Ich war noch nie in Las Vegas und habe auch keinen großen Ambitionen, das zu ändern. Auch das gleichnamige Spiel* von Rüdiger Dorn habe ich nie gespielt, obwohl es ja immer wieder sehr gelobt wird. Gemeinhin reizen mich Würfelspiele einfach nicht so besonders. Es gibt zwar eine ganze Menge Ausnahmen, aber mein Drang, alles, was in dem Genre herauskommt, testen zu wollen, hält sich ziemlich in Grenzen. Als ich vom Verlag Hobby Japan in Nürnberg ein Exemplar ihres Spiels Dice Age: The Hunt in die Hand gedrückt bekam und es bald darauf ausprobierte, waren mir deshalb die Parallelen zu Las Vegas nicht gleich klar und ich musste mich erst darauf aufmerksam machen lassen. Und in der Tat, der grundlegende Mechanismus ist sehr ähnlich; es liegt auf der Hand, dass Autor Toshiki Sato sich bei der Entwicklung von Las Vegas hat inspirieren lassen. Andererseits sind die Unterschiede auch wieder so groß, dass Dice Age: The Hunt einen eigenständigen Blick lohnt. Dafür habt Ihr ja mich.
Worum geht’s?
Die Spieler*innen führen je einen urzeitlichen Stamm und versuchen, möglichst viel Nahrung heranzuschaffen. Dazu stehen vor allem fünf verschieden große Tierarten zur Verfügung, die gejagt werden müssen. Außerdem kann man Muscheln sammeln. Auf einem Spielbrett liegen in jeder der vier Spielepochen je sieben Tierkarten aus, die 10 bis 50 Punkte wert sein können. Sechs der Tiere sind je einer Würfelzahl von 1 bis 6 zugeordnet, das siebte liegt als Bonustier aus. Die Stämme beginnen das Spiel mit vier kleinen und einem großen Würfel, die jeweils Jäger*innen repräsentieren. Der Schachtelboden ist mit einer Art Filz ausgelegt und dient als Würfelteller – ein nettes Gimmick. Wenn man dran ist, würfelt man in diesen Teller hinein und kann dann beliebig viele Augenzahlen herauslegen, aber von jeder dieser Augenzahlen immer alle Würfel. Die Würfel legt man an das Tier mit der entsprechenden Augenzahl an. Dann nimmt man seine verbleibenden Würfel wieder an sich und reicht den Teller weiter. Das geht jetzt so lange im Kreis herum, bis alle Würfel verteilt sind. Die Tiere werden dann von 1 bis 6 nacheinander ausgewertet. Wer die meisten Würfel an einem Tier liegen hat, bekommt es, wobei die großen Würfel anderthalb kleine wert sind. Bei Gleichstand (der häufig vorkommt, gerade bei vier Spieler*innen) bekommt das Tier, wer seinen letzten Würfel später angelegt hat. Wer auf dem zweiten Platz landet, darf seine Würfel in den Bonusjagdgrund legen, der dann ganz am Ende nach den gleichen Regeln ausgewertet wird.

Oberhalb des Spielplans liegen noch so viele Kartenpaare offen aus, wie Leute mitspielen. Wer zuerst alle eigenen Würfel platziert hat, darf sich ein Kartenpaar aussuchen – wer sich also früh festlegt, kann die besten Sachen ergattern. Durch die Karten bekommt man allerlei Verbesserungen: Weitere Würfel, Würfel-Upgrades, Muscheln oder besondere Fähigkeiten, die man in den folgenden Runden zu seinem Vorteil einsetzen kann. Gespielt wird über vier Epochen, danach folgt die Auswertung. Die Punkte auf den Tieren werden zusammengezählt, Komplettsets aus allen fünf Tieren sowie die Mehrheit einer Tiersorte geben unterschiedlich fette Boni. Hinzu kommen die Punkte der Muscheln sowie gegebenenfalls Boni, die man durch Karten ergattert hat. Wer nach diesen vier Epochen die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt das Spiel.

Und? Macht das Spaß?
Ja – bei uns ist das Spiel in allen Besetzungen gut angekommen, wobei es zu zweit sicherlich weniger taktische Feinheiten mit sich bringt als zu dritt oder viert. Die Gier auf die besten Bonuskarten kollidiert mit dem Wunsch, sich nicht zu früh festzulegen. Ein besonderes Schmankerl ist der siebte Jagdgrund, in dem oft genug genau das Tier liegt, das man haben möchte. Dazu muss man es aber schaffen, in einigen Jagdgründen auf den zweiten Platz zu gelangen, was oft gar nicht so einfach ist. Kann man das in der ersten Runde noch einigermaßen gut beeinflussen, wird es in den späteren Epochen schwieriger, wenn noch Sonderfähigkeiten ins Spiel kommen. Da werden dann auch mal Würfel wieder herausgenommen und neu gewürfelt, sodass wirklich das Gefühl aufkommt, die einzelnen Tiere seien hart umkämpft.
Wie gern man die einzelnen Tiere überhaupt haben will, stellt sich auch erst im Verlauf des Spiels heraus, denn irgendwann kann man absehen, welche Boni für Mehrheiten oder Komplettsätze in Reichweite sind. Da werden dann plötzlich an und für sich wenig wertvolle Tiere zur umkämpftesten Beute, und da muss man dann auch ein bisschen drauf achtgeben, wer was sammelt.
Die Spannung beim Einsetzen der Würfel ist die größte Stärke von Dice Age: The Hunt. Man ist ständig hin- und hergerissen, ob man schnell aussteigen sollte oder bis zum Schluss mitmischen und dafür bei den Karten Abstriche machen. Wer eine sehr gute Runde bei der Jagd hinlegt, wird sich wahrscheinlich durch die schwächeren Bonuskarten in der nächsten Epoche schwerer tun. Wer nur kleinere Tiere erbeutet, kann immer noch auf die Bonuspunkte für Mehrheiten hoffen, die bei den kleinen Tieren höher ausfallen als bei den großen. Und so weiter – da geht es hoch interaktiv hin und her, und das macht richtig Laune.

Am Ende folgt dann die große Auswertung. Dazu wird der Spielplan auf die Rückseite gedreht und man markiert mit einem Steinzeitmännchen seine Punkte auf der dort abgedruckten Punkteleiste. Dieser Teil fällt leider weniger spannend aus. Mein Problem damit ist, dass sich während des Spiels nahezu gar nicht überblicken lässt, wer gerade wo steht. Und so sind die Punkte-Unterschiede oft erheblich; dass jemand zum Beispiel 700 Punkte hatte und die anderen um die 400, kam bei uns nicht selten vor. Begünstigt wird das vielleicht dadurch, dass die Mehrheitenboni für die kleinen Tiere gewaltig sind. Wer die Mehrheit bei den Zehner-Tieren hielt, hat in unseren Partien nahezu immer gewonnen, und das erscheint mir nicht völlig ausgewogen. Die Boni für die Komplettsets aller Tierarten fielen im Vergleich dazu kaum ins Gewicht, obwohl sie gerade mit vier Spieler*innen ziemlich schwer zu erreichen sind – vielleicht sollten diese Boni nach Zahl der Mitspielenden gewichtet sein.
Jedenfalls hatte ich das Gefühl, ein eigentlich sehr spannendes Spiel zu spielen und das Ganze am Ende mit einer ziemlich unspannenden Punktezählerei abzuschließen (bei der noch dazu die höchsten Boni zuerst ausgewertet werden, sodass man sich den Rest manchmal schon fast sparen könnte). Da hätte ich mir ein bisschen mehr Eleganz gewünscht. Aber letztlich ist das ja auch nur ein kurzer Teil des Spiels. Wer sich auf den Hauptteil mit dem Würfelplatzieren einlässt, kann mit Dice Age: The Hunt eine Menge Spaß haben.

Ob man die Grafik (und das Jagdthema überhaupt) mag, ist ein bisschen Geschmackssache. Ich finde sie nicht weltbewegend, aber in Ordnung und auch einigermaßen funktional. Die beiliegenden deutschen Regeln sind gut lesbar und verständlich, enthalten allerdings eine Reihe Druckfehler. Für die Zukunft ist da aber wohl Besserung zu erwarten, denn ein neueres Spiel des Verlags ist von Board Game Circus übersetzt worden.
Dice Age: The Hunt (ダイスエイジ)
für 2 bis 4 Urzeitvölker
von Toshiki Sato (佐藤敏樹)
Illustrationen von Tori Hasegawa (長谷川 登鯉)
Hobby Japan, 2017
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