Wer schon mal Tischtennis gespielt hat, weiß, dass es sehr nützlich sein kann, die Bälle anzuschneiden. Dann wechseln sie die Richtung beziehungsweise fliegen eine mehr oder weniger fiese Kurve, und sind vom Gegenüber schwerer zu berechnen und zurückzuschlagen. Mit dieser simplen Beobachtung im Rücken hat Satochika Daimon letztes Jahr in Japan ein kleines Geschicklichkeitsspiel für zwei Leute herausgebracht, das wie die meisten guten Geschicklichkeitsspiele mit sehr wenigen Regeln auskommt. Ich hatte es mir für die Messe in Essen vorbestellt, was eine gute Idee war, denn die Demonstration, die ich dort sah, war wenig beeindruckend, und es hat seine Qualitäten erst zuhause auf dem Wohnzimmertisch wirklich gezeigt.
Worum geht’s?
Auf dem Tisch wird aus so seltsamen Gummischnüren ein Spielfeld ausgelegt. Daneben legt man eine Reihe von Plastikchips, wobei auf den letzten drei Positionen je zwei Chips aufeinandergestapelt werden. Ungefähr in die Mitte des Spielfelds kommt auch noch ein Zweierstapel. Und schon kann es losgehen. Gespielt wird abwechselnd. Man nimmt seinen Tischtennisball und drückt mit den Finger so drauf, dass er nach vorne schnellt, aber auch genügend angeschnitten wird, um wieder zurückzukommen. Tut er das, ohne eine der Begrenzungen zu berühren, bekommt man den Chip (oder die Chips) aus der Reihe, bis zu der der Ball gekommen ist. Berührt er eine Seitenlinie, bekommt man nichts; berührt er aber die rückwärtige Begrenzung oder verlässt gar das Spielfeld, verliert man ein Leben. Wirkliche Cracks lassen ihren Ball zwischendurch noch den Stapel in der Mitte umkreisen und sammeln dafür je einen Chip von diesem ein. Hat man beide Leben verloren, ist der oder die andere noch genau dreimal dran. Wer dann am meisten Chips gesammelt hat, gewinnt.
Und? Macht das Spaß?
Ist das ne ernstgemeinte Frage? Na klar macht das Spaß. Das Ganze ist so wunderbar simpel, dass man sofort loslegen kann, auch wenn man ein bisschen Übung braucht, bis man einigermaßen gezielt gute Schüsse hinkriegt (und auch mit reichlich Übung geht bei uns immer noch sehr viel daneben). Der Aufforderungscharakter ist einfach riesig, zumal ja so gut wie jede/r schon mal irgendwo mit einem Tischtennisball herumgespielt haben dürfte. Da so viel schief geht, ist eine Partie auch in zwei oder drei Minuten erledigt, und man ist nie so zufrieden, dass es damit dann auch gut ist. Nein, man möchte doch zu gern rausfinden, ob man das noch besser hinkriegt. Wir spielen hier in der Regel gleich diverse Male hintereinander weg – man will immer noch mal.
Das Spielmaterial ist ein ziemliches Sammelsurium. Eine richtige Schachtel gibt es nicht, ich habe das Spiel in einer Plastiktüte bekommen. Die Tischtennisbälle sind mit Vogelköpfen bedruckt, was völlig sinnlos, aber cool ist. Auch braucht man ja eigentlich nur einen Ball – zwei, wenn jede/r einen eigenen Ball haben will, aber warum drei? Darum. Dazu gibt es einen Stoffbeutel, glasperlenartige Lebensmarker, große Pokerchips und diese seltsamen Begrenzungsschnüre, die ein wenig komisch anzufassen sind, aber ihren Zweck gut erfüllen. Ein verbindender Stil der Teile ist nicht zu erkennen, das ist alles wunderbar amateurhaft. Anfänger/innen empfehle ich noch eine hintere Mauer aufzubauen, damit die Bälle nicht immer hinten vom Tisch purzeln.
Spiele wie Wing Spirits sollte es eigentlich viel öfter geben. Simpel, mit vielen Lachern und einem hohen Suchtfaktor. Vielleicht ist es einfach ein bisschen zu schräg, um ein großes Publikum zu finden (und natürlich fehlt die werbewirksame Schachtel). Ich jedenfalls bin jederzeit gern wieder mit von der Partie.
Wing Spirits
für 2 Personen
von Daimon Satochika (大門 聖史)
Gestaltet von Shu Hajime
Grandoor Games, 2017