Ich bitte eher selten Verlage um Rezensionsexemplare, weil ich dieses Blog aus Leidenschaft schreibe. Da möchte ich mich nicht verpflichtet fühlen, über etwas zu schreiben, was mir nicht so gefällt oder wozu ich (noch schlimmer) keine rechte Meinung habe, weil es sich nicht ergeben hat, es öfter zu spielen. Um also wirklich selbst initiativ zu werden, muss ich schon ziemlich überzeugt sein, dass es sich lohnt. Oink Games beziehungsweise die Spiele von Jun Sasaki sind so ein Fall – ich mag deren Stil einfach und war daher hoffnungsfroh, dass ich wieder etwas Interessantes finden würde. Zum ersten Mal seit dem Start dieses Blogs schreibe ich daher den Satz: Das Rezensionsexemplar von The Pyramid’s Deadline wurde mir freundlicherweise von Oink Games Deutschland zur Verfügung gestellt. Danke schön!
Worum geht’s?
Der kluge Pharao baut vor. Kaum ist er in Amt und Würden, denkt er schon an seinen Tod, denn das Grabmal, in dem er für die Ewigkeit ruhen will, muss erstens bis zu seinem Ableben fertig und zweitens möglichst imposant sein. Eine Pyramide wäre zum Beispiel schön. Falls es dafür nicht mehr reichen sollte, dann wenigstens sowas Ähnliches.
Die Spieler/innen sind Baumeister/innen, die nun aus grob gehauenen Steinen ein möglichst imposantes Grabmal für den Pharao bauen. Wer nicht fertig wird, bis der Pharao das Zeitliche segnet, wird gleich selbst begraben. Von den fertiggestellten Grabmälern sucht der Pharao sich dann das Imposanteste aus und der oder die verantwortliche Baumeister/in gewinnt das Spiel. Die Punkte für ein Bauwerk kann man nach einer simplen Formel berechnen: Breite mal Höhe minus Zahl der Spitzen. Fertig ist ein Bauwerk nur dann, wenn es erstens kein einziges Stück Flachdach mehr hat und zweitens keine senkrechte Wand mehr als einen Baustein lang ist.
Das Spiel besteht aus einer Menge kleiner Bauteile in fünf verschiedenen Formen. Die Formen sind auch auf den Seiten der sieben Würfel abgebildet, wobei das Quadrat auf jedem Würfel doppelt vorkommt. Die quadratischen Teile haben eine Sonderfunktion, denn sie sind nicht nur Bauteile, sondern stellen auch die Lebenszeit des Pharaos dar.
Ein/e Spieler/in würfelt mit allen Würfeln (wobei es von der Spieler/innenzahl abhängt, wie viele Würfel im Spiel sind). Der oder die nächste darf sich nun einen der Würfel aussuchen und das Teil an das eigene Grabmal anbauen, das dieser Würfel zeigt. Das machen nun alle anderen reihum auch, bis nur noch ein Würfel übrig ist. Dann wird erneut gewürfelt, und so weiter. Der Pharao stirbt, wenn jemand ein quadratisches Plättchen nehmen muss, aber keins mehr vorhanden ist. Dann werden alle fertigen Bauwerke gewertet.
Während des Bauens kann man das eigene Bauwerk jederzeit als fertig deklarieren und damit aus dem Spiel aussteigen. Das kann dazu führen, dass die anderen in der aktuellen Runde mehr Teile nehmen können (oder auch müssen), als sie eigentlich geplant hatten. Eine gewisse Unberechenbarkeit ist also im Spiel.
Ein paar Kleinigkeiten gibt es noch: Simple Bauregeln zum Beispiel, und ein Reservebauteil, was man jederzeit statt des gerade genommenen Teils in sein Bauwerk einbauen kann.
Und? Macht das Spaß?
Ja, durchaus. Die Zeitangabe 20 Minuten, die sich auf der Schachtel findet, ist schon recht hoch gegriffen, mit wenigen Spieler/innen geht es meist noch wesentlich flotter. Wir haben fast immer zwei oder drei Partien in Folge gespielt, denn das Spiel hat einen gewissen Suchtfaktor und man hofft von Partie zu Partie, es doch noch besser hinzukriegen. Dabei verhält es sich bei verschiedener Spieler/innenanzahl recht unterschiedlich. Weil zu zweit jede/r drei Würfel pro Runde nimmt, kann man einiges vorausberechnen, dafür kann das Spiel bereits nach der zweiten Runde vorbei sein Mit mehr als vier Leuten bekommt man nur einen Würfel pro Runde und es gibt auch mehr Runden. Meiner Erfahrung nach achtet man dabei hauptsächlich auf sich selbst, während man zu zweit auch mal das zweitbeste Bauteil nimmt, damit der oder die andere es nicht kriegt. Was man davon bevorzugt, muss man selbst wissen. Mit mehr Spieler/innen ist es eben lockerer, was dem letztlich harmlosen Spiel vielleicht eher gerecht wird. Seltsamerweise habe ich meine Dreierpartien am wenigsten genossen – entweder mit Haken und Ösen zu zweit oder als lockeres Bauspiel mit vier oder mehr Leuten. Das Dreierspiel hing so ein bisschen dazwischen. Das mag aber auch an den jeweiligen Runden gelegen haben.
Das Material ist, wie bei Oink Games gewohnt, erstklassig. Stabile Bauteile, Holzwürfel, die typische kleine Schachtel, die aber randvoll ist. Da stimmt alles. Der Titel des Spiels hatte mich zuerst stutzig gemacht, denn eigentlich hätte es nahe gelegen, das Spiel „The Pharao’s Deadline“ zu nennen. Aber mittlerweile habe ich meine Meinung da geändert. Nicht der Pharao gibt ja die Bauzeit vor, sondern man könnte es eher so verstehen, dass die stressigen Bauarbeiten an seiner Gesundheit zehren. Die Pyramiden haben dagegen schon fast ein Eigenleben.
Trotz des Push-your-Luck-Anteils kann The Pyramid’s Deadline es nicht ganz mit dem herausragenden Tiefseeabenteuer aufnehmen. Aber die beiden Spiele sind unterschiedlich genug, um für sich selbst zu stehen, diese kleinen Schachteln passen ja auch zu mehreren ins Regal; Platzprobleme kriege ich mit denen nicht.
Für Fans der Oink-Spiele ist es also allemal eine Empfehlung. Wer diesen kleinen Verlag noch gar nicht kennt und auf kleine Spiele steht, sollte ebenfalls dringend mal einen Blick drauf werfen.
Gesamteindruck: 7/10
The Pyramid’s Deadline (死ぬまでにピラミッド)
für 2 bis 6 Baumeister/innen
von Jun Sasaki (佐々木隼)
Gestaltung ebenfalls von Jun Sasaki
Oink Games, 2016