IRAN
Nachdem im letzten Jahr die iranische Ausgabe von Bruno Faiduttis Ohne Furcht und Adel am Stand von Nice Game Shop zu bekommen war und dort auch der Verleger für ein Gespräch zur Verfügung stand, werden iranische Spiele in diesem Jahr auf alle Fälle sichtbarer sein als zuvor. Aber nicht so sichtbar, wie sie sein könnten, denn durch die US-Sanktionen können die iranischen Verlage ihre Spiele nicht nach Deutschland schicken. Die deutschen Speditionen nehmen sie nicht an, weil sie sonst Probleme in ihrem USA-Geschäft bekommen würden. Was das im Einzelnen heißt, lest Ihr weiter unten.
Einen größeren gemeinsamen Stand (5-E106) werden Dorehami Games, Reality Game und Hoopa haben. Reality Game (auf Farsi: Farbood Engareh) will aber seine Spiele auf jeden Fall auch zum Verkauf anbieten. Das wäre zum Einen King Thief Minister von Mohammad Zarei, Reza Agharahimi und Sohrab Mostaghim, das 15 Euro kosten soll. In diesem Kartenspiel existieren unabhängig von der Anzahl der Mitspieler*innen sechs Charaktere mit verschiedenen Fähigkeiten, die aber ständig zwischen den Spielenden getauscht werden. Dabei versucht man, möglichst viele Münzen in der Hand zu sammeln beziehungsweise die Anderen daran zu hindern. Tiefer in die Tasche greifen (€75) müsst Ihr für Zaar vom gleichen Autor*innenteam, das allerdings mit viel Metall auch spektakulär ausgestattet ist. Darin sammelt man Schätze in einem verwunschenen Haus, muss aber Ahrimans dämonische Briefe entziffern, um gegen ihn kämpfen zu können. Besiegt man ihn, fällt das Haus allerdings leider langsam in sich zusammen, und man muss die Beine in die Hand nehmen, um seine Schätze auch in Sicherheit bringen zu können. Wie mir einer der Autoren schrieb, werden sie durch die Exportprobleme weniger als 100 Spiele im Gepäck mitbringen können. Wer vorbestellen möchte, kann sich über Instagram oder Twitter an Reality Game wenden. Ansonsten empfiehlt es sich wahrscheinlich, schnell zu sein, wenn man eins der Spiele in die Finger bekommen möchte.
Dorehami Games bringt drei Spiele von Ashkan Javaheri mit. Zum Einen ist da Two Khans, ein schnelles Spiel um verdeckte Identitäten. Darin treten zwei Teams gegeneinander an, wobei jede*r nur die Identität einer anderen Person kennt. Das Ziel ist es, den Khan der Gegenpartei auszuschalten. Die Gestaltung gefällt mir schon mal ganz gut, und ich bin gespannt auf das Spiel, auch wenn ich nicht so sehr oft 6 bis 12 Leute zusammenbekomme. Javaheris zweites Spiel heißt The Last Station und richtet sich ebenfalls an größere Gruppen. Darin befindet man sich mit 11 Fremden gemeinsam auf einem Bahnhof im Nichts und muss herausfinden, wer die anderen sind und ob sie unter Umständen den eigenen Zielen im Weg stehen. Und auch das dritte Spiel Mafia’s Night beruht auf dem Konzept der Werwolf-Spiele, ist aber für die beeindruckende Zahl von 5 bis 40 Leuten gedacht. Es gibt mehr als 30 besondere Rollen. Bisher ist noch unklar, ob Dorehami Games seine Spiele in Essen überhaupt verkaufen oder nur vorstellen wird. Preise sind jedenfalls noch nicht bekannt.
Dritter Verlag am Stand ist Hoopa Games, der Verlag von Ohne Furcht und Adel, den ich eingangs schon erwähnt hatte. Leider habe ich trotz mehrerer Nachfragen nicht herausfinden können, was sie in Essen vorstellen wollen. Wenn ich noch was höre, reiche ich es nach. Ansonsten hilft nur: Selbst vorbeikommen!
Der Iran ist ein Land mit einer noch recht jungen Spieleindustrie, die aber auf einen fruchtbaren Boden stößt. Es gibt mengenweise Brettspielcafés, und meine Schwester, die in diesem Jahr ein solches besuchen konnte, war begeistert. Für mich ist es ein ziemliches Ärgernis, dass die Politik den Austausch mit dieser spannenden Welt so erschwert, und ich hoffe, dass die iranischen Verlage zumindest die wenigen Spiele, die sie dabei haben werden, nicht wieder mit zurück nehmen müssen. Vielleicht kann dieser Artikel ja einen kleinen Beitrag dazu leisten. Wer mehr über die Spieleszene im Iran wissen möchte, kann am Messesamstag (26.10.) um 13 Uhr im Saal Berlin von Sohrab Mostaghim auch noch mehr dazu hören.
Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung durch die Rechte-Inhaber*innen.