten vom Stapel, sieht sie sich an und legt dann die schlechteste davon (also die mit dem niedrigsten Wert) offen in den eigenen Garten. Anschließend gibt er/sie die restlichen drei Karten im Uhrzeigersinn weiter. Der/die nächste kann nun glauben, dass die ausgelegte Karte wirklich die schlechteste war, eine neue vierte Karte ziehen und selbst ebenfalls die schlechteste Karte auslegen. Oder zweifeln, also die drei Karten aufdecken und kontrollieren. War der Zweifel berechtigt, bekommt der/die Übeltäter/in alle verbliebenen Schneckenkarten (aus den drei Handkarten) in die Auslage und zusätzlich die schlimmste Schnecke des Zweiflers oder der Zweiflerin (oder muss eine Blume an diese/n abgeben). Dann werden die Handkarten wieder auf vier aufgefüllt und weitergegeben. Das geht solange weiter, bis der Stapel aufgebraucht ist. Wer dann den schönsten Blumengarten (mit den meisten Punkten) vor sich liegen hat, gewinnt das Spiel. Das ist alles.

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Macht das Spaß? Das kommt darauf an, ob man Bluffspiele insgesamt mag. Entscheidend für ein gutes Bluffspiel ist, dass sich die Spannung hochschaukelt und dass man mehr und mehr Informationen oder zumindest Gedankengänge zu einem einzelnen Spielzug hat. Den Titel „Mutter aller Bluffspiele“ teilen sich in meinen Augen Rüdiger Koltzes Kuhhandel und Jacques Zeimets Kakerlakenpoker, die das perfekt umsetzen und überhaupt zu meinen Lieblingsspielen gehören. Auch Heimlich & Co von Wolfgang Kramer ist natürlich klasse, für mich besonders in der Urversion. Ebenfalls ganz stark finde ich Bono Lights Bluff im Zoo, das hierzulande in einer deutlich entschärften Version als YAK erschienen ist (dazu schreibe ich vielleicht auch noch mal was). Ein Spiel wie Mäxchen in seinen diversen Varianten hingegen langweilt mich schnell, weil es sich einfach immer nur wiederholt und man in vielen Situationen zum Bluffen gezwungen ist, anstatt das selbst gezielt einsetzen zu können.
Spring Fever ist hier zwar nicht ganz oben auf dem Treppchen anzusiedeln, aber ein durchaus sehr respektabler Vertreter seines Genres. Wenn ich eine fiese Schnecke gereicht bekomme, kann ich zwar eine andere Karte legen und sie weitergeben. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass sie schon einmal ganz um den Tisch gewandert ist und mein/e link/e Nachbar/in also von ihrer Existenz weiß? Hier heißt es beobachten, unbeteiligt wirken, hier und da mal ungewöhnliche Vorgehensweisen wählen, um nicht berechenbar zu werden.

Man mag an Spring Fever kritisieren, dass Bluffs wie auch Zweifel manchmal nicht mehr sinnvoll erscheinen, weil der/die Nachbar/in so viel schlimmere Schnecken im Garten liegen hat als man selbst, so dass es das Risiko einfach nicht wert erscheinen lässt. Dieses Problem tritt tatsächlich gelegentlich auf, aber es lässt sich durchaus hier und da aushebeln, wenn man eben darum weiß (also den Spielverlauf gut beobachtet und das Risiko im richtigen Moment eingeht). Und dann kann sich der Punktestand mit einem Zug so stark verschieben, dass sich eine ganz neue Konstellation auftut. Das lernt man nicht unbedingt in der ersten Partie, aber der Wiederspielreiz war für uns groß genug, um mittlerweile besser zu werden.

Die Grafik des Spiels stammt von Olivier Fagnère und gefällt mir gut, wenn ich auch nicht unbedingt immer über den Tisch hinweg auf einen Blick erkennen kann, wie viele Schneckenpunkte schon vor jemandem liegen. Die Schachtel ist so klein, dass sie wohl in so ziemlich jedem Spieleregal noch Platz finden dürfte. Fans des Bluffspielgenres kann man hier also bedenkenlos zum Kauf raten (zumal das Spiel sehr günstig zu haben ist).

Gesamtwertung: 8/10

Spring Fever
von Friedemann Friese
für 3 bis 6 Personen ab 8 Jahren
Illustrationen von Olivier Fagnère
erschienen bei Filosofía