Es hat sich wieder einiges an Nachrichten angesammelt – im Moment komme ich kaum hinterher, aber es sollen ja auch noch weitere Artikel folgen.
Argentinien
Zum mittlerweise fünften Mal fand am vorletzten Wochenende in Buenos Aires das Geek Out! Fest statt. Das ist mit rund 3000 Besucher*innen der größte und wichtigste Con in Argentinien, und es gab wieder einige Neuheiten rund 1um das Event.
Den König-Alfonso-Preis hat El Camarero vom Autorenkollektiv Maldón gewonnen. Dieses Team ist für seine oft sehr schön gestalteten Spiele bekannt (mein Favorit ist La Macarena). Nun gewannen sie beide Kategorien, nämlich das beste Spiel und die beste Gesamtpräsentation. Ich hatte in Essen schon 2018 Gelegenheit, El Camarero auszuprobieren. Es ist ein Konzentrations- und Erinnerungsspiel, das aber idealerweise von den Spieler*innen auch mit etwas Rollenspiel begleitet wird. Ein Kellner wird arg gefordert, er muss sich alle Bestellungen merken und die richtigen Sachen zu den richtigen Leuten bringen. Leider wechselt die Rolle des Kellners, sodass man dann auch selbst zu spüren bekommt, wie schwierig das ist. Neue Spiele aus Lateinamerika, Teil 11/2019 weiterlesen →
Zu meiner großen Freude fand ich neulich das Spiel Conejos en el huerto in der Post, ein Geschenk des Autoren Luis Marcantoni (und des Verlages Ruibal Hermanos). Das Spiel, das auf Deutsch etwa „Kaninchen im Gemüsegarten“ heißen würde, hatte ja im Mai den Premio Alfonso X gewonnen, und da ich den Vorjahressieger KINMO ja sehr genossen hatte, war ich allemal neugierig. Und angesichts der ansprechenden Gestaltung hatte ich auch im Nu genug Interesse in meinem Umfeld, um es diverse Male in verschiedenen Besetzungen zu spielen.
Worum geht’s?
In einem ringförmig zusammengepuzzelten Gemüsegarten sind pro Spieler/in zwei Kaninchenfiguren unterwegs und versuchen, möglichst viel Gemüse einzusacken. Von jeder der fünf Gemüsesorten gibt es pro Spieler/in sechs Chips (weniger, wenn man ein kürzeres Spiel wünscht), die zu Beginn in der Mitte sortenrein aufgestapelt sind. Jedes Feld im Garten ist nicht nur einer Gemüsesorte zugeordnet, sondern trägt auch noch eine Würfelzahl. Wer an der Reihe ist, zählt die Zahlen auf den Feldern seiner Kaninchen zusammen und zieht mit einem Kaninchen so viele Felder im Uhrzeigersinn weiter. Am Ende des Zuges schnappt sich das Kaninchen einen Gemüsechip der Sorte, auf deren Feld es gelandet ist. Eingesammeltes Gemüse landet hinter einem Sichtschirm. Stehen aber Kaninchen auf Feldern mit der gleichen Gemüsesorte, sammelt man gleich zwei Chips ein, stehen sie gar auf dem gleichen Feld, gibt es gleich drei.
Wer mit seinen Zugmöglichkeiten nicht zufrieden ist, kann einen zuvor gewonnenen Gemüsechip einsetzen, um damit eine je nach Sorte vorgegebene Zahl von Feldern voranzuziehen (etwa, wenn man einen Chip opfert, um dafür zwei oder gar drei einzusammeln.
Das Spiel endet, wenn entweder drei Gemüsesorten komplett verbraucht sind, oder wenn von keiner Gemüsesorte mehr als drei Chips übrig sind. Dann zählt jedes Gemüse, das es im Garten noch gibt, pro Chip 2-3 Punkte (je nach Sorte), jedes, das komplett abgeerntet wurde, 0-1 Punkt. Um ein bisschen Variation ins Spiel zu bringen, gibt es drei verschiedene Wertungstafeln, von denen man sich vor Spielbeginn auf eine einigt. Es geht also darum, möglichst viel Gemüse von den Sorten einzusammeln, die am Ende noch übrig sind. Oder anders gesagt: Man muss verhindern, dass das Gemüse, von dem man viel hat, von den anderen komplett aufgefuttert wird.
Wie kann man das verhindern? Da kommt der Hund ins Spiel. Der soll nämlich den Garten bewachen, ist aber leider von den vielen Hoppelviechern in seinem Revier ein bisschen überfordert. Immer, wenn ein Kaninchen das Feld mit der Hundehütte betritt, läuft es sofort noch einmal genauso viele Felder weiter, wie es bis hierhin gelaufen ist. Der arme Hund wird davon alarmiert, springt sofort auf einen der Gemüsestapel in der Mitte und bewacht ihn. Das entsprechende Gemüse ist jetzt für die Kaninchen außer Reichweite – und zwar so lange, bis wieder ein Kaninchen durch das Hundehüttenfeld hoppelt und der Hund hektisch kläffend auf einen anderen Gemüsestapel springt.
Und? Macht das Spaß?
Oh ja. Conejos en el huerto ist ein nahezu ideales Familienspiel. Der Einstieg fällt sehr leicht, weil die Regeln kurz und nachvollziehbar sind (allenfalls muss man sich dran erinnern, dass man in den ersten beiden Runden nicht mehr als ein Gemüse nehmen darf – das ist sicherlich eine gute Regel, um einen eventuell vorhandenen Vorteil aus den unterschiedlichen Startpositionen abzufedern). Dann kann man sich so von Zug zu Zug hangeln und versuchen, einfach möglichst viel Gemüse abzugreifen. Und spätestens gegen Ende der ersten Partie kommt man von selbst drauf, warum der Hund so wichtig ist. Wer das Spiel ein bisschen kennt, fängt dann an, auch mal einen oder zwei Züge vorauszuplanen. Oder auch nicht – unsere Siebenjährige, die eher noch nicht so viel vorausplant, hat trotzdem Spaß an der Sache.
Trotzdem kann das Spiel ziemlich in die Tiefe gehen. Das liegt vor allem am schönen Wertungsmechanismus. Ich bin zwar nicht so sicher, warum Kaninchen vor allem Gemüse lieben, von dem am Ende noch welches im Garten verblieben ist. Das kann ich thematisch nicht recht einsortieren. Aber im Spiel funktioniert das prima. Es ist fast ein bisschen wie ein Push-your-Luck-Spiel: Erfolgreich bin ich dann, wenn ich möglichst viel von einer Gemüsesorte nehme und dann dafür sorge, dass sie nicht komplett aufgebraucht wird. Wenn ich aber zu viel nehme, steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende gar nichts mehr davon übrig ist. Um das zu verhindern, brauche ich vor allem den Hund, aber ich muss dann auch im richtigen Moment versuchen, die letzten Exemplare des anderen Gemüses zu schnappen, von dem ich wenig habe, um es abzuwerten. So wird das Spiel gegen Ende interessanter, weil man langsam eine Ahnung dafür bekommt, was wichtig ist, andererseits interaktiver, da man stärker versucht, in die Pläne der anderen einzugreifen. Dadurch ist eine schöne Spannungskurve gewährleistet.
Dennoch ist Conejos en el huerto kein sonderlich konfrontatives Spiel. Ich kann niemanden daran hindern, bestimmte Gemüsesorten anzusteuern, sondern nur über das Aufbrauchen von Gemüse versuchen, den anderen die Wertung zu versauen und sie über den Hund daran hindern, das Gleiche bei mir zu machen. Normalerweise mag ich es mit etwas mehr Interaktion, aber es fühlt sich auch nicht an wie ein Multiplayer-Solitärspieler. Ich persönlich empfehle trotzdem, die am Ende vorgeschlagene Variante mit etwas weniger Gemüse zu spielen, um schneller in die interessantere Endphase vorzudringen. Aber das mag man halten, wie man will. Wiederspielbarkeit ist ohnehin gewährleistet, denn durch den flexiblen Aufbau und die verschiedenen Siegbedingungskarten nutzt sich das Spiel nicht so schnell ab.
Dass die Materialqualität nicht so ist, wie wir es in in Deutschland gewohnt sind, liegt an den besonderen Bedingungen in Argentinien (nicht für alles gibt es Produktionsstätten und die Einfuhrzölle sind enorm). Es fällt aber bei diesem Spiel wenig auf, bis auf den reichlich wabbeligen Karton, den man etwas mit Samthandschuhen anfassen sollte. Auch die Kaninchen wären aus Holz noch schöner. Dafür ist der Hund sehr originell, und die grafische Gestaltung gefällt mir allemal überhaupt sehr. Geradezu ein bisschen verliebt bin ich in die angebissene Möhre, die auf der Schachtel das „J“ darstellt. Kompliment also auch an die Illustratorin Celeste Barone.
Auf jeden Fall halte ich Conejos en el huerto für ein Spiel, das auch in Europa gut ankommen könnte. Das braucht mal einen deutschen Verlag, würde ich sagen.
Gesamteindruck: 8/10
Conejos en el huerto
für 2 bis 4 Leute (in meinen Augen umso besser, je weniger mitspielen)
von Luis Fernando Marcantoni
Illustrationen: Celeste Barone Ruibal Hermanos, 2016
(Slightly updated translation of an older article of mine, originally planned for BGG news where it remains in the queue/leicht aktualisierte Übersetzung eines älteren Artikels, die ursprünglich auf BGG News erscheinen sollte, dort aber noch immer in der Warteschleife steht)
Argentina
The third „Geek Out!“ Festival was celebrated in Buenos Aires in early May, and from what I read, it seems to have been great. Anyone who has ever organized a con like this will probably know that 2400 people the third time around are a huge success, especially when they are the first in their country trying something like this at all. I assume that many people who were there are looking forward to the 2018 event already.
For the second time, the King Alfonso Award was handed out. The winner is Conejos en el Huerto (Rabbits in the Orchard) by Luis Marcantoni, published by Ruibal Hermanos. Congratulations! While at it, the game also won „Best overall presentation“ (gotta love the letter „J“ in the title. Congratulations to artist Celeste Barone as well). I am curious whether we will hear from the rabbits outside of Argentina in the future. I just got a copy of the game on Friday and hope to be able to write more about it in the future. Co-finalist Mutant Crops has an upcoming English edition already.
In the small print run category, the winner was Star Warships by Gabriel Isaac Jalil. Again: Congratulations.
A candidate for next year’s award is scheduled for release in July. It’s Magos & Tabernas (Mages & Tavern) by Adrián Novell. Three thirsty mages enter a pub which only has one beer left. Unsurprisingly, fireballs start flying. Players are working their way towards said beer by removing obstacles on the way. Why can’t there be a good brewing spell instead?
Brazil
Brazil seems to have the largest gaming and publishing scene in Latin America by far – that’s not too surprising, I guess. I have a feeling that I am still just scratching at the surface. But I am planning to explore more of it, and am always happy to discover new things.
Still rather new on the boardgame scene is publisher Redbox from Rio de Janeiro. After a couple of fairly successful RPG publications, they started localizing foreign publications and are publishing four Brazilian games this year:
In the short economic card game Tsukiji by Leandro Pires you are a fish trader and try to manipulate the Tokyo fish market prices in a way that lets you earn more money than the other traders.
Labyrinx by Daniel Braga and Thiago Matos just finished its crowdfunding campaign. As the name suggests, you move through a labyrinth. The labyrinth is created from cards during the game and you have to make sure to remember your way home, as there is a fog of war mechanism that obscures most of the labyrinth. While you are trying to remember which way was the way out, you collect treasure, dodge traps and mess with the other players.
Micropolis by Rodrigo Rego is a tile laying game with rhombic tiles. All players try to expand a city by adding houses, parks, factories and so on. When placing certain special buildings into the city, you can add influence markers on them. The goal is to be the first player to put all your influence in.
Copacabana is by Rodrigo Rego as well. At the beginning of the 20th century, players transform the sleepy beach into the mixture of glamour and chaos it is known as today. Achieve this by placing tiles and getting into the most valuable streets to build the most valuable buildings.
In March I had mentioned Space Cantina by Fel Barros and Warny Marcano. Fel Barros now works for CMON which just released a new edition of Gekido: Bot Battles, a game that he had designed (together with Romulo Marques) and that was first published in 2014. With the new edition, this should become a lot more available outside Brazil. Gekido is a dice roller, in which robots smash each other in an arena.
Pablo by Marcos Mayora is one of those rather unusual games, it seems. There are 140 cards with words and categories (in various difficulty levels). Some you hold in your hand, some are on the table. One player starts to sing any song and tries to insert as many words or categories from their cards, for which they get points according to the difficulty. When someone else has a card which might fit the current song, they can start to sing along and push in their own words. You can also throw tomatoes (in the form of cardboard counters) if someone sings wrongly. If you want to have an impression how such a game works, you can see it (in Portuguese) here. Pablo is published by Mandala Jogos, and there are promo packs for different musical styles. It was named after a Brazilian music show of the Eighties and sounds like one of those games which gets you kicked out of your appartment if you play it too often.
Colombia
Colombian publisher Azahar Juegos had released the well-noticed game Xanadú in 2012, which was re-published by Quined games three years later. Now there are two new games by Azahar:
FocusX by Guillermo Solano is a card game in which you try to find matching characteristics between three cards (there are animal categories, numbers and colors). You can play it by speed or more quietly, and according to the publisher, it is suitable for players five years and up. Hot-Pota-toH! is from Xanadú designer Javier Velasquez. A stack of cards makes the rounds, and you either have to draw a card from this stack or play a card. While doing this, you try to get certain cards and avoid drawing the exploding potato. While this description might sound similar to Exploding Kittens, Hot-Pota-toH has no player elimination, but a round ends when someone explodes and everyone else then counts their points. Therefore there is a motivation to take a risk and draw cards, or sacrifice expensive carsds to avoid losing everything.
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