Spieleautorentreffen 2019 – ein Bericht mit vielen bunten Bildern

Am 6. und 7. Juli 2019 fand in Göttingen zum 38. Mal das Spieleautorentreffen statt. Da ich diesmal keine präsentablen Prototypen hatte, habe ich die Gelegenheit genutzt, mal mehr zu fotografieren und Leute kennenzulernen. Dieser Artikel wird hauptsächlich eine Fotostrecke, die hoffentlich die Vielfalt der präsentierten Spiele zumindest ein bisschen abbilden kann. Aber ein paar Informationen liefere ich natürlich nebenbei auch.

Spieleautorentreffen 2019

Wie immer fand am Vorabend die Mitgliederversammlung der Spieleautorenzunft (SAZ) statt, die mit rund 50 Teilnehmer*innen recht gut besucht war. Die SAZ hat zwar kürzlich die magische Schwelle von 500 Mitgliedern überschritten, aber da diese über die ganze Welt verstreut sind, kann natürlich immer nur ein kleinerer Teil davon an der Versammlung persönlich teilnehmen. Nachdem über die diversen Aktivitäten und Erfolge in der Vertretung der Rechte von Autor*innen berichtet worden war, wurde der Vorstand (Hartmut Kommerell, Markus Hagenauer und Stefan Kloß) einstimmig im Amt bestätigt. Das freut mich, da ich mich von der SAZ gut vertreten fühle. (Disclaimer: Bin selbst im Beirat.)

In diesem Artikel soll es aber ja vor allem um das eigentliche Spieleautorentreffen gehen, und dafür ist die SAZ vor allem deshalb relevant, weil sie gemeinsam mit der Stadt Göttingen als Veranstalterin des Ganzen auftritt. Der Gründer des Treffens, Reinhold Wittig, hatte sich vor drei Jahren aus der aktiven Veranstaltungsorganisation zurückgezogen, ist aber weiterhin als Aussteller präsent und hatte wie üblich auch viele neue Spiele dabei.

Spieleautorentreffen 2019

Das Treffen geht über anderthalb Tage und besteht aus zwei Teilen. Am Samstag ist es eine geschlossene Veranstaltung, zu der nur angemeldete Teilnehmer*innen Zutritt haben. Das waren dieses Jahr ungefähr 370, wenn ich mich richtig erinnere, wovon rund 80 Verlagsvertreter*innen waren und die meisten anderen allein oder zu mehreren je einen der etwa 180 Tische mit ihren Prototypen bestückten. Am Sonntagvormittag ist das Treffen dann für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich, sodass Göttinger*innen (und ein paar auswärtige Besucher*innen) sich aus der Nähe angucken können, wie Spiele entstehen, und diese natürlich auch meist gleich selbst ausprobieren können. Ich erinnere mich noch gut an die Begeisterung meiner Tochter vor einigen Jahren, als sie einen Prototypen von Günter und Lena Burkhardt ausprobieren konnte – dieses Spiel wurde dann letztes Jahr zum Kinderspiel des Jahres gekürt. Obwohl ich mir manchmal wünschen würde, dass der Zuspruch aus der Bevölkerung noch etwas größer wäre, waren doch die meisten Tische immer wieder besucht, und wer etwas ausprobieren wollte, hatte ohne lange Wartezeiten genügend Gelegenheit dazu.

Erstmals fand das Spieleautorentreffen übrigens in der Lokhalle statt, da die Göttinger Stadthalle grundsaniert wird. Der neue Ort wurde ziemlich einhellig gefeiert, da man trotz des erheblich größeren Platzes eigentlich alles im Blick haben konnte und das alte Industriedenkmal auch einen ganz eigenen Charme hat. Zumindest für die nächsten beiden Jahre dürfte uns der Standort erhalten bleiben, und was die Stadthalle dann zu bieten hat, werden wir sehen.

Zwei wesentliche Programmpunkte gibt es: Am Samstag gab es die Vergabe des „Göttinger Spatz“ für besondere Verdienste um das Kulturgut Spiel, der diesmal an Wieland Herold ging. Das langjährige Mitglied der Jury Spiel des Jahres ist seit Jahrzehnten Spielerezensent, hat sich aber auch in vielen anderen Bereichen verdient gemacht, nicht zuletzt um das Spieleautorentreffen selbst, da er dort seit langem die Vergabe des Stipendiums der Jury Spiel des Jahres an Nachwuchsautor*innen betreut. Von dieser Aufgabe will er allerdings so langsam zurückziehen, sodaass die Auszeichnung auch ein bisschen einen Abschiedscharakter hatte. Ich hoffe, dass er dem Autorentreffen zumindest als Gast erhalten bleibt.

Am Sonntag wurde dann besagtes Stipendium verliehen. Dieses Jahr ging es an Michael Modler, der sich über ein Stipendium in Höhe von 3000 Euro freuen darf, mit dem er vier einwöchige Praktika in verschiedenen Institutionen der Spielewelt bestreiten kann. Es war die 25. solche Verleihung; und die meisten der früheren Stipendiaten sind später mit einer bis vielen Veröffentlichungen in Erscheinung getreten. Wir dürfen gespannt sein, was von Michael Modler so zu erwarten ist.

Der frischgebackene Preisträger mit seiner Urkunde…
… und sein Tisch. Im Vordergrund Das Rätsel von Sol, bei dem die Spieler*innen zwar gemeinsam aus einer Stadt zu entkommen versuchen, dabei aber auch eigene Ziele verfolgen.

Während des Treffens versuchen die Autor*innen natürlich, ihre Ideen bei Verlagen unterzubringen, was immer wieder auch gelingt. Ebenso wichtig ist aber der Austausch untereinander; alte Hasen und Neulinge hocken wohl selten so eng (und in so großer Zahl) zusammen wie hier, sodass sich die Teilnahme auch für diejenigen lohnen kann, die keinen Vertrag davontragen können. Und es herrscht einfach eine tolle Atmosphäre mit viel Kreativität und wenig reinem Kommerz.

Soviel vielleicht zum Drumherum. Jetzt lasse ich einfach mal die Bilder sprechen, die geben sicher einen ganz guten Eindruck darüber, wie das Treffen so aussieht. Natürlich ist auch das nur ein Bruchteil der ganzen vorgestellten Spielideen. Ich habe natürlich ein paar fotogene Sachen ausgewählt, aber bestimmt auch noch viel Tolles verpasst. Wer hier nicht abgebildet ist, hat also nicht etwa mein Interesse nicht geweckt, sondern ich habe es wahrscheinlich einfach nicht an seinen oder ihren Tisch geschafft (oder dort waren gerade Verlagsgespräche und ich wollte nicht stören). Auf jeden Fall viel Spaß beim Schwelgen in schönen Ideen – ich bin wirklich gespannt, welche dieser Spiele uns demnächst aus dem Ladenregal heraus anlachen.

Orgel von Aaron Vanderbeek. Ein unverbrauchtes Thema hat er da schon mal gefunden.
Cerro Paranal von Alexandru Iacob, ein Spiel um das Entdecken von Himmelskörpern
Endlich Schnee von Andrea Boennen. Wer hat seinen Schneemann zuerst fertig?
OXx von Gedächtnistrainer Andreas Ott. Das schon im Eigenverlag veröffentlichte Spiel enthält diverse Spielvarianten mit den gleichen 3-Element-Karten.
Total verhext! von Dirk Barsuhn und Oliver Raßenhövel
Der Tisch von Christian Raczek mit gleich drei Spielen. Wieder was gelernt: Katzen haben Angst vor Salatgurken.
Der in Berlin lebende Taiwaner Citie Lo war erstmals dabei.
Königreich der Wörter von Daniel Bernsen. Ein Wortspiel, bei dem man eine gegnerische Burg erobern will, indem man ihr „Heimatwort“ manipuliert.
In Secretum von David Betzing laufen Figuren durch ein Haus, stehlen Dinge oder legen sie wieder zurück. Da aber alle Spieler*innen jede Figur bewegen dürfen, weiß bald niemand mehr, wer welche Interessen verfolgt.
Dirk Baumann denkt immer wieder in drei Dimensionen, wie auch sein Tisch von diesem Jahr zeigt.
Old Tales von Florian Racky. Es geht um das Sammeln von Märchen.
Toxic Mushroom von Galen Radtke. Pilze auf dem Meeresgrund ernähren sich von Müll.
Gleich ein ganzes Spielsystem rund um fünf verschiedene berühmte Detektiv*innen hat Heinrich Glumpler erschaffen.
Betrunken im Blaubachtal von Hendrik Hupfeld. Nach der Geburtstagsparty der Prinzessin wachen die Spieler*innen mit sooo einem Schädel auf und stellen fest, dass die Prinzessin entführt wurde. Auf zur Rettung! Aber ach, diese Kopfschmerzen…
Himmel-Wimmel-Zauberwald von… unangenehmerweise finde ich den Namen der Autorin nicht mehr. Weiß den noch jemand? Dann sagt ihn mir bitte und ich trage ihn nach.
Die Buchstapler von Jochen Franke. Ein Wortspiel mit einer ganz neuen Dimension.
Katrin Schulte ist Physiotherapeutin. Den Namen ihres Motorikspiels für kleine Kinder habe ich leider auch vergessen, aber das Material war sehr einladend.
Lukas Bleuel war einer der Kandidaten für das Autorenstipendium und hatte hier ein Spiel über Frösche mit richtig langen Zungen.
Digging for Gold von Martin Ebel, der meines Wissens tatsächlich bisher bei allen 38 Spieleautorentreffen dabei war.
Auch schon ein Urgestein: Martin Schlegel mit seinen neuesten Kreationen.
Exodus von Mathias Schwarz, ein kooperatives Spiel, bei dem man vor Alien-Angriffen flüchtet.
Calypso von Nicolás Straccia, bei dem Affen in langen Ketten vom Ast hängen, um heruntergefallene Kokosnüsse aufzuklauben.
Anna Oppolzer und Stefan Kloß mit ihrem Tisch.
Reinhold Wittig und seine Edition Perlhuhn hatten wie immer einen besonderen Tisch an einem besonderen Platz, denn von Reinhold Wittig stammt die Idee zum Autorentreffen – er hätte nie gedacht, dass das im 37. Jahr mal solche Ausmaße annehmen würde.
Rita Modl mit ihren neuesten Ideen. Nein, das eine Spiel heißt nicht Butterflies at Work.
Rhino-Rutsche von Steffen Hacker. Nashörner rutschen ins Planschbecken, mit entsprechender Wasser- und Nashornverdrängung. Sehr charmant.
Party People von Sven M.Kübler, über das ich leider nicht mehr weiß.
Die Märkte von Assuan von Thomas Odenhoven ist schon ein bisschen älter, aber als ich zum Fotografieren ankam, hatte er seine neueren Sachen bereits Verlagen mitgegeben.
Timo Diegel war wieder mit mehreren Spielen vertreten, von denen ich einige schon in den letzten Wochen und Monaten testen konnte. Hier sind gleich vier seiner neuen Kreationen zu sehen.
Traugott Dittmann stellte Charlies Safari vor, bei dem man versucht, die besten Schnappschüsse von wilden Tieren zu machen.
Auf dem Tisch von Werner Kohlhey liegen hier Saltukar und Wellenkuss, das ich auch ausprobieren konnte. Dabei versucht man, ein Boot möglichst zügig mit Leuten zu füllen.
Wolfgang Vogel traut sich mit seinen waghalsigen Konstruktionen was zu. Als er vor sieben Jahren schon mal zum Stipendium antrat, konnte er sich zwar nicht durchsetzen, wurde aber von der Jury als Mozart unter den Kandidaten betitelt. Auf jeden Fall sind seine Spiele echte Hingucker.
Zoltan Labas präsentiert hier unter anderem Die rasenden Rasenmäher, bei dem man möglichst viel Gras abmähen, die hübschen Blumen aber tunlichst stehen lassen sollte.

Nachdem ich bis hier alphabetisch vorgegangen bin, möchte ich zum Schluss noch ein paar Sachen vorstellen, die mich besonders beeindruckt haben. Das ist zwar völlig subjektiv, denn ich hatte mitnichten die Möglichkeit, alles auch nur zu sehen, geschweige denn mir erklären zu lassen oder gar anzuspielen. Aber die folgenden Spiele sind mir besonders in Erinnerung geblieben. Daher hier: Meine ganz persönlichen Auszeichnungen für das Spieleautorentreffen 2019.

Den ersten Preis für den innovativsten Einsatz von Spielmaterial vergebe ich an Steven Möller für Chaos Mage Arena. Man malt die gewünschte Bewegung seiner Figur auf eine Folie. legt diese dann auf das transparente Spielfeld und bewegt die Figur mittels eines Magneten die gemalte Spur entlang. Unten am Magneten ist noch ein Wischer, der dabei die Spuren beseitigt. Verblüffend.
Knapp dahinter folgen aber schon Michael Luu (hier im Bild) und Bjoern Müller-Mätzig mit ihrem Spiel Klett-Duett. Haarige Insekten müssen ein Klettverschluss-Spinnennetz durchfliegen, das immer enger gewebt wird.
Der Preis für das beste Outfit bekommen Josef „Dr. Jupp“ Goßling und „Dr. phil Sommer“ für ihr Escape-Spiel Flucht aus der Psycho-Klinik.
Der Preis für das tollste T-Shirt geht aber natürlich an Friedemann Friese. Ach ja, das Spiel vor ihm ist das ja bereits angekündigte Faultier.
Den Preis für die beste Illustration bekommt Grafik-Designerin Christiane Krug. In ihrem Spiel Snaptrap lässt man seine fleischfressende Pflanze wachsen und gedeihen.
Mein spielerisches Highlight unter den neun Spielen, die ich komplett spielen konnte, war aber dieses vollkommen unscheinbare Mikrospiel namens Zucchini von Philipp Hannibal. Was auf den ersten Blick ein bisschen nach Cabo aussieht, entpuppte sich als knallharter Kampf zwischen drei bis vier Leuten, die versuchten, sich gegenseitig aus dem Spiel zu werfen und selbst übrigzubleiben. Echter Nervenkitzel mit 20 Karten aus einem Skatblatt, das ich mit entsprechender Gestaltung gern kaufen würde.

Mehr habe ich für heute nicht – außer die Vorfreude auf das nächste Jahr! Welche Spiele findet Ihr am verlockendsten?

10 Gedanken zu „Spieleautorentreffen 2019 – ein Bericht mit vielen bunten Bildern

  1. Lieber Hilko,

    vielen Dank für diesen so toll illustrierten Beitrag. Ehe ich mich versah, war das Wochenende auch schon rum. Deine Fotos bieten eine schöne Möglichkeit, das Erlebte Revue passieren zu lassen. Bis zum nächsten Jahr.

    Liebe Grüße
    Michael

    1. Lieber Michael,
      es hat mich gefreut, Dich kennenzulernen. Und vielleicht sehen wir uns ja praktikumsbedingt noch in diesem Jahr.
      Viele Grüße
      von Hilko

  2. Hallo Hilko,
    ein toller Bericht und herzlichen dank für deinen Beitrag.
    Es war mir eine Freude dich wieder zu sehen.
    Und ich finde es hammer, dass su sogar den alten Beitrag über mich gefunden hast, und mir sogar den Link dazu geschenkt hast 🙂
    LG
    Wolfgang
    (Der Mozart)

    1. Oh, gern geschehen – auf der Seite bin ich öfter mal. Ich hab ja den ganzen Wettbewerb jetzt doch ne ganze Reihe an Jahren mitbekommen und dann auch öfter mal die Berichte darüber gelesen. Bis nächstes Jahr!

  3. Danke für deinen schönen und gut bebilderten Bericht, lieber Hilko! So konnte ich aus dem Ausland zumindest einen Eindruck bekommen, wie es dieses Jahr in der Lokhalle war. Man spürt da überall so eine Lebendigkeit, die ansteckend inspirierend wirkt… Ich bin hoffentlich nächstes Mal auch wieder dabei, aber vielleicht sehen wir uns ja vorher nochmal. 🙂

  4. Hallo Hilko,
    ich freue mich sehr über das gute Feedback, vor allem da es mein erstes (aber nicht letztes) Autorentreffen Göttingen war.
    Durch deine vielen Bilder habe ich erst gemerkt, wie groß das Treffen eigentlich war. Ein wirklich gelungener Bericht.

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