Neue Spiele aus Lateinamerika, August 2018 (Teil 2)

In Brasilien ist der September ein wichtiger Erscheinungsmonat für neue Spiele. Darauf bewege ich mich gerade zu – diesmal gibt es hauptsächlich Neuigkeiten aus Brasilien zu entdecken. Am Ende habe ich aber auch noch eine Kleinigkeit aus Peru für Euch. Viel Spaß beim Lesen.

Brasilien

ChicagoMarcos Macri ist mit zwölf veröffentlichten Spielen seit 2011 einer der erfolgreicheren brasilianischen Autoren. Sein Spiel Dogs dürften ja auch hierzulande einige Leute kennen. Nun erscheint von ihm in seinem Verlag MS Jogos ein Kartenspiel namens Chicago (mit Illustrationen von Diego Sanchez), in dem die Spieler*innen als Oberhäupter von Mafiabanden um die Macht in Naratetmalwo kämpfen. Man baut Geschäfte in der Stadt auf, hält sich die Polizei vom Leib und setzt die speziellen Fähigkeiten der Generationen (Großvater, Vater und Sohn) ein, um seine Macht zu konsolidieren. Obwohl Macri das Spiel als „klein“ angekündigt hat, sind als Spieldauer 90 Minuten angegeben, und das in einem sprachunabhänigen Kartenspiel. Da bin ich allemal gespannt.

Sir Holland o Bravo („der Mutige“) ist ein Comic eines Zeichners namens Zambi. Besagter Sir Holland ist ein Ritter und scheint in Brasilien hinreichend bekannt zu sein, um ein Spiel über ihn zu machen. Es heißt A Fuga da Torre („Flucht aus dem Turm“) und stammt von Eurico Cunha Neto, Alexandre Reis und Daniel Alves. Über die Mechanismen habe ich nicht so sehr viel herausbekommen, aber offenbar müssen die Spieler*innen versuchen, auf das Dach des Turms, in dem sie von einem bösen Zauberer eingesperrt wurden, zu gelangen, um von dort aus in die Freiheit zu fliegen. A Fuga da Torre soll noch in diesem Monat bei Taberna Jogos und Conclave Editora erscheinen.

Keine halben Sachen macht der brasilianische Verlag Sherlock S.A. bei der Benennung seines neuen Ameritrash-Spiels Yuzen: Essência do Mundo (Yuzen: Essenz der Welt). Mit einer Spielzeit von rund zwei Stunden ist das kartenbasierte Kampfspiel aber auch schon ein härterer Brocken. Die Spieler*innen übernehmen je eine Nation und ihre Held*innen und versuchen, ihre eigenen Interessen zu verteidigen und anderen Nationen was auf die Nase zu geben. Yuzen stammt vom Autorentrio Guilherme Vasconcelos, Renato Morroni und Thiago Ferri, illustriert wurde es von Manoela Boianovsky da Costa und Bruno César. Trotz erheblicher Vorschusslorbeeren in der brasilianischen Szene ist die Crowdfunding-Kampagne bisher ein wenig schleppend angelaufen.

Früher hat man sich beim Autoquartett Zahlen wie „Von 0 auf 100 in 6,3 Sekunden“ an den Kopf geworfen. Heute könnte man mal ein Kickstarter-Quartett machen: „Von 0 bis Finanzierung in 6,3 Stunden“ oder sowas. Zwei brasilianische Spiele liefern sich da gerade ein interessantes Rennen. Eins davon ist RPGQuest: Dungeons von Marcelo del Debbio, das ein neues Spiel seiner seit 2005 erfolgreichen RPGQuest-Reihe ist. Nach einer längeren Pause ging es letztes Jahr mit RPG-Quest: A Jornada do Herói (Reise des Helden) weiter, und nun hat er gleich noch das damit kompatible Dungeons an den Schwarm zur Finanzierung weitergereicht. Die Spielreihe ist eine Art Hybrid zwischen Rollen- und Brettspiel und kommt überraschend ohne aufwendige Miniaturen daher. Dass es trotzdem so schnell finanziert wurde und sich jetzt durch die Stretch Goals fräst, deutet darauf hin, dass es da wohl eine treue Fangemeinde geben muss. Die Illustrationen stammen von Ronaldo Barata, Douglas Duarte, Caio Monteiro und Ricardo Souza und das Spiel erscheint bei Daemon Editora.

Ebenfalls fast unmittelbar nach dem kürzlich erfolgten Start finanziert war Grasse – Mestres Perfumistas von Bianca Melyna und Moisés Pacheco de Souza (illustriert von Orly Wanders). In diesem Worker-Placement-Spiel befinden wir uns im französischen Städtchen Grasse (an das sich viele vielleicht durch den Roman „Das Parfum“ erinnern könnten). Als konkurrierende Parfümeure kaufen wir Zutaten und mischen die besten Düfte zusammen, ob solide Klassiker oder extravagante Spezialitäten. Was dabei herauskommt, müssen wir dann noch ausstellen und verkaufen, sodass verschiedene Stärken zum Tragen kommen können. Das Spiel soll bei Ludens Spirit erscheinen.

Peru

Wenn ich mir ansehe, wie viele Politikspiele so in Lateinamerika erscheinen, dann drängt sich mir der Eindruck auf, als ob es dort ein gesteigertes Bedürfnis nach so etwas geben könnte… wie zum Beispiel auch in Peru, wo Javier Zapata Innocenzis 2001 erstmals erschienenes Spiel Presidente soeben bereits in der vierten Auflage bei Malabares erschienen ist. In diesem kleinen Kartenspiel legt man aus der Hand Karten in eine Auslage, getrennt nach Stimmen, Geld und Einfluss. Wer am Ende die meisten Stimmen hat, gewinnt, aber um die Karten mit den meisten Stimmen spielen zu können, braucht man Geld und Einfluss, und wer zuviel Geld und Einfluss hat, kann von anderen der Korruption beschuldigt werden.

 

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung der Rechte-Inhaber*innen

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