Der Fünf-Minuten-Punktesalat

Tja, jetzt muss ich’s wohl doch mal tun. Ich schreibe ja eigentlich am liebsten über Spiele, die ich wirklich mag. Aber heute gibt’s leider mal einen Verriss, denn ich habe erstmals Villannex spielen können, ein japanisches Mikrospiel (auf sowas stehe ich ja häufig sehr), das ich mir 2014 auf der Messe in Essen gekauft hatte.

Villannex
Das Cover

Die Grundidee klingt eigentlich simpel-lustig genug, um Spaß zu machen: Man bekommt sechs Karten in die Hand, legt zwei davon verdeckt ab, zeigt die übrigen vier Karten den anderen und wählt von diesen dann verdeckt zwei Karten aus, die das eigene Dorf bilden, und für diese wiederum jeweils die linke oder die rechte Produktionsvariante (dafür gibt es extra Markierungskarten). Für die Dörfer gibt es Punkte, die zum Teil davon abhängen, welche Karten man selbst gespielt hat und zum Teil davon, welche Karten die anderen gespielt haben. Wer in dieser Wertung am meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt das Spiel.

Das ist alles, und das dauert vielleicht fünf Minuten. Leider teilt sich das ungefähr so auf: Eine Minute für das Abwerfen der ersten beiden Karten, eine Minute für das Vorzeigen der Karten, eine Minute für den Aufbau des Dorfes und zwei Minuten für die Wertung. Die Wertung nimmt also einen großen Teil einer Partie ein, und das ist völlig unlustig. Es gibt nämlich einen Siegpunktesalat, der eigentlich zu einem dieser modernen Optimierungsspiele passt, wo man sich etwas aufbaut, feststellt, dass man irgendwo ins Hintertreffen gerät, seine Pläne ändert und was anderes probiert, und schließlich von diesem und jenem Ende des Spiels Punkte einsammelt und guckt, ob man die meisten hat. Sowas mag ich grundsätzlich schon nicht besonders, aber wenn diese Art der Wertung nahezu ohne vorangegangenes Spiel, ohne sich entwickelnde Strategie oder auch nur den leisesten Anflug von Atmosphäre stattfindet, wirkt es völlig anstrengend und unbefriedigend.

Villannex
Wie viele Punkte habe ich jetzt? Ich produziere zwei Schweine und ein Getreide, also drei Punkte. Aber was bedeutet die Karte rechts?

Eigentlich soll an Villannex ja Spaß machen, dass man sich überlegt, was die anderen wohl aus ihren Karten auswählen und versucht, in eine Lücke zu stoßen. Das finde ich auch keine schlechte Idee, aber leider prallen jetzt wieder zwei Dinge aufeinander: Eine komplexe Situation, in der vieles möglich ist und jede/r theoretisch ausrechnen kann, womit er oder sie am besten punkten kann (wofür allerdings keinerlei Zeit bleibt, wenn man das Spiel auf eine halbwegs vernünftige Dauer begrenzen möchte), und eine minimale Kartenhand, die einem geniale Winkelzüge eben doch nicht erlaubt. Also sozusagen zwei Spielphilosophien genommen, ihre Nachteile rausgesucht und miteinander gemischt. Und das ist mir leider auch keine fünf Minuten wert.

Auch sonst überzeugt mich an dem Spiel nichts. Die Gestaltung der Karten ist hässlich und unübersichtlich, die englischen Kartentexte sind von jemandem ohne viel Kontakt zu Englisch geschrieben worden und ergeben nur gelegentlich Sinn, die Karten sind sehr dünn und wabbelig und die Schachtel ist ebenfalls aus sehr dünner Pappe.

Also, selbst für mich als Liebhaber von Mikrospielen ist das nix. Andere Vertreter des Genres haben definitiv oft mehr zu bieten.

Gesamteindruck: 3/10

Villannex (ヴィラネックス, 合併競議会)
für zwei bis vier Leute
von Takahiro
Illustrationen von Takahiro
Japon Brand/KogeKogeDo, 2014

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert