Neue Spiele aus Lateinamerika, September 2018 (Teil 2)

Brasilien

An diesem Wochenende steht in Rio de Janeiro Diversão Offline an, eine Veranstaltung, die gelegentlich mal als „Brasilianisches Essen“ bezeichnet wird. Mit rund 5000 Besucher*innen an jedem der beiden Tage ist es natürlich in seiner Größe nicht vergleichbar, aber es ist sicherlich zumindest eine der größten Spieleveranstaltungen in Lateinamerika. Viele Verlage stellen dort ihre mehr oder weniger neuen Spiele vor. Einige Sachen hatte ich ja in den letzten Wochen schon hier angekündigt, aber es ist auch noch Einiges übrig. Leider geben einige Verlage ihre Neuheiten auch erst vor Ort bekannt. Immerhin habe ich das hier gefunden:

Sehr viel charmanter als so kann man eine Fusion wohl kaum ankündigen… der neue Verlag Diceberry Editora von Iaggo Piffero, der sich gerade angeschickt hatte, sein erstes Microspiel auf den Markt zu bringen, wurde noch vorher von Potato Cat (von denen hier schon mal die Rede war) übernommen. Das sieht man auch nicht alle Tage. Diceberry bleibt aber als eigenständiges Studio erhalten und wird wohl erstmal für Mikrospiele zuständig sein. Los geht es mit drei Veröffentlichungen:

Jetpack LhamaHerrlich verschroben klingt Jetpack Lhama. Die Transportwege der Lamas sind durch Naturkatastrophen zerstört worden, und nun müssen sie sich was Neues ausdenken. Was läge da näher als Jetpacks? Also schnallen sie sich die Dinger auf den Rücken und düsen los. Unterwegs müssen sie leider eine Ruinenstadt durchqueren und dabei aufpassen, dass sie nicht gegen alte Steinsäulen dengeln und, ganz wichtig, dass sie nicht verflucht werden, was ja leicht mal passieren kann. Das klingt ganz nach meinem Geschmack. Jetpack Lhama ist ein Mikrospiel, bei dem die Rennstrecke aus Karten ausgelegt wird.

Kaum weniger skurril wirkt Magic Flow auf mich. Dabei schlüpfen die Spieler*innen in die Rolle magischer Rapper*innen, die mit ihren Reimen Monster bekämpfen müssen. Jedes Monster hat eine bestimmte Verslänge, und die Kartenrückseite gibt eine bestimmte Todesart vor. Man muss dann sehr schnell passende Reime finden, damit einem die anderen magischen Rapper*innen nicht zuvorkommen. Das klingt für mich auch sehr bizarr und ist angeblich sogar sprachunabhängig. Auch das würde ich gern mal von Nahem sehen.

SudokillerDie ganz große Sudoku-Welle ist vielleicht schon wieder vorbei, aber gelegentlich sieht man doch noch mal jemanden an der Bushaltestelle Kästchen mit Zahlen füllen. Wenn Euch das zu wenig interaktiv ist, solltet Ihr vielleicht mal Sudokiller ausprobieren. Hier belauern sich ein Detektiv und ein Serienmörder im London der 1880er-Jahre. Dem Killer gehört eine der Zahlen, während eine weitere Zahl zu seinem nächsten Opfer gehört. Der Detektiv muss nun herausfinden, welche Zahlen das sind, bevor das Sudoku komplett gelöst ist.

Alle drei Spiele sind von Iaggo Piffero entwickelt und gestaltet worden. Und wenn ich mir diese ungewöhnlichen Beschreibungen so angucke, wundert mich das Interesse von Potato Cat nicht. Meins ist allemal geweckt, und ich werde mal sehen, dass ich demnächst an die Sachen rankomme.

Valente O amor em jogoVitor Cafaggi ist ein brasilianischer Comiczeichner, der recht populär zu sein scheint. Zumindest schließe ich das daraus, dass das von ihm illustrierte Spiel Valente – O amor em jogo („Valente – die Liebe im Spiel“) innerhalb einer Dreiviertelstunde schwarmfinanziert worden ist. Valente ist ein Hund, der zwischen zwei Frauen (einer Katze und einer Pandadame) hin- und hergerissen ist. Die Spieler*innen versuchen nun, Valente auf ihre Seite zu ziehen, indem sie Comics veröffentlichen. Diese bestehen aus jeweils drei Karten (Bildern), und wenn ein Strip vollständig ist, wird er ein Teil der Gesamtgeschichte und beeinflusst Valentes Entscheidungen. Valente ist eine Comicfigur von Cafaggi, die es schon seit Längerem gibt, die er also nicht speziell für dieses Spiel erschaffen hat. Der Autor des Spiels ist Renato Simões, und das Spiel erscheint bei Geeks N‘ Orcs.

Mexiko

Guerras Gato GamesKatzenliebhaber Ramón López gibt seine Spiele in seinem Eigenverlag namens Guerras Gato Games heraus, und die meisten handeln von Katzen. Sein erstes Spiel, Guerras Gato („Katzenkriege“), kam erstmals 2016 heraus und ist nun in der zweiten Auflage erschienen. Worum es geht, ist wohl unschwer zu erraten: Katzenanführer*innen hetzen ihre Untergebenen auf ihre Gegner*innen – und man hat nur neun Leben. Wenn man zum neunten Mal abserviert ist, scheidet man aus dem Spiel aus und die letzte überlebende Katze gewinnt das Spiel. Illustriert hat das eine Zeichnerin, die unter dem Namen Shengolia auftritt.
Shengolia war hat auch ein weiteres von López‘ Spielen illustriert, nämlich Miaurcenarios. Das ist jetzt ein bisschen schwer zu übersetzen – mercenarios heißt Söldner und miau heißt Miau. Diesmal sind die Katzen Ninjas und schlagen sich unter anderem mit fiesen Ratten herum.
Von einer Comic-Veranstaltung namens Draw Break kommen die Illustrator*innen von Bakeneko: Soul Reaper, dem dritten Spiel im Bunde. Dieses ist das einzige der drei, bei dem die Katzenbilder nicht im Mittelpunkt stehen. Wer des Spanischen mächtig ist und sich die Spiele ein bisschen näher ansehen möchte, findet hier kurze Erklärungsvideos. Für Oktober ist schon das nächste Katzenspiel angekündigt. Ich berichte dann.

Peru

Vor Jahren habe ich mal zusammen mit Reinhold Wittig den Auftrag bekommen, ein Spiel zum Thema „Fairer Handel in der kommunalen Beschaffungspolitik“ zu entwickeln. Das war eine ziemliche Herausforderung, aber am Ende haben wir es wohl hingekriegt, zu diesem erstmal ziemlich unsexy klingenden Thema was Vernünftiges zu entwickeln. Vermeintlich unspannende Themen in Spielen zu verarbeiten ist auch anderen eingefallen, zum Beispiel dem Anevi-Team mit ihrer Neuerscheinung „En Busca del TeISOro Perdido“. Der Titel heißt eigentlich Auf der Suche nach dem verlorenen Schatz, aber in das Wort Schatz ist noch ISO eingebaut. Warum? Nun, es geht um die ISO-45001-Norm, die Anforderungen an das Arbeitsschutzmanagement beschreibt. Erschienen ist es in Zusammenarbeit mit Ludo Prevención.

 

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung durch die Rechteinhaber*innen.

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