Ich bin ja gar nicht so oft auf Kickstarter unterwegs, und als Kickstarter-Radar taugen andere Blogs mehr als meins. Aber ich möchte Euch doch zwischendurch gern auf zwei Projekte aufmerksam machen, die mir am Herzen liegen, zumal ich, wenn auch eher am Rande, an ihnen beteiligt bin.
Da wäre einmal Macaron. Ich hatte in meinem Messenachbericht schon erwähnt, dass ich es auf Tabletopia ausprobiert habe, und ich möchte noch mal Werbung dafür machen. Macaron ist ein Stichspiel mit einem schönen Wertungsmechanismus. Es gibt in jeder Runde zwei Trumpffarben und eine Allergiefarbe (die auch eine der Trumpffarben sein kann). Trumpffarben gewinnen einen Stich wie gewohnt, ist mindestens eine Karte der Allergiefarbe im Stich, gibt es für diesen keine Punkte. Ich habe Macaron zweimal zu viert gespielt, und da glänzt es allemal. Aber auch in anderen Besetzungen macht es einen guten Eindruck. Ihr könnt zu fünft spielen, und zu viert auch in einer Teamvariante. Zu dritt und zu zweit lebt es vom wechselnden Festlegen von Trumpf- und Allergiefarbe, und außerdem ist es das einzige mir bekannte Stichspiel mit einem Solitärmodus. Das sollte doch die eine oder den anderen interessieren. Das verlinkte Rezensionsvideo ist zwar toll in Szene gesetzt, aber leider ist wohl mehr Energie da hineingeflossen als in die Beschäftigung mit dem Spiel, sodass die eigentlichen Besonderheiten gar nicht zur Geltung kommen. Für mich steckt in Macaron durchaus mehr drin als nur lauter altbekannte Stichspielkost.
Was ich damit zu tun habe? Ich übersetze für Autor Ta-Te Wu die Spielregel ins Deutsche.
Das andere Projekt, das ich hier anpreisen möchte, ist ein aus Spielesicht wirklich ungewöhnlicher Kickstarter. Und zwar geht es um ULUS: Legends of the Nomads. Mit diesem Projekt soll die mongolische Kultur und insbesondere auch die wunderschöne mongolische Schrift international bekannter gemacht werden. Gerade Schrift und Sprache sind nämlich derzeit in der Inneren Mongolei (also dem chinesischen Teil der Mongolei) stark unter Druck geraten – Mongolisch soll dort als Unterrichtssprache teilweise durch Chinesisch ersetzt werden. Überhaupt ist die chinesische Regierung bemüht, die mongolische Geschichte zu negieren, was gelegentlich absurde Blüten treibt.
ULUS ist ein Kartenspiel mit ein paar ungewöhnlichen Komponenten. Es wird keine Schachtel geben, sondern das Spiel wird in einem Stoffbeutel produziert, der ausgebreitet als Spielfeld fungiert. Außerdem werden sogenannte Shagai beiliegen, das sind traditionelle Würfel aus Schafknöcheln (es soll hier die Wahl zwischen Plastik und tatsächlichen Schafknochen geben). Im Spiel führt man eine Held*in und bereitet sich durch Reisen und Kämpfe darauf vor, in der Endphase am Naadam, dem großen mongolischen Sommerfest teilzunehmen, wo man in drei traditonellen Sportarten gegeneinander antritt.
ULUS ist insofern ein ungewöhnliches Kickstarterspiel, weil es überhaupt noch nicht fertig entwickelt ist (was ja im ursprünglichen Geist von Kickstarter durchaus angelegt ist). Ich bin insofern beteiligt, als dass ich den aktuellen Regelentwurf gelesen und kommentiert habe. Einige meiner Vorschläge dürften in der finalen Version auftauchen (und ich vermute, dass ich auch bei der weiteren Entwicklung noch Vorschläge machen kann). Der Preis für das Spiel und die sonstigen Belohnungen (da gibt es noch wesentlich mehr als nur das Spiel) ist vergleichsweise hoch, aber wer sich darauf einlässt, bekommt auf alle Fälle was Ungewöhnliches. Wenn Ihr das Ganze für zu unberechenbar haltet, beruhigt Euch vielleicht, dass Initiator Tim Brookes vom Endangered Alphabets Project hiermit bereits seine neunte Kickstarter-Kampagne durchführt, und bisher alle erfolgreich waren. Auch ULUS hat sein Finanzierungsziel schon erreicht, aber es schadet ja nicht, das noch auf etwas stabilere Füße zu stellen. Und Ihr tut was Gutes für ein bedrohtes Kulturgut. Neben Tim Brookes sind Zoe Brookes, Jovan Ellis, Olgiert Uziemblo und Graham Pannier unter den Autor*innen.
Schließlich sei noch erwähnt, dass ich sozusagen im Windschatten von ULUS derzeit an einem weiteren Spiel herumbastele, in dem es ebenfalls um die faszinierende, aber recht komplexe mongolische Schrift geht. Mal sehen, wohin da die Reise geht.