Schlagwort-Archive: Cwali

Würfel auf die Spitze treiben

Der Boom bei den Roll&Write-Spielen hat mich bisher ziemlich kalt gelassen. Während ich bei Stichspielen mindestens monatlich staune, was da wieder für innovative Ideen aus Japan kommen, waren die Würfelspiele für mich im Spielgefühl doch sehr gleichförmig: Würfeln, Würfel auswählen, Zahlen oder andere Dinge auf Zettelchen schreiben, am Ende einen Haufen Punkte zusammenzählen. Klar gibt es Unterschiede zwischen den verschiedenen Spielen, aber so richtig herzerwärmend fand ich das alles nicht, für mich gehören die in die Kategorie „Spiele ich achselzuckend mit, wenn jemand mich dazu auffordert“.

Aber dennoch gibt es ein Spiel in diesem Genre, das für mich heraussticht, und das ist Roll to the Top von Peter Joustra und Corné van Moorsel. Wahrscheinlich liegt das einfach daran, dass es ein Wettrennen ist, das gänzlich ohne das Zusammenzählen von Punkten auskommt, und daher ein viel unmittelbareres Spielerlebnis bietet, in dem ich jederzeit mit einem Blick erkennen kann, wie es gerade steht.

Würfel auf die Spitze treiben weiterlesen

Das innere Brrrmmm!

Es ist schwer zu glauben, doch einst war ich jung und studierte an der Universität. Ich spielte Formule Dé mit Elan und Schwung und mein Fahrstil erweckte Begeisterung.1 Nachdem wir ungefähr drei Stunden lang um irgendwelche Rennstrecken geheizt waren, war unser einziges Gesprächsthema, wann wir uns wiedertreffen würden und bei unserer Weltmeisterschaft die nächsten Rennen abhaken würden. Wir hatten uns einen Haufen Kampagnenregeln ausgedacht, und da ich irgendwann mal im Ausverkauf in der Stadtbibliothek jede Menge Extra-Rennstrecken zu je 50 Pfennig ergattert hatte, gingen uns die Träume nicht aus. Hach, war das geil!2

Kaum 20 Jahre später habe ich einen Beruf und Kinder und Stress und keine Zeit und gucke Formule Dé im Regal an und frage mich, ob ich das jemals wieder spielen werde – und wenn ja, ob ich es immer noch so genießen würde wie früher. Eine Weltmeisterschaft über 16 lange Spieleabende? Hör doch auf. Mit den Jahren habe ich mich immer weiter von den abendfüllenden Spielen abgewandt und die kurzen, knackigen Spiele lieben gelernt. Die langen Spiele finde ich zum Teil immer noch gut, aber es gibt so fürchterlich wenige Gelegenheiten, sie zu spielen, dass ich schon einige dieser Spiele abgestoßen habe und das wohl auch Schritt für Schritt weiter tun werde. Aber wenn ich an das verzweifelte Verrecken des fünften Gangs vor der Haarnadelkurve denke, werde ich immer noch wehmütig…

Das heißt, ich wurde wehmütig – jetzt brauche ich das nicht mehr zu werden, denn seit einigen Wochen nenne ich Powerships mein Eigen, und das löst fast alles aus, was Formule Dé mir damals an Gefühlen beschert hat. Und das (je nach Zahl der Spieler/innen) in zwanzig bis sechzig Minuten. Wunderbar!

Powerships

Worum geht’s?

Auf einem flexibel zusammengebauten Sonnensystemplan fliegt man mit seinen Powerships (=Raumschiffen) im Kreis herum. Der Parcours wird beliebig mit drei oder vier Bojen markiert, die man umfliegen muss. Leider ist der Weltraum voll mit Sternenstaub, seltsamen Strömungen und natürlich anderen Planeten – und wer mit den Zusatzregeln spielt, bekommt auch noch einen mobilen Kometen vor die Nase gesetzt. All diese Dinge müssen umflogen werden, denn wenn man mit Vollgas dagegenprallt, ist das gar nicht gut.

Zu jeder Schiffsfigur, die auf dem großen Plan steht, hat der oder die entsprechende Spieler/in eine kleine Tafel mit fünf Feldern vor sich liegen. Auf jedes dieser Felder kann man nach und nach einen dreiseitigen Würfel platzieren – ja, Ihr habt richtig gehört, es gibt originelle und gut funktionierende Würfel mit drei Seiten. Auf dem Startfeld hat man noch die Geschwindigkeit Null. Dann nimmt man sich einen Würfel, würfelt damit und zieht die entsprechende Zahl von Feldern in gerader Linie voran. Bevor man zieht, darf man auf dem Hexfelderplan die Ausrichtung seines Raumschiffs um sechzig Grad ändern oder nicht. Aber niemals kann man schärfere Kurven fliegen. In der zweiten Runde hat man den Würfel aus der ersten Runde noch liegen und kann sich nun überlegen, ob man einen Würfel dazunimmt und ob man den Würfel aus der ersten Runde liegenlassen oder erneut würfeln will. Dann zieht man das neue Gesamtergebnis. Und so weiter. In jeder Runde darf man maximal einen Würfel entfernen oder hinzufügen, und außerdem beliebig viele der schon vorhandenen Würfel noch einmal würfeln. Prallt man gegen ein Hindernis oder die Mauer am Rande des Sonnensystems, bremst man abrupt ab, verliert alle Würfel und bekommt einen Schadenspunkt, sodass die Maximalzahl an Würfeln (zu Beginn fünf) um einen sinkt. Und man muss halt wieder im ersten Gang anfahren.

Dieses Powership ist bereits einmal irgendwo gegengestoßen und kann daher nur noch mit vier Würfeln fliegen (oder einmal aussetzen, um den Schaden zu reparieren).

Und? Macht das Spaß?

Ja, total. So soll ein Rennspiel sein. Strecken zum richtigen Gasgeben wechseln sich mit engen Kurven ab, und die hohe Kunst ist, nicht zu viel Geschwindigkeit zu verschenken. Das ist im Grunde genommen auch ganz simpel. Das Push-Your-Luck-Element findet in einem engen Rahmen statt. Da man ja alte Würfel stehen lassen kann, ist anders als bei Formule Dé die Würfelspanne recht begrenzt, das heißt, dass sich die zu fliegende Strecke ganz gut abschätzen beziehungsweise planen lässt. Wenn es dann aber doch mal schief geht, weil man zum Beispiel lauter Dreier würfelt, gibt es zwei mögliche Probleme: Entweder man prallt irgendwo gegen, oder (oft noch schlimmer), man muss das Powership in eine Richtung drehen, in der man die zu hohe Zahl ausfliegen kann. So kommt man dann plötzlich sehr weit von der Idealstrecke ab und muss zusehen, schnellstmöglich wieder draufzukommen. Das kann gelegentlich zu veritablen Irrflügen führen. Wenn man es andererseits schafft, auf eine der seltenen Strecken zu kommen, wo man mal 20 Felder geradeaus fliegen kann und richtig auf die Tube drückt, ertappt man sich leicht dabei, dass man triumphierend „Brrrmmm!“ sagt, während man den anderen davonzieht. Dass man im nächsten Zug vielleicht schon wieder einem Hindernis ausweichen muss und seinen Vorsprung wieder einbüßt, interessiert da nicht, man lebt ganz im Moment.

Kann’s jetzt endlich losgehen?

Powerships ist an und für sich ein einfaches Spiel. Man guckt sich an, wo man am besten langfliegen sollte und versucht dann, diese Idealspur möglichst einzuhalten. Die Interaktion mit den anderen Powerships ist gering, nur gelegentlich steht mal jemand genau da, wo man gerade hin wollte, sodass man dahinter zum Stehen kommt (was aber nicht als Crash zählt). Das kommt natürlich umso öfter vor, je mehr Leute mitspielen. Zu zweit oder dritt ist das selten, daher kommt die richtige Würze erst mit mehr Leuten ins Spiel. Andererseits kann man zu zweit auch mal ein kleines Rennen in zwanzig Minuten fliegen, und Spaß macht das auch.
Außerdem kann man das Sonnensystem aus einzelnen Modulen flexibel zusammenpuzzeln. Statt einen erheblichen Teil meines Regalplatzes für verschiedene Rennstrecken zu verbrauchen, habe ich nun lauter verschiedene Strecken in einer leidlich kompakten Schachtel. Noch so ein echter Vorzug.

Es gibt also wesentlich komplexere Rennspiele, und wer gern stundenlang an tiefgreifenden Strategien für die nächste Kurve feilt, ist hier völlig fehl am Platze. Dafür ist man hier ratzfatz wieder dran, weil es keine großen Grübelorgien gibt, und der schnelle Spielfluss passt einfach genau zum Weltraumrennen.

Ich habe mit Powerships jedenfalls genau das Rennspiel gefunden, das ich brauche – schnell, locker und mit dem inneren „Brrrmmm!“ Mal sehen, wie lange ich Formule Dé noch aufhebe. Was soll ich mit einem perfekten Spiel, das ich nicht mehr spiele?3

Powerships
für 2 bis 7 Leute
von Corné van Moorsel
Illustriert von Steven Tu
Cwali, 2018

1 Ganz frei nach Das Triangel von Georg Kreisler.
2 Kleine Anekdote am Rand: In unserer Eurogames-Version war damals eine Regel-Unklarheit. Wir haben sie streng ausgelegt und damit das Spiel etwas härter gemacht. Ich weiß noch, wie ich damals in Essen mit jemandem von Eurogames über diese Regelauslegung diskutiert habe und er sich weigerte anzuerkennen, dass die Regel missverständlich formuliert war. Beweisen konnte ich es ihm nicht, da sie zwar das Spiel verkauften, aber kein offenes Exemplar dahatten. In Essen. Wow. Ist nicht mein Lieblingsverlag geworden.
3 Aber Blood Royale steht immer noch in meinem Schatzschrank. Falls ich meine Rente noch erleben sollte, rekrutiere ich in meinem Altenheim mal vier andere senile Leute und zocke ein Wochenende durch.

Vier Tage im Oktober – Teil 1

Ich kann es nicht leugnen – die Messe in Essen ist ein echter Fixpunkt in meinem Leben geworden. 1990 war mein erstes Mal, und seit 1995 habe ich sie nur zweimal verpasst. Für mich ist es schon immer ein harter Schlag, wenn es mit dem Urlaub nicht hinhaut und ich nur über das Wochenende hin kann. Dieses Jahr sieht es wieder gut aus, ich fahre Mittwochnachmittag hier los und kann dann Donnerstag früh am Start sein.
In den Wochen und Monaten vorher bin ich im Kopf aber mit der Messe auch schon gut beschäftigt. Ich habe nämlich eigentlich kein Budget für Spiele und muss da ein bisschen erfinderisch sein. Meine Fahrkarten habe ich früh und preisgünstig gebucht, Eintrittskarten habe ich über die Spieleautorenzunft bestellt, und ich kann bei Freund/innen in der Nähe von Essen übernachten. Verpflegung bringe ich mir überwiegend selbst mit (obwohl ich abends auch mal essen gehe). So kann ich die Kosten für das Drumherum sehr niedrig halten – aber da sind ja auch noch die Spiele. Auch da muss ich erfinderisch sein. Ich versuche, viele Tauschgeschäfte für gebrauchte Spiele zu organisieren (meist über Boardgamegeek), ebenso verkaufe ich einiges aus meiner Sammlung und kaufe andere gebrauchte Spiele und organisiere jedes Jahr einen Autor/innentausch, bei dem Spieleautor/innen überzählige Exemplare ihrer eigenen Spiele untereinander tauschen können. Für Spiele, die in Essen neu erscheinen, nützt mir allerdings auch das nicht viel, da muss dann doch Geld an den Start. Deshalb mache ich für verschiedene Verlage Übersetzungen und manchmal sonstige Arbeiten, um mir ein Essen-Budget zu verdienen. Das fällt im Vergleich zu dem mancher anderer Leute wahrscheinlich eher bescheiden aus, aber am Ende komme ich doch immer mit sehr vielen tollen Sachen nach Hause. Da hilft es mir, dass ich mich vor allem für die kleineren Spiele begeistern kann (und dass es seit letztem Jahr einen Versandservice von der Messe gibt. Vorbestellungen und Belegexemplare sammele ich möglichst schon am Donnerstag ein und schicke sie dann ab, bevor die Schlangen zu fies werden). Außerdem fahre ich ja hauptsächlich deshalb nach Essen, um tolle Leute aus der ganzen Welt zu treffen und mit ihnen glücklich zu sein. Ich muss ja gar nicht alles haben, und ein Impulskäufer war ich noch nie.

Aber trotz alledem muss ich wählerisch sein. Es gibt hunderte von Neuerscheinungen in Essen, die ich einigermaßen interessant finde, und es ist für mich wichtig, mich vorher genau zu informieren, um dann so gut wie möglich auszusuchen. Manchmal liege ich natürlich dann trotzdem daneben, aber ich tue mein Bestes, Enttäuschungen zu minimieren. Hier kommen jetzt wenige größere und viele kleinere Spiele, auf die ich ein Auge geworfen habe. Das könnt Ihr als Empfehlungen sehen, aber bitte denkt daran, dass ich die Sachen selbst auch noch nicht gespielt habe. Ich lasse jetzt ein paar deutsche Neuerscheinungen von größeren Verlagen weg, die ich hinterher ohnehin problemlos im Spieleladen finden kann. In Essen bin ich auf der Suche nach anderen Dingen. Also, folgendes ist mir ins Auge gefallen (und leider werde ich mir das selbst auch nicht alles leisten können – aber einiges möchte ich mir auch einfach nur angucken):

Essen 2017 - PowershipsWer am Donnerstag auf der Messe ist, sollte sich überlegen, schnellen Schrittes zu Cwali zu gehen und zu sehen, ob noch ein Restexemplar von Powerships von Corné van Moorsel zu kriegen ist. Ich hatte das Glück, hiervon einen Prototypen spielen zu können und habe es auch auf Kickstarter unterstützt (mein erstes erfolgreiches Kickstarter-Spiel), und ich finde es toll. Würfelspiele haben es bei mir immer ein bisschen schwer, aber bei Powerships ist das Würfeln mit einem sehr schönen Mechanismus eingebaut. Der Vorgänger Powerboats war schon schön und wird heiß gesucht. Ich hoffe für Powerships auf etwas besseres Material (bei Powerboats war der zusammengepuzzelte Plan ein bisschen wellig), aber in jedem Fall bekommt man hier ein tolles Rennspiel, wo es richtig zur Sache geht und wo man auch mal gegen einen Asteroiden dengeln kann. Macht man im Alltag ja doch eher selten.
Verlag: Cwali (1-G125)
Preis: €32. Wird vermutlich schnell ausverkauft sein – wenn es überhaupt rechtzeitig fertig wird. Es wird ein Rennen von der Fabrik zur Messe. Hoffen wir das Beste.

Ein weiteres teureres Spiel, das ich mir vorbestellt habe, ist Tokyo Highway von Naotaka Shimamoto und Yoshiaki Tomioka. Man baut aus einer Art Eisstäbchen ein Gewirr an Straßen, sehr schön dreidimensional und unregelmäßig. Als ich vor einigen Monaten zum ersten Mal davon gehört hatte, hatte ich noch gedacht: Seufz, da werde ich wohl nie drankommen. Aber dann wurde es doch ein ziemlicher Erfold, und der Verlag itten wird sogar einen eigenen Stand auf der Messe haben. Und wo ich schonmal dabei war, habe ich mir auch das Kartenspiel Hatsuden von Naotaka Shimamoto mit vorbestellt, das mir sehr empfohlen wurde.
Verlag: itten (8-C136)
Preis: €35 (Tokyo Highway), €15 (Hatsuden). Vorbestellung hier.

Kurz vor dem Hyperventilieren stand ich vor einigen Tagen, als ich von Oink Games hörte, dass sie Modern Art von Reiner Knizia neu rausbringen würden. Die Mutter aller Auktionsspiele ist ja in vielen verschiedenen Versionen erschienen, darunter einigen hübschen und einigen legendären. Keine aber ist derartig begehrt wie die, die Oink Games vor einigen Jahren unter dem Namen „Stamps“ herausgebracht hat und bei der man um Briefmarken handelt. Winzige Schachtel, tolles Design – aber Sammler/innen müssen heutzutage locker mehrere Hunderter für dieses Kleinod auf den Tisch legen, und das ist für mich außer Reichweite. Ich habe dann nachgefragt und erfahren, dass es sich um ein völlig neues Design handeln wird, das exklusiv für Deutschland und Österreich ist. Es wird größer und teurer werden als die normalen Oink-Spiele, aber es enthält eine kleine Holzstaffelei. Ich glaube, ich bin verliebt… und wenn man dann noch bedenkt, dass ich sowieso bei Oink vorbeigucken möchte, um mir Startups von Jun Sasaki zuzulegen, werde ich allemal einen genauen Blick draufwerfen. Startups ist ja schon ein Weilchen im Umlauf, aber noch auf keiner Messe präsentiert werden. Mein geschätzter Bloggerkollege Daniel von Knopfspiele nannte es neulich mal sein Lieblings-Oink-Spiel, und da kann ich dann wohl nicht dran vorbei.
Verlag: Oink Games (6-D101)
Preis: Noch unklar (Modern Art), vermutlich rund €18 (Startups)

Bleiben wir noch einen Moment bei den japanischen Spielen und wenden uns dem Stand von Japon Brand zu. In den letzten Jahren war das ja immer ein wirklich heiß umlagerter Ort, und von dort haben einige Spiele ihren Siegeszug um die Welt angetreten, wie zum Beispiel Love Letter oder Machi Koro. Japon Brand ist so eine Art Dachverband japanischer Kleinverlage. Die Spiele sind immer ein bisschen eine Wundertüte, man weiß nicht recht, was einen erwartet, auch wenn man die Regeln liest. Einige der Spiele, manchmal auch gute, findet man anschließend nie wieder irgendwo, und daher sollte man gut hingucken. Da ich für Japon Brand ein paar Spiele übersetzt habe, habe ich eine Art Extra-Budget für meinen Einkauf dort zur Verfügung… und ich werde voraussichtlich 13 der 17 angebotenen Spiele mitnehmen. Am meisten haben es mir die beiden folgenden angetan:
Da ist einmal Sakura Hunt von Yu Maruno, bei dem es darum geht, den perfekten Anblick der japanischen Kirschblüte zu erleben. Das ist eins der Spiele, die ich übersetzt habe, und die Regeln gefallen mir sehr gut, es scheint kurz und interaktiv zu sein. Das ist sicherlich auch was für einen größeren Markt, und ich würde mich nicht wundern, wenn wir das nochmal in einem anderen Verlag wiedersehen würden. Das spektakulärste Spiel, was Japon Brand mitbringt (oder sogar: was es auf der Messe geben wird), ist dieses Jahr allerdings sicherlich Samurai Dori von kamado und nettaigyo, ein Fächerwurfspiel. Sowas gibt es in Japan wohl schon länger, aber das hier ist offenbar eine neuere Version, und an die traditionellen Sachen kommt man hierzulande ja auch nicht so einfach dran. Ich habe keine Ahnung, wie oft ich die Gelegenheit haben werde, das zu spielen, aber ich freu mich drauf wie ein Schneekönig. Ihr könnt Euch ja mal dieses Video ansehen, um einen Eindruck zu bekommen.
Ebenfalls sehr ansprechend finde ich Perfect Hotel von Hiroshi Kawamura (ich denke, Ihr könnt selbst erraten, was man in dem Spiel machen muss) und das abstrakte Tagiron von Ryohei Kurahashi. Dann gibt es noch Wing Spirits von Satochika Daimon, bei dem man Tischtennisbälle anschnibbeln muss (Geschicklichkeitsspiele mag ich ja ohnehin oft), und wer eine echte Wundertüte haben will, sollte sich Ars Combinatoria von Sugioka Kazuki angucken, das ist eine Sammlung von fünf Spielen rund um die Themen Zeit und menschliche Interaktion.
Stand: Japon Brand (7-D100)
Preis: €17 (Sakura Hunt), €52 (Samurai Dori). Vorbestellung hier. Die Spiele sind ohne Vorbestellung vor Ort einen oder zwei Euro günstiger, aber wenn man darauf spekuliert, sollte man am Donnerstag auch schnell sein.

Etwas Ähnliches wie Japon Brand gibt es auch für die taiwanischen Verlage, nämlich TBD (Taiwan Boardgame Design). Da ich selbst einige Jahre in Taiwan gewohnt habe, liegt mir die dortige Szene besonders am Herzen, und ich freue mich sehr darüber, wie viele toll aussehende Spiele dieses Jahr von dort kommen. Der Renner wird sicherlich Shadows in Kyoto von Wei-Min Ling sein, über das ich ja schon etwas geschrieben hatte. Der bis vor Kurzem hierzulande noch völlig unbekannte Verlag EmperorS4 wird langsam zu einer echten Erfolgsgeschichte. Neben Shadows in Kyoto bringt er gleich noch vier weitere Spiele an den Start, von denen ich Crows Overkill von Roy Nambu sicherlich haben möchte. Dabei dreht es sich um ein Zitat aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, bei dem ein Mann, der das Rotlichtviertel verlassen muss, wenn man die ersten Vögel hört, diese am liebsten alle umbringen würde. Was ist das denn bitte für eine Thematik? Auch Herbalism von Eros Lin und Liu Xiao ist und Mystery of the Temples (ebenfalls von Wei-Min Ling) gehören in die gleiche Reihe wie Hanamikoji und Shadows in Kyoto, also fackele ich da ebenfalls  nicht lange. Mystery of the Temples ist noch dazu von Maisherly illustriert und interessiert mich schon deshalb. Aber TBD hat auch noch andere leckere Sachen zu bieten: Birdie Fight von Yuo suche ich schon länger, nun kommt es offenbar unter dem Namen Songbirds neu heraus, und in der aktuellen Ausgabe kann ich es mir erheblich besser leisten als vorher, zumal ja keine Portokosten dazukommen. Man legt Vogelkarten in Reihen aus und versucht dabei, Mehrheiten zu erlangen. Erst am Ende offenbart man allerdings, welche Vogelart man unterstützt hat. Hier heißt es, sich viele Optionen bis zum Schluss aufzubewahren. Harvest Island von Chen Chih-fan spricht mich auch sehr an, das ist wieder ein ganz anderer Stil, obwohl es auch hier wieder um Natur und Pflanzen und sowas geht. Offenbar muss man das Wetter richtig deuten, um die beste Ernte einzufahren. Taiwan Monsters Brawl von Lin Hung-Che ist wahrscheinlich außerhalb meiner persönlichen Preisklasse, sieht aber einfach sagenhaft aus. Ich freue mich ja immer, wenn Verlage mal einen neuen Weg gehen, was die Gestaltung angeht. Und hier istdas eindeutig der Fall, etwas in dieser Art habe ich noch gar nicht gesehen. Man übernimmt die Rolle eines Monsters und versucht, das Mächtigste von allen zu werden. Nebenbei lernt man als Spieler/in etwas über die Monster aus der taiwanischen Mythologie. Auch immer nützlich. Village of Horror von Tsai Huei-Chiang und Chiu Tacheng (das ich ebenfalls übersetzt habe), habe ich schon bekommen und einmal gespielt, das hat auch einen guten Eindruck gemacht. Es ist ein Werwolfspiel, aber nicht sowas, wie man denkt (es geht eher darum, sich im Laufe einer Spielrunde auf die Siegerseite zu schlagen). Schließlich habe ich gerade mit der Übersetzung zu My Story von Smoox Chen begonnen – da ist es noch ein bisschen früh, etwas Relevantes dazu zu sagen. Ihr seht hoffentlich, dass es unumgänglich ist, dem TBD-Stand einen ausgiebigen Besuch abzustatten.
Stand: TBD (7-D108)
Preise: je nach Spiel. Vorbestellung hier. Anders als bei Japon Brand sind die Spiele bei Vorbestellung ein paar Euro günstiger.

Das war’s für diese Woche. Im zweiten Teil erwarten Euch dann meine Eindrücke von ein paar Spielen, die nicht aus Asien kommen.

 

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber/innen. 

Mein erstes Mal bei Kickstarter

Als ich neulich in den Niederlanden war, hatte ich die Gelegenheit, einen neuen Prototypen von Corné van Moorsel auszuprobieren. Das ist einer dieser Autoren, deren Spiele ich immer mal wieder raushole – Typo im Sprachunterricht, Ahoy und Ab in die Tonne auch zu Hause (und für Powerboats oder Champions 2020 hätte ich gern mehr Gelegenheiten). Und so richtig schlechte Spiele hatte ich von ihm noch gar nicht in der Hand. Also war ich auch auf Fit the Word neugierig.

Fit the Word

Fit the Word besteht vor allem aus zwei Sätzen von Karten. Der eine enthält Wörter, der andere Sätze mit Lücken. Dazu gibt es noch eine Laufstrecke, die als Siegpunktleist fungiert, und Marker, mit denen man auf dieser Leiste voranschreitet sowie einen Satz Wertungsbögen (im Prototypen; im produzierten Spiel werden das wohl auswischbare Tafeln sein).

Zu Beginn bekommt man zehn Wortkarten und eine Satzkarte. Nun sucht man sich eins seiner Wörter heraus, von dem man findet, das es die Lücke im Satz besonders gut füllt. Verdeckt legt man den Satz an die eine Seite der Laufstrecke, das Wort auf die andere Seite. Wenn das alle gemacht haben, wird jeder der beiden so entstandenen Stapel gemischt und die Karten jeweils untereinander ausgelegt (an der Seite der Laufstrecke gibt es dafür spezielle Markierungen). Dann nimmt sich jede/r einen Wertungsbogen und einen Stift und tippt, was wohl ursprünglich mal zusammengehört haben mag. Für jede richtige Vermutung läuft man einen Schritt voran, ebenso für jede/n, der oder die die eigene Kombination richtig erkannt hatte.
Das ganze spielt man bis zum Ende der Runde, in der jemand die Ziellinie überschritten hat. Dann gewinnt, wer am weitesten vorn steht.
So weit, so einfach. Eine Besonderheit ist, dass man zwar in jeder Runde eine neue Satzkarte zieht, aber keine neue Wortkarte. Dadurch wird die Auswahl, die man hat, immer kleiner und die Zuordnung entsprechend auch immer schwieriger. Erst wenn man nur noch eine Wortkarte übrig hat, darf man ein paar nachziehen (das passiert ja bei allen gleichzeitig).

Fit the Word kommt zunächst mal ähnlich daher wie zum Beispiel Äpfel zu Äpfeln. Allerdings ist für mich das Spielgefühl doch völlig anders. Es geht nicht unbedingt darum, eine bestimmte Person einzuschätzen, wie bei so vielen Partypielen, sondern eine Auswahl richtig zuordnen. Dabei sind die Sätze übrigens überwiegend nicht auf Humor getrimmt, sondern eher bodenständig. Der Witz entsteht aus der Zuordnung der Wörter, insbesodnere aus den Zufallstreffern. Wenn ich also einen Satz wie „Als Kind liebte ich ___“ mit „Luftballon“ kombiniere, dann klingt das ganz vielversprechend – es sei denn, jemand anders hat in der gleichen Runde „___ kann sehr laut sein“ ausgelegt. Dann kommen die anderen ziemlich ins Grübeln und falsche Zuordnungen sind häufig. Ein bisschen schade ist es manchmal, dass man die Wörter, die man nicht ausgewählt hat, nicht bekanntgeben darf, denn so bleibt man mit manchen Lachern allein.

Der Titel Fit the Word (der mich im Übrigen nicht vom Hocker reißt) suggeriert ein Wortspiel, aber das ist es nicht im engeren Sinne, und auch die Diskussionen bleiben für gewöhnlich kurz. Das meiste findet einfach im Kopf statt, und es führt zu genügend Lachern. Das Ganze spielt sich flott und hat einen guten Wiederspielreiz (habe mir mittlerweile die Print-and-Play-Version gebastelt und erneut gespielt).

Vor einigen Tagen ist Fit the Word als Kickstarter-Kampagne gestartet, und ich habe zum ersten Mal ein Spiel dort unterstützt. Ob es das richtige Spiel für solch eine Finanzierungsform ist, wird man sehen (bei Kickstarter sind wahrscheinlich mehr Vielspieler/innen unterwegs, und Fit the Word ist wunderbar für Gelegenheitsspieler/innen geeignet). Ich hoffe, jedenfalls, dass es klappt, denn solch ein Spiel kann ich auch sehr gut für den Sprachunterricht gebrauchen (die Hauptversion wird auf Englisch sein, aber es soll dann auch Karten zum Download in anderen Sprachen geben).

Gesamteindruck: 7/10

Fit the Word
für 3 bis 6 Leute (mit einer kooperativen Zweiervariante)
von Corné van Moorsel
Illustrationen: Steven Tu
Erscheint hoffentlich bei Cwali, 2016

Spiele im Sprachunterricht (Teil 2)

Hier kommt die Fortsetzung von letzter Woche.

WORTSCHATZSPIELE

1. Äpfel zu Äpfeln
Äpfel zu Äpfeln hat sich millionenfach verkauft und ist trotzdem im deutschen Sprachraum nie auch nur annähernd so erfolgreich gewesen wir im englischen. Das mag zum Teil an der recht lausigen Qualität der deutschen Ausgabe gelegen haben, vielleicht ist der deutsche Markt auch einfach anders.
Das Grundprinzip ist einfach: Es gibt grüne und rote Apfelkarten. Auf den grünen stehen Adjektive, auf den roten Nomen / Ausdrücke / Eigennamen und Ähnliches. Man bekommt eine Anzahl rote Karten auf die Hand, dann wird eine grüne aufgedeckt. Jede/r muss jetzt möglichst schnell verdeckt eine Karte aus der Hand ausspielen (wer am schnellsten ist, kann noch eine zweite dazulegen). Der/die aktive Spieler/in mischt nun die ausgespielten Karten, deckt sie auf und muss entscheiden, welche der roten Karten ganz subjektiv am besten zu der grünen Adjektivkarte passt. Wer diese rote Karte gespielt hatte, bekommt die grüne als Punkt, die Handkarten werden wieder aufgefüllt und die nächste Runde beginnt. Wer nach einer bestimmten Zahl von Runden am meisten grüne Karten hat, gewinnt.
Das Spiel ist gar nicht spektakulärer, als diese Beschreibung jetzt klingt. Trotzdem ist Äpfel zu Äpfeln für den Unterricht sehr wertvoll. Für das Wortschatzlernen ist es ja entscheidend, dass man die Wörter untereinander verbindet und in ein bestehendes Netzwerk aus Wörtern einfügt. Genau das macht Äpfel zu Äpfeln. Im Idealfall schließen sich natürlich noch Diskussionen über die Entscheidungen an, aber das lässt sich nicht immer erzwingen. Zumindest eine kurze Begründung kann man aber erfragen (das hängt natürlich auch vom Lernstand ab).
Das Spielmaterial lässt sich natürlich auch anderweitig einsetzen, zum Beispiel als Kennenlernspielchen (da spielt man ganz ohne Adjektive – eine/r bekommt von allen anderen eine bis zwei rote Karten, mischt diese und entscheidet sich dann für die, die ihm/ihr am besten gefällt, oder am wenigsten, oder was auch immer. Da kann man beliebige Vorgaben machen).

Vorbereitungen/Regelanpassungen:
Äpfel zu Äpfeln enthält ziemlich viele Karten (insbesondere, wenn man mit einer oder beiden Erweiterungen spielt), von denen man einige aussortieren muss. Erstens sind leider eine ganze Reihe Karten mit Druckfehlern enthalten, zweitens muss man natürlich Wörter wählen, die einigermaßen an den Lernstand der Gruppe angepasst sind. Man kann ruhig auch neue Wörter dabei einführen, aber es sollte halt nicht die Mehrzahl sein. Ein bisschen Vorbereitung bleibt also nicht aus.
In den ersten Runden lasse ich die Möglichkeit, eine zweite Karte zu spielen, meist weg, das kann man immer noch einführen, wenn das Spielprinzip sitzt.

Äpfel zu Äpfeln
von Mark Alan Osterhaus und Matthew Kirby
Deutsch bei Pegasus, 2005
Es gibt auch zwei Erweiterungen, die man ohne das Grundspiel verwenden kann.

2. 1000 Zahlwörter
Ziemlich unbekannt dürfte Tausend Zahlwörter sein, ein vom Göttinger Dyskalkulie-Therapeuten Harald Schmidt entwickeltes und verlegtes Spiel, das bei mir in jedem Grundkurs mindestens einmal zum Einsatz kommt. Es besteht vor allem aus Karten, auf denen Zahlen als Wörter ausgeschrieben stehen (eins – zwölf, zwanzig, dreißig…, neunzig, hundert, tausend), sowie ein paar „und“-Karten und Karten mit aufgedruckten Ziffern.
Eine Karte kommt offen auf den Tisch, und die Spieler/innen bekommen ein paar Karten auf die Hand. Wer dran ist, muss versuchen, die Zahl auf dem Tisch zu vergrößern. Dafür kann man entweder alle oder einen Teil der vorhandenen Karten ersetzen, oder aber etwas anlegen (meist unter Einsatz einer der „und“-Karten, die für alle erreichbar bereitliegen). Liegt also auf dem Tisch beispielsweise Zwei-und-dreißig, kann ich alles durch eine Vierzig von meiner Hand ersetzen, oder die zwei durch eine Fünf ersetzen (Fünf-und-dreißig), oder auch eine Hundert davorlegen (Hundert-zwei-und-dreißig), etc. Anschließend fülle ich meine Handkarten wieder auf. Wer keine Karte mehr legen kann, bekommt einen Minuspunkt und es beginnt eine neue Runde. Normalerweise ist die ausliegende Zahl dann eine hohe sechsstellige Zahl. Wer nach ein paar Runden die wenigsten Minuspunkte hat, gewinnt.

Das Spiel lässt sich einsetzen, sobald der Zahlenraum bis 100 erschlossen ist, denn alles, was darüber kommt, wird nicht mehr schwieriger. Also schon ungefähr in der zweiten oder dritten Lernwoche im Intensivkurs. Da die deutschen Zahlen gefürchtet sind, mache ich das sehr gern, denn es setzt einfach wunderbar die Zahlen in Wörter um und umgekehrt. Zwischendurch lasse ich dann mal jemanden die aktuelle Zahl mit den Ziffernkärtchen auslegen, um zu sehen, ob die Teilnehmer/innen eigentlich noch wissen, was gerade der Stand der Dinge ist. Der Lernerfolg ist in den meisten Fällen absolut greifbar, und damit ist schon im Anfänger/innenbereich eine große Hürde übersprungen. Während ich andere Spiele oft nach Gefühl und Gelegenheit heraushole, wenn es gerade gut zu passen scheint, ist Tausend Zahlwörter für mich ein unverzichtbarer Bestandteil des Grundstufenunterrichts.

Vorbereitungen/Regelanpassungen:
Das von mir verwendete Exemplar ist ein älterer Prototyp, den ich dem Autoren mal abgekauft hatte. Mittlerweile ist es aber auch „offiziell“ verlegt und kann beim Mungo-Verlag in Göttingen bestellt werden. Ich nehme für meine Zwecke die Zahlen zehn, elf und zwölf heraus, weil es mir um die größeren Zahlen geht. Zwar enthält auch Sechstausendzweihundertzwölf eine Zwölf, aber diese Möglichkeit muss ich nicht extra betonen. Wer Sechstausendzweihundertneunzehn versteht, muss die Zwölf nicht separat lernen, das ist also für mich verzichtbar.

1000 Zahlwörter
von Harald Schmidt
Mungo-Verlag, 2010

3a. Vidi
Vidi besteht aus 18 Bilderwürfeln, deren Bilder oft bewusst mehrdeutig gehalten sind. Wasser, das aus einem Hahn fließt? Hahn/Wasser/Fluss/Lauf und so weiter. Man würfelt mit allen Würfeln gleichzeitig und versucht dann, aus jeweils zwei Bildern Komposita zu finden. Es gibt dabei zwei Spielmodi: Entweder schreibt man alles auf, was man sieht (und streicht dann alles, was, auch andere haben), oder man greift die Würfelpaare, die man zusammengebaut hat und nimmt sie damit aus dem Spiel. Wer möchte, kann noch ein Spielbrett einsetzen, auf dem man möglichst schnell voranrücken möchte (ein Feld pro gefundenes Wort, mit ein paar Sonderfeldern, die das noch ein bisschen beeinflussen). Das ist schon alles.
Wenn man einen guten deutschen Wortschatz haben will, muss man sich irgendwann an die Komposita herantrauen, nicht nur an die auswendig gelernten, sondern auch experimentell an die noch unbekannten. Manchmal kommen dabei lustige Sachen heraus, aber es eröffnet einem halt auch eine große Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten.
Kleines Manko an Vidi: Die Produktionsqualität ist nicht überragend. Die Würfel muss man vor dem Spielen mit Aufklebern bekleben, die nach wiederholtem Spielen etwas speckig werden können. Auch das Spielbrett und die Pöppel sind ziemlich billig produziert.

Vorbereitungen/Regelanpassungen:
Ich nehme einfach das Spielbrett heraus, dann bin ich nicht an eine bestimmte Zeit gebunden. Aussortieren muss ich keine Würfel, denn die Teilnehmer/innen sehen darin einfach die Wörter, die ihrem Niveau ensprechen.

Vidi
von Keith Dugald and Steve Pickering
University Games, 2010
(englische Originalausgabe „Visual Eyes“, 2003 bei Buffalo Games)

3b. Papperlapapp
Ganz ähnlich wie Vidi funktioniert Michael Schachts Papperlapapp, nur dass dieses mit Karten statt mit Würfeln gespielt wird. Die Karten werden in einer Matrix ausgelegt, man bekommt ein Wort in die Hand, und wer ein Kompositum aus der Handkarte und einer ausgelegten Karte finden kann, darf sich das Kartenpaar nehmen. Auf den Karten stehen zwar Wörter drauf, es ist also stärker gelenkt als Vidi, aber der Clou ist, dass man dem gebildeten Wort genau einen Buchstaben hinzufügen oder weglassen darf. Bei Sonne + n + Blume brauche ich den für das Fugen-N, aber in manchen Situationen kann ich gleich ein ganzes Ausgangswort verändern. So wird aus Raum und Auto plötzlich ein Traumauto, und damit passt sich das Spiel schon fast von selbst an das Sprachniveau der Teilnehmer/innen an.

Vorbereitungen/Regelanpassungen:
Bei Papperlapapp kann man eigentlich gleich drauflos spielen. Die Regel, dass im Zweifelsfall der Duden entscheidet, ist natürlich außer Kraft gesetzt, es geht ja drum, dass die Leute Wörter entwickeln, die sinnvoll und verständlich sind. Da bin ich als Lehrkraft natürlich die letzte Instanz, aber mit sowas gab es noch nie Probleme.
Eine weitere Vorbereitung ist ein Besuch bei Ebay, wo man das Spiel für einen meist horrenden Preis bekommt, da es leider längst vergriffen ist. Ich habe auch selbst kein Exemplar, halte aber stets die Augen danach offen. Beide Spiele, Vidi und Papperlapapp, braucht man eigentlich nicht, und ich würde mein Vidi gern zugunsten eines Papperlapapp einmotten, wenn ich irgendwo ein bezahlbares Exemplar finden würde.

Papperlapapp
von Michael Schacht
Goldsieber, 2000

4. Word on the Street
Word on the Street ist alles andere als ein reines Wortschatzspiel. Es ist eigentlich ein Sprechspiel mit Wortschatz- und Rechtschreibungsaspekten. Auf dem Spielbrett ist eine vierspurige Straße abgebildet, auf deren Mittelstreifen Plättchen mit Konsonanten liegen (alphabetisch sortiert). Die Klasse wird in zwei einigermaßen gleich große Gruppen aufgeteilt, die sich auf jeweils eine Seite der Straße setzen.
Eine der Gruppen beginnt. Man zieht eine Aufgabenkarte, liest diese laut vor und dreht eine Sanduhr um. Die Aufgabe könnte zum Beispiel „eine rote Flüssigkeit“ lauten. Nun muss die aktive Gruppe sich möglichst schnell auf ein Wort einigen, das eine rote Flüssigkeit bezeichnet, dieses buchstabieren und jedesmal, wenn sie einen Konsonanten nennt, das entsprechende Konsonantenplättchen eine Fahrspur weit in ihre Richtung verschieben. Ein Buchstabe, der die Straße dabei verlässt, ist gewonnen und kann von der anderen Gruppe nicht mehr zurückerobert werden. Wer zuerst eine bestimmte Anzahl von Buchstaben gesammelt hat, gewinnt das Spiel.
Die Sanduhr läuft ziemlich kurz, so dass es vorkommen kann, dass sich eine Gruppe einfach nicht rechzeitig einigen kann. Manchmal sagt jemand einfach ein passendes Wort, das aber kaum Konsonanten enthält, manchmal findet die Gruppe nach längerem Überlegen ein wunderbares Wort mit jeder Menge Konsonanten, schafft es mit dem Buchstabieren aber leider nur noch bis zum dritten Konsonanten, bis die Sanduhr durchgelaufen ist. Währenddessen darf die andere Gruppe verbal stören und versuchen, die aktive Gruppe zu irritieren.
Word on the Street fordert die Lerner/innen also gleich auf mehreren Ebenen. Sie müssen die Frage verstehen und etwas dazu passendes finden, sie müssen sich unter Zeitdruck auf etwas einigen, und ein bisschen Rechtschreibung müssen sie auch noch können. Das kann in ein sehr kreatives Chaos münden.
Word on the Street macht auch in muttersprachlichen Spielgruppen großen Spaß, leidet aber deutlich unter dem geringen Wiederspielreiz (die Karten hat man nach vielleicht drei Partien durch, und Erweiterungskarten wie für englische Ausgabe gibt es für die deutsche leider nicht). Wie oben beschrieben ist das für den Sprachunterricht aber ziemlich egal, denn man kann es ja jeweils in verschiedenen Lerngruppen einsetzen, und dafür empfiehlt es sich sehr.

Vorbereitungen/Regelanpassungen:
Die Karten mit den Aufgaben sind beidseitig bedruckt, mit einer einfacheren und einer schwereren Seite. Ich sortiere meist selbst aus der einfacheren Seite noch die Hälfte der Karten aus, um es nicht zu schwierig zu machen. Sollte ich keine verwendbaren Karten mehr übrig haben, improvisiere ich notfalls einfach Fragen. Da das Spiel nach den Originalregeln recht unterschiedlich lang sein kann, kann man einfach eine bestimmte Spieldauer vorschlagen und dann gewinnt die Gruppe, die bis dahin am meisten Buchstaben erobert hat.

Word on the Street
von Jack Degnan
Amigo, 2013

5. Typo
Typo besteht aus Buchstabenkarten, von denen zu Beginn vier untereinander in die Tischmitte gelegt werden. Jede/r hat zusätzlich ein paar Karten in der Hand, sucht davon eine aus und legt sie verdeckt auf den Tisch. Gleichzeitig wird aufgedeckt, und in der Reihenfolge des Vorkommens im Alphabet müssen die Karten nun in der Mitte angelegt werden. Dabei muss ein Wort angesagt werden, in dem die neu entstandene Buchstabenkombination vorkommt. Wer kein Wort findet, muss die Hälfte des bislang längsten Wortbestandteiles auf die Hand nehmen. Der Rest des Wortes wird abgeräumt und durch den ausgelegten Buchstaben ersetzt.
Je weiter hinten im Alphabet der gelegte Buchstabe ist, desto größer ist die Gefahr, dass einem jemand den erhofften Legeplatz weggeschnappt hat und man keinen Alternativplatz findet. Dafür hat man eben die Hoffnung, dass schon vor einem jemand etwas nimmt und einen einzelnen Buchstaben zurücklässt, an den sich fast alles anlegen lässt. Wer zuerst keine Karten mehr hat, gewinnt.
So wie bei Äpfel zu Äpfeln Wörter und bei Vidi/Papperlapapp Wortbestandteile kombiniert werden, setzt man bei Typo Buchstaben im Kopf immer wieder neu zusammen. Dabei werde ich dann oft gefragt: „Gibt es ein Wort wie …?“ Die Lerner/innen erschaffen also auch hier Neues und probieren sich aus.

Vorbereitungen/Regelanpassungen:
In den Originalregeln müssen die Buchstaben einen Wortanfang bilden. Das ist viel zu schwer für Deutschlerner/innen und kann leicht in Frust ausarten, daher erlaube ich jede Buchstabenkombination, die irgendwo in einem benannten Wort auftaucht.

Typo
von Corné van Moorsel
Deutsche Ausgabe von University Games, 2010
(2014 erschien bei Cwali eine Weiterentwicklung namens Typo 2D, bei dem man wohl kreuzwortartig anbauen kann. Das habe ich selbst noch nicht ausprobiert, aber man sollte es auf alle Fälle zumindest ebenso gut benutzen können.)

 

GRAMMATIKSPIELE

1. Tic-Tac-Toe
Eigentlich gehört dieses Spiel gar nicht in diesen Artikel, in dem es ja vorrangig um Spiele geht, die man in einer Schachtel kauft und dann zu Lernspielen umwandelt. Tic-Tac-Toe braucht man nicht zu kaufen, und es ist auch wirklich an der Grenze dessen, was ich noch als Spiel begreife, aber man kann es hervorragend im Unterricht einsetzen, und daher führe ich es hier einfach mal mit auf.
Falls es auf diesem Planeten wirklich jemanden geben sollte, der es nicht kennt: Tic-Tac-Toe besteht aus drei mal drei Feldern, von denen man abwechselnd jeweils eins in Beschlag nimmt (und mit einem eigenen Symbol, meist Kreuz gegen Kreis) markiert. Wer es schafft, eine Dreierreihe mit den eigenen Symbolen zu füllen, gewinnt. Allerdings geht das Spiel immer unentschieden aus, wenn beide es auch nur halbwegs begriffen haben. Also völlig sinnlos.
Im Unterricht erfüllt es allerdings sehr wohl seinen Zweck. Praktischerweise braucht man eigentlich die Regeln kaum zu erklären, weil so gut wie jede/r es schon kennt. Es genügt, drei mal drei Felder an die Tafel zu malen, die Klasse in zwei Gruppen aufzuteilen und jeder Gruppe entweder Kreis oder Kreuz zuzuordnen. Anders als im Original füllt man die Felder allerdings vor dem Spielen mit Wörtern aus dem aktuellen Lernstoff. Nehmen wir als Beispiel unregelmäßige Verben: Eine Gruppe, die ein Feld markieren will, muss zuvor einen Satz bilden, in dem das Wort im entsprechenden Feld im Partzip II vorkommt. Schafft sie das, darf sie das Feld belegen, schafft sie es nicht, wische ich das Wort aus und schreibe ein neues hin. Man kann noch drauf achten, dass im mittleren Feld das schwierigste Wort steht. Besonders schön zu beobachten ist, dass sich die Diskussion innerhalb der Gruppen nicht nur auf das Bilden von Sätzen, sondern auch auf die beste Gewinnstrategie bezieht. So wird aus einem Antispiel ein wunderbares semi-kooperatives Lernspiel.

Vorbereitungen/Regelanpassungen
Man sollte sich vorher eine Liste mit verwendbaren Wörtern machen, nicht nur neun, sondern mehr, um Ersatzwörter zur Verfügung zu haben. Ansonsten siehe oben.

Tic-Tac-Toe
niemand weiß mehr, von wem das ist
Bekannt seit etwa 1300 vor Christus

 

Das war es für’s erste mit meiner kleinen Empfehlungsliste. Ich nutze auch noch diverse weitere Spiele im Unterricht, aber die hier vorgestellten decken schon ein ziemlich breites Spektrum ab. Wie gesagt, weitere Anregungen sind mir immer willkommen.

Update (14.2.2016): Ansonsten kann ich noch die Seite aktiv-mit-deutsch empfehlen, wo Florian Krug sich unter anderem mit Spielen im Deutschunterricht beschäftigt. Da sind auch ein paar handfestere Vorlagen zum Runterladen zu finden, sehr empfehlenswertes Zeug, wie etwa eine vereinfachte Fassung von Urs Hostettlers „Ein solches Ding“. Das Original hatte ich auch gelegentlich mal im Unterricht genutzt, es war für die meisten Gruppen allerdings zu schwer gewesen.