Gut getarnt trotz Warnfarben

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Skyjo ein exotisches Spiel nennen sollte, wie die meisten Spiele, über die ich hier schreibe. Es kommt trotz des (englisch ausgesprochenen) Namens aus Deutschland und man kann es im Prinzip einfach so kaufen. Andererseits ist es ein Spiel, das seit Jahren ziemlich unter dem Radar läuft und mir erst vor wenigen Monaten zum ersten Mal begegnet ist, denn Autor Alexander Bernhardt hat es in seinem Eigenverlag Magilano (in inzwischen beeindruckender Auflage) herausgegeben und vertreibt es im Wesentlichen nur über Amazon. Es liegt also nicht in Läden herum und ist deshalb vielleicht ein bisschen unsichtbar. Aber ich finde das Spiel doch so bemerkenswert, dass ich selbst mal was drüber schreiben möchte. Bitte schön.

Skyjo

Worum geht’s?

Das Spiel besteht aus 150 Karten mit den Zahlen -2 bis 12. Jede/r bekommt zwölf davon und legt sie in vier Spalten zu je drei Karten verdeckt vor sich aus (ohne sie sich vorher anzusehen). Zwei seiner zwölf Karten deckt man dann auf. Gespielt wird reihum. Wer dran ist, zieht entweder die oberste Karte vom Nachziehstapel oder vom Ablagestapel und kann die gezogene Karte dann entweder offen an die Stelle einer anderen Karte in der eigenen Auslage legen und die dadurch freiwerdende Karte offen auf den Ablagestapel werfen. Oder aber man legt die gezogene Karte selbst ab und deckt dafür eine seiner verdeckten Karten auf.

Viele Minuspunkte vor mir…

Hat man in einer Spalte drei Karten mit dem gleichen Wert, darf man sie ersatzlos abwerfen. Wenn jemand seine letzte Karte abwirft, sind alle anderen noch einmal dran. Dann werden alle noch verdeckt liegenden Karten aufdeckt und man zählt die Zahlen in seiner Auslage zusammen und notiert sie sich als Minuspunkte. Dann beginnt die nächste Runde. Wenn jemand die 100-Punkte-Marke durchbrochen hat, gewinnt, wer am wenigsten Punkte hat.

…aber wenn ich noch eine 11 dazukriege, sieht es schon viel besser aus.

Und? Macht das Spaß?

Es ist doch immer wieder erstaunlich, was man aus einem Satz nummerierter Karten noch alles machen kann. Mit sehr wenigen Regeln hat Alexander Bernhardt eine Menge Spannung erzeugt. Natürlich erinnert das Spiel in seiner Grundidee an Biberbande oder von mir aus auch Cabo. Das Spielgefühl ist aber anders, denn erstens entfällt der Memory-Effekt und zweitens ist Skyjo viel weniger konfrontativ, man kann es locker vor sich hinspielen. Zwar wirft man in jeder Runde eine Karte ab, die der/die nächste Spieler/in dann aufnehmen kann, aber in vielen Fällen lag die Karte vorher verdeckt vor einem und man hat sie dann blind abgeworfen. Das ist zwar eine Art Interaktion, aber in die Pfanne hauen kann ich damit niemanden. Eher wird andersrum ein Schuh draus: Wenn ich sehe, dass mein/e rechte/r Nachbar/in eine hohe Karte vor sich liegen hat und ich eine ebensolche ziehe, kann ich sie vor mich hinlegen und darauf spekulieren, die entsprechende Karte von rechts auch noch zu bekommen. Das Sammeln von gleichen Karten in einer Spalte ist nämlich ein ganz wichtiger Mechanismus, mit dem man auch mal sehr viele Punkte auf einmal abbauen kann. Da ist viel Push Your Luck dabei, und sowas mag ich ja. Schön ist außerdem die Regel, dass man eine eigene Karte aufdecken muss, wenn man die gezogene Karte nicht einbauen will. Das verhindert, dass das Spiel sich endlos zieht und in jeder Runde nur sehr wenige Punkte verteilt werden, weil alle man alles perfekt optimieren konnte. Also ist das schlimmste, was ich meinen Mitspieler/innen antun kann, ihnen die gewünschten Karten vorzuenthalten, was aber oft auch für mich selbst nicht ideal ist. Wer sich ohne Messer zwischen den Zähnen nicht an den Spieltisch setzen mag, wird mit Skyjo wahrscheinlich nicht viel anfangen können, aber ich finde diese Art von entspannter Interaktion ab und an durchaus angenehm. Da man außerdem nur mit den Spieler/innen rechts und links von sich überhaupt interagiert, finde ich Skyjo zu zweit oder dritt am besten.

Trotz der moderaten Interaktion fühlt sich Skyjo oft erstaunlich fies an, denn wenn man zu hoch pokert, kann man in einer Runde durchaus erschreckend viele Punkte machen, zumal meine Punkte verdoppelt werden, wenn ich zuerst fertig war und nicht die wenigsten Punkte habe. Die 100 Punkte, bei denen das Spiel enden soll, hat dann schnell jemand gesammelt. Aber dann folgt oft gleich die nächste Partie.

Das Kartendesign ist funktional und minimalistisch. Die Rückseiten der Karten sehen so ein bisschen aus wie eine Webseite aus den frühen Neunzigern, und auch auf der Vorderseite kann ich eigentlich nur den Farbcode loben (grün für niedrige, gelb für mittlere und rot für hohe Karten, dazu blau für die negativen). Das hätte man sicher auch noch schicker hinkriegen können, aber es sind am Ende eben nur Karten mit Zahlen drauf.

Noch ein Lob für die vielen Sprachen in der Anleitung, sowas mag ich sehr. Und Platz war bei den kurzen Regeln ja genug (obwohl sie keine Fragen offen lassen).

Durch die „positive Interaktion“ (man wirft dem/der Nächsten immer mal wieder gute Karten vor die Füße) ist Skyjo sehr gut als Familienspiel geeignet, denn hier fühlt sich niemand unfair angegriffen. Also eine klare Empfehlung für alle, die nicht nur extrem konfrontative Spiele mögen.

Skyjo
für 2-8 Spieler/innen (ich spiele es besonders gern zu zweit oder zu dritt)
von Alexander Bernhardt
Grafik: Ebenfalls Alexander Bernhardt
Magilano, 2015

2 Gedanken zu „Gut getarnt trotz Warnfarben

  1. Bist du sicher, dass es 130 Karten sind?
    Überall sonst ist von 150 die Rede, zehn von jeder Zahl (-2, -1, 0, 1 – 12).
    Stimmt das?

    1. Ups, nein, Du hast natürlich Recht. 150 Karten, je zehn Stück – allerdings gibt es 15 x die 0 und nur 5 x die -2. Ich korrigiere es gleich mal im Text.

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