Die Jägerin erzählt:
Der Mensch muss essen. Also bin ich in den Wald gegangen, um mir was Leckeres zu schießen. Im Wald habe ich gleich gemerkt, dass es an diesem Tag schwierig werden würde, die Tiere hatten sich verkrochen und keines zeigte sich. Ich wusste schon, was das bedeutete, ich war ja nicht zum ersten Mal unterwegs: Ein Monster lungerte irgendwo herum und vertrieb meine Beute. So etwas ist unerfreulich, denn eigentlich bleibt mir dann nichts anderes übrig, als zuerst das Monster zu erlegen. Leider dämmerte es schon…
Das Monster erzählt:
Das Monster muss essen. Also bin ich in den Wald gegangen, um mir was Leckeres zu fangen. Im Wald habe ich gleich gemerkt, dass es an diesem Tag schwierig werden würde, die Tiere hatten sich verkrochen und keines zeigte sich. Ich wusste schon, was das bedeutete, ich war ja nicht zum ersten Mal unterwegs: Ein Mensch lungerte irgendwo herum und vertrieb meine Beute. So etwas ist unerfreulich, denn Menschen kann man zwar auch fressen, aber sie sind trickreich und gefährlich. Da ist es immer besser, die Dunkelheit abzuwarten…
Die Jägerin erzählt:
Um keine bösen Überraschungen zu erleben, zündete ich auf einer Lichtung ein kleines Lagerfeuer an. Ich wusste, dass ich trotzdem würde wach bleiben müssen, denn so ein Monster traut sich durchaus nahe an so ein Feuer heran. Aber das war ja ganz in meinem Sinne, ich wollte das Biest ja erlegen. Ich hielt mein Messer und meine beiden Pfeile bereit und noch ein paar andere Dinge, die ich immer dabei habe, wenn ich auf die Jagd gehe.
Das Monster erzählt:
Den Feuerschein konnte ich schon von weitem sehen, und so schlich ich mich an. Die Menschen können zum Glück in der Dunkelheit schlecht sehen – das war mein Vorteil. Ich würde lautlos um das Feuer herumschleichen, bis sich die Gelegenheit zu einem Überraschungsangriff ergab. Aus der Dunkelheit heraus. Der Mensch würde gar nicht wissen, was ihm geschah.
Die Jägerin erzählt:
Was war das? Das Knacksen eines Zweiges? Es ging also los – das Monster würde mich vorbereitet treffen. Noch war es jenseits des Feuers, vermutlich darauf bauend, dass ich es dort nicht sehen könnte. Aber ich hatte da noch einen Trick auf Lager. Blitzschnell legte ich einen Pfeil ein und schoss durch das Feuer hindurch. Den Pfeil hatte ich mit Öl präpariert, er fing im Flug Feuer. Feld 11 auf der anderen Seite der Lichtung war nun hell erleuchtet, und wie ich es geahnt hatte, zeigte sich dort eine unheimliche Gestalt, die aber sofort wieder in der Dunkelheit verschwand.
Ich wusste, dass ich nun im Vorteil war. Das Monster würde die erleuchtete Stelle nicht erneut betreten wollen. Ich spekulierte ein wenig und legte zu meiner Rechten auf Feld 4 eine Glockenfalle aus, die mich warnen würde, wenn sich das Monster von dort aus anschleichen würde.
Das Monster erzählt:
Verdammt! Das war kein normaler Mensch! Kaum hatte ich mich an das Feuer herangepirscht, sauste ein brennender Pfeil durch die Nacht. Ich sprang sofort in die Dunkelheit auf Feld 12. Da hatte ich noch mal Glück gehabt! Jetzt musste ich der Sache aber ein Ende machen. Wer weiß, was dieser Mensch noch vorhatte. Schritt für Schritt tastete ich mich an den Menschen heran. Feld 1, Feld 2, Feld 3… leider blieb er nie stehen, sondern bewegte sich nach jedem Schritt, den ich machte, ebenfalls einen Schritt hin oder her, und stach danach jeweils mit einem spitzen Messer in die Dunkelheit, wo er mich vermutete. Dann kam ich endlich näher an mein Ziel… aber was war das? Der Duft einer Hammelkeule erreichte meine feine Nase. Bei sowas verliere ich leicht die Kontrolle. Wie in Trance tappte ich ein Feld auf den Duft zu und hörte plötzlich ein Glöckchen bimmeln. Hatte der Mensch doch glatt eine Falle ausgelegt, und ich war hineingetappt! Schnell machte ich einen weiteren Schritt auf Feld 5, da sauste erneut ein Pfeil an mir vorbei. Ich musste einfach vorsichtiger sein!
Die Jägerin erzählt:
Wenn man eine gute Schützin ist, dann denkt man immer, man braucht nicht so viele Pfeile mitzunehmen. Ich brauche für einen Hirsch doch nicht mehr als einen Schuss! Aber wahrscheinlich war es ein Fehler gewesen, nur zwei Pfeile mitzunehmen. Nun waren sie verschossen, und ich musste mich auf mein Messer verlassen. Nach jedem Schritt stach ich vorsichtshalber in die Dunkelheit, um mir das Monster vom Leib zu halten. Aber in welche Richtung sollte ich stechen, wenn ich an einer Ecke des beleuchteten Bereiches stand?
Das Monster erzählt:
Der Mensch war jetzt nur noch zwei Felder von mir entfernt. Doch wenn ich ein Feld näher herangehen würde, würde er mich im folgenden Zug nach seinem Schritt mit dem Messer erwischen. Ein Überraschungsangriff wurde immer schwieriger, der Mensch war auf der Hut. Jetzt half nur noch eine Monsterfinte. Für einen winzigen Moment trat ich ein Stückchen ins Licht, sodass ich sichtbar war, um dann sofort wieder in der Nacht zu verschwinden – aber anstatt meine Bewegungsscheibe ein oder zwei Felder in eine beliebige Richtung weiterzudrehen, verbarg ich mich mucksmäuschenstill an der gleichen Stelle in der Dunkelheit. Wenn der Mensch jetzt auf mich zukommen würde, würde ich ihn nach meinem Zug fangen können. Doch er gab sich keine Blöße mehr, sondern wich in die andere Richtung zurück. Der Rundenzähler war schon fünf Runden weitergerückt, als ich im Osten die ersten Zeichen der Morgendämmerung wahrnahm. Nun war ich im Nachteil – bei Tageslicht schmerzen meine Augen, und die der Menschen werden schärfer. Schnell verzog ich mich ins Unterholz. Ich würde eine andere Beute suchen müssen. Zumindest die Hammelkeule nahm ich auf dem Weg aber noch mit.
Die Jägerin erzählt:
Ich habe das Monster zwar nicht zur Strecke bringen können, aber es hat sich immerhin verzogen. Nun schnell zum Bach, dort werden mit dem Tagesanbruch sicher die ersten Tiere zur Tränke gehen. Es war eine lange Nacht, ich bin müde…
Der HilkMAN meint:
Dark is the Night ist ein asymmetrisches Spiel für zwei Personen. Eine spielt die die Figur der Jägerin und bewegt sich im Feuerschein sozusagen öffentlich, die andere das Monster, dessen Position sie auf einer Bewegungsscheibe einstellt. Das Monster ist für die Jägerin unsichtbar und besteht eigentlich nur aus der Scheibe. Ein Zug besteht darin, dass man einen Schritt auf ein Nachbarfeld macht und dann angreifen darf. Trifft man dabei die andere Figur, hat man das Spiel gewonnen (die Jägerin sticht dabei auf gut Glück in die Dunkelheit – in den Ecken des Spielfelds muss sie sich für eine der beiden Seiten entscheiden). Anstatt des Angriffs darf man auch eine Sonderaktion einsetzen. Das Monster hat dabei nur seine Finte zur Verfügung, die Jägerin die Hammelkeule, die Glockenfalle und zwei Pfeile. Wenn nach dem Einsatz der letzten Aktion innerhalb von fünf Runden keine Entscheidung gefallen ist, bricht der Tag an und das Spiel endet unentschieden.
Unentschieden kommen aber eher selten vor, denn in Dark is the Night geht es recht schnell zur Sache. Die Jägerin ist fast gezwungen, bald eine erste Sonderaktion einzusetzen, um obenauf zu bleiben, hat dann aber meist die Initiative und damit auch in meinen Augen durchaus einen Vorteil. Die Rolle des Monsters ist schwieriger zu spielen, man ist meist in der Defensive und versucht einfach, sich möglichst gut zu verbergen, bis die Jägerin ihr Pulver verschossen hat. Ich würde empfehlen, nach einer Partie (die nur wenige Minuten dauert), die Rollen zu wechseln und noch einmal zu spielen.
Ansonsten ist Dark is the Night gut durchdacht. Da der Jägerin Diagonalzüge nicht erlaubt sind, steht sie abwechselnd auf einem mittleren und einem Eckfeld. Auf dem mittleren Feld gibt es nur eine Angriffsrichtung, auf den Eckfeldern aber zwei, und entsprechend auch zwei Richtungen, aus denen das Monster zuschlagen kann. Da die Jägerin aber in der Regel ungefähr weiß, wo das Monster sein muss, kann sie ihre Aktionen gut abschätzen. Dennoch ist sie auf den Eckfeldern einem größeren Risiko ausgesetzt, was das Monster nach Kräften ausnutzen sollte. Die Züge lassen sich in der Regel am Ende meist noch gut rekapitulieren, sodass das Monster auch nicht wirklich schummeln kann.
Das Spielmaterial erscheint ein wenig überproduziert (insbesondere der Sinn der großen Plastikchips hat sich mir nicht erschlossen, die Pappscheiben passen sich viel schöner ein). Die bemalte Miniatur der Jägerin wäre zwar eigentlich auch nicht nötig gewesen, aber irgendwie schafft dieses kleine, kurze Spielchen es doch, eine schöne thematische Atmosphäre aufzubauen. Da die Schachtel auch anziehend illustriert ist und man nach kurzer Regelerklärung schon anfangen kann, ist Dark is the Night ein Spiel, das man immer mal wieder rausholt.
Gesamteindruck: 7/10
Dark is the Night
für ein Monster und eine Jägerin
von Zach Abbott, Arwen Boyer und Josh Estill
Illustrationen von David Forest
APE Games, 2017 (in Essen an Stand 2-F140 zu finden)