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Lahme Löwen

Da ich eine spielbegeisterte Familie habe, bin ich immer offen für gute Familienspiele. Crazy Race schien allgemein recht gut anzukommen, und so griff auch ich zu, als sich eine gute Gelegenheit bot. Ob ich das bereut habe, könnt Ihr hier lesen.

Crazy Race

Worum geht’s?
Die Löwen im Zoo haben Bock auf ein bisschen Action, klauen sich ein paar Wagen und spannen alle möglichen Tiere davor. Dann liefern sie sich ein Rennen.
Auf dem variablen Spielfeld ist eine Rennstrecke in mehreren Etappen abgebildet, deren Felder fünf verschiedene Farben haben. Für jede Farbe sind einige Würfel im Spiel, die verschiedene Augenzahlen zeigen (je nach Farbe also unterschiedliche durchschnittliche Ergebnisse erzielen). Die Spieler/innen haben eine Wagentafel, an die sich jeweils ein Zugtier anpuzzeln lässt. Jedes Zugtier hat eine maximale Bewegungsweite. Wer dran ist, guckt sich an, welche Farben die vorausliegenden Felder haben und nimmt sich entsprechende Würfel dafür. Wie viele Würfel man nimmt, kann man selbst wählen, man muss nur die Farben der jeweils nächsten Felder einhalten. Wenn man es nun schafft, mit allen genutzten Würfeln zusammen unter dem Limit für sein Zugtier zu bleiben, darf man so viele Felder voranziehen, wie man Würfel benutzt hat. Liegt man drüber, darf man nur ein Feld voranziehen.

Wenn ein Löwe eine Etappengrenze überfährt, wird die aktuelle Runde zu Ende gespielt, dann dürfen sich alle ein neues Tier aussuchen (zuerst wählt, wer auf der letzten Position liegt). Und weiter geht’s. Wenn dann jemand schließlich die Ziellinie überfährt, hat er oder sie allerdings noch nicht gewonnen, sondern jetzt deckt man reihum die genutzten Zugtiere auf, die zum Teil noch Bonusfelder bringen. Wenn alle ihre Bonusfelder gezogen sind, gewinnt, wer am weitesten vorn steht.

Crazy Race

Und? Macht das Spaß?

Mir leider nicht so. Ich bin auch ziemlich perplex, dass Crazy Race von vielen so hochgelobt wird, gar als möglicher Kandidat für das Spiel des Jahres gehandelt wird. Da will ich mich jetzt nicht damit abfinden, das einfach auf meinen exzentrischen Geschmack zu schieben, sondern versuchen, herauszufinden, was mich an diesem Spiel eigentlich so stört. Der erste Eindruck wird natürlich von Michael Menzels Illustrationen geprägt, und die sind wie immer klasse. Da gibt es also nichts zu meckern, an der Produktionsqualität wie von Ravensburger gewohnt auch nichts. Und eigentlich bin ich ein Fan von Push-your-luck-Spielen, ich spiele leidenschaftlich Tiefseeabenteuer, gern Can’t Stop und kann gar nicht sagen, wie abgenutzt unser Exemplar von Kleine Fische mittlerweile ist. Das ist ein Genre, das mir liegt, also waren meine Erwartungen vielleicht zu hoch?

Eigentlich finde ich die Grundidee ganz reizvoll, sich von unten möglichst nahe an eine Zahl ranzuwürfeln, indem ich eine Würfelwahrscheinlichkeit abschätze. Ein bisschen unromantisch wird das, weil der Durchschnittswert jedes Würfels auf Übersichtstafeln angegeben ist, aber vielleicht dadurch ganz lehrreich für Leute, die mit sowas bisher nichts anfangen konnten. Ein Problem tritt bei Crazy Race aber nun auf, das ich aus anderen Spielen des Genres nicht kenne: Ich suche mir ein Tier (und damit eine Taktik) aus, kann aber dann gerade mal zwei oder drei Würfe mit diesem Tier durchführen, weil dann schon wieder jemand am nächsten Baum vorbeikommt und neue Rollen verteilt werden müssen. Und bei Würfelwahrscheinlichkeiten ist es nun mal so, dass ein Wurf jederzeit schiefgehen kann – wenn das dann aber einer von nur zwei Würfen ist, die ich habe, kann ich das mit nichts ausgleichen, sondern habe lediglich den schwachen Trost, beim nächsten Wechsel zuerst wählen zu dürfen. Schlimmstenfalls, ohne mich mit meinem aktuellen Tier überhaupt bewegt zu haben. Stattdessen muss ich mich gleich wieder auf etwas anderes einlassen. Dadurch kommt weder Spielfluss auf, noch fällt sonderlich auf, ob ich eine sinnvolle Entscheidung getroffen habe.

Der ständige Wechsel der Zugtiere ist mir persönlich sehr negativ aufgefallen. Es klingt zwar nach einer guten Idee, aber da die Wechsel eben so schnell aufeinander folgen, kann ich mich auf nichts richtig einlassen und werde mich am Ende einer Partie kaum daran erinnern, welche Tiere ich gespielt hatte. Da steckt einfach kein Feuer drin. Dazu kommt, dass ich durch den ständigen Wechsel der Tiere dauernd über die aktuellen Regeln nachdenke, anstatt mich im Spiel selbst versenken zu können.

Was mir außerdem fehlt, ist jede Möglichkeit, mal etwas Überraschendes zu tun. Ich mag Spiele mit simplen Regeln, und zwar besonders dann, wenn ich innerhalb des Spiels plötzlich einen heimlich ausgeheckten Plan ausführen kann, der vom Althergebrachten abweicht. Das ist mir bei Crazy Race völlig verwehrt, und selten habe ich diese Möglichkeit so schmerzlich vermisst wie hier. Wahrscheinlich zeigt das aber auch nur, dass mir die Interaktion hier fehlt. Ich kann niemanden blockieren und niemandem helfen, mit niemandem etwas aushandeln – kurz, ich spiele letztlich einfach so vor mich hin und gucke höchstens beim Auswählen neuer Tiere kurz mal drauf, was die anderen machen. Als jemand, der Spiele mit hoher sozialer Interaktion liebt, wird mir so etwas schnell langweilig.

Am Ende kommt dann noch ein absoluter Stimmungstöter: Je nachdem, welche Tiere man im Laufe des Spielst vor seinen Wagen gespannt hatte, bekommt man noch Aufholpunkte gutgeschrieben. Wer mit eher langsamen Tieren unterwegs war, wird jetzt unter Umständen noch an einigen Konkurrent/innen vorbeigeschoben. Das ist der Tod jeder thematischen Immersion in diesem Spiel. Mich erinnerte das an diese Buden auf dem Jahrmarkt, wo man Bälle in Löcher rollt oder wirft, um Pferde anzutreiben. Wessen Pferd zuerst im Ziel ist, bekommt einen Preis – und dann sieht man alle Pferde an der Schnur wieder auf die Startbahn gezogen, was sehr seltsam und künstlich aussieht. So ähnlich habe ich die Schlussphase von Crazy Race empfunden. In einem abstrakteren Spiel hätte mich das sicherlich weniger gestört. Aber die doch eigentlich schöne Illusion, dass sich hier Löwen ein Rennen liefern, wird allemal zunichte gemacht, zumal es während des Rennens selbst gar nicht sooo viele Überholmanöver gibt.

Der Spielplan ist variable aufbaubar.

Für mich ist Crazy Race insgesamt ein thematisch nicht funktionierendes, langweiliges Lehrstück über Würfelwahrscheinlichkeiten. Spannend war für mich allemal die Frage, wann es vorbei sein würde. Meine Frau war in ihrem Urteil zwar etwas gnädiger, aber da die Kinder nach einigen Partien (meine Ältere schon nach der ersten) keine Motivation zeigen, es erneut zu spielen, sind wir mit Crazy Race jetzt durch. Auch der minimal variable Spielaufbau wird mich nicht dazu animieren, das jetzt in allen möglichen weiteren Konstellationen durchzuprobieren, das fällt für mich eher in den Bereich Überproduktion. Viel interessanter als Farbvariationen wäre hier die Möglichkeit gewesen, die Länge einzelner Etappen oder des Gesamtrennens flexibel gestalten zu können. So wie es ist, empfinde ich Crazy Race aber als viel Lärm um sehr wenig.

Gesamteindruck: 4/10

Crazy Race
von Alessandro Zucchini
für 2 bis 5 gähnende Löwen
Illustrationen von Michael Menzel
Ravensburger, 2017

Spiele im Sprachunterricht (Teil 1)

Spielen heißt Lernen. Natürlich ist es möglich, etwas zu lernen, ohne dabei zu spielen, aber es ist fast unmöglich, zu spielen, ohne dabei etwas zu lernen. Es ist daher nur natürlich, dass Spiele auch beim gesteuerten Lernen, zum Beispiel in der Schule, eingesetzt werden. Anders, als es manchmal leider immer noch vermutet wird, können Spiele dabei nicht nur eine reine Abwechslung oder Auflockerung vom „richtigen“ Unterricht sein, zu der sich die Lehrkraft überreden lässt, wenn Zeit übrig ist, sondern ein zentraler Inhalt.

Ich selbst unterrichte Deutsch als Fremd- und Zweitsprache in der Erwachsenenbildung, meist mit angenehm kleinen Gruppen (unter zehn Leuten). Dabei versuche ich natürlich, viel zu spielen. Ohne einen direkten Vergleich zu anderen Fächern zu haben, erscheint mir der Sprachunterricht dafür besonders geeignet zu sein. Spielregeln guter Spiele ähneln ja eigentlich der Grammatik einer Sprache: Es wird ein Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen wir alle Freiheiten haben (sollten), und wir können völlig neuartige Strategien einsetzen, die für alle anderen überraschend kommen mögen, aber dennoch von allen verstanden werden. Je mehr man sich dabei ausprobiert, Erfolg hat oder scheitert, desto mehr lernt man, die Feinheiten der Sprache oder des Spiels zu beherrschen.

Nun gibt es natürlich sehr viele Möglichkeiten im Sprachunterricht zu spielen. Rollenspiele sind eine klassische Methode, und schon in meiner Schulzeit wurde versucht, dröges Abfragen von irgendwelchen Vokabeln durch Wettbewerbscharakter in eine Art spielerische Aktivität umzuwandeln. Der Erfolg dessen war in meinen Augen eher begrenzt, bei Dingen wie Eckenraten wurde zwar möglicherweise der Ehrgeiz einiger Schüler/innen geweckt, aber ansonsten hat es uns kaum sonderlich weitergebildet.

Mittlerweile gibt es eine geradezu unüberschaubare Anzahl von expliziten Lernspielen (als Anregung in Büchern, mit Kopiermaterial oder sonstigen Bauanleitungen, aber auch verkleidet als „normale“ Spiele mit pädagogischem Anspruch). Das Problem an diesen Spielen ist zuweilen, dass sie zwar ein Thema vermitteln, dabei aber leider überhaupt keinen Spaß machen. Dabei muss der Spaß doch im Vordergrund stehen! Ein Spiel, das hundert Fertigkeiten trainieren soll, aber keinen Spaß macht, trainiert letztlich eben gar keine Fertigkeit (außer vielleicht dem Verstauen von Spieleschachteln in abgelegenen Schränken). Der ganze Sinn des Einsatzes von Spielen im Unterricht ist ja, auf spielerische Weise etwas zu lernen, und das geht nur über den Spaß.
Wenn ich ein Spiel für den Unterricht auswähle, gucke ich also zuerst: Macht das Spaß? Wenn ja, was lernt man bei diesem Spiel? Wenn das nicht das ist, was ich gerade für nötig halte, kann man das Spiel dann vielleicht so verändern, dass die Mechanismen und der Spielspaß erhalten bleiben, aber der Inhalt an meine Vorstellungen angepasst wird? Das ist allemal einfacher und erfolgversprechender als ein langweiliges Spiel mit genau den richtigen Inhalten herzunehmen und zu versuchen, da irgendwie Spielspaß zu erzwingen. Einen Vorteil gegenüber Spielen außerhalb des Unterrichts gibt es noch – die allermeisten Spiele setze ich in einer Gruppe nur ein- oder zweimal ein. Während ich privat beim Kauf eines Spiels darauf achte, dass der Wiederspielreiz hoch ist, ist das bei den Spielen im Unterrichtseinsatz nicht unbedingt nötig, da ich die meisten Spiele in jeder einzelnen Gruppe nur einmal einsetze. Ein Knalleffekt und ein spannender Spielverlauf reichen.

Grundsätzlich sind alle Spiele, bei denen man durch Sprache miteinander kommuniziert, für den Sprachunterricht geeignet, denn man übt sich dabei ja im Unterrichtsinhalt. Trotzdem suche ich natürlich in der jeweiligen Unterrichtssituation Spiele aus, von denen ich mir eine Vertiefung oder Einführung des aktuellen Lernstoffs erhoffe. Viele Spielkonzepte lassen sich gut an die Grammatik- oder Wortschatzinhalte anpassen, die man gerade braucht. Für diesen Beitrag habe ich eine Reihe von Spielen herausgesucht, die ich kurz vorstellen möchte. Dabei will ich auch darauf eingehen, was ich aus den einzelnen Spielen herauszuholen versuche und wie ich sie gegebenenfalls verändere, um das zu erreichen. Die Liste ist auf gar keinen Fall vollständig, und ich freue mich immer über weiter Ideen, also her damit.

Vorweg eine kleine Warnung. Es empfiehlt sich keineswegs immer, den Schüler/innen zu sagen, dass man jetzt ein Spiel mit ihnen spielen will. Selbst heutzutage kommen noch Leute mit der Vorstellung in Sprachkurse, Spiele seien eine Ablenkung vom eigentlichen Lernen. Erfahrungsgemäß ist es dann wenig ergiebig, sich in längere Diskussionen darüber zu verstricken, dass das Spiel eine der ursprünglichsten Formen des Lernens ist (und eine der effektivsten). Die Vorstellung der Trennung von Spielen und Lernen ist manchmal so eingebrannt, dass sich das eben nicht mehr durch Erklärungen, sondern nur noch durch Spielen aufbrechen lässt. Eigentlich verfolge ich also zwei Ziele: Die Vermittlung von Sprache und die Vermittlung der Erkenntnis, dass Spiele sich gut zum Lernen eignen. Meist wirkt das ziemlich schnell, und ich kann bald auch das Wort „Spiel“ für unsere Lernaktivitäten benutzen. Vorher heißt es dann halt besser „Wortschatzübung“ oder sowas. Einen gewissen Wandel habe ich aber schon beobachten können. Vor zehn Jahren oder so war es noch häufig, dass mir Teilnehmer/innen sagten, sie seien nicht kreativ. Das ist natürlich Unsinn, denn das Sprechen als solches ist ja schon ein kreativer Akt. Ich kann in jeder Sprache Sätze bauen, die wahrscheinlich noch nie ganz genau so gesagt oder geschrieben wurden, und tue das auch oft. Darin liegt ein Zauber der sprachlichen Systeme – solange wir bestimmte Regeln einigermaßen einhalten, können wir etwas völlig neues sagen und dabei verstanden werden (siehe oben). Diese Teilnehmer/innen innerhalb eines Spiels dazu aufzufordern, kreativ zu sein, war aber wegen ihres Selbstbildes schwierig und ich habe das dann ein bisschen verkleiden müssen (hat so gut wie immer geklappt). Mittlerweile höre ich diesen Spruch aber auch gar nicht mehr, vielleicht war das auch eine Generationenfrage in bestimmten Herkunftsländern.
In Deutschland hat sich das Bild vom Spielen ja ebenfalls gewandelt – die ausschließlich glücksbasierten Würfellaufspiele mit aufgesetztem (oft erzieherischem) Thema, die vor hundert Jahren hierzulande den Spielemarkt dominierten, würden heute kaum noch jemanden hinter dem Ofen hervorlocken. Im Vergleich zu moderneren Spielen machen sie einfach kaum Spaß. Ich zumindest brauche Situationen im Spiel, in denen ich echte Entscheidungen treffe (mit „echte Entscheidungen“ meine ich, dass ich mich zwischen verschiedenen Wegen zu einem Ziel entscheiden kann, nicht nur zwischen einer absolut besseren und einer absolut schlechteren Möglichkeit).
Wie dem auch sei, die Teilnehmer/innen verstehen unter dem Wort „Spiel“ vielleicht einfach etwas anderes als ich, daher bleibe ich mit dem Begriff vorsichtig, wenn ich die Leute noch nicht so gut kenne.

Und noch eine Bemerkung zum Thema Gewinnen. Viele der von mir verwendeten Spiele haben einen Wettbewerbscharakter. So etwas kann ein Problem sein, wenn das Spielprinzip die „Alphaschüler/innen“ eindeutig bevorzugt (wie es etwa beim Eckenraten der Fall war). Man kann so etwas manchmal entschärfen, indem man Gruppen statt einzelner Leute gegeneinander antreten lässt (und diese gegebenenfalls selbst einteilt). Fast alle Spiele enthalten aber ohnehin Elemente, die verhindern (können), dass immer die gleichen Leute gewinnen. In manchen Fällen kann die Lehrkraft daher auch ruhig mitspielen. Außerdem ist mir aufgefallen, dass die allermeisten Schüler/innen sich zwar durchaus anstrengen, zu gewinnen, es aber kaum zu ernst nehmen, wenn sie verlieren. Natürlich nur, solange das Spielen selbst eben Spaß macht.

Die Spiele, die ich Euch nun vorstellen möchte, habe ich in vier Kategorien eingeteilt: Wortschatzspiele, Sprechspiele, Grammatikspiele und Aussprachespiele. Den Schwerpunkt lege ich auf die Wortschatz- und die Sprechspiele – nicht etwa, weil man Aussprache und Grammatik nicht so einfach spielerisch erlernen könnte, sondern weil sich mir da zu Lernspielen umfunktionierte „normale“ Spiele bisher nicht so sehr aufgedrängt haben, und um diese soll es hier ja vor allem gehen. Natürlich überlappen sich einige Kategorien auch. Heute fange ich mit den Sprechspielen und einem Aussprachespiel an, in der nächsten Woche sind dann die anderen beiden Kategorien dran.

 

SPRECHSPIELE

1. Tabu
Tabu ist wohl das Spiel, das ich im Sprachunterricht am häufigsten eingesetzt habe. Wahrscheinlich kennen es die meisten von Euch schon, daher hier nur eine ganz kurze Übersicht: Man hat Karten, auf denen oben ein zu erklärender Begriff steht, darunter fünf Tabuwörter. Die Aufgabe besteht darin, möglichst schnell den oberen Begriff so zu erklären, dass das eigene Team ihn erraten kann. Dabei darf man allerdings keins der Tabuwörter benutzen, was zu einigen Verrenkungen führt.
Tabu übt das Umschreiben von unbekannten Wörtern. Niemand kennt alle Wörter einer Sprache, auch Muttersprachler/innen nicht. Da wird man immer wieder Wörter umschreiben müssen, und darauf kann man die Lerner/innen mit Tabu hervorragend vorbereiten. Ich setze das Spiel besonders gern ein, nachdem ich Relativsätze eingeführt habe, aber man kann es eigentlich auf fast jedem Sprachniveau spielen.
Tabu gibt es mittlerweile in richtig vielen Versionen. Einige der neueren haben leider viele Prominentennamen als Ratebegriffe, und das taugt gar nichts, daher empfehle ich die Jagd nach einem gebrauchten Exemplar der Erstauflage. Es gibt auch ein Tabu Junior, mit einfachen Wörtern und nur jeweils drei Tabuwörtern pro Karte. Das habe ich ebenfalls im Einsatz.

Vorbereitungen/Regelanpassungen:
Um das Spiel vorzubereiten, hole ich gern ein Ding aus meiner Hosentasche heraus und zeige es den Lerner/innen mit der Bitte, es mir doch mal zu beschreiben. Das ist so ein hufeisenförmiges Metallding, mit dem man die Hose zusammenstecken kann, damit sie beim Fahrradfahren nicht in die Kette gerät. Normalerweise kennt niemand die Funktion dieses Dings, und wer es doch tut, kennt den Namen nicht. Auch nicht in der eigenen Muttersprache, also helfen auch Wörterbücher nicht unbedingt weiter, sondern nur Erklärungen und Umschreibungen. Daran kann ich dann schön demonstrieren, dass die Erklärung „ein etwa handtellergroßes, rundes, an einer Seite offenes Ding aus dünnem, flexiblem Metall, das ungefähr 20 Gramm wiegt und silberfarben ist“ überhaupt keinen Sinn hat, sondern nur die Erklärung der Funktion entscheidend ist. Das kann bei anderen Dingen anders sein, aber es hilft auf alle Fälle dabei, das Thema einzuführen.
Das Spielbrett, das es bei einigen Versionen gibt, lasse ich ganz weg. Meist teile ich die Klasse in zwei Gruppen und hole einfach jemanden nach vorne, der ein Wort erklären soll. Alle raten mit, und wenn jemand es gefunden hat, bekommt dessen Gruppe einen Punkt. Nach einer Weile nehme ich die Sanduhr dazu – wird das Wort innerhalb der Sanduhrfrist erraten, bekommt auch die Gruppe des Erklärers/der Erklärerin einen Punkt.
In jedem Fall wähle ich vor dem Spielen Karten aus, die zum Lernstand der Gruppe passen. Manchmal lasse ich auch ein Wörterbuch vorne liegen – wer dann ein Wort zieht, das er oder sie nicht kennt, darf die Bedeutung nachschlagen, aber während die Sanduhr läuft.

Tabu
von Brian Hersch
Deutsch bei MB, irgendwann Anfang der Neunziger

Tabu Junior
von Brian Hersch
Deutsch bei Parker, irgendwann um 2001 herum

2. Eselsbrücke
Ich habe Eselsbrücke zwar hier als Sprechspiel kategorisiert, aber es gehört unbedingt auch zu den Wortschatzspielen, weil man damit wunderbar demonstrieren kann, wie wichtig es ist, Wörter im Kontext zu lernen.
Bei Eselsbrücke geht es darum, kleine Geschichtchen zu erzählen und sich die Geschichten der anderen zu merken. Dazu zieht man ein paar Wortkärtchen (zu Beginn drei, später mehr) aus einem Beutel, legt sie vor sich aus und erzählt eine Geschichte, in der diese Wörter vorkommen. Danach legt man die Kärtchen auf einen verdeckten Stapel und der oder die nächste ist dran. Nachdem auf diese Weise jede/r ein paar Geschichten erzählt hat, nimmt man seinen ersten Stapel und verteilt die Kärtchen verdeckt an die im Uhrzeigersinn nächsten Spieler/innen. Reihum müssen diese nun jeweils ein anderes Wort aus der Geschichte nennen. Bei Erfolg bekommen sie das entsprechende Plättchen, bei Gedächtnislücken werden sie durch Verlust von Kärtchen bestraft. Es gibt noch ein paar Kniffe, aber das ist das Spielkonzept.
Eselsbrücke kann man irgendwann ab Sprachniveau B1 oder so einsetzen. Es eignet sich leider wirklich gut nur für Gruppen aus fünf oder sechs Leuten (wobei die Lehrkraft durchaus mitspielen kann) und es braucht für ein Unterrichtsspiel ziemlich viel Zeit (eher etwas mehr als eine Stunde), die aber in meinen Augen sehr gut investiert ist. Nach dem Spielen kann man die vielen verwendeten Kärtchen noch mal in eine gemeinsame Geschichte einbauen oder auf andere Weise aufbereiten.
Natürlich lebt das Spiel davon, dass die Leute sich ein bisschen was einfallen lassen. Ich würde es daher nicht unbedingt in jeder Gruppe einsetzen, aber bisher war es jedesmal ein guter Erfolg, zu dem die wunderbaren Illustrationen von Michael Menzel sicherlich beigetragen haben. Wer das Spiel gebraucht irgendwo erspäht, sollte darauf achten, nicht die erste Auflage zu kaufen, denn da waren noch ein paar Ungeschliffenheiten drin. Ab der zweiten Auflage ist es aber uneingeschränkt klasse.

Vorbereitungen/Regelanpassungen:
Eigentlich keine. Falls Kärtchen auftauchen, die mir zu schwer vorkommen, ziehe ich die einfach während des Spiels aus dem Verkehr (und erkläre sie bei Interesse hinterher). Und insgesamt wenden wir die Regeln einfach nicht zu streng an. Wer sich an ein Wort nicht (genau) erinnern, das bezeichnete Ding aber beschreiben kann, kriegt das entsprechende Plättchen trotzdem.

Eselsbrücke
von Stefan Dorra und Ralf zur Linde
Schmidt, 2011 (zweite Auflage 2012)

3. Geile Idee
Geile Idee besteht aus Karten mit Nomen und Karten mit Attributen. Man bekommt von jeder Sorte drei und muss nun mindestens zwei von diesem zu einem Produkt zusammenfügen. Dann versucht man, sein Produkt den anderen Spieler/innen zu „verkaufen“, indem man eine kleine Werbeansprache für seine preisreduzierte Schreibtischpistole oder sein Zen-Bier hält und erklärt, warum das ein Produkt ist, auf das die Welt schon immer gewartet hatte. Anschließend müssen sich alle für ein Produkt entscheiden, das sie kaufen würden, und auf Kommando mit dem Finger drauf zeigen. Wer sein Produkt verkauft, bekommt einen Punkt, wer es am häufigsten verkauft, einen weiteren. Das spielt man ein paar Runden lang, wer dann am meisten Punkte ergattert hat, gewinnt.
Das Spiel ist sehr zum Lachen, schon wegen der verrückten Produkte, die dabei auftauchen. Eigentlich ist das auch schon das Problem, wenn man das Spiel als Lernspiel einsetzt: Normalerweise bekommt das lustigste Produkt die meisten Punkte, nicht unbedingt die lustigste oder beste Werbung. Aber eigentlich macht das gar nicht so viel aus, denn bei den meisten Spielen im Sprachunterricht versuchen die Lerner/innen wie oben erwähnt zwar zu gewinnen, aber es ist ihnen nicht wirklich fürchterlich wichtig. Und so kann man als Lehrkraft auch ruhig mal mitspielen, man gewinnt auf keinen Fall automatisch (im Gegenteil, man kann sogar ein paar Punkte in die richtige Richtung schieben, und die Teilnehmer/innen sind ziemlich zurückhaltend damit, die Lehrkraft gewinnen zu lassen…).
Ein zweites Problem ist die ziemlich scheußliche graphische Gestaltung des Spiels. Die Bilder sind unattraktiv und die Schriftart ist anstrengend. Dafür sind die Karten in Deutsch und Englisch beschriftet, was nebenbei ein paar neue Wörter einführen kann (und notfalls kann man auch mithelfen, wenn es Verständnisschwierigkeiten gibt, weil man die Karten nicht unbedingt geheim halten muss).

Vorbereitungen/Regelanpassungen:
Gar keine.

Geile Idee
von James Ernest
Deutsche Ausgabe bei Heidelberger, 2013
(Englische Erstauflage „The Big Idea“, 2000 bei Cheapass Games)

 

AUSSPRACHESPIEL(E)

1. Pit
Pit ist einer der absoluten Klassiker der Spielewelt, in den USA wohl noch mehr als hierzulande. Es ist schon über hundert Jahre alt, und ich habe eine ganze Weile gebraucht, bis ich gemerkt habe, wie gut man es im Unterricht einsetzen kann.
Das Spiel besteht aus einer Glocke, die in die Tischmitte gestellt wird, und Kartensätzen zu je neun Karten mit jeweils einem Wert (in meiner Ausgabe sind es acht Sätze mit Werten zwischen 50 und 100). Pro Spieler/in nimmt man einen Satz Karten, mischt alles zusammen und verteilt jeweils neun Karten. Ziel ist es, am Ende neun gleiche Karten auf der Hand zu haben.
Auf Kommando fangen alle an, wild über den Tisch miteinander zu tauschen. Dabei darf man eine, zwei, drei oder vier gleiche Karten verdeckt anbieten, indem man die Anzahl laut ansagt, und dafür gleich viele (wiederum untereinander gleiche) Karten annehmen, ohne zu wissen, was man bekommt. Eigentlich brüllt man die ganze Zeit „vier!“, „zwei!“ oder sowas durch die Gegend und sucht nach Leuten, die genauso viele Karten tauschen möchten. Wer es schafft, neun gleiche Karten auf der Hand zu versammeln, haut auf die Glocke und erhält den Wert des Kartensatzes als Punkte. Diese schreibt man an die Tafel, so dass man am Ende eine Gesamtwertung hat.
Wer eine Runde gewonnen hat, darf allerdings außerdem ansagen, wie die nächste Runde gespielt wird (im Unterricht übernimmt die Lehrkraft diesen Part). Statt „eins/zwei/drei/vier“ heißt es dann vielleicht „Montag/Dienstag/Mittwoch/Donnerstag“ oder sowas. Nach ein paar Runden eskaliere ich dann und nutze das Spiel als Aussprachetraining, indem ich zum Beispiel „Kirsche/Kirche/Küche/Kuchen“ oder „blau/Kraut/Braut/Kleid“ als Wörter vorgebe. Wer beim Handeln nicht abgehängt werden will, bemüht sich von selbst, die Wörter nun klar auszusprechen.
Wenige Spiele haben bei meinen Lerner/innen so viel Spaß ausgelöst wie Pit. Allerdings sollte man es idealerweise zu siebt oder acht spielen, damit es wirklich lustig und laut wird. Für kleinere Gruppen bietet es sich kaum an (aber auch hier kann die Lehrkraft ruhig mitspielen, um die Anzahl ein bisschen aufzufüllen).

Vorbereitungen/Regelanpassungen:
Wie schon beschrieben, sollte sich die Lehrkraft im Voraus ein paar schöne Wortgruppen ausdenken, die zum aktuellen Vokabular oder zur Ausspracheeinheit passen. Und einen schalldichten Unterrichtsraum suchen, es kann nämlich ziemlich laut werden.

Pit
von Harry Gavitt und Edgar Cayce
Deutsch zuletzt bei Winning Moves, 2010 (das Original wurde 1903 veröffentlicht und basiert vermutlich auf einer noch älteren Idee). Zur Zeit scheint das nicht erhältlich zu sein, aber man kann problemlos auch eine ausländische Ausgabe verwenden, wenn man irgendwo eine in die Finger bekommt. Das mache ich selbst auch.

 

Das war es dann erstmal für diese Woche. Die Fortsetzung gibt es am nächsten Sonntag hier bei Du bist dran!