Bis kein Fisch mehr da ist.

Auf das Spiel Tsukiji hatte ich vor längerer Zeit schon mal ein Auge geworfen, und mich gefreut, dass Verlag Redbox Editora mir angeboten hatte, mir in Essen ein Exemplar zu überreichen, was ich gern angenommen habe.
Tsukiji war der Name des größten Fischmarkts der Welt (in Tokyo), auf dem laut Wikipedia täglich über 2000 Tonnen Fisch verkauft wurden. Noch bevor ich das Spiel allerdings aus der Nähe betrachten konnte, las ich, dass der altehrwürdige Markt seinen angestammten Standort verlassen müsste und damit das Spiel, das aber ohnehin in den Dreißigerjahren des zwanzigsten Jahrhundert spielt, endgültig ein Blick in die Vergangenheit ist.

Worum geht’s?

Als Restaurantbesitzer*innen wollen wir die attraktivsten Fischgerichte auf die Speisekarte setzen – dafür müssen wir aber den beliebtesten und damit teuersten Fisch einkaufen. Das Spiel verläuft über sieben Runden, von denen jede in vier Phasen eingeteilt ist. In der ersten werden Pakete von je drei Fischkarten ausgelegt (ein Paket mehr, als Leute mitspielen), in der zweiten legen wir verdeckt Wertungsplättchen an jedes Paket. In der dritten werden diese aufgedeckt und die kumulierten Werte berechnet. Dann bekommt jedes Paket eine Preistafel: Das am besten bewertete die höchste, das zweitbeste die zweithöchste und so weiter. Auf diesen Tafeln steht aber nicht nur ein Preis, sondern auch eine Marktveränderung drauf, nach der Tendenz: Bei den teuersten Fischen steigt der Marktwert am schnellsten. Diese Veränderung wird auf einem Börsenplan eingestellt. In der letzten Phase kaufen wir reihum je ein Paket und legen die Karten in eine persönliche Auslage. Wer das teuerste Paket kauft, darf in der nächsten Runde zuerst einkaufen.

Diese Pakete stehen zum Verkauf.

Das Spiel endet nach sieben Runden, wenn alle Fische verkauft sind. Dann wird ausgewertet. Die am höchsten notierte Fischsorte ist 10 Yen pro Karte wert, die zweithöchste 7 und so weiter, bis hinunter zu einem Yen. Wer nun die wertvollsten Fischkarten vor sich liegen hat, gewinnt.

Die Wertungsplättchen der drei Spieler*innen sind aufgedeckt. Jetzt wird gerechnet: 10, 5, 6, 10 – bei Gleichstand gilt links vor rechts.

Es gibt noch ein paar Sonderkarten (die Yakuza erpresst Schutzgeld und man muss eine Karte ablegen, es gibt Jokerkarten und Thunfisch, der vom Markt unabhängig ist und umso wertvoller wird, je mehr man davon hat). Außerdem hat man unter seinen Wertungsplättchen auch noch ein paar spezielle, die wir nur einmal verwenden können. Aber wenn man den Ablauf einmal kennt, ist das Spiel sehr einfach zu verstehen.

Und? Macht das Spaß?

Ja. Tsukiji bezieht seinen Reiz natürlich aus dem zentralen Element der Marktmanipulation, bei dem es ein entscheidendes Dilemma gibt: Ich möchte die Fische, auf die ich es abgesehen habe, einerseits möglichst billig bekommen, andererseits profitiere ich davon, wenn sie im Wert steigen, und das passiert nur, wenn sie auch teuer verkauft werden. Das ist jederzeit ein Ritt auf Messers Schneide, und da sich der relative Wert der Fische zueinander im Spielverlauf immer wieder verändert, muss ich zu Beginn möglichst vielseitig aufgestellt sein und mich im späteren Spielverlauf dann darauf konzentrieren, die Fische, die ich schon habe, im Preis hochzutreiben oder solche zu kaufen, die noch teuer werden. Auch wenn sich nach einigen Runden normalerweise schon klare Tendenzen abzeichnen können, gibt es bei der Endwertung doch immer einige Überraschungen. Eine sichere Bank ist es lediglich, auf Thunfisch zu setzen, der einen konstanten Preis hat, aber mit den wertvolleren Fischsorten eben nur dann konkurrieren kann, wenn man wirklich viel hat. Und darauf sind die anderen eben auch scharf.

Die Muschel (Hotategai) steigt um 1 (+2-1), der Kugelfisch (Fugu) ebenfalls (+2-1+0), der Tintenfisch (Tako) steigt um 8 (2×4); die anderen beiden Sorten bleiben unverändert. Die Preise oben stehen für das Gesamtpaket.

Eine zentrale Rolle kommt bei den Einkäufen dem Startspielermarker zu. Zuerst einkaufen zu können, kann ein erheblicher Vorteil sein, zumal ich es dann in der Hand habe, mir die Pole Position erneut zu kaufen. Zu oft halte ich das allerdings nicht durch, denn das Geld ist knapp und man muss bis zum Spielende damit haushalten. Da werden die anderen dann dafür sorgen, dass ich für die attraktivsten Pakete tief in die Tasche greifen muss.
Den Markt richtig zu beeinflussen, braucht einiges an Fingerspitzengefühl, ein bisschen Erfahrung und natürlich auch etwas Glück, dass mir die anderen nicht in die Quere kommen. Da einen gelungenen Coup zu landen, und das gewünschte Paket zum günstigen Preis zu bekommen, kann schon ein richtiges Glücksgefühl auslösen. Im Gegenzug ärgert man sich natürlich ziemlich, wenn man hinten sitzt und sich einen Gangster einkaufen und dafür womöglich auch noch relativ tief in die Tasche greifen muss. Im Zweifelsfall bleibt dann die Möglichkeit, auf einen Kauf zu verzichten und eine kleine Trostsumme aus der Bank einzustreichen.

Tsukiji funktioniert in allen Besetzungen gut. Zu zweit kann hat man am meisten Kontrolle bei der Marktbeeinflussung, während es bei drei oder vier Spieler*innen viel mehr Raum für Überraschungen und Gelächter gibt. Da muss man sehen, was einem wichtiger ist.

Wenn man die Zugabfolge einmal verinnerlicht hat, geht Tsukiji sehr zügig voran. Die auf der Schachtel angegebene Dauer von 20 Minuten haben wir nicht ganz einhalten können, aber trotzdem steckt in diesem zügigen Spiel eine Menge Spaß drin. Ich empfehle es gern weiter.

Tsukiji

für 2 bis 4 Personen
von Leandro Pires
Illustriert von Alex Mamedes
Redbox Editora, 2018 (erscheint mittlerweile auch in einigen Sprachversionen bei Asmodee)

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