Risiko und Belgisch Kongo

Die Demokratische Republik Kongo ist ein Staat mit vielen Problemen. Nach zwei großen Kriegen (und einem, der noch andauert), liegen Staatswesen und Infrastruktur völlig am Boden, ein nennenswertes Bildungs- oder Gesundheitswesen existieren nicht, und die Lebenserwartung liegt bei weniger als 60 Jahren. Ein Großteil der Bevölkerung ist unterernährt.
Noch viel schlimmer war die Situation wohl in der Zeit, als der Kongo eine Privatkolonie des belgischen Königs Leopold II. war. Selbst nach den Maßstäben der Kolonialzeit beutete der König das Land besonders grausam aus. Schätzungen gehen davon aus, dass das Land zwischen 1880 und 1920 die Hälfte seiner Bevölkerung, rund 10 Millionen Menschen, verlor. Mit der Umwandlung in eine offizielle belgische Kolonie wurde die Situation nur etwas besser, und Belgien entließ das Land 1960 deutlich unfreiwillig in die Unabhängigkeit und mischte sich weiterhin in die kongolesische Politik ein.

Diese Geschichte klingt für die meisten von uns heute sicher nach allerfernster Vergangenheit, und überhaupt, was hat das mit einem Spieleblog zu tun? Nun, ich wurde neulich dran erinnert, wie wenig lange das eigentlich alles her ist, als mir ein Stapel Karten für das Spiel Risiko in die Hände fiel, der aus der ersten deutschsprachigen Ausgabe stammt. Ich glaube, ich muss Risiko hier nicht groß vorstellen, schließlich ist es eins der bekanntesten und erfolgreichsten Brettspiele überhaupt. Der französische Filmregisseur Albert Lamorisse hatte es in den Fünfzigern erfunden und zunächst selbst verlegt, dann kam es schließlich 1959 unter dem Namen Risk in den USA und 1961 als Risiko bei Schmidt Spiele in Deutschland auf den Markt. Nun ist in meinem Kartensatz eine Karte namens „Belgisch Kongo“ enthalten. Wie kann ein Verlag ein Jahr nach der Unabhängigkeit des Kongo noch die Bezeichnung Belgisch Kongo verwenden? Vermutlich war es einfach eine gedankenlose Übersetzung aus dem Englischen (die englische Ausgabe war ja schon vor der Unabhängigkeit erschienen). Das Ganze wurde dann immerhin bald korrigiert (noch in den frühen Ausgaben mit dem gleichen Cover gibt es welche mit der Bezeichnung „Kongo / Angola“). Aber es wirkt doch unheimlich auf mich und erinnert daran, dass man beim Verlegen von Spielen mit historischem Bezug eine gewisse Sorgfalt walten lassen sollte. Es gibt ja massenhaft Spiele mit Bezug zur Vergangenheit, auch zur Kolonialzeit.

Risiko selbst ist dann übrigens doch ein bisschen mit der Zeit gegangen. Nicht nur wurden einige Grenzen auf dem Spielplan neu gezogen, sondern auch Namen wurden angepasst, denn es soll ja nicht in einer bestimmten Epoche spielen. Auch „Yukow“ wurde in Yukon korrigiert, und Tibet ist dann auch irgendwann von der Karte verschwunden. Vielleicht trägt diese Zeitlosigkeit zum anhaltenden Erfolg des Spiels bei. Und wer von Euch hätte ohne ausgiebiges Risiko-Spielen auswendig gewusst, wo Kamtschatka liegt?

Vielen Dank an BGG-User marvelfan für Informationen und Einschätzungen zur Risiko-Erstausgabe.

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