Messevorschau 2019: Japan (Teil 1) – Japon Brand, itten

Nach meinem letzten Artikel über Spiele aus Taiwan wende ich mich jetzt Japan zu, das ja als erstes asiatisches Land in Essen wirklich Spuren hinterlassen hat. Heute gibt es eine ganze Reihe Leute, die sich speziell für japanische Spiele interessieren, und für die ist auch in diesem Jahr wieder einiges im Angebot.

JAPAN

Messevorschau 2019: JapanKein Verlag im eigentlichen Sinne, aber dennoch eine Legende ist Japon Brand (4-D113). Diese Organisation bringt jedes Jahr eine Auswahl von Spielen japanischer Kleinverlage nach Essen. Dieses Jahr sind es deutlich weniger als in den vergangenen Jahren, aber trotzdem ist wieder Interessantes dabei. Disclaimer: Ich habe sechs der Spiele für Japon Brand übersetzt.
Das größte Spiel im diesjährigen Angebot ist Orchard Ocean (analog lunchbox, €58) von Masaki Suga, der in den letzten Jahren schon mit einigen interessanten Spielen aufgefallen war (sein letztjähriger Erfolg Airship City kommt dieses Jahr auf der Messe bei Spielefaible auf Deutsch heraus, während das ebenfalls vielgelobte passtally bei Pandasaurus erscheinen wird). Orchard Ocean ist ein Legespiel, in dem man Inseln für Obstplantagen in den Ozean baut, die später dann auch Tourist*innen anziehen sollen die das bis dahin hoffentlich berühmt gewordene Obst verzehren. Numberplace City (ORUCA, €30) von Sotogamo Nakiku spielt ebenfalls im Ozean, allerdings unterhalb des Wassers, wo man nach clever erweiterten Sudoku-Regeln Städte errichten muss. In jeder Runde können ein bis mehrere Leute Plättchen auf dem Spielfeld unterbringen, und wer das mit der kleinsten Zahl platziert, darf eine Sonderfähigkeit nutzen. Mayfly war letztes Jahr eins dieser Spiele, die wohl nur aus Japan kommen können – wer würde hierzulande ein kooperatives Spiel über das Leben einer Eintagsfliege herausbringen? Da ist mein Interesse an Beluga (I Cannot Live by Myself, €20) von Kyu Takai schon mal geweckt. Eine Beluga-Mutter sucht ihr Junges und muss sich vor dem Eisbären in Acht nehmen – auch das ist ein wunderbar unverbrauchtes Thema, bei dem in Deutschland wahrscheinlich gleich die Kinderspiel-Glocken klingeln würden. In Japan ist das aber nicht automatisch so. Die anderen Spiele kosten allesamt entweder 17 oder 19 Euro. Davon kommt New Sakura (Librage) von Kenichiro Kawaguchi und Ryuji Sumiyoshi in einer absolut spektakulären Verpackung daher, die wie eine edle Pralinenschachtel wirkt und viele Blicke an sich ziehen wird. Es ist eigentlich ein Spielsystem mit drei Varianten, die mit dem gleichen Material gespielt werden, nämlich Karten in Blütenblätterform. FILLIT (radiuthree) von Ryo Nakamura ist ein abstraktes Spiel, in dem man versucht, seine Chips loszuwerden. Man zieht eine Figur eine Bahn entlang und legt unterwegs Chips ab, während man mit einem Blockadestein den anderen Spieler*innen das Leben schwer macht. Monster Party von Hajime Watanabe erscheint beim schon öfter positiv in Erscheinung getretenen Verlag KUA. In diesem Bluffspiel wollen die Monster endlich mal eine gute Party feiern, auf der kein Mensch stören darf. Man legt offene und verdeckte Karten vor sich aus und muss versuchen, ein Set aller fünf verschiedenen Monster zu finden, ohne dabei einen Menschen aufzudecken. Dann gelingt die Monsterparty. Yusuke Sato von New Board Game Party ist in Deutschland vor allem für Tempel des Schreckens bekannt, und er war schon mehrfach bei Japon Brand mit von der Partie. Diesmal sind gleich zwei Spiele von ihm im Programm gelandet. Mit Rect legt er ein abstraktes Spiel vor, in dem die Spieler*innen jeden Zug um einen rechten Winkel machen müssen. Wer dies als letztes schafft, gewinnt. In einer Spielvariante kommen Bomben ins Spiel, die auf dem Spielfeld versteckt sind und Spieler*innen aus dem Spiel werfen können. Messevorschau 2019: Japan (Japon Brand)Außerdem ist Stinky zu haben, ein Geschicklichkeitsspiel, in dem man ein seltsames stinkendes Wesen mit Seife (Würfeln) bewirft. Abgerundet wird das Japon-Brand-Programm von Trimau: Grand Tour (KogeKogeDo) von Takahiro Amioka, der ebenfalls schon Stammgast in Essen ist. Trimau ist ein Kartenspiel, das ein Fahrradrennen simuliert.

Wer sich für die Spiele von Japon Brand interessiert, sollte sie am besten zur Abholung vorbestellen, obwohl sie dann einen oder zwei Euro mehr kosten als direkt auf der Messe. Denn die Stückzahlen sind begrenzt und ein Jahr, in dem keins der Spiele ausverkauft war, gab es meiner Erinnerung nach noch nicht. Wenn Ihr dem Link folgt, findet Ihr auch Videos zu den einzelnen Spielen.

Fans japanischer Spiele bekommen auch bei den Spielen aus dem Hause itten (4-J120) leuchtende Augen. Dieser Verlag war mit seinem zweiten Spiel Tokyo Highway schlagartig ins Rampenlicht getreten und hat seither immer wieder gezeigt, dass er gern bereit ist, sämtliche Konventionen im Bereich des Spielmaterials über den Haufen zu werfen. Auch in diesem Jahr bleibt er sich in dieser Hinsicht treu. Neben einer Erweiterung für Tokyo Highway namens Cars & Buildings (ca. €18, die Preise stehen noch nicht fest), in der Hochhäuser als Hindernisse aufgestellt und viele neue Fahrzeugtypen eingeführt werden, gibt es auch zwei ganz neue Spiele. Einmal ist da Moon Base (ca. €26), das mit ringförmigen Spielsteinen gespielt wird, die man auf der Kraterlandschaft des Mondes zu möglichst wertvollen Gebilden auftürmt. Das Gesamtbild ist beeindruckend. Ich habe heute ein Exemplar von itten zugeschickt bekommen und es gleich mal ausprobiert – mein erster Eindruck ist prima, es durchbricht die Regeln für abstrakte Spiele auf wunderbare Weise. Ich hoffe, dass vor der Messe noch ein paar Partien dazukommen, dann schreibe ich auch noch was Ausführlicheres. Noch spektakulärer sieht Stonehenge and the Sun aus, das schon im letzten Jahr vorgestellt wurde, aber mittlerweile weiterentwickelt wurde und eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne hinter sich hat. Es kommt mit drei Spielvarianten Messevorschau 2019: Japandaher. Allen gemeinsam ist, dass man einen Steinring aufbaut und anschließend eine Metallkugel durch oder um das Gebaute schwingen lässt, wobei möglichst nichts umfallen sollte. Um die Kugel über das Spielfeld zu hängen, sind verschiedene Aufhängevorrichtungen beigelegt, sodass man keine Bohrmaschine rausholen muss, um es zu spielen. Im Moment sieht es allerdings so aus, als würden in Essen nur Kickstarter-Bestellungen abgeholt werden können, sodass keine Spontankäufe möglich sind. Alle itten-Spiele stammen von Naotaka Shimamoto, wobei er Tokyo Highway mit Yoshiaki Tomioka zusammen entwickelt hat. Disclaimer: Auch für itten war ich dieses Jahr als Übersetzer tätig.

Das waren natürlich noch nicht alle japanischen Verlage, die in Essen ausstellen. Fortsetzung folgt!

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung durch die Rechte-Inhaber*innen.

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