Malspiele gibt es viele, und nicht alle davon reißen mich vom Hocker. Aber wenn eins „A Fake Artist Goes to New York“ (locker übersetzt: Ein/e Möchtegernkünstler/in geht nach New York) heißt, dann gucke ich zumindest mal genauer hin. Als ich auf der Messe in Essen dann zu Oink Games ging, um mir Tiefseeabenteuer zuzulegen, konnte ich nicht widerstehen und kaufte den Fake Artist auch gleich noch mit.
Worum geht’s?
Eine Gruppe von Künstler/innen möchte ein gemeinsames Bild in New York ausstellen. Leider hat sich jemand in die Gruppe eingeschlichen, der keine Ahnung von Kunst hat, aber damit nicht auffallen möchte.
Eine Person wird Spielleiter/in und denkt sich ein Motiv aus, das das Bild zeigen soll. Dieses Motiv schreibt er oder sie mit einem abwischbaren Stift auf so viele kleine Kärtchen, wie Leute mitspielen. Auf einer Karte steht allerdings ein Kreuz. Jede/r zieht ein Kärtchen, und wer das Kreuz hat, kennt das Motiv eben nicht. Dann verkündet der/die Spielleiter/in einen Oberbegriff, zum Beispiel „Tier“, wenn das Motiv ein Löwe ist, und bestimmt eine/n Startspieler/in. Diese/r beginnt nun, auf einem gemeinsamen Zettel zu malen, aber nur ein kleines Stückchen. Dann wandert der Zettel herum, und jede/r fügt ein kleines Stückchen zu dem Bild hinzu. Wer keine Ahnung hat, was gemalt werden soll, muss eben bluffen und irgendwie mitmalen. Da jede/r eine eigene Farbe hat, kann man immer nachvollziehen, wer was gemalt hat. Wenn jede/r zweimal dran war, müssen alle tippen, wer der oder die Möchtegernkünstler/in war. Wird diese/r nicht von der Mehrheit der Künstler/innen erkannt, gewinnt er oder sie zusammen mit dem/der Spielleiter/in. Falls doch, gibt es eine weitere Chance, wenn er oder sie das Motiv benennen kann.
Und? Macht das Spaß?
Ja, sehr. Eine Partie dauert nur ein paar Minuten, aber meist spielt man mindestens so oft, dass jede/r einmal Spielleiter/in war. Dafür gibt es keinen wirklichen Grund, sondern es bietet sich einfach so an. Und so beschäftigt man sich dann doch eine ganze Weile damit. Man kann aber jederzeit aufhören, neue Leute hinzufügen, andere können aussteigen – in manchen Situationen ist sowas ja ideal.
Schön ist auch, dass man überhaupt nicht gut malen können muss, um sinnvoll mitzuspielen. Das Spiel lebt natürlich vor allem davon, dass verschiedene Leute verschiedene Vorstellungen davon haben, was gemalt werden soll. Einmal lautete das Thema Paris, und jemand begann mit einem Croissant. Eine andere Spielerin verstand das als Mond und malte die Eiffelturmspitze irgendwo drunter. Und so weiter. Am Ende sind die Bilder manchmal völlig abstrakt und es ist kaum zu erahnen, was sie darstellen sollen.
Trotzdem gewinnen meiner Erfahrung nach nur selten die echten Künstler/innen, weil sie einfach nicht oft genug erraten können, wer nur so getan hat, als ob. Hier ist das Spiel also gar nicht unbedingt so sehr gut ausbalanciert. Wenn man andererseits reihum die Spielleitung übernimmt, kommen auch alle öfter mal in den Genuss des Gewinnens.
Gute Wörter auszuwählen ist gar nicht so einfach. Es hängt sehr von der Gruppe ab, was funktioniert. Mit reinen Erwachsenengruppen sind natürlich andere Dinge möglich als wenn Kinder mitspielen (meine Kinder lieben es über alles). Wenn man als Spielleiter/in allerdings allzu seltsame Dinge auswählt, dann ist der/die Möchtegernkünstler/in im Falle einer Enttarnung chancenlos. Also sind meist simplere Dinge besser. Aber das muss man einfach selbst ausprobieren. Übrigens hat es für uns bisher mit jeder Spieler/innenzahl funktioniert (wir waren zu fünft bis neunt).
Ein paar kleine Regeln bringen zusätzlich Pfiff ins Spiel. Der/die Spielleiter/in darf aussuchen, wer zuerst malen soll. Normalerweise ist das natürlich jemand, der oder die das Wort kennt. Aber auch als Möchtegernkünstler wurde ich neulich mal aufgefordert, zu beginnen. Und siehe da, niemand hat mich verdächtigt… Unberechenbar zu bleiben ist hier also sinnvoll.
Insgesamt ist A Fake Artist Goes to New York zwar kein wirklich ausgewogenes Konzept, macht aber einfach so viel Spaß, dass das weniger ins Gewicht fällt. Ich jedenfalls bin sofort gern wieder dabei.
Vor einigen Tagen ist bei Brettspiegel übrigens ein Interview mit Laura Grundmann erschienen, der Geschäftsführerin von Oink Games Deutschland. Ich fand das ganz lesenswert, das klingt noch sehr urwüchsig, finde ich.
Gesamteindruck: 8/10
A Fake Artist Goes to New York
für 5 bis 10 Leute
von Jun Sasaki
Illustrationen: Alle Beteiligten
Oink Games, 2012