In den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts war ich gelegentlich übers Wochenende mit einer Studierendengruppe übers Wochenende unterwegs. Auf diesen Wochenenden wurde auch gespielt. Insbesondere wurde „gewaltert“ (Der Wahre Walter), aber zwischendurch kam auch immer wieder ein mir bis dahin völlig unbekanntes Spiel namens Chamäleon von Wolfgang Großkopf auf den Tisch, ein cleveres kleines Spiel für vier Personen, das auf Schach basierte, aber auch uns Nicht-Schachspieler*innen viel Spaß bereitete. Ich versuchte später immer mal, selbst an ein Exemplar zu kommen, was mir aber erst viele Jahre später gelang, als das Internet soweit war. Dieses Exemplar hat bisher jeder Sammlungverkleinerung widerstanden, einfach aus nostalgischen Gründen, obwohl ich mein eigenes Exemplar nie gespielt habe.
Wiederum Jahre später traf ich Wolfgang Großkopf einige Male auf dem Göttinger Spieleautorentreffen, wo er mehrfach eine Sonderausstellungsfläche für seine Spiele und sonstigen Konstruktionen hatte. Es lohnte sich immer, dort vorbeizugehen, nicht nur, weil es dort viel zu entdecken gab, sondern vor allem wegen Wolfgang Großkopf selbst. Großkopf, Jahrgang 1936, hatte schon seit langer Zeit Spiele entwickelt, zu DDR-Zeiten aber keine Möglichkeiten gehabt, diese selbst zu vermarkten oder einen Verlag dafür zu finden. Erst nach der Wende war es ihm gelungen, einige seiner Spiele im Verlag VSK-Erwachsenenspiele herauszubringen, darunter auch Chamäleon, das er schon in den Siebzigern entwickelt hatte und das es dann bei VSK (Verlag für Spiel und Kunst) immerhin zu zwei Auflagen brachte. Großkopf drückte zwar gelegentlich sein Bedauern darüber aus, dass er so lange keine Chance gehabt hatte, seine Spiele an eine größere Öffentlichkeit zu bringen (er hatte außer seinen veröffentlichten Spielen noch viele weitere Ideen auf Lager), aber von Bitterkeit war keine Spur, im Gegenteil, er wirkte auf mich immer sehr zufrieden und stets dankbar für das Interesse. Und er hatte auch noch andere kreative Talente, die er ausleben konnte. Er trat als Zauberer auf und brachte es mit seinem Flohzirkus zu einiger Berühmtheit, den er auch auf dem Autorentreffen des Öfteren aufführte. Das war immer ein Fest für alle, die es miterleben durften. 2010 entstand eine Video-Aufnahme davon, als er in der Cafeteria der Göttinger Stadthalle für ein paar Kinder und natürlich auch Erwachsene auftrat. Ich bin dankbar für diese Begegnungen mit ihm. Zu weiteren wird es leider nicht mehr kommen, denn Wolfgang Großkopf ist am 1. Januar 2019 verstorben. Ich werde ihn in guter Erinnerung behalten.