Vorbericht zur Spiel Digital: Taiwan Boardgame Design

Dass sich in Taiwan so eine lebendige Spieleszene entwickelt hat, freut mich besonders, denn als ich vor rund 20 Jahren in Taiwan gewohnt habe, war davon noch nichts zu spüren gewesen. Seither ist dort einfach sehr viel passiert, und dass wir hier in Deutschland davon etwas mitkriegen, liegt insbesondere an Taiwan Boardgame Design (TBD), einem Bindeglied zwischen einer Reihe kleinerer bis mittelgroßer taiwanischer Verlage. TBD präsentiert jedes Jahr in Essen eine bunte Mischung von Spielen, und immer wieder sind spannende Sachen dabei. Wer mehr über TBD erfahren möchte, findet in diesem Artikel aus dem Februar noch ein bisschen was über meinen Besuch dort im letzten Jahr. Außerdem habe ich mit Andreas von Cliquenabend und Georgios von Spielbar eine einstündige Sendung über das Programm von TBD aufgenommen, das als Teil des Beeple-Messeradios ausgestrahlt werden wird. Näheres dazu gebe ich ein paar Tage vor der Messe bekannt, dann sollten die genauen Sendeplätze feststehen.

Jetzt komme ich aber erstmal zum Wichtigsten, nämlich den Spielen, die TBD auf der Spiel Digital vorstellt.

Zwei neue Spiele (und eine neue Ausgabe von Cat Sudoku) stammen von Ta-Te Wu von Sunrise Tornado Studio. Wie immer darf ein Katzenspiel nicht fehlen. Das ist diesmal Cleocatra, ein Legespiel um Katzen in alten Ägypten. Die Spieler*innen haben die Aufgabe, Katzen aus Pyramiden zu retten. Die Pyramiden bestehen aus einer Auslage, die sich ständig verändert. Man versucht dabei, seine Retter*innen auf Feldern zu werten, die zu möglichst vielen verschiedenen Katzenplättchen benachbart sind. Cleocatra ist ein kurzes und recht simples Spiel mit charmanten Illustrationen.

Taiwan Boardgame Design: Cleocatra

Eine ganz andere Richtung hat Ta-Te Wu mit Macaron eingeschlagen. Hier versetzt er uns ins alte Frankreich, und wir versuchen, die besten Makronen herzustellen, um sie bestmöglich verkaufen zu können. Dabei müssen wir aufpassen, dass wir keine Allergien auslösen. Macaron ist ein Stichspiel, bei dem die Trümpfe und die Allergiefarbe durch Gebote festgelegt werden müssen. Gewonnene Stiche sind nur dann was wert, wenn keine Karten der Allergiefarbe drin sind – es kann allerdings sogar passieren, dass eine Trumpffarbe gleichzeitig die Allergiefarbe ist. Eine weitere Besonderheit ist der Solomodus (!) – ich kann mich gar nicht erinnern, sowas schon mal bei einem Stichspiel gesehen zu haben. Macaron steht auf Tabletopia zur Verfügung (siehe unten), und hier kann man sich an den Start der Kickstarter-Kampagne erinnern lassen.

Außerdem gibt es noch eine Neuauflage von Cat Sudoku zu entdecken, diesmal mit neuen Feldern und abwischbaren Tafeln.

Why You Lying von Jin Chiaki habe ich schon hier und auch schon diverse Male gespielt, es kommt unter Anderem bei meiner Zehnjährigen sehr gut an. Es ist ein Bluffkartenspiel, bei dem man sich gegenseitig mit Ansagen überbieten muss, wie viele Tiere einer Sorte alle Spieler*innen zusammen auf der Hand haben, und wieviele Beine oder Flügel es auf allen Karten zusammen gibt. Das Konzept ist recht klassisch, macht aber Laune, die noch durch die schönen Illustrationen gesteigert werden (insbesondere gibt es Joker in Form von Maskottchenkarten, die sehr cool aussehen). Im Laufe des Spiels verliert man durch Ertapptwerden oder falsches Anschuldigen anderer einzelne Karten, was die Glaubwürdigkeit weiter einschränkt, aber auch als taktisches Mittel eingesetzt werden kann. Wer Bluffspiele mag, ist hier sehr gut bedient. Der Verlag heißt X-Multiverse Entertainment.

Taiwan Boardgame Design: Why You Lying

Monster Busters ist eine Weiterentwicklung von Attack on Monsters, das Autor Bob Yang schon 2013 unter seinem Label Good Game Studio herausgebracht hatte. Monster fallen in ein Land ein, und die Spieler*innen sind damit beauftragt, diese Monster zu besiegen. Bei jedem Kampf steht man vor der Frage, ob man sich dem Monster stellen oder sich doch lieber wegducken möchte. Bleibt man dem Kampf fern, bleibt man in jedem Fall am Leben, aber Ruhm und Ehre gibt es dafür nicht. Besiegt man gemeinsam das Monster, winken Punkte. Verliert man den Kampf allerdings, muss man eine seiner Figuren auf den Friedhof legen – je später man dort landet, desto mehr Punkte gibt es in der Endabrechnung.

Taiwan Boardgame Design: Monster Busters

The Apocalypse of Darkness Warfare stammt von Chih-Fan Chen und erscheint bei Antler Studio. Der Name stammt von einem taiwanischen Comic. Die Spieler*innen kämpfen in diesem kooperativen Kartenspiel gemeinsam gegen fiese Dämonen. Ein*e Spieler*in nimmt dabei eine spezielle Rolle ein und darf keinesfalls umkommen, sonst verliert die ganze Gruppe. Gekämpft wird mit Karten, von denen man Sets sammeln muss, um mit den Dämonen fertig zu werden. Je stärker der Dämon, desto größer die benötigte Kartenkombination.

Taiwan Boardgame Design: The Apocalypse of Darkness Warfare

Ebenfalls auf einem Comic basiert Scrolls of a Northern City (Antler Studio) von Chu-Lan Kao. Hier geht es darum, einen verschwundenen Teehausbesitzer aufzuspüren. Man läuft dabei durch die Stadt und sucht Hinweise, die man entweder für sich behalten darf oder allen offen legen muss (mit einer wirklich charmanten thematischen Einbindung). Scrolls of a Northern City spielt im Taipei der Neunzehnhundertdreißiger. Ich mag die Illustrationen sehr, sie sind atmosphärisch und machen Appetit auf das Spiel, ich glaube, man muss nicht in Taiwan gewohnt haben, um das zu genießen.

Bleibt noch Three Little Wolves von Poki Chen und Smoox Chen. Die Regeln habe ich noch nicht lesen können, aber es geht darum, dass die drei kleinen Wölfe Architekt*innen geworden sind und Häuser für das große böse Schwein bauen. Je höher die Häuser, desto mehr Punkte kann man dafür kriegen, aber leider können die lieben Mitspieler*innen dann auch ihre eigenen Wölfe einziehen lassen. Die Illustrationen, die ich bisher gesehen habe, ziehen mich ziemlich an, ich möchte das auf jeden Fall gern ausprobieren. Three Little Wolves erscheint bei POKI Design und TBD.

Ich denke, viele von uns warten darauf, herauszufinden, wie sich die Spiel-Digital-Plattform am Ende wirklich anfühlen wird. Bei TBD könnt Ihr schon mal einen Vorgeschmack drauf kriegen, was sich innerhalb eines Standes so abspielen könnte. TBD hat seinen Discord-Server nämlich schon geöffnet, und Ihr findet dort Links zu den Spielen, die sich auf Tabletopia ausprobieren lassen. Ich kann ja nicht oft genug empfehlen, Discord und Tabletopia schon vor der eigentlichen Messe kennen zu lernen, um sich dann, wenn‘s drauf ankommt, nicht zu lange mit technischen Fragen aufhalten zu müssen.

Disclaimer: Ich habe Cleocatra, Why You Lying und Monster Busters übersetzt.

Eine Übersicht über alle meine Vorschauartikel zur Spiel Digital gibt es hier.

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