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Vier Tage im Oktober – vom November aus betrachtet

Es ist vollbracht – ich bin aus Essen zurück, habe mich ausgeschlafen und bin wieder im Alltag angekommen. Es war eine wunderbare Reise, die ich trotz gelegentlichem Stress und viel Schlepperei total genossen habe. Hier kommt ein kleiner Bericht über ein paar Sachen, die ich in Essen gemacht habe (wer wissen will, was mich im Vorfeld interessiert hatte, kann hier anfangen zu lesen):

Mich am Erscheinen meiner eigenen Spiele freuen:

Nachdem ich schon gedacht hatte, dass ich irgendwie verflucht sei, waren meine Spiele Mission Impractical und Unmöglich!? endlich mal wie geplant erhältlich. Die Promo für Mission Impractical zwar erst ab Freitag, aber immerhin. Es gab dabei sehr nette Kontakte mit den Verlagen, auch neue. Mal sehen, was dabei noch herauskommt.

Essen

Neue Spiele kaufen:

Da habe ich mich ziemlich zurückgehalten. Gekauft habe ich Pandemic Legacy 2 und Pot de Vin, außerdem Tokyo Highway und Hatsuden. Es wäre noch eins mehr gewesen, wenn ich gewusst hätte, dass es Rocky Road a la Mode nur auf Vorbestellung gab. So weiß ich noch nicht, wie ich da mal drankommen soll. Pandemic Legacy habe ich bei Asmodee direkt gekauft und mich dafür brav angestellt (dauerte nicht sehr lange). Später erfuhr ich dann, dass ich es vielleicht anderswo noch billiger hätte kriegen können, aber da hätte ich viel Zeit mit Vergleichen verloren. Die war mir zu kostbar, also habe ich nichts bereut. Und da ich halt so wenig Sachen neu kaufe, fällt das insgesamt nicht so ins Gewicht.

Essen

Gebrauchte Spiele kaufen und tauschen:

Das habe ich in viel größerem Umfang gemacht. Über die Auktionen und den Massentausch bei Boardgamegeek kam viel zusammen. Ein paar Sachen, die ich schon länger mal haben wollte, anderes, was mir so erst aufgefallen war. Da sind sicherlich einige Perlen dabei, die ich dann in den nächsten Monaten entdecken kann. Trotzdem sollte ich diese Aktivitäten im nächsten Jahr etwas reduzieren, weil die Vorarbeit doch recht stressig war. Und stressen will ich mich in Zukunft ohnehin weniger.
(Ein Foto von den Spielen kann ich leider noch nicht präsentieren, die sind noch im Paket unterwegs – siehe weiter unten.)

Rezensionsexemplare abholen

Ich war vor der Messe von zwei Verlagen gefragt worden, ob ich ihre Spiele rezensieren könnte. Ich bin da immer ein wenig zurückhaltend, da ich mich nicht gern unter Druck setzen möchte, wann ich was schreibe. Mir ist es halt lieber, über Spiele zu schreiben, die ich sowieso spiele, als Spiele deshalb zu spielen, weil ich mich verpflichtet fühle, sie zu rezensieren. Wenn ich mit einem Spiel nichts anfangen kann, spiele ich es nur in seltenen Ausnahmefällen oft genug, um mir eine fundierte Meinung bilden zu können. Von mir aus spreche ich Verlage auch nur dann an, wenn ich die Wahrscheinlichkeit für hoch halte, dass ich das entsprechende Spiel auch mag. In Essen waren es diesmal zwei solche Spiele, die den Weg zu mir gefunden haben: Dream Catchers und Der Baum. Dream Catchers habe ich auch schon gespielt, allerdings war ich an dem Abend schon so müde, dass ich die Regeln gar nicht wirklich gut aufnehmen konnte. Dafür brauche ich etwas mehr Ruhe.
(Ein Foto von den Spielen kann ich leider noch nicht präsentieren, die sind noch im Paket unterwegs –  siehe weiter unten.)

Sonstige Spiele von Verlagen bekommen:

Das sind die Spiele, die nicht an Rezensionsanforderungen gekoppelt sind (obwohl ich sicher über einige davon was schreiben werde), sondern aus anderen Gründen in mein Gepäck gewandert sind. Danke dafür!

Sachen für andere besorgen und mir Sachen mitbringen lassen:

Vor einigen Jahren habe ich auf Boardgamegeek die Essen Mule List ins Leben gerufen. Das hat sich mittlerweile zu einer schönen Tradition entwickelt. Viele Leute kommen mit leeren Koffern nach Essen, und ich habe die Gelegenheit genutzt, mir Spiele aus Argentinien, Kolumbien und Malaysia mitbringen zu lassen, an die ich sonst nie herankommen würde. Dafür bin ich jetzt meinerseits fleißig dabei, Pakete in diverse Länder zu schicken, weil ich für eine ganze Reihe Leute Sachen in Essen eingekauft habe. Das ist eine einfache und schöne Art, jemanden glücklich zu machen, und auch diejenigen können sich an der Messe freuen, die nicht selbst hinfahren konnten.

Diese Sachen habe ich für andere Leute besorgt…
… und diese habe ich selbst mitgebracht bekommen (zwei aus Argentinien, zwei aus Brasilien, acht aus Kolumbien und ein Spiel aus Malaysia).

Sachen verschicken:

Als Bahnfahrer bin ich auf Paketdienst-Stand nahezu angewiesen. Ich fand 20 Euro einschließlich Packmaterial pro Riesenpaket (15-25 Kilo) auch nicht übertrieben und habe Donnerstag („kommt mit Glück diesen Samstag, sonst Anfang der Woche an“), Freitag und Samstag („Meinen Sie, dass das bis nächsten Samstag da ist? Das wäre mir extrem wichtig, da ich die Spiele am Sonntag brauche.“ – Großes Staunen, als ob ich völlig verrückt wäre, das anzuzweifeln, und von Herzen eine Zusicherung) jeweils ein solches Paket abgegeben. Das letzte war deshalb so wichtig, weil ich an diesem Sonntag Mission Impractical auf dem Paderborner Spieletag präsentieren wollte und durchaus noch die eine oder andere Möglichkeit gehabt hätte, ein paar Exemplare nach Hause zu verfrachten.

Am Mittwoch teilte mir meine Frau dann mit, dass ein DPD-Fahrer eine Art Klingelstreich gemacht hätte, sie habe ihn aber noch wegfahren sehen. Keine Benachrichtigung im Briefkasten. Ich habe dann bei Mail Boxes Etc. angerufen (das ist die Firma, die in Essen den Stand betreibt) und erfuhr dort, dass der Fahrer das Paket bei einem Laden in der Nähe abgegeben habe. Ich also mit dem Handwagen los, aber das Paket war dort nicht. Immerhin konnte ich es Donnerstagnachmittag dort abholen. Ich hatte MBE am Telefon schon mitgetteilt, wie wichtig das dritte Paket sei. Am Donnerstag habe ich dann noch mehrfach angerufen, um zu erfahren, ob vielleicht weitere Pakete von mir in die Irre gelaufen seien. Ebenso am Freitag – wo ich dann beim vierten Gespräch erfuhr, dass die Pakete NOCH IN ESSEN seien (und auch nicht in der Reihenfolge ihrer Einlieferung, sondern irgendwie bearbeitet würden). Ich könne aber die Expresslieferung mit Samstagszustellung wählen, wenn es mir so wichtig wäre. Für 90 Euro. Schönen Dank. Und wieder präsentiere ich mein Spiel auf einem Con, ohne eine nennenswerte Anzahl von Exemplaren dabeizuhaben.

Grundsätzlich kommt das Zeugs wohl eirgendwann an, aber man braucht offenbar extrem viel Glück oder kriegt am Ende noch so schöne Angebote wie ich. Nächstes Jahr bin ich im Zweifelsfall wieder auf diese Firma angewiesen. Aber irgendwas, das in irgendeiner Weise dringend ist, vertraue ich diesen Leuten sicher nicht wieder an.

Leute treffen:

Das ist der eigentliche Grund, warum ich nach Essen fahre. Einmal ist es als Spieleautor natürlich für mich wichtig, mit Verlagen, Spieler/innen und anderen Autor/innen im Austausch zu stehen. Als Blogger möchte ich andere Blogger/innen treffen, außerdem Leute, die interessante Geschichten zu erzählen haben. Und dann gibt es natürlich noch die vielen Zufallsbegegnungen und die Chance, nette Leute kennenzulernen. Ein paar Highlights waren ein längeres Gespräch mit zwei Verleger/innen aus Chile, Treffen mit meinen eigenen Verlagen, einen bekannten Autoren beim Spielen von Mission Impractical zu ertappen, und ein ganzes Grüppchen von Kolumbianer/innen zu treffen, die mir nicht nur viele Spiele mitgebracht hatten, sondern auch leidenschaftliche Spieler/innen sind. Merke: Aus Kolumbien kommen die coolsten Schachteln!

Coole Schachteln aus Kolumbien von außen…
… und von innen (der linke Schachtelboden entfaltet sich zu einem Spielplan).

Zu einem Blogger/innentreffen gehen

Das Ganze nannte sich Meet ’n Play, und es waren immerhin gut 40 Blogger/innen anwesend. Ich habe mich auf eine kleine Ecke beschränkt und ein paar Leute kennengelernt. Und mich dann auch zum Spielen mit ihnen hingesetzt. Leider lag da gerade Dice Forge auf dem Tisch, eins von diesen modernen Spielen. Völlig überdesigntes Spielbrett, fürchterlich hässliche und zum Spielbrett nicht passende Würfel, kleinstteilige Entscheidungen, staubtrocken. Am Ende habe ich mit einem Zug das Feld von hinten aufgerollt und gewonnen – und dabei absolut gar nichts empfunden. Es gibt so schöne Spiele auf der Welt. Muss man da seine Zeit mit Dice Forge verbringen? Ich freue mich mal wieder an der Nische, in der ich mich normalerweise bewege.
Ach ja, das Blogger/innentreffen war gesponsort von Merz-Verlag, Spielwiese, Asmodee und Sipgate und als solches eine gute Idee. Da würde ich nächstes Jahr durchaus wieder hingehen.

Spielen:

Ja, gespielt habe ich auch ein bisschen. Außer Dice Forge noch Adios Calavera von Martin Schlegel (sehr schönes abstraktes Spiel), Samurai Gardener von Hisashi Hayashi (nicht ganz meins, obwohl es interessante Mechanismen hat), Tagiron von Ryohei Kurahashi (interessantes Deduktionsspiel, gern wieder), Omiga von Andreas Schleicher (cool!) sowie Dream Catchers von Gabriel Leow (siehe oben). Ein paar weitere Spiele habe ich ganz kurz angespielt. Aber das Spielen steht für mich nicht im Vordergrund, das passiert vor allem hinterher. Auf der Messe selbst geht es mir eher um die Begegnungen.

Standdienste machen:

Ich habe drei Standdienste gemacht: Einen bei einer Postspielzeitung namens KSK, die ich seit 1995 abonniert habe und mit der wir uns immer einen spendenfinanzierten Stand als Treffpunkt leisten („die teuerste Messegarderobe der Welt“), und zweimal bei der Spieleautorenzunft. Während ich mich in manchen Jahren auch etwas geduckt hatte, wenn es um solche Standdienste ging, habe ich sie dieses Jahr ausgesprochen genossen. Es ist erstens schön, einen festen Anlaufpunkt für Leute zu haben, die einen gern treffen wollen, und zweitens manchmal richtig eine kleine Oase der Ruhe, wenn man mal dort sitzt, Gespräche in entspanntem Tempo führen oder zwischendurch auch einfach mal entspannen kann. Das mache ich nächstes Jahr bestimmt wieder.

Bis Montag in Essen bleiben:

Zum vermutlich ersten Mal seit dem späten 20. Jahrhundert hatte ich den Montag nach der Messe frei (und Dienstag natürlich sowieso). Was für ein Luxus! Es hatte sich erst ergeben, als ich meine Fahrkarten schon lange gebucht hatte, sodass ich ein bisschen bedauert hatte, nicht von vornherein einen Tag länger in Essen einzuplanen und am Montag entspannt zurückzufahren. Als sich dann am Sonntagmorgen herausstellte, dass Norddeutschland mit Zügen nicht durchfahrbar sein würde, kriegte ich sogleich von meinen Gastgeber/innen das Angebot, doch noch eine Nacht zu bleiben. Montagmittag fuhren die Züge wieder fast normal, wenn es auch ein wenig voll war. Abgesehen davon, dass ich meine Familie etwas vermisst habe, bin ich wohl selten so entspannt von einer Spielemesse zurückgekommen. Auch das sollte ich in künftigen Jahren einfach einzuplanen versuchen.

Welche Eindrücke bleiben nun?

Dass die Messe von Jahr zu Jahr wächst, daran bin ich gewöhnt. Aber der Sprung vom letzten zu diesem Jahr war gefühlt gewaltig, schon fast erschlagend. Ich muss mich einfach von der Hoffnung verabschieden, halbwegs all das, was mich interessieren würde, auch sehen zu können. Das Wachstum liegt aber nicht nur daran, dass es immer mehr Stände gibt, sondern auch daran, dass viele Stände gegenüber früher gewachsen sind, zum Teil erheblich. Am deutlichsten konnte man das sicherlich am Stand von Asmodee ausmachen. Früher habe ich jahrelang für Amigo als Erklärer gearbeitet, und die hatten traditionell den größten Stand auf der Messe. Nun, der Amigo-Stand ist immer noch so groß, wie er schon immer war. Aber Asmodee hat jetzt grob geschätzt die fünffache Ausstellungsfläche wie Amigo. Dazu kommen gewaltige Bildschirme und eine erhebliche Beschallung der Umwelt. Es fühlte sich ein bisschen unheimlich an, fand ich, wie eine Zurschaustellung von Marktmacht. Oder vielleicht auch so, wie ich mir eine Computerspielmesse oder sowas vorstellen würde. Andererseits war die Fläche pro Spiel so enorm, dass ich eher wenig Anlass hatte, mich länger in dieser Hallenhälfte aufzuhalten. Die Dichte an interessanten Spielen war anderswo doch viel höher.

Die Dichte an Leuten dagegen war nirgends so groß wie vor den Toiletten. Die Schlangen waren allenthalben erheblich. Im nächsten Jahr wird die Messe wohl wieder an die mittlerweile neu errichtete Ostseite des Geländes zurückkehren, und ich hoffe, dass dort die Zahl der sanitären Anlagen erhöht wurde.

Aber vor allem war ich mal wieder überwältigt von der positiven Stimmung, die allenthalben geherrscht hat. Man trifft so viele tolle Leute, und alle scheinen sich aufrichtig zu freuen, einen zu sehen (bis auf den Comicladenbesitzer, der mich geradezu verscheucht hat, als ich nach dem Spieleverlag fragte, der laut Messeplan eigentlich an seiner Stelle stehen sollte). Mit der guten Stimmung kann man auch die vielen Menschen, die sich durch die Hallen wälzen, ganz gut verkraften, ob mit Kindern, Koffern, Rollstühlen, Smartphones vor der Nase oder auch ohne. Spiele sind für alle da, und so soll es auch bleiben. Ich komme jedenfalls sehr gern wieder nach Essen.

Vier Tage im Oktober – Teil 2

Da bin ich wieder mit dem zweiten Teil meiner Essen-Vorschau. Letzte Woche hatte ich mich vor allem mit den Spielen aus Asien beschäftigt, weil die ja auch einen Schwerpunkt auf diesem Blog darstellen. Heute kommt der bunte Rest, der mir so ins Auge gefallen ist. Ich habe ein bisschen gezögert, wann ein guter Moment für diesen Artikel ist, denn es kommen ja immer noch alle Nase lang neue Ankündigungen. Aber irgendwann ist es dann auch mal gut, ein paar Überraschungen sollen ja auch noch übrig bleiben. Also, was ist sonst noch an spannenden Spielen zu erwarten?

Essen 2017Ich bring’s gleich mal hinter mich – Pandemic Legacy, Season 2 von Rob Daviau und Matt Leacock wird von vielen Leuten derartig heiß erwartet, dass ich erstaunlich wenig Diskussionen darüber sehe. Immerhin ist erst vor wenigen Tagen die Bestätigung gekommen, dass es tatsächlich bis zur Messe fertig wird. Pandemic Legacy ist zwar eins der Spiele, die man auch nach der Messe noch gut bekommen wird, aber ich brauche ein englischsprachiges Exemplar, und die waren letztes Jahr so teuer, dass ich hier lieber in Essen zuschlage. Was es dann wirklich kosten wird, ist noch ganz unklar. Auf der Z-Man-Seite kann man es zwar schon vorbestellen (unabhängig von der Messe), aber was man dann dafür bezahlen muss, erfährt man nicht. Das finde ich eigentlich skurril, aber dass das überhaupt geht, zeigt die Anziehungskraft, die diese Wundertüte darstellt. Und auch ich werde, wenn es nicht noch viel teurer ist als vermutet, wohl zuschlagen, denn der erste Teil hat uns ein so tolles Spielerlebnis beschert, dass meine beiden Mitspielerinnen es gar nicht abwarten können, wieder zusammen zu spielen. Ich hoffe auch, dass es mir dann wieder etwas regelmäßigere Spieleabende beschert als ich im Moment normalerweise habe. Mehr brauche ich zu diesem Spiel wohl gar nicht zu sagen. Wer den ersten Teil nicht kennt, soll halt den erstmal spielen, alle anderen haben ohnehin ihre feste Meinung dazu.
Verlag: Z-Man Games (englisch), Asmodee (deutsch)
Preis: Voraussichtlich rund €80, ich hoffe, es ist in Essen etwas billiger. 🙁

Pot-de-VinThunderGryph Games war mir bis vor Kurzem noch kein Begriff gewesen. Jetzt aber machen sie eine überarbeitete Ausgabe von Sapotagem von Fel Barros und Warny Marçano, und da werde ich hellhörig – ich hatte das ja neulich schon in diesem Blog erwähnt. Das neue Spiel heißt Pot de Vin. Ich freue mich schon sehr drauf, weil ich Sapotagem prima fand. Bei der Gelegenheit möchte ich mir dann gleich auch noch Tao Long von Dox Lucchin und Pedro Latro angucken, ein abstraktes Spiel, das im Netz hervorragende Bewertungen bekommen hat. Leider bin ich nicht so sicher, was für eine Version in Essen angeboten wird, da gibt es wohl verschiedene. Aber einen Blick ist es bestimmt wert.
Verlag: ThunderGryph Games (3-F116)
Preis: €15 (Pot de Vin), €25 (Tao Long)

Adios Calavera! ist ein neues Spiel von Martin Schlegel. Es verwendet offenbar den gleichen Grundmechanismus wie 90 Grad, sieht aber dennoch völlig anders aus (und um Missverständnisse zu vermeiden, sei darauf hingewiesen, dass Martin Schlegel diesen Mechanismus schon einige Jahre vor dem Erscheinen von 90 Grad in seinem Spiel Quatrix eingeführt hatte – das hatte ich vorher nur nicht gekannt). Nicht nur, weil es verschiedene spezielle Fähigkeiten einzelner Steine gibt, sondern auch, weil die Spieler/innen konsequenterweise im 90-Grad-Winkel zueinander sitzen. 90 Grad gehört ja zu meinen Lieblingsspielen, und so muss ich auch auf Adios Calavera mal ein Auge werfen.
Verlag: Mücke Spiele (3-K106)
Preis: €19

Schon länger war ich auf der Suche nach Wat’n dat? von Claude Weber. Entsprechend habe ich mich gefreut, dass es davon eine Neuauflage geben wird, und zwar bei den Nürnberger-Spielkarten-Verlag. Es ist ein Kreativspiel, bei dem zwei Leute zusammen etwas gestalten müssen, sich aber ähnlich wie bei Teamwork nicht absprechen dürfen. Ich hoffe, dass es eine bezahlbare und hübsche Ausgabe wird. Wenn das Geld knapp wird, kriege ich das aber eben auch später noch.
Verlag: Nürnberger-Spielkarten-Verlag
Preis: Noch unklar.

Eine Erwähnung wert ist vielleicht auch Rob ’n Run von Michael Luu. Dieser hatte 2013 in Göttingen das Spieleautorenstipendium gewonnen, und der Prototyp von Rob’n Run war eins seiner beiden Spiele gewesen. Michael Luu hatte damals mit einem seiner Spiele den Sohn eines anderen Spieleautoren so beeindruckt, dass der am zweiten Tag des Treffens mit einem selbstgebastelten Nachbau auftauchte. Da freut es mich besonders, dass jetzt endlich eine Veröffentlichung für den Hamburger Autoren herausgesprungen ist. Wenn man dann bedenkt, dass auch die Siegerin von 2015, Sophia Wagner, mit Noria ein vielbeachtetes Veröffentlichungsdebüt feiert. Ein gutes Jahr also für die Stipendiat/innen!
Verlag: PD-Verlag (2-F110)
Preis: UVP ist €34,80, den Essen-Preis weiß ich noch nicht.

Kleine Spiele, die mich anziehen, gibt es wieder so viele, dass es hoffnungslos ist, alle genauer anzugucken – vom Kaufen ganz zu schweigen. Eine Ausnahme möchte ich aber für das Spiel mit dem seltsamen Namen Rocky Road à la Mode von Joshua J Mills machen, bei dem man mit dem Eiswagen in der Nachbarschaft herumzuckelt und Leute glücklich macht. Da mach ich mit.
Verlag: Kanga Games (7-C119)
Preis: €14

Da ich nebenbei immer auf der Suche nach guten Spielen für den Sprachunterricht bin, habe ich außerdem ein Auge auf Untold: Adventures Await von John Fiore und Rory O’Connor geworfen. Das ist ein kooperatives Geschichtenerzählspiel auf der Basis von Rory’s Story Cubes. Angekündigt ist bisher nur eine englische Version, aber ich will mir mal angucken, wie sprachabhängig das ist.
Verlag: The Creativity Hub (3-P101)
Preis: €25

Noch was ganz Schräges ist A Tale of Pirates von Asger Harding Granerud, Daniel Skjold Pedersen und Daniele Tascini, die ja jeder für sich schon erfolgreich Spiele gemacht haben. Sie haben sich zusammengetan, um ein rundenbasiertes Echtzeitspiel zu entwickeln. Es wird von einer App unterstützt, aber man packt auch Sanduhren auf ein großes Piratenschiff und steuert das durch Klippen und an Kraken vorbei. Ich stehe ja eigentlich gar nicht so auf App-unterstützte Spiele, und mein Budget ist auch ausgereizt, aber das Autorentagebuch (englisch) hat meine Aufmerksamkeit dann doch erregt und ich hoffe, ich habe die Chance, das in Essen zumindest mal auszuprobieren.
Verlag: Cranio Creations (1-A118)
Preis: €50

Ein ganz besonderes Projekt ist Steal this Game von Dávid Turczi. Letztes Jahr gab es auf der Messe leider viele Diebstähle (achtet im Gedränge bitte auf Eure Wertsachen!). LudiCreations war eines der Opfer, weil ihre Kasse abhanden kam. In wunderbarer Manier hat der Verlag das dann in ein Mikrospiel namens Steal this Game umgewandelt und mit einer Crowdfunding-Kampagne die Verluste wieder reingeholt. Dieses Jahr kann man dort eine Art Live Escape Room spielen. Wenn es einem gelingt, das Sicherheitssystem von LudiCreations zu überwinden, darf man „Steal this Game“ stehlen. Eine solche Sitzung für 1 bis 3 Personen kostet 15 Euro. Ich weiß nur wenig über das Spiel selbst, habe aber ein Faible für Leute, die die Dinge positiv sehen.
Verlag: LudiCreations (1-D129)

Alles das, was ich hier jetzt aufgelistet habe, sind natürlich subjektive Empfehlungen. Ich mag nicht so gern Würfelspiele, meine Frau mag keine Plättchenlegespiele, ich spiele oft in gemischtsprachlichen Gruppen und meide daher sprachabhängige Spiele weitgehend. Euros wo man hier Punkte macht und da Mehrheiten sichert und dort am schnellsten handelt und am Ende eine Punkteleiste ausgewertet wird, sind auch nicht mein Ding. Und Spiele, die weniger als eine Stunde dauern, kommen bei uns einfach viel öfter auf den Tisch als längere Sachen, und daher kaufe ich sie auch eher. Das heißt nicht, dass die Spiele, die ich hier nicht erwähne, alle schlecht sind, ich vermeide es nur, mir Sachen ins Regal zu stellen, die ich dann sowieso nicht gespielt kriege. Es ist nur eine ganz persönliche Liste. Macht Euch einfach eine eigene, anstatt mir nachzulaufen. 🙂

Mission ImpracticalEin bisschen abseits von meiner persönlichen Neugierliste erlaube ich mir auch noch ein wenig Eigenwerbung. Nach den Problemen mit der Auslieferung im letzten Jahr sollte Mission Impractical dieses Jahr endlich in vernünftigen Stückzahlen erhältlich sein. Außerdem gibt es wohl ein kleines Promo-Päckchen mit zusätzlichen Karten (kostenlos). Am Stand von Helvetiq ist gleichzeitig Unmöglich!? zu kriegen, das kooperative Spiel der Abenteurer der Extreme. Ein Besuch bei Helvetiq könnte sich für diejenigen, die sich für kleine Spieleschachteln interessieren, ohnehin lohnen, da gibt es auch noch einiges zu entdecken. Ich werde meistens hin und herlaufen, aber sicherlich an beiden Ständen des Öfteren zu finden sein. Wer mich treffen möchte, kann sich auch einfach melden, vielleicht kriegen wir dann was vereinbart.

Verlage: Vennerød (3-L116), Helvetiq (3-G110)
Preis: voraussichtlich €20 (Mission Impractical), €15 (Unmöglich!?)

Soviel für heute. Egal, was Ihr auf der Messe vorhabt, ich wünsche Euch viel Spaß, tolle Begegnungen, und natürlich, dass Ihr Euer neues Lieblingsspiel kennenlernt.

(P.S.: Wer wissen will, wie’s am Ende war, lese hier: Vier Tage im Oktober – vom November aus betrachtet)

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber/innen.

Fotos vom Spieleautorentreffen in Göttingen 2017

Eigentlich hoffe ich ja, dass Ihr vernünftig genug seid, hier nicht nur wegen meiner Fotografierkünste hereinzuschauen. Die sind nämlich eher von bescheidener Qualität. Aber an diesem Wochenende war in Göttingen mal wieder das Spieleautorentreffen, und da das unter den großen jährlichen Fixpunkten Nürnberg – Göttingen – Essen das Ereignis ist, das vielleicht die wenigsten von Euch schon mal persönlich besucht haben, kommen hier ein paar Eindrücke. Die meisten Fotos habe ich gelöscht, weil sie zu schlecht waren, aber ein paar Bilder kommen jetzt doch.

Spieleautorentreffen Göttingen 2017
Die Stadthalle war angemessen beflaggt.

Los ging es am Freitag Abend mit der Mitgliederversammlung der Spieleautorenzunft. Mit rund fünfzig Anwesenden war sie gut besucht. Wie alle zwei Jahre standen Vorstandswahlen an. Marco Teubner (Stone Age Junior) und Arve Fühler (El Gaucho), die in den letzten Jahren Vorstandsarbeit gemacht hatten, standen nicht wieder zur Wahl. Hartmut Kommerell (Finito!), der zum neuen ersten Vorsitzenden gewählt wurde, stehen jetzt Stefan Kloß (Beasty Bar) und Markus Hagenauer (Cairo Corridor) zur Seite.

Spieleautorenzunft - Vorstand
Stefan Klos, Hartmut Kommerell und Markus Hagenauer

Natürlich gab es auch andere interessante Diskussionen, zum Beispiel über Verträge und die Arbeit der SAZ insgesamt. Schließlich wurde Wolfgang Kramer zum Ehrenmitglied ernannt, der seit der Gründung der SAZ aktives Mitglied ist.

Am Samstag bildete sich dann erstmal eine ziemliche Schlange, aber mittlerweile geht es am Einlass wesentlich schneller als früher.

Spieleautorentreffen 2017

Die Halle füllte sich entsprechend zügig. Es ist ein bisschen schwierig, das angemessen einzufangen. Es gibt kein Gedränge wie in Essen, aber es ist trotzdem viel los – Zeit für Langeweile blieb jedenfalls nicht.

Spieleautorentreffen 2017

Es war nicht so dunkel, wie es auf diesen Fotos aussehen mag – das liegt nur an mir. 🙂

Ich habe auch nicht so viele einzelne Prototypen fotografiert, obwohl viele es wert gewesen wären. Für diesen mache ich eine Ausnahme: Das Zwei-Personen-Spiel Fish n‘ Ships von Antoine Noblet hatte im Januar 2017 bereits einen Autorenpreis gewonnen und war in den Medien schon aufgetaucht, daher gebe ich hier keine Geheimnisse preis. Ich hatte selbst die Gelegenheit, es zu spielen und habe gut nachvollziehen können, warum es die Jury überzeugt hat. Es arbeitet mit einfachen Regeln und bietet dennoch eine erhebliche Spieltiefe und die Gelegenheit, spannende Spielzüge vorauszuplanen.

Fish n' Ships
Fish n‘ Ships von Antoine Noblet

Heute war das Autorentreffen dann für ein interessiertes Publikum geöffnet. Schon früh morgens wurde der Gewinner des Stipendiums für Nachwuchsautoren von der Jury Spiel des Jahres vergeben. Diese Jahr gewann Paul Schulz aus Greifswald, der mit den Spielen Sunset und Silly Space Adventure angetreten war. Sunset war mir am Samstag schon aufgefallen, da geht es darum, Fotos vom Sonnenuntergang zu machen, auf denen Windmühlen, Bäume, Tiere und so weiter abgebildet sind. Die Fotos setzt man aus transparenten Folien zusammen, was einen tollen Gesamteindruck ergibt. Silly Space Adventure ist ein Partnerspiel, bei dem jeweils zwei Leute ein Raumschiff durch’s Weltall lotsen. Das funktioniert ähnlich wie bei Lucky Lachs oder so, man muss koordinierte Bewegungen machen, um dem Raumschiff die entscheidenden Impulse zu geben.

Dann füllte sich die Halle so langsam mit spielinteressierten Göttinger/innen, die spielten, probierten, diskutierten und einen schönen Einblick in die Arbeit der SAZ bekamen. Viel zu früh war dann wie immer um 14 Uhr die Veranstaltung beendet.

Obwohl ich in diesem Jahr an meinem Tisch gar keine neuen Prototypen präsentiert habe, war es ein tolles Treffen für mich. Ich konnte einigen Verlagsleuten lateinamerikanische Spiele näherbringen und auch Mission Impractical weiterverbreiten. Und auch sonst konnte ich vermitteln, kennenlernen, spielen, lachen und alles, was sonst noch dazugehört. Ich freue mich schon wieder sehr auf das nächste Jahr.

Diesen Artikel kann ich natürlich nicht beenden, ohne ein paar Worte zu Reinhold Wittig zu verlieren, der das Treffen 1983 ins Leben gerufen hatte und sich wahrscheinlich auch nicht hat träumen lassen, dass eines Tages mal fast 200 Autorinnen und Autoren teilnehmen würden. 2017 hat er sich erstmals nicht mehr selbst an der Organisation beteiligt, war aber natürlich immer präsent. Dieses Jahr wurde er dann konsequenterweise mit dem Preis Göttinger Spatz geehrt, der von der Stadt Göttingen jährlich für besondere Verdienste um das Kulturgut Spiel verliehen wird. Ich habe kein gutes Foto von ihm bei seiner inspirierenden Dankesrede machen können. Daher stattdessen ein Bild von der Perlhuhn-Feder, bei der die Anwesenden sich verewigen konnten.

Spiele entwickeln lernen

Es gibt so Leute, die sind in der Spieleszene eine Legende. Für die einen mag das Stefan Feld sein, für andere Tom Vasel, für mich ist es zum Beispiel Kathleen Mercury. Ich habe sie zwar leider noch nie persönlich getroffen, verehre sie aber aus mindestens zwei Gründen sehr. Zum einen hat sie schon anderthalb Spieletitel für mich erfunden, nämlich für Mission Impractical und zum Teil für Tricky Bid. Zum anderen ist sie Lehrerin an einer Schule und unterrichtet dort in einer Hochbegabtenklasse Spielentwicklung. Ja, ernsthaft. Zweimal pro Jahr stellt sie auf Boardgamegeek die Prototypen ihrer Siebtklässler/innen vor, und wenn Ihr Euch für sowas auch nur ein bisschen interessiert (und Ihr Englisch könnt), solltet Ihr da unbedingt mal reingucken. Es sind jedes Mal Spielideen dabei, die (auch thematisch) einfach verblüffend sind. Traut Euch auch ruhig, den einen oder anderen netten Kommentar abzugeben, denn sowas ist für die Nachwuchsautor/innen eine tolle Bestätigung. Die 23 Prototypen aus diesem Semester findet Ihr hier.

 

P.S.: Meine beiden oben genannten Gründe hängen letztlich sogar zusammen. Bei Mission Impractical kam der Titel zwar von Kathleen, aber es gab dazu eine denkwürdige Brainstorming-Sitzung in ihren Klassen.

Was lange währt…

… wird endlich gut.

Mission Impractical

Nachdem es sich als grotesk schwierig erwiesen hatte, einen größeren Posten Spiele aus Norwegen nach Deutschland zu befördern, kamen gestern immerhin einige Kartons voller Mission Impracticals per Post bei mir an (beziehungsweise beim Zollamt – da musste ich sie dann abholen). Ich freue mich natürlich wie ein Schneekönig und hoffe, dass es jetzt auch anderweitig gut ankommt.

 

Essen-Vorfreude, in Worte und eine kleine Liste gekleidet

Immer näher rückt die Messe in Essen, und obwohl ich mich riesig drauf freue und andauernd irgendwas über Neuerscheinungen lese, kann ich nicht ansatzweise sagen, dass ich einen Überblick darüber hätte, was da alles neu erscheint. Wahrscheinlich ist meine Perspektive ohnehin ein bisschen anders als die der meisten Vielspieler/innen.

Erstens interessieren mich nur sehr wenige große, materialaufwändige Spiele mit komplexen Regeln und langer Spieldauer. Das, was in den einschlägigen Facebook-Gruppen die Herzen höher schlagen lässt, lässt mich oft einigermaßen kalt. Mitspielen würde ich sowas, aber kaufen? Das lohnt sich für mich nicht, es würde einfach viel zu selten auf den Tisch kommen. Für mich sind die komplexen Spiele ein bisschen wie gute Kinofilme, ich lasse mich ganz gern mal drauf ein und genieße das dann auch, aber dann bin ich auch damit durch und habe nur eher selten das wirkliche Verlangen, sie nochmal zu spielen. Glücklicherweise passt diese Haltung ganz gut zu meinem Budget – kurze, knackige Kartenspiele sind normalerweise viel billiger.

Zweitens habe ich nämlich nicht wirklich viel Geld für Spiele-Neuanschaffungen übrig. Ich kaufe nur einen Bruchteil meiner Spiele neu, die meisten tausche ich entweder ein oder kaufe sie gebraucht, oder bekomme welche, wenn ich Verlagen mit Übersetzungen oder Lektorat oder sonstigen Gefälligkeiten aushelfe. Entsprechend gerate ich auch in Essen nicht unbedingt in einen Kaufrausch, obwohl ich dort dann doch mal zuschlage (und das, was ich anschließend aus den Koffern hole, bei Normalspieler/innen wahrscheinlich den Eindruck völliger Übergeschnapptheit hinterlässt). Etwas von meinen Übersetzungshonoraren fließt voraussichtlich in Spiele. Aber nebenbei verbringe ich eine Menge Zeit damit, ältere Spiele zu tauschen, die gar nichts mit der aktuellen Messe zu tun haben. Trotzdem bietet sich das an, weil ohne Portokosten eben wesentlich leichter ein guter Tausch möglich ist.

Drittens fahre ich eigentlich gar nicht in erster Linie nach Essen, um viele neue Spiele kennen zu lernen. Viel wichtiger ist es mir, liebe Leute wiederzutreffen, die ich sonst nicht so oft zu sehen bekomme. Wenn man mit dem einen oder der anderen dann auch mal was spielt, um so besser. Aber ich stehe und sitze auch viel rum und rede mit anderen. Dieses Jahr wird das möglicherweise besonders einfach, weil ich wahrscheinlich viel Zeit am Stand von Lautapelit / Vennerød (3-L116, neben dem Stand der Spielbox) sein werde, um Mission Impractical zu erklären. Dabei ergeben sich bestimmt auch viele Gespräche. Dadurch habe ich zum Angucken vieler Spiele gar keine Zeit. In den drei Tagen, die ich hoffentlich zur Verfügung habe, kann ich auf keinen Fall alles ansehen, was mich grundsätzlich interessieren würde. Ich siebe daher im Vorfeld kräftig aus. Spiele von großen deutschen Verlagen, die noch im Weihnachtsgeschäft im Handel sind, muss ich nicht unbedingt ein paar Wochen vor allen anderen auf dem Tisch haben, die werde ich auch später noch in die Finger kriegen. Japanische, taiwanische, russische oder sonstige Raritäten sind mir eher einen zweiten Blick wert, denn an die komme ich unter Umständen später gar nicht mehr dran.

Aber na gut, wo es alle tun, kann ich ja auch mal eine Handvoll Spiele preisgeben, auf die ich mich neben Mission Impractical besonders freue und die vielleicht nicht in jeder Auf-die-Messe-freu-Liste auftauchen (alphabetisch sortiert, ohne weitere Wertung. Die Beschreibungen mögen nicht völlig zuverlässig sein, ich hab die Spiele ja noch nicht selbst in der Hand gehabt):

BaRRacuda von Christoph Cantzler, erscheint bei den Drei Hasen in der Abendsonne

Ein Handelsspiel um Strandbars, bei dem alle langsam pleite gehen, man aber gegebenenfalls andere unterstützen muss, damit diese erst dann vor die Hunde gehen, wenn man selbst in Führung liegt. Solche Bluff- und Verhandlungsspiele sind genau mein Ding, das sollte passen.

Cattack! No.1 von Azumi Date, erscheint bei GoccoGames

Katzen spielen Volleyball. Man versucht mittels Karten den Ball über das Netz zu hauen. Macht man einen Punkt, legt sich eine Katze aus dem eigenen Team schlafen, sodass eine Lücke im eigenen Feld entsteht. Das kann das andere Team ausnutzen (es wird zu viert gespielt) und den Ball genau da hinspielen. Dann gibt es wiederum einen Punkt, aber der Ball trifft die schlafende Katze, die dadurch natürlich wieder aufwacht. Wie verrückt ist das denn?

Hanamikoji von Kota Nakayama, erschienen bei EmperorS4 Games

Ein Kartenspiel für zwei, bei dem man die Gunst von Geishas erringen muss. Sehr schön illustriert und in seiner ersten Auflage schon überschwänglich gelobt. Ich übersetze gerade die erfreulich kurzen Regeln ins Deutsche, und das klingt alles prima.

Sapotagem von Fel Barros und Warny Marcano, erschienen bei Ace Studios

Ein Stichspiel, das eigentlich nicht übermäßig innovativ klingt, aber ebenfalls schön aufgemacht ist. Ich freue mich deshalb besonders darauf, weil ich einen der Autoren angeschrieben hatte und der sich sehr gefreut hat, dass sich jemand außerhalb Brasiliens für das Spiel interessiert. Er kommt selbst nach Essen und bringt mir eins mit. Immer schön, Leute aus ganz anderen Gegenden der Welt kennen zu lernen, mit denen man eine Leidenschaft teilt. Und Sapotagem passt direkt in mein Beuteschema – es klingt interessant, sieht gut aus und ist wahrscheinlich nach dem 16. Oktober ziemlich unerreichbar für mich.

Das sind ein paar der Spiele, die mich besonders locken. Was sie dann wirklich taugen, muss man sehen, aber ich bin optimistisch.

Vielleicht noch ein paar unvermeidliche Bemerkungen zur Messe insgesamt: Sie wächst dieses Jahr noch mal erheblich (vielleicht kommt mir das aber auch nur deshalb besonders extrem vor, weil ich letztes Jahr ja nicht hin konnte). Sieben Hallen und um die 1200 Neuerscheinungen sind schon ehrfurchterweckend. Eine besondere Neuerung, deren Wirkung erheblich sein könnte, ist der Versandservice, den es erstmals gibt. Dort kann man seine Neuerwerbungen direkt nach Hause schicken. Ich kaufe ja nicht so viel, dass das für mich relevant wäre, aber wer ansonsten wie ich mit dem Zug nach Hause fährt und mehr Geld als Arme zum Schleppen hat, freut sich vielleicht drüber. Ganz zu schweigen von den Leuten, die mit dem Flugzeug anreisen und teilweise Stunden damit verbracht haben, ihr Gepäck flugtauglich zu machen (beziehungsweise im Zweifelsfall nicht von ihrem Budget, sondern eher von ihrer Tragekapazität von weiteren Einkäufen abgehalten werden). Ich rechne jedenfalls mit ziemlichen Schlangen am Versandstand. 

Eins vielleicht noch hinterher, was ich seit letztem Jahr im Hinterkopf habe. Neben der eigentlichen Spielemesse gibt es in Essen auch noch die Comic Action, halt eine Comic-Messe. Die ist im Vergleich zum Spieleteil sehr klein und gehört irgendwie seit Jahren zum Gesamtbild. Ich selbst lese zwar hier und da Comics, bin aber sicherlich nicht Teil der Zielgruppe für eine Comicmesse. Dafür habe ich einen alten Freund, der dort zu sitzen und zu zeichnen pflegt. Der hat letztes Jahr nach der Messe einen Blogbeitrag geschrieben, in dem er ein paar Probleme mit der Comic Action anspricht. Ich finde das ganz lesenswert, denn obwohl es den wirklich boomenden Spieleteil der Messe nicht unmittelbar zu betreffen scheint, kann man daraus auch sehen, was kleine Änderungen bewirken können. Schließlich ist es auch bei den Spielen so, dass die Messe nicht nur aus den riesigen Ständen der Großverlage besteht, sondern eben ganz besonders auch aus den Ständen der kleinen und kleinsten Verlage. Und der Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen, zu plaudern oder auch gar nichts zu tun. Natürlich kann die Messe nur überleben, wenn das ein Randphänomen bleibt, aber wenn es ganz wegfiele und es nur noch Verkaufsstände gäbe, wäre sie für mich auch kaum noch interessant. Daher hoffe ich, dass auch die Comic Action nicht vor die Hunde geht.

Das war’s für heute. Eine Rezension gibt es auf alle Fälle noch vor der Messe, ob noch mehr kommt, wird sich zeigen (erfahrungsgemäß wird es mit den letzten Vorbereitungen nochmal turbulent). Hinterher sollte ich dann aber wieder einiges zu schreiben haben…

Wie mir eines Morgens zwei Spiele einfielen.

Ihr hattet ja in den letzten Wochen schon Gelegenheit, ein paar Andeutungen von mir zu genießen. Jetzt möchte ich doch mal etwas ausführlicher werden: Ein neues Spiel von mir ist im Anmarsch.

Mission Impractical

Sowas hat ja immer eine Vorgeschichte. In diesem Fall ist sie gut vier Jahre lang. Genauer gesagt beginnt sie am 7. Juni 2012 (einem Donnerstag). Da musste ich aus irgendeinem Grund erst mittags zur Arbeit und konnte also ausschlafen. Und während ich ohne Weckerunterstützung langsam wach wurde, hatte ich eine Spielidee im Kopf. Das Problem war nur, wie mir bald klar wurde, dass es ein solches Spiel schon gab. Aber als ich das merkte, kam mir plötzlich eine völlig andere Spielidee. Ein Spiel, in dem die Spieler/innen versuchen müssten, mit völlig nutzlosen Gegenständen verrückte Aufgaben zu erfüllen (in Form von erzählten Geschichten). Ich dachte dann ein bisschen weiter drüber nach, und weil ich freitags meist bei Reinhold Wittig in der Edition Perlhuhn bin, schrieb ich schnell ein paar Gegenstände und Aufträge auf (ich glaube, ich hatte so 15 Aufträge und 45 Dinge), druckte und schnitt sie aus – fertig war mein erster Prototyp. An Tag eins.

Tags darauf ging ich also zu Reinhold und sagte ihm, ich häte da was mitgebracht, wozu ich gern mal seine Meinung hätte. Zuerst saßen wir allerdings noch ein wenig herum und plauderten über dies und jenes. Ich erwartete gar nicht, den Prototypen ausprobieren zu können, weil es definitiv für drei oder mehr Leute gedacht war und in jener Zeit freitags oft nur Reinhold und ich anwesend waren. Aber plötzlich klingelte es und Reinhold Wittigs Freund D. stand vor der Tür – ein Mann von Ende Siebzig, freundlich, aber meist ziemlich ernst, nur mäßig an Spielen interessiert und meist mit der Zuschauerrolle zufrieden. Hm, dachte ich, das ist jetzt wahrscheinlich nicht der beste Tag, um Reinhold meine Spielidee zu zeigen. Ich war ein bisschen enttäuscht, aber das ganze Konzept war noch so roh und wenig durchdacht, dass ich dachte, ich könnte es ja eine Woche drauf noch mal versuchen, wenn ich mir ein bisschen klarer drüber wäre. Wir plauderten also weiter, und als es später wurde, erinnerte mich Reinhold daran, dass ich ihm doch noch was hatte zeigen wollen. Ich sagte sowas wie „nein, ich will mich nicht aufdrängen“, aber er bestand darauf. Ich erklärte also die Regeln (was nur zwei oder drei Minuten dauerte, das Konzept war wirklich einfach) und schlug vor, wir könnten es ja mal in der dienstäglichen Autorensitzung ausprobieren. Davon wollte er aber nichts hören, er wollte es spielen und überredete D. dazu, mitzumachen. Und dann passierte etwas Erstaunliches.

D. lachte.
Laut.
Mehr, als ich ihn jemals zuvor hatte lachen sehen.

Noch besser war, dass wir hinterher noch ein paar neue Aufgaben und Gegenstände sammelten und er eine Menge gute Vorschläge machte. Spätestens da wusste ich, dass ich an was Größerem dran war.

Ich ging beschwingt nach Hause – das war der beste erste Eindruck, den je ein Spiel von mir hinterlassen hatte. Am gleichen Abend schrieb ich an meinen Autorenfreund M. und erzählte ihm, dass ich ein Spiel gemacht hätte, bei dem man sinnlose Gegenstände nehmen müsste, um seltsame Aufgaben zu erfüllen und dass die anderen Spieler/innen raten müssten, was man tun wollte. Ich hängte einen ersten Regelentwurf an (eine Seite). Mein Überschwang kannte keine Grenzen… jedenfalls nicht für die nächsten elf Minuten. Dann kam seine Antwort: Klingt das nicht ein bisschen nach Cat & Chocolate?

Oh nein. Meine Idee gab es schon, und sie war leidlich erfolgreich gewesen… Meine Träume lagen in Trümmern. Aber wieder nicht allzu lange – ich las dann mal was über Cat & Chocolate und stellte erleichtert fest, dass die Sbeiden Konzepte gar nicht sooo viel gemeinsam hatten, trotz der ähnlichen Prämisse. Ein paar Monate später habe ich mir das Spiel auch mal zugelegt und ausprobiert, und ich wurde darin bestätigt, dass es ziemlich anders war als meins. Um ihm nicht zu nahe zu kommen, habe ich später auch jeden Vorschlag, ein Abstimmungssystem einzuführen, abgebügelt (obwohl das gelegentlich von Testspieler/innen vorgeschlagen wurde).

In den nächsten Wochen hatte ich zum Glück öfter Gelegenheit, meinen Prototypen auszuprobieren, mit verschiedener Anzahl an Spieler/innen und verschiedenen Zielgruppen. Die Reaktionen waren super, und die Liste der Aufgaben und Gegenstände wuchs immer weiter. Schon bei der fünften Partie fügte ich ein Risiko-Element hinzu (den Stop-Chip, mit dem man den/die Spieler/in unterbrechen kann, der/die sich gerade Gegenstände aussucht, wenn man meint, schon Bescheid zu wissen). Damit wollte ich alle während des Spiels beteiligt halten, um Leerlauf zu vermeiden. Das war dann auch schon die letzte größere Änderung, danach konzentrierte ich mich auf das Ausbalancieren der Gegenstände und Aufgaben. Ich hatte nämlich festgestellt, dass völlig unterschiedliche Dinge typischerweise auf ähnliche Weise eingesetzt wurden (alles, was lang und stock-artig war, wurde als langer Stock benutzt, egal, ob es ein Besen oder eine Angel war). Also wollte ich eine gute Auswahl an Aufgaben und Gegenständen erreichen, und das braucht natürlich eine Menge Tests. Viel Zeit hatte ich dafür gar nicht, denn Reinhold hatte schon einem Verlag von dem Spiel erzählt, und der wollte gern mal den Prototypen sehen. Ich also schnell einen losgeschickt, dann warten, Absage kriegen, nochmal woanders probieren, warten, etc. Da kamen durchaus sehr schöne Absagen von Verlagen, aber eben leider Absagen. Zwischendurch testeten wir natürlich weiter, es gab diverse Überlegungen, aber das Spiel änderte sich wenig. Ein Hauptthema war das Wertungssystem, da gab es gelegentlich den Wunsch, besonders gelungene Geschichten mit Extra-Punkten zu belohnen. Allerdings stellte sich letztlich heraus, dass die Leute, die das Spiel wegen der schönen Geschichten lieben, sich sowieso nicht so viel aus den Punkten machen, während die Punktefetischist/innen die Geschichten eher nebenbei mitnehmen. Beide können aber gut zusammen spielen, das schadet nicht. Also blieb ich beim ursprünglichen System und fügte nur eine Regelvariante hinzu.

Die Antwort des einen Verlages machte mir unterdessen Hoffnung und ich war damit sehr zufrieden, aber leider erfuhr ich dann (mittlerweile war die Messe 2014 in Nürnberg), dass es doch nicht klappen würde – der Verlag sah sich außerstande es 2014 oder 2015 hinzukriegen, und empfahl mir, es doch nochmal woanders zu probieren. Dabei sie gaben mir den Tipp, es doch mal bei diesem Franzosen am Stand gegenüber zu versuchen, das sei doch ganz sein Ding.

So traf ich auf F., den Besitzer eines kleinen französischen Verlages, der sich auf Spiele zum Sprechen und Lachen spezialisiert hatte. Er bat mich, etwas später nochmal zu kommen (er wartete gerade auf jemanden), und wir verabredeten eine Zeit. Jetzt musste ich noch jemanden finden, der mir helfen würde, das Spiel vorzustellen, denn die einfachste Art, das zu tun, ist es, einfach draufloszuspielen. Ich hatte schon jemanden im Kopf, aber dieser Jemand musste dann kurzfristig abreisen, und ein anderer Autor kam spontan mit. Darüber war ich so erleichtert und dankbar, dass ich vergaß, ihm mitzuteilen, dass das ein Vorstellungsgespräch und kein Spieltest sein würde. Wir fingen an zu spielen, und der andere Autor machte diverse Änderungsvorschläge, was nicht das war, was ich in dem Moment brauchen konnte… aber ich kriegte trotzdem eine ziemlich begeisterte Reaktion von F. Wir blieben nach der Mess ein Kontakt und ich versprach ihm schließlich die französischen Rechte. Den Kontakt mit F. genieße ich nach wie vor sehr, wir tauschen uns manchmal sehr ausgiebig auf Skype aus und einmal kam er sogar spontan in Göttingen vorbei. Aber es kamen auch immer wieder Änderungswünsche, denn er wollte im Wesentlichen ein Spiel haben, das man direkt aus der Schachtel heraus spielen könnte. Ich war ein bisschen skeptisch, ob das gehen könnte, aber er brachte immer interessante wieder Ideen ein, so dass sich das Spiel langsam veränderte.

Allerdings war F. nur an den französischen Rechten interessiert, und das war zwar schön für mich, aber für andere Sprachen wollte ich auch gern was in der Hand haben, insbesondere für Deutsch und Englisch. Beim Göttinger Spieleautorentreffen zeigte ich das Spiel dann noch einigen anderen Verlagen. Das waren recht interessante Gespräche, ich erinnere mich da an zwei Redakteure (vom gleichen Verlag), die sich an meinem Tisch zusagen über die richtige Art stritten, mit so einem Spiel umzugehen. Und dann gab es noch die Chance, es K. von Vennerød zu zeigen. Diesmal achtete ich darauf, dass die Person, die mich begleitete, gut eingeweiht war (und das Spiel auch kannte). Ich tat also das, was ich bei diesen Vorstellungsgesprächen immer gemacht hatte, ich erklärte die Idee und fing mit einer Beispielrunde an. Ich zog eine Aufgabe, wählte ein paar Gegenstände aus, dann machte mein Begleiter einen Rateversuch und erzählte eine schöne Geschichte dazu, und es war alles gut. Aber dann war K. an der Reihe. Er murmelte sowas wie „Ich glaube, Du willst das da machen.“ Keine Geschichte. Stille. Dann: „Tut mir leid, aber ich hasse solche Spiele.“

Hier kommt ein kurzer Überblick über die Gedanken, die mir in den nächsen anderthalb Sekunden durch den Kopf schwirrten: Oh, super. Das läuft ja mehr so mittel. Muss die erste wirklich negative Reaktion gerade jetzt kommen? Ist das Spiel vielleicht doch Mist, und die über 100 Tester/innen wollten nur höflich zu mir sein? Wie versinkt man nochmal am effektivsten im Boden?

Dann sagte er aber weiter: „Weißt Du, ich mag lieber heftige Strategiespiele, die drei oder vier Stunden dauern. Ich kann Partyspiele einfach nicht ab. Aber ich glaube, dein Spiel ist gut. Ich muss mich nur mal mit meinen Partnern besprechen, ich kann das nicht selbst entscheiden. Können wir uns in Essen nochmal treffen?“

Ich spul gleich mal vor bis nach Essen im Oktober 2014. Ich konnte nur kurz auf der Messe sein, aber immerhin mit meiner Göttergattin zusammen (eine seltene Gelegenheit). Wir trafen uns mit K. in einer Cafeteria, und er hatte ein paar andere Norweger mitgebracht. Also spielten wir ihm was vor, während er zuguckte. Es gab das übliche schallende Gelächter und die Spieler wollten gleich nochmal. Hinterher bedankte er sich und sagte, er würde noch eine Woche brauchen, um sich zu entscheiden. Das dauerte dann aber nur noch drei Tage, und ich hatte meine Zusage in der Tasche. Ich war natürlich begeistert.

Vom Jahr 2015 war ich weniger begeistert, ich war schwer krank, verbrachte diverse Monate im Krankenhaus und konnte nicht immer klar denken. Aber wir blieben in Kontakt, arbeiteten einen Vertrag aus und fingen an, uns über ein paar Details Gedanken zu machen. Ich verstand bald, dass es bis Essen 2015 nichts mehr werden würde, und im Nachhinein bin ich darüber gar nicht so unglücklich, denn für die Messe war ich noch nicht fit genug (obwohl es aufwärts ging). Andererseits trug die Aussicht, das veröffentlichte Spiel in den Händen halten zu können, durchaus zu meinem Überlebenswillen bei.

Was noch fehlte, war ein Name. Bis dahin hatte ich den Arbeitstitel „Unmöglich!?“ benutzt, aber der kam nicht so richtig an, also versuchten wir, etwas Besseres zu finden. Wir schickten diverse Ideen hin und her, fanden aber nichts, was wirklich zündete. Da musste ich an Kathleen denken, die mir in so einer Situation schonmal geholfen hatte. Kathleen ist Lehrerin in St. Louis und unterrichtet dort unter anderem Spielentwicklung. Sie zeigt gelegentlich die Entwürfe ihrer Schüler/innen bei boardgamegeek (zuletzt hier), das ist lohnende Lektüre. Ich habe sie nie getroffen, aber ich war immer sehr beeindruckt von ihrer Arbeit gewesen. Also schrieb ich sie einfach mal an und sie versprach mir, mal eine Brainstorming-Sitzung in ihren Kursen abzuhalten. Ein paar Tage später saß ich zu Hause am Rechner und guckte mir live an, wie sie die Ideen ihrer Schüler/innen in ein Dokument eintrug. Das ging ungefähr so schnell, wie ich lesen konnte, das waren buchstäblich Hunderte von Ideen, einige schräg, andere gut, einige unverständlich oder sprachlich zu spezifisch. Ich markierte gleichzeitig alles, was mir auf Anhieb gefiel und schrieb ein paar Kommentare als Rückmeldung dazu, während das Dokument immer länger wurde. Das war eine fantastische Erfahrung, so hatte ich das Internet vorher nie benutzt.

Aber als wir fertig waren, standen oben über der Liste noch ein Vorschlag von Kathleen selbst, nämlich „Mission Impractical“. Je länger ich das anstarrte, desto besser gefiel es mir, und am Ende einigten wir uns drauf. Danke, Kathleen!

Mission Impractical - Schachtelentwürfe

Dieses Jahr traf ich dann K. im Februar in Nürnberg wieder, und jetzt nahm das Projekt endlich Fahrt auf. K. zeigte mir einige Arbeiten von Gjermund Bohne, den er als Grafiker im Auge hatte. Sah gut aus, fand ich. Essen 2016 wurde als Veröffentlichungsdatum angepeilt und ich hatte wieder etwas, worauf ich mich freuen konnte. K. gab mir auch eine Hausaufgabe, ich sollte mir mal über ein Motiv für das Titelbild Gedanken machen. Das machte ich dann auch gleich und schickte ein paar Vorschläge hin. Bald danach bekam ich von Gjermund eine Auswahl von Entwürfen zugeschickt, zum Teil meine Motivvorschläge, zum Teil seine Ideen.

Nummer 4 sah super aus, aber 2 und 10 waren noch näher am Spiel dran. Keine leichte Entscheidung, aber am Ende entschieden wir uns für die 2, nicht zuletzt, weil K. eine Hochkantschachtel haben wollte. Wir besprachen dann noch ein paar Änderungen, und Gjermund machte wirklich was Tolles draus, finde ich. Was meint Ihr? Hab’s gleich mal selbst ausprobiert, aber ganz bis zum Mars bin ich nicht gekommen.

Dreirad und Schwimmflügel

Jetzt ging es noch um Details. Spielmaterial, Regel-Layout, kleine Änderungen hier und da, Klappentext für die Schachtel und so weiter. Ich war an allen wesentlichen Schritten beteiligt, was ich als sehr angenehm empfunden habe. Manche Autor/innen mögen finden, dass das die Sache des Verlages ist, aber ich war es gewohnt, meist eher übergangen zu werden und keine Ahnung zu haben, was gerade mit meinen Ideen passiert, also habe ich es genossen, mittendrin zu sein.

Jetzt ist das Spiel in Produktion und ich drücke alle Daumen, dass es bis zur Messe in Essen in einem Monat fertig ist. Wer schon mal schnuppern will, kann sich die Regeln hier durchlesen. Wie schnell es mit der französischen Ausgabe voran geht, weiß ich noch nicht, aber ich bin auch daruaf natürlich gespannt. Man braucht einfach Geduld – umso mehr kann man sich hinterher freuen, wenn es gut geworden ist.

Also, wer zwischen dem 13. und 16. Oktober in Essen auf der Messe ist, soll gern mal an Stand 3-L116 vorbeikommen (bevorzugt am Wochenende, da bin ich dann selber auch da).