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Was für ein Hammer.

Irgendwann 2013 wurde ich auf Boardgamegeek auf ein taiwanisches Spiel namens Castle Crush! aufmerksam, das mich gleich lockte. Es landete dann auf meiner Wunschliste, auf der ich Spiele parke, die ich gern mal in die Finger kriegen würde, aber nicht sofort kaufen würde – zumal es gleich klar war, dass dieses Spiel nur in Taiwan oder Japan zu kriegen sein würde und es außerdem erheblich Porto kosten würde, es nach Deutschland zu verschicken. Als sich dann einige Monate später eine Neuauflage ankündigte, beschloss ich, einfach mal nachzufragen. Der Autor warnte mich dann erwartungsgemäß, es sei zu teuer, es nach Europa zu verschicken, was mir einleuchtend erschien. Allerdings würde er nach Essen kommen und könnte wohl was mitbringen. Einige Tage später kam allerdings die Kehrtwende: Ob ich die Regeln ins Deutsche übersetzen könnte? Dafür gäbe es dann ein Exemplar samt Porto. Da konnte ich nicht widerstehen.

Castle Crush!
Die Schachtel

Das Spiel besteht zunächst mal aus fünf Sätzen von je sechs Bauteilen aus Holz. Dazu hat jede/r der bis zu vier Spieler/innen je einen König und einen General, und im Spiel gibt es noch ein paar Grundplatten und einen „Hammer“. Mit diesem Material kann man zwei verschiedene Spielmodi spielen, dazu gibt es noch einen Solo-Baumodus.

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Erstklassige Materialqualität

Im „normalen“ Spiel bekommt jede/r zu Beginn einen Satz Bauteile, baut sich auf einer Grundplatte eine Burg auf und stellt den König und den General drauf. Je höher die Konstruktion ist (das heißt, je mehr Steine aufeinander stehen), desto mehr Punkte gibt es für die Burg – aber desto wackeliger ist sie auch.
Alle Grundplatten stehen in gleichem Abstand zu einer zentralen Platte, auf die nun der/die erste Spieler/in den Hammer stellt (der „Hammer“ ist eine gedrechselte Stange) und fallen lässt – natürlich in Richtung auf eine gegnerische Burg, in der Hoffnung, dieser möglichst viel Schaden zuzufügen. Für von der Grundplatte heruntergefallene Figuren oder Bauteile gibt es Punkte. Nachdem jede/r zwei Angriffe durchgeführt hat, bekommt man ein paar neue Bauteile, um seine Burg zu reparieren beziehungsweise zu erweitern. Das ganze geht über drei Durchgänge, und am Ende bekommt man noch einmal Punkte für das, was stehen geblieben ist.

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Leb wohl, grüne Burg.

In der schnellen Variante gibt es keine Baupunkte, es wird einfach eine möglichst stabile Burg gebaut und reihum angegriffen, bis ein/e Spieler/in eine bestimmte Punktzahl erreicht hat. Und in der Solovariante geht es darum, ein möglichst wertvolles Gebäude zu errichten. Da die Punktzahl für jedes Bauteil mit der Bauhöhe multipliziert wird, muss man für eine hohe Punktzahl möglichst hoch hinaus, so dass es eine wirkliche Herausforderung ist, denn viele der Bauteile sind oben abgeschrägt und keinesfalls flach. Einfaches Aufeinanderstapeln funktioniert also nicht.

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305-Punkte-Burg in der Abendsonne

Die Bauteile von Castle Crush! kommen in erstklassiger Holzqualität daher, es macht richtig Spaß, die anzufassen. Auch das sonstige Design überzeugt sehr – eine wirklich robuste Schachtel und eine Spielanleitung im packpapierbraunen Retrodesign. Nur das Cover ist für den deutschen Markt vielleicht nicht so geeignet, die sieht zu wenig nach Spiel aus, finde ich. Aber für ein Spiel, das ohnehin keinen deutschen Vertrieb hat und nur über das Internet zu kriegen ist, fällt das ja nicht so ins Gewicht.

Der Spielreiz besteht aus mehreren Dingen: Einmal dem Ehrgeiz, eine möglichst stabile Burg aufzubauen, die trotzdem möglichst viele Punkte einbringt. Da die Berechnung der Baupunkte (Bauteilpunkte mal Bauhöhe) nicht ganz trivial ist, geht das beim Spiel mit jüngeren Kindern ein bisschen verloren – die haben aber trotzdem Spaß dran, weil das Bauen mit schönen Bauklötzen ja ohnehin eine tolle Sache ist ist. Das Zerstören anderer Burgen ist natürlich auch eine schön unmittelbare Erfahrung Und schließlich fällt der Hammer leider manchmal nicht so, wie man es geplant hatte. Dass man die eigene Burg beschädigt, ist zwar selten, aber es wird durchaus mal eine andere Burg in Mitleidenschaft gezogen als geplant. Das passiert natürlich umso häufiger, je näher die Burgen aneinander stehen. Deshalb finde ich Castle Crush! auch zu viert deutlich am besten. Zu dritt ist es auch schön, zu zweit schon wesentlich weniger spannend.
2015 ist eine Erweiterung namens Cubes & Cards erschienen. Neben diversen weiteren Spielelementen (Bauteilen und Karten und Geld als Punkte) enthält sie auch eine vereinfachte Wertungsregel, die das Gerechne vielleicht etwas entschärft. Die habe ich aber leider noch nicht in die Finger bekommen. Aber auch das Grundspiel bietet schon eine Menge Spielspaß in erstklassiger Materialqualität mit einem großartigen Coolness-Faktor.

Gesamteindruck: 8/10

Castle Crush!
von Tsai Huei-Chiang
für eine bis vier Personen
erschienen bei Soso Studio, 2013