Gestern ist eine Kickstarter-Kampagne für eine Neuauflage von Alex Randolphs Klassiker Twixt gestartet. Das könnte man begrüßen, denn einige alte Spiele sind bis heute gut und man würde sich wünschen, sie wären weiterhin erhältlich. Leider ist das hier aber alles andere als ein gewöhnlicher Fall. Der neue Verleger, Wayne Dolezal, hat nämlich ein Schlupfloch im amerikanischen Rechtssystem ausgenutzt und sich Copyright- und Trademark-Rechte1 für Twixt gesichert. Es gibt also keine Einigung mit dem Erben von Alex Randolph, Michael Katz. Das Thema hatte im letzten Jahr schon längere Diskussionen ausgelöst, und ich gehörte zu den Leuten, die sich dachten, dass Dolezal einen Rückzieher machen könnte, sobald klar genug wäre, dass die internationale Spieleszene so etwas nicht goutiert. Nun scheint es aber so zu sein, dass Dolezal sich darum in keiner Weise schert. Wäre er von Anfang mit dem Angebot an Michael Katz herangetreten, eine Neuauflage des Spiels zu verlegen, hätte es womöglich eine Einigung geben können. Nun aber stehen sich die beiden Lager unversöhnlich gegenüber, was teilweise zu bizarren Konstruktionen geführt hat:
– Alex Randolphs Name wird nicht auf der Schachtel stehen (und auch in der Kampagne nirgendwo erwähnt). Das ist besonders deshalb tragisch, weil Randolph zu denen gehörte, die sich schon früh für die Autor*innennennung eingesetzt haben, die heute zumindest in Deutschland einigermaßen selbstverständlich geworden ist (er gehörte zu den 13 Unterzeichner*innen von Reinhold Wittigs Bierdeckelproklamation).
– Die Schachtelgestaltung ist in derartig frecher Weise der ikonischen Originalschachtel nachempfunden (zum Vergleich: hier und hier), dass es für mich eindeutig in den Bereich des Plagiats fällt. Eine Hommage kann man das nicht nennen, da Dolezal sich ansonsten um die Interessen des Autors und seiner Erb*innen nicht weiter schert.
– Die Kickstarter-Kampagne wird interessant zu beobachten sein, denn das oben erwähnte Schlupfloch im amerikanischen Recht gilt anderswo nicht (zumindest nicht in der EU). Ich bin kein Jurist und rege mich über die ganze Geschichte weniger wegen der sehr unglücklichen legalen Verwicklungen auf, sondern eher wegen der moralischen Aspekte. Sich klammheimlich Markenrechte zu sichern, weil man herausgefunden hat, dass diese zeitweilig ungeschützt sind, anstatt den Erben auf das Problem aufmerksam zu machen, ist schon fies. Aber durch die verschiedenen Rechtslagen1 bin ich mir gar nicht sicher, ob das Spiel an europäische Unterstützer*innen überhaupt geliefert werden dürfte.
Jedenfalls bin ich vorsichtig optimistisch, dass diese Kampagne krachend scheitert. Zwar muss sich jede*r selbst überlegen, ob es in Ordnung ist, das Projekt zu unterstützen, aber ich glaube, dass Wayne Dolezal die Vernetzung der Leute unterschätzt, die überhaupt Spiele per Crowdfunding finanzieren. Und unter diesen sollte es doch ein gewisses Interesse daran geben, dass in der Verlagsszene keine Wildwestmethoden einkehren.
1 Es ist kompliziert. Die sogenannte Berner Übereinkunft ist durchaus auch von den USA unterzeichnet worden. Da ich aber nicht juristisch vorgebildet bin, möchte ich nicht beurteilen, wie legal die ganze Geschichte in den USA ist. Für Europa hat Dolezal aber, soweit ich das sagen kann, sicher keine Rechte.
Hmtja. Die rechtliche Lage für die USA ist klar und Dolezal hat seine Überlegungen sehr transparent und fachlich korrekt hier aufgeschrieben:
https://boardgamegeek.com/thread/1828895/you-think-you-know-who-owns-rights-twixt-you-are-p
Keine Ahnung, was da zwischen Dolezal und Katz passiert ist und ein bisschen shady ist das natürlich, aber mei, ein nicht verlängertes Copyright und ein nicht beantragtes Trademark für elf Jahre, da kann man schon davon ausgehen, dass da null Interesse vom potenziellen Rechtehalter besteht. Vielleicht war’s nur Naivität und vielleicht hätte Katz zugeschlagen, wenn er drauf hingewiesen worden wäre, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendwelche Verhandlungen von ihm mit Verlegern gegeben haben kann, in denen das Trademark nicht im zweiten Satz auf den Tisch gekommen wäre. Das kurz zu recherchieren ist ja das erste, was man tut, wenn man über alte Marken redet.
In Europa hält Dolezal ebenfalls die Namensrechte für „Twixt“, aber die Rechtslage für das Werk selber ist unklarer – ich würde erstmal denken, dass er ein in den USA rechtmäßig hergestelltes Twixt verkaufen kann, solange es keine konkurrierende Verwertung durch die Erben gibt, also ein speziell für den europäischen Markt hergestelltes Euro-Twixt, dass es ja nun nicht geben kann, weil Dolezal ja die Rechte am Namen hält… Ob die Erben beispielsweise nach deutschem Recht wegen der Inländerregelung eine Urheberrechtsverletzung für ein Werk einklagen können, das in ihrem eigenen Land public domain ist, puh, schwierig.
Dass er das hier in Europa verkaufen könnte, halte ich nun wieder für eher unwahrscheinlich, da das Werk ja in Europa entstanden und daher für die nächsten Jahrzehnte geschützt ist. Schwierig einzuklagen wäre es unter Umständen. Aber an Katz‘ Stelle würde ich mich auf jeden Fall mal an Kickstarter wenden.
Man darf Markenrechte nicht mit Urheberrechten verwechseln. Twixt ist m.W. in Europa entwicklet worden und daher greift europäisches Recht. Wie von Hilko scho gesgt, müssten die USA sich laut Berner Übereinkunft auch daran halten – das wäre aber natürlich ein Rechtsstreit, den vermutlich keiner führen will.