Neue Spiele aus Lateinamerika, Teil 3/2020

Heute berichte ich nur über zwei Spiele, aber sowohl Lunes als auch Kontaê! machen mich so froh, dass es sich trotzdem lohnen dürfte.

Argentinien

Lunes: Recorte de PersonalLängst überfällig ist eine Erwähnung der Erweiterung zum Solitärspiel Lunes (Montag), nämlich Lunes: Recorte de Personal. Recorte de Personal heißt Personalabbau, und eigentlich passt das gar nicht dazu, was diese Erweiterung bietet, nämlich (neben neuem Material für das Grundspiel) die Möglichkeit, jemanden zur Belegschaft hinzuzufügen, also zu zweit zu spielen. Dadurch ist das Spiel für mich deutlich interessanter geworden, denn ich bin gar nicht so der Solitärspieler. Verlag Super Noob Games hatte mir netterweise ein Exemplar von Grundspiel und Erweiterung nach Essen geschleust, und nun spielt meine Tochter gern die wütenden Chefin, die ihren flüchtenden Angestellten (mich) zu stellen versucht. Das fühlt sich trotz des an und für sich abstrakten Spielmechanismus erstaunlich thematisch an. Zu den ursprünglichen Autoren Aibel Nassif und Julián Tunni sind für die Erweiterung noch Nahuel Carrón und Guillermo H. Nuñez hinzugekommen.

Brasilien

Kontaê!Zu den enttäuschendsten Kursen meiner Oberstufenzeit gehörte Geschichte, ein Thema, das mich eigentlich immer wieder fasziniert. Aber in der Schule reichte das weder wesentlich über Europa noch über unseren internen Tellerrand hinaus. Da half auch kollektives Betteln beim Lehrer nichts. Also tut es gut zu sehen, dass heutzutage zumindest hier und da auch andere Wege beschritten werden. Ein Beispiel dafür ist Alexander Franciscos Spiel Kontaê! Heroínas negras brasileiras (Sag es uns! Schwarze brasilianische Heldinnen), das er im Rahmen seiner Masterarbeit erstellt hat und nun Lehrkräften als Print & Play kostenlos zur Verfügung stellt. Das Spiel lehnt sich an ein Buch der Autorin Jarrid Arraes an. In diesem geht es um 15 schwarze Brasilianerinnen. Vier davon haben es in Franciscos Spiel geschafft. Dieses besteht aus Bildkarten, Biographiekarten und Gedichtkarten (mit Gedichten von Jarid Arraes). Zu Beginn bekommt jede Gruppe von Schüler*innen je eine Persönlichkeit zugelost. Mithilfe des aufgedruckten QR-Codes können sie „ihre“ Persönlichkeit näher kennenlernen. Anschließend zieht jede Gruppe drei Handkarten und muss nun durch Ziehen und Ablegen drei Karten auf die Hand bekommen, die zu der erforschten Persönlichkeit gehören (wobei auf den Biographie- und Gedichtkarten die Namen nicht draufstehen, da müssen sie schon verstehen, worum es geht). Die Gruppe, die das zuerst schafft, gewinnt das Spiel.
Dieses Projekt macht mich gleich auf mehrere Weisen froh. Das Einbeziehen der Marginalisierten in den Geschichtsunterricht, das Verstehen von Gedichten in einem Spiel, die Tatsache, dass ein Spiel ein Teil einer Masterarbeit ist – all das ist leider bis heute noch nicht selbstverständlich. Aber es macht Hoffnung.
Illustriert hat die Kontaê!-Karten Alexandre Magalhães.

 

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung durch die Rechte-Inhaber*innen.

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