Diese Woche gehe ich nicht ganz so weit nach Osten wie sonst gelegentlich, sondern nur bis nach Riga. Dort gibt es, wie anderswo auch, einen Wochenmarkt, aber anders als anderswo gibt es auch ein Spiel über diesen Wochenmarkt. Es stammt von Edgars Zaķis und heißt Central Market.
Auf dem Markt werden fünf Gemüsesorten angeboten, und zwar in Form von Karten mit jeweils zwei bis vier Kilo einer Sorte. Von diesen Karten hat man in jeder Runde vier auf der Hand. Wer dran ist, bietet eine Sorte Gemüse an (sagt aber noch nicht, wie viel er oder sie davon auf der Hand hat) und legt einen Angebotspreis fest (zum Beispiel 9 pro Kilo). Reihum können nun alle passen oder unterbieten. Das geht so lange weiter, bis niemand mehr niedriger gehen möchte. Wer den niedrigsten Preis angeboten hatte, verkauft zuerst, dann der oder die mit dem zweitniedrigsten Preis, und so weiter. Allerdings gibt es eine Einschränkung: Von jeder Ware können in jeder Runde nur zehn Kilo verkauft werden. Schöpft der oder die mit dem niedrigsten Preis das aus (was selten ist), gucken alle anderen in die Röhre und werden ihre Waren in dieser Runde gar nicht los. Es kann aber auch passieren, dass zum niedrigsten Preis nur zwei Kilo verkauft werden und auch die Spieler/innen mit den höheren Angeboten noch zum Zuge kommen.
Wenn die erste Ware verkauft wurde, kommt der oder die nächste Spieler/in und bietet die nächste Ware an. Und hier kommt die nächste Einschränkung zum Zuge: Ein/e Spieler/in kann in einer Runde ebenfalls nur zehn Kilo Ware insgesamt verkaufen. Man kann nun also sehen, dass jemand, der in dieser Runde schon sieben Kilo Tomaten verkauft hat, keine große Konkurrenz beim Verkauf on Gurken mehr darstellt.
Wenn alle Spieler/innen einmal eine Warenart angeboten haben (oder gepasst haben, weil sie schon zehn Kilo verkauft haben), endet die Runde. Wer nun am meisten Geld verdient hat, bekommt die meisten Siegpunkte, der oder die auf dem zweiten Platz die zweitmeisten und so weiter. Von den auf der Hand verbliebenen Karten darf man sich eine zur Seite legen. Das Spiel läuft über sieben Runden, und in der letzten Runde kann man dann die Karten auf die Hand nehmen, die man in Laufe des Spiels angespart hat. Wer nach dieser siebten Runde die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt das Spiel.
Ein paar kleine Besonderheiten gibt es noch. Man hat drei verschiedene Sonderkarten, die man einmal im Spiel einsetzen kann – mit einer kann man jemandem Gemüse verfaulen lassen, mit einer kann man eine andere Gemüseart verkaufen, als gerade gefragt ist, und bei der dritten kommen die Touristen und alle Limits sind aufgehoben. Ein geschickter Einsatz dieser Karten ist natürlich wichtig, da muss man den richtigen Moment abwarten.
Und? Macht das Spaß?
Ja, ich finde es ziemlich spannend. Zunächst sticht natürlich der Abwärts-Auktionsmechanismus hervor. Normalerweise gibt es bei einer Auktion nur eine/n Verkäufer/in und mehrere Bieter/innen. Bei Central Market kauft dagegen ein einziger Markt, aber dafür gibt es mehrere Verkäufer/innen. Und es geht eben nicht einfach stur drum, die eigene Ware zum niedrigsten Preis anzubieten, sondern man kann eben auch darauf spekulieren, dass man mit dem zweitniedrigsten Preis seine Ware noch los wird. Das finde ich originell, ich habe so eine Idee bisher noch nirgends gesehen. Da ich Auktionsspiele grundsätzlich mag, freue ich mich natürlich immer, wenn in diesem Genre auch noch mal was Neues auf den Tisch kommt. Aber vor allem ist es eben sehr spannend.
In den einzelnen Auktionen ist natürlich viel Zufall dabei, weil man ja nicht weiß, was die anderen Leute für Waren auf der Hand halten. Wenn drei die gleichen Sachen verkaufen wollen und eine/r was anderes, kann sich der/diejenige schon mal freuen. Dafür spart man sich für die letzte Auktion eben Karten auf und kann sich etwas aufbauen, so dass eine etwas längerfristige Planung auch im Spiel ist.
Leider gibt es auch Negatives zu berichten. Die Zählleisten sind sehr klein geraten und dadurch nicht besonders schön zu bedienen. Und ob man die Illustrationen nun mag oder nicht, ist sicherlich Geschmackssache. Stärker ins Gewicht fällt allerdings eine seltsame Regel: Startspieler/in einer Runde wird, wer die wenigsten Punkte hat. Allerdings ist die Startspieler/innenrolle in meinen Augen ein Nachteil, da man die angebotene Ware noch ohne jede Kenntnis der Pläne der anderen auswählen muss. Wer hingegen zuletzt dran ist, kann wunderbar eine noch nicht verkaufte Ware anbieten und einen großen Reibach machen. So führt diese Regel eher dazu, dass der Teufel auf den dicksten Haufen dingst und die zurückliegenden Spieler/innen weiter abgehängt werden. Das schreit in meinen Augen nach einer Hausregel, aber das muss natürlich jede Gruppe für sich entscheiden. Falls es nochmal eine neue Auflage dieses Spiels geben sollte, könnte man vielleicht also noch ein paar kleinere Ecken und Kanten abschleifen.
Trotzdem finde ich Central Market nicht nur innovativ, sondern es macht auch Spaß und man fühlt sich jederzeit am Geschehen beteiligt. Wer Auktionsspiele mag, sollte diesem ungewöhnlichen kleinen Spielchen ruhig mal eine Chance geben.
Gesamteindruck: 7/10
Central Market
für drei bis fünf Leute
von Edgars Zaķis
Illustrationen von Linda Ārende
erschienen bei Brain Games, 2012