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Banjo olé? Schiet!

In letzter Zeit kriege ich gelegentlich Spiele in die Finger, bei denen ich keine rechte Ahnung habe, wie man sie eigentlich überhaupt ausspricht. Skyjo ist so ein Beispiel, oder auch Banjooli Xeet, ein Straußenrennspiel aus Spanien, das ich kürzlich mal in einem Tausch erworben habe. Wenn mir da jemand weiterhelfen kann, freue ich mich.

Banjooli Xeet

Worum geht’s?

Banjooli Xeet spielt irgendwo im tiefsten Afrika, eben da, wo es Strauße gibt. Diese liefern sich Rennen, und die Schamanen haben Visionen, welcher Strauß wo landet. Anschließend wollen sie dann dafür sorgen, dass ihre Vorhersage auch eintrifft, um Ruhm und Ehre zu erlangen. Also scheuchen sie ihre Favoriten voran und bremsen die anderen aus. Damit haben sie alle Hände voll zu tun, denn die anderen haben natürlich ihre anderen Lieblingsstrauße im Rennen.

Unten eine Beispielstrecke, oben die Visionen und die Würfel

Zu Beginn bekommt man eine zufällig ausgeloste Vision, die man tunlichst geheim halten sollte. Darauf ist die Platzierung der fünf teilnehmenden Strauße angegeben, die man erwartet. Außerdem wird auf dem Tisch aus sechs Teilen ein variabler Kurs ausgelegt (wer ein längeres Rennen spielen möchte, kann auch weitere Teile hinzufügen). Am Start stehen die Strauße bereit. Wer dran ist, würfelt mit fünf weißen und einem schwarzen Farbwürfel. Beliebig viele Würfel kann man erneut würfeln, aber nur einmal, dann muss man mit dem Ergebnis leben. Mit den weißen Würfeln kann man einen Strauß bewegen, und zwar um so viele Felder voran, wie man die entsprechende Farbe gewürfelt hat. Liegt auf einem oder mehreren Würfeln die weiße Farbe oben, gilt das als Joker und man darf die entsprechende Menge zum Ergebnis hinzufügen. Alternativ zur Bewegung kann man mit dem schwarzen Würfel den gewürfelten Strauß ein bisschen verhexen. Der erschreckt sich dann und steckt seinen Kopf in den Sand. Da bleibt er stecken, bis irgendjemand anders diesen Strauß wieder enthext (ebenfalls mit dem schwarzen Würfel).

Gelb zieht an Blau vorbei, wovon Blau allerdings wohl gerade herzlich wenig mitkriegt.

So spielt man weiter, bis die ersten drei Strauße im Ziel gelandet sind. Wer den ersten Platz richtig vorausgesagt hat, bekommt 5 Punkte, für den zweiten Platz 4 und für den dritten Platz 3 Punkte. Für jeden Strauß, den man in der Top 3 gesehen hat, aber an der falschen Stelle, bekommt man 2 Punkte. Der wichtigste Strauß ist allerdings der, der bei Spielende auf dem letzten Platz liegt. Hat man diesen richtig vorhergesagt, werden die eigenen Punkte verdoppelt.

Es gibt Erweiterungsregeln mit besonderen Spielplanteilen (etwa einer Hängebrücke oder einem Teleportfeld) sowie Beeren, die man am Anfang verdeckt auf dem Spielfeld platziert und die eine Art Ereigniskarten darstellen. Man kennt davon nur die, die man selbst platziert hat und weiß, ob es sich um eine positive oder eine negative Karte handelt.

Und? Macht das Spaß?

Ja, durchaus. Ich muss eine gewisse Ähnlichkeit zu Heimlich & Co feststellen: Man hat ein ausgelostes Ziel und darf per Würfelwurf mehr oder weniger beliebige Figuren voranbewegen, um die eigene(n) ins Ziel zu bringen. Ein wesentlicher Unterschied ist, dass man bei Heimlich & Co die eigenen Interessen wesentlich länger verbergen kann und sollte, denn bei Banjooli Xeet kann man manchmal einen so großen Vorsprung herauslaufen, dass die anderen den entsprechenden Strauß nur noch verlangsamen, aber manchmal einfach nicht mehr vom Ziel fernhalten können. Dies wird dadurch wettgemacht, dass man ja einen bestimmten Zieleinlauf verfolgt und damit an der Platzierung aller Strauße ein Interesse hat – ganz besonders der des letzten.
Der Würfelmechanismus funktioniert gut und ist kurzweilig. Langes Grübeln gibt es normalerweise nicht, höchstens mal ein bisschen Ärger über die Würfelergebnisse. Aber dass man so gar nichts machen kann, was einem nicht in den Kram passt, ist schon sehr selten. Da ist es auch eine gute Idee, dass das Spiel nach der Ankunft des dritten Straußes endet, denn sonst wäre der Rest dem Zufall auch arg ausgeliefert. So ist Banjooli Xeet insgesamt ein ansprechend aufgemachtes Spiel, bei dem das Pseudo-Afrika-Thema angenehm im Hintergrund bleibt. Ich bin ja nicht so der ganz große Würfelspieler vor dem Herrn, aber der Würfelmechanismus ist hier recht patent eingesetzt.
Gelegentlich kann es vorkommen, dass man selbst von Runde zu Runde einen Strauß enthext, der dann konsequent von den anderen wieder verhext wird, so dass man ein bisschen feststeckt, wenn man keine Verbündeten hat. Das passiert vor allem bei vier oder fünf Spieler/innen schon mal. Oft wird die Situation aber auch schon wieder aufgebrochen, sobald ein einziger weiterer Strauß die Stelle passiert hat, denn dann hat man plötzlich wieder ganz andere Allianzen.
Dazu kommen dann diverse Erweiterungs- und Variationsmöglichkeiten. Die Strecke ist durch den variablen Aufbau immer ein bisschen anders, aber das ist hauptsächlich Placebo-Freude, denn auf das Spielgeschehen hat das wenig Einfluss, das wäre auch ohne gegangen. Es sei denn, Ihr benutzt eins der Sonderfelder, die man einbauen kann, dann gibt es zwischendurch mal den einen oder anderen zusätzlichen Aufreger. Allerdings fand ich die jetzt auch alle nicht so interessant, dass ich sagen würde, man braucht sie unbedingt. Völlig überflüssig sind in meinen Augen die Beerenmarker, von denen jede/r einen verdeckt auf der Strecke platzieren kann. Wenn ein Strauß auf so eine Beere trifft, wird diese aufgedeckt und der Effekt ausgeführt. Bei der selbst platzierten Beere weiß man ja, was es ist, bei den anderen nicht. Klar, wer zusätzliche Regeln braucht, kann sowas einführen, aber mich lockt dieser Teil gar nicht. Das Spiel funktioniert ja auch ohne gut – und wer mich kennt, weiß schon, dass ich Spiele mit vielen kleinen Einzelregeln nur selten eines näheren Blickes würdige.

Sehr schön die Idee, einen Löwenmarker einzubauen und die Spieler/innen aufzufordern, sich doch dazu eine Regel auszudenken. Sowas mag ich.

Nimmt man das ganze Drumherum weg, bleibt ein solides, lockeres Familienspiel, das mir auch nach diversen Partien noch Spaß macht. Heimlich & Co in seiner Urversion wird es bei mir allerdings nicht verdrängen, zumindest nicht ab 4 Personen. Denn dieser alte Kramer-Klassiker lebt einfach von seinen unheimlich simplen Regeln und dem schweißtreibenden Bluffen – ganz meine Kragenweite. Mir ist allerdings klar, dass das vielen Spieler/innen nicht so geht, denen bedeutet Variation viel mehr als mir. Und vielleicht auch solche, die mit Bluffspielen nichts anfangen können. Diese sind mit Banjooli Xeet wahrscheinlich besser bedient.

Ein Wort noch zu den Regeln von Banjooli Xeet: Diese sind lobenswerterweise in vier Sprachen beigefügt. Die deutschen Regeln sind allerdings sichtlich nicht von Muttersprachler/innen bearbeitet worden. Ich hatte zwar keine Probleme, sie zu verstehen, aber sie ist doch reichlich holprig und etwas anstrengend zu lesen. Die Dinge, die mir nicht völlig klar waren, waren in den anderen Sprachen aber auch nicht deutlicher formuliert, das lag also nicht an der Übersetzung.

Banjooli Xeet wird uns in der Familie wahrscheinlich noch des Öfteren Spaß machen. Ein Klassiker wird es aber eher nicht werden.

Banjooli Xeet
für 2 bis 5 Leute
von Diego Ibañez
Illustriert von Pedro Soto
Asylum Games, 2013

Auflösung

Zwar gab es hier im Blog nur einen Lösungsversuch, aber auf Facebook (wo ich den Artikel verlinkt hatte), kamen noch diverse dazu. Als erster kam Matthias Muhl auf die Lösung, dann in einem anderen Thread Andy Steiger. Aber meine Tochter würde auch zwei Bilder malen, hat sie gesagt.

Und was war die richtige Lösung?IMG_0183Das Spiel Räubern von Wolfgang Kramer kam 1985 bei Ravensburger heraus und ist eins der besten Fünfminutenspiele, die ich kenne, insbesondere in der Idealbesetzung zu viert. Ein wirklich schönes Familienspiel. Man kriegt es oft für’n Appel und ’n Ei bei Ebay oder auf dem örtlichen Flohmarkt.

Nicht verwechseln sollte man es allerdings mit einer Variante namens „Räuber“, die 2006 auf den Markt kam und allgemein ziemlich verrissen wurde (hab’s selbst nie in der Hand gehabt). Ihr braucht die grüne Schachtel. 🙂

Im Garten des Herrn Friese

Wenn Friedemann Friese eins seiner eigenen Spiele verlegt, kommen im Titel nur Wörter vor, die mit „F“ anfangen. Auch in fremden Verlagen kommt er damit gelegentlich durch, aber nicht immer. Eins seiner weniger bekannten Spiele fiel mir letztes Jahr als Geschenk von einem niederländischen Freund in die Hände, und es fällt mir fast schwer, den Titel „Spring Fever“, der auf der Packung steht, zu verwenden. Es ist einfach zu klar, dass das Spiel mal Frühlingsfieber hätte heißen sollen. Na ja, immerhin heißt der Verlag Filosofía.

Spring Fever ist ein Spiel, wie ich es mag: Klein, ansprechend illustriert, simple Regeln, recht kurze Spieldauer (20-30 Minuten), trotzdem ein tolles Spielgefühl, genügend Interaktion und die Möglichkeit, es locker aus dem Bauch heraus oder eher berechnend anzugehen. Gelegentliche Lacher fehlen auch nicht. Warum es sich dennoch auf dem deutschen Markt nicht recht durchgesetzt hat, weiß ich nicht, die Ausgabe, die ich habe, enthält englische, französische und deutsche Regeln, und das Spiel selbst ist ohnehin sprachunabhängig.

Spring Fever

Worum geht’s? Spring Fever ist ein typisches Bluffspiel, bei dem man einen Garten mit möglichst vielen Blumen und möglichst wenigen Schnecken bestücken möchte. Es besteht aus 60 Karten, von denen die eine Hälfte Blumen zeigt (jeweils mit einem Wert von 3 Punkten), die andere Hälfte Schnecken (mit Werten von -1 bis -10 in abgestufter Häufigkeit). Zu Beginn bekommt jede/r eine Blume und legt sie vor sich aus. Vier Karten kommen verdeckt in die Schachtel, und dann kann’s auch schon losgehen.

Ein/e Startspieler/in wird bestimmt, zieht 4 Karten vom Stapel, sieht sie sich an und legt dann die schlechteste davon (also die mit dem niedrigsten Wert) offen in den eigenen Garten. Anschließend gibt er/sie die restlichen drei Karten im Uhrzeigersinn weiter. Der/die nächste kann nun glauben, dass die ausgelegte Karte wirklich die schlechteste war, eine neue vierte Karte ziehen und selbst ebenfalls die schlechteste Karte auslegen. Oder zweifeln, also die drei Karten aufdecken und kontrollieren. War der Zweifel berechtigt, bekommt der/die Übeltäter/in alle verbliebenen Schneckenkarten (aus den drei Handkarten) in die Auslage und zusätzlich die schlimmste Schnecke des Zweiflers oder der Zweiflerin (oder muss eine Blume an diese/n abgeben). Dann werden die Handkarten wieder auf vier aufgefüllt und weitergegeben. Das geht solange weiter, bis der Stapel aufgebraucht ist. Wer dann den schönsten Blumengarten (mit den meisten Punkten) vor sich liegen hat, gewinnt das Spiel. Das ist alles.

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Macht das Spaß? Das kommt darauf an, ob man Bluffspiele insgesamt mag. Entscheidend für ein gutes Bluffspiel ist, dass sich die Spannung hochschaukelt und dass man mehr und mehr Informationen oder zumindest Gedankengänge zu einem einzelnen Spielzug hat. Den Titel „Mutter aller Bluffspiele“ teilen sich in meinen Augen Rüdiger Koltzes Kuhhandel und Jacques Zeimets Kakerlakenpoker, die das perfekt umsetzen und überhaupt zu meinen Lieblingsspielen gehören. Auch Heimlich & Co von Wolfgang Kramer ist natürlich klasse, für mich besonders in der Urversion. Ebenfalls ganz stark finde ich Bono Lights Bluff im Zoo, das hierzulande in einer deutlich entschärften Version als YAK erschienen ist (dazu schreibe ich vielleicht auch noch mal was). Ein Spiel wie Mäxchen in seinen diversen Varianten hingegen langweilt mich schnell, weil es sich einfach immer nur wiederholt und man in vielen Situationen zum Bluffen gezwungen ist, anstatt das selbst gezielt einsetzen zu können.
Spring Fever ist hier zwar nicht ganz oben auf dem Treppchen anzusiedeln, aber ein durchaus sehr respektabler Vertreter seines Genres. Wenn ich eine fiese Schnecke gereicht bekomme, kann ich zwar eine andere Karte legen und sie weitergeben. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass sie schon einmal ganz um den Tisch gewandert ist und mein/e link/e Nachbar/in also von ihrer Existenz weiß? Hier heißt es beobachten, unbeteiligt wirken, hier und da mal ungewöhnliche Vorgehensweisen wählen, um nicht berechenbar zu werden.

Man mag an Spring Fever kritisieren, dass Bluffs wie auch Zweifel manchmal nicht mehr sinnvoll erscheinen, weil der/die Nachbar/in so viel schlimmere Schnecken im Garten liegen hat als man selbst, so dass es das Risiko einfach nicht wert erscheinen lässt. Dieses Problem tritt tatsächlich gelegentlich auf, aber es lässt sich durchaus hier und da aushebeln, wenn man eben darum weiß (also den Spielverlauf gut beobachtet und das Risiko im richtigen Moment eingeht). Und dann kann sich der Punktestand mit einem Zug so stark verschieben, dass sich eine ganz neue Konstellation auftut. Das lernt man nicht unbedingt in der ersten Partie, aber der Wiederspielreiz war für uns groß genug, um mittlerweile besser zu werden.

Die Grafik des Spiels stammt von Olivier Fagnère und gefällt mir gut, wenn ich auch nicht unbedingt immer über den Tisch hinweg auf einen Blick erkennen kann, wie viele Schneckenpunkte schon vor jemandem liegen. Die Schachtel ist so klein, dass sie wohl in so ziemlich jedem Spieleregal noch Platz finden dürfte. Fans des Bluffspielgenres kann man hier also bedenkenlos zum Kauf raten (zumal das Spiel sehr günstig zu haben ist).

Gesamtwertung: 8/10

Spring Fever
von Friedemann Friese
für 3 bis 6 Personen ab 8 Jahren
Illustrationen von Olivier Fagnère
erschienen bei Filosofía