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Die Sache mit dem Rechtsextremismus

Wer die letzten Monate und Jahre nicht unter einem Stein zugebracht hat, weiß, dass es in Deutschland ein Problem mit erstarkendem Rechtsextremismus gibt. Das macht mir Sorge. Einmal, weil es uns allen Sorge machen sollte. Dann ganz konkret, weil es in meinem unmittelbaren Umfeld Menschen gibt, die von vielen Rechtsextremen als fremdartig angesehen werden, und um die ich Angst habe. Schließlich auch, weil ich Spieler bin. Als solcher habe ich immer wieder erfahren, was für ein integratives Hobby das Spielen sein kann. Als Lehrer für Deutsch als Fremdsprache in der Erwachsenenbildung habe ich immer wieder Spiele in und neben dem Unterricht eingesetzt und gesehen, wie sehr das Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammengebracht hat. Auf meinen Reisen nach Italien, Polen, Taiwan und zuletzt Chile war ich trotz Sprachbarrieren in der örtlichen Spieleszene immer willkommen und brauchte mich nicht fremd zu fühlen. Als ich (per Teilzeit) nach Stuttgart gezogen bin, wo ich kaum jemanden kannte, wer hat mich dort mit offenen Armen empfangen? Die Spieleszene. Das ist eine großartige Sache und steht dem Rechtsextremismus, dessen zentrale Ziele Ablehnung, Ausgrenzung und eine Erhöhung der einen über die anderen sind, diametral entgegen.

Natürlich mache ich mir keine Illusionen: Auch in der Spieleszene gibt es Menschen, die rechtsextremem Gedankengut nahestehen. Zum Glück ist das in meinem persönlichen Umfeld zumindest nicht öffentlich sichtbar. Und ich möchte weiterhin mein Möglichstes dafür tun, dass das Spielen seine integrative Kraft behält und Menschen aus aller Welt zusammenbringt anstatt sie zu trennen. Das wird leider nicht von allein passieren, sondern ist eine herausfordernde Aufgabe für alle, denen daran liegt. Ich freue mich über alle, die das ähnlich sehen wie ich.

Diesen kurzen Text habe ich auf Anregung des Beeple-Netzwerks geschrieben. Meine Mitgliedschaft im Netzwerk ruht zwar (und ich schreibe hier ohnehin nur noch selten was, wie Ihr wisst), aber gute Initiativen unterstütze ich gern, wo ich kann. 

Gedenken an Wieland Herold

Wieland Herold

Wieland Herold war überall. Richtig kennengelernt habe ich ihn auf den Spieleautor*innentreffen in Göttingen, auf denen er in vielerlei Funktion unterwegs war – er betreute für die Jury Spiel des Jahres (der er fast 25 Jahre lang angehörte) das Nachwuchsstipendium, fotografierte so ziemlich alle Autor*innen, die das wollten, und hatte dabei auch immer noch Zeit für und Interesse an einem Gespräch über die präsentierten Spiele oder anderes. Aber auch auf den anderen einschlägigen Veranstaltungen in Essen oder Nürnberg war er allgegenwärtig – wo es um Spiele ging, da traf man auch Wieland. 2018 hatte ich die Ehre und das Vergnügen, ihn hier bei mir zu Hause empfangen zu dürfen. Er hat damals einen Artikel in der Spielbox über meine Leidenschaft für Spiele aus aller Welt geschrieben. Die Fotos hat er mir damals überlassen, und ich nutze sie jetzt noch gelegentlich, wenn ich irgendwo erklären soll, was ich hier mache.

In seinem Blog Mit 80 Spielen durch das Jahr widmete er sich unermüdlich neuen Spielen (und vergaß auch die alten nicht). Seinen prägnanten, unaufgeregten Schreibstil habe ich immer als sehr angenehm empfunden.
2019 wurde er für seine Verdienste um das Kulturgut Spiel mit dem Göttinger Spatz ausgezeichnet. Sicher hätte er es genossen, nach der zweijährigen Coronapause in diesem Juni die Laudatio auf den nächsten Preisträger zu halten. Nun ist Wieland Herold am Donnerstag gestorben. Ich werde ihn nicht nur auf dem Autor*innentreffen schmerzlich vermissen.

Neue Spiele aus Lateinamerika, Teil 1/2022

Ich habe in Lateinamerika in meiner Pause eine ganze Menge verpasst, beziehungsweise nur kurze Notizen gemacht, wenn ich was gefunden habe, ohne mir die Spiele genauer anzugucken. Die Sachen, die ich hier vorstelle, sind zum Teil schon letztes Jahr erschienen, aber ich denke mal, für die meisten von Euch dürften sie trotzdem noch neu sein. Meine alte Frequenz von zwei solchen Artikeln im Monat kann ich sicher nicht mehr durchhalten, aber ich versuche, es wenigstens ab und zu hinzukriegen.

Brasilien

Eine sehr erfolgreiche Catarse-Kampagne hat <strong>Mar de Mentiras</strong> (Meer der Lügen) von Vinicius Szabo und Bruno Zinneck hinter sich. Der Titel bedeutet Meer der Tränen, und es geht darum, die Kontrolle über ein Schiff zu übernehmen – der alte Käpt‘n ist nämlich plötzlich verschwunden. Jetzt heißt es, ordentlich Seemannsgarn zu spinnen. Man legt nämlich verdeckt Karten aus der Hand und beschreibt die Situation, die darauf steht (oder sagt sie zumindest an, wobei der Spaß wohl in der Ausschmückung besteht). Damit kann ich mir wertvolle Besatzungsmitglieder schnappen. Die anderen dürfen anzweifeln, dass die Geschichte wirklich mit der ausgespielten Karte übereinstimmt. Wenn niemand zweifelt und ich gelogen habe, bekomme ich weitere Besatzungsmitglieder aus der Mitte, und am Ende geht es darum, viele Besatzungsmitglieder auf meine Seite zu ziehen und damit das Spiel zu gewinnen.
Mar de Mentiras ist bei Cordilheira Games erschienen.

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Die Weihnachtsempfehlungen von Beeple

Nach längerer und überaus unfreiwilliger Pause kommt hier mal wieder ein Lebenszeichen von mir. Ich hoffe, in den nächsten Wochen zumindest ab und zu mal was schreiben zu können. Heute gibt es nur den Verweis auf die Weihnachtsempfehlungen aus dem Beeple-Netzwerk. Vielleicht ist es ja für manche von Euch noch nicht zu spät und Ihr seid noch auf der Suche. Ihr findet die Liste hier.

Ein paar Worte zu meinen eigenen Empfehlungen: Scout ist schon 2019 in Japan erschienen. Ich war nach ein paar Partien mir einer Online-Umsetzung gerade dabei, mir ein Exemplar zu organisieren, als die Nachricht kam, dass Oink Games das auf Deutsch rausbringen wird. Noch habe ich kein eigenes Exemplar, aber mit dem Spiel selbst schon einiges an Erfahrung. Das werde ich wohl auch noch mal rezensieren, wenn die Zeiten besser sind.
Stich-Rally habe ich schon mal hier
besprochen, nachdem es zuerst in Korea erschienen war. Das ist einfach ein schönes Familienspiel, was gut mit nicht allzu kleinen Kindern funktioniert.
Revelations schließlich habe ich mal vom Verlag bekommen. Ich wusste erst gar nicht, was ich damit anfangen sollte, es sah zwar sehr hübsch aus, aber das Spiel klang gar nicht so spannend. Aber ich war dann positiv überrascht, das funktioniert prima und ist, ungewöhnlich für ein Partyspiel, auch für Pärchen geeignet.
Aber guckt gern auch bei meinen Kolleg:innen, da könnt Ihr ja auch sehen, was von vielen Leuten empfohlen wurde. Viel Spaß damit! Und hoffentlich bis bald.

Die SAZ ist 30 Jahre alt

Die Messe ist vorbei und ich konnte leider bis auf einen Abstecher zur Spiel Digital (dazu mehr hier) nicht dabei sein. Das hat mich etwas wehmütig gemacht, aber mir auch eine Menge Arbeit auf meinem Blog erspart, weil ich ja sonst immer versucht habe, schon im Vorfeld alle möglichen Spiele aus fernen Ländern vorzurstellen. Das fiel diesmal weg, und es war trotz der Wehmut eine entspannte Zeit für mich. Ich habe jetzt auch keinen riesigen Haufen Spiele in die Finger bekommen (bisher nur das wunderbare Spiel Salvage – ein paar weitere Sachen werden dank der freundlichen Hilfe einiger Leute noch hier ankommen, darauf freue ich mich auch). Daher kann ich auch nicht viel über Highlights oder sowas sagen. Aber über ein Thema kann ich auch ohne persönliche Anwesenheit was schreiben, nämlich dass die SAZ auf der Messe 30 Jahre alt geworden ist.
Dass die SAZ eine Interessenvertretung von Spieleautor:innen ist, wissen wahrscheinlich viele von Euch. Aber was bedeutet das eigentlich konkret? Was bringt es, da Mitglied zu sein? Können nur Leute eintreten, von denen schon was veröffentlicht wurde?

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Die Spiel Digital 2021

Letztes Jahr konnte die Spiel Digital trotz einiger Probleme den Schmerz über die ausgefallene Präsenzmesse zumindest ein bisschen betäuben. Damals hieß es, die Investitionen in die Plattform würden sich eh nur rentieren, wenn sie auch in zukünftigen Jahren genutzt würde. Kurz durften wir also davon träumen, dass auch Leute, die nicht nach Essen reisen können, ein paar Möglichkeiten haben würden, sich zugehörig zu fühlen. Die Präsenz vieler Verlage aus Übersee war eine tolle Sache, an die ich mich gern erinnere.
In diesem Jahr wurde die Teilnahme an der Spiel Digital auf die Verlage begrenzt, die auch einen Präsenzstand gebucht hatten. Dafür mag es Gründe geben, aber es war eigentlich gleich klar, dass kaum ein Verlag genügend Kapazitäten haben würde, beides gleichzeitig zu stemmen. Das hat sich nun bewahrheitet. Die Spiel Digital findet praktisch nicht statt. Ich habe mich gerade mal durch sämtliche Verlagsstände durchgeklickt. Hier sind ein paar Screenshots:

So ungefähr sehen weite Teile der Verlagsübersicht aus.

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Das Beeple-Radio ist wieder da

Letztes Jahr hat Beeple viel Lob für unsere Berichterstattung von der Spiel Digital eingeheimst, das hat uns gefreut. Dieses Jahr war es nicht möglich, etwas ebenso Umfangreiches auf die Beine zu stellen. Die Spiel Digital ist ja dieses Jahr auch nur ein kleiner Teil der Gesamtveranstaltung, viele von Euch werden auf der Messe selbst sein. Daher gibt es dieses Jahr ein inoffizielles Messeradio mit einer Reihe von Sendungen rund um die Messe, die Ihr Euch jederzeit herunterladen könnt. Die ersten Sachen sind gestern online gegangen, in den nächsten Tagen folgen nach und nach weitere, damit Ihr Euch in Messestimmung bringen könnt. Ein paar Livesendungen von und zur Messe sind dann ab Mittwochabend geplant. Wir hoffen, Ihr hört mal rein.

Leider konnte ich diesmal nur eine Sendung beisteuern, nämlich ein Interview mit Victor Hugo Cisternas, einem der Autoren von Mazescape (und einer Reihe anderer Spiele). Das  (auf Englisch) geführte Interview ist schon online, Ihr findet es hier.

Big Boss – ein katarisches Spiel in Essen

Bis vor Kurzem habe ich beim Thema Katar eher nicht als allererstes an Spiele gedacht (wenn wir mal von Fußball absehen). Aber Ihr kennt mich ja: Ich gehe gerne genau da hin, wo es Überraschungen zu erleben gibt. Und kürzlich habe ich erfahren, dass dieses Jahr auf der Messe in Essen ein kleiner Verlag aus Katar vertreten sein wird, um sein Spiel Big Boss vorzustellen. Also habe ich mich mit Autor und Verleger Abdulrahman Al-Homaid in Verbindung gesetzt und ihm ein paar Fragen geschickt, die er mir netterweise ausführlich beantwortet hat.

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Mazescape: Verloren im gläsernen Labyrinth

In Pandemiezeiten habe ich vielleicht mehr Solospiele gespielt als in meinem restlichen Leben zusammen. Ich mache sowas eigentlich nur, wenn mir derlei Spiele mehr oder weniger zufällig in die Hände fallen, da Interaktion für mich zu den wichtigsten Qualitäten von Spielen gehört. Andererseits bin ich ein neugieriger Mensch und probiere gern neue Sachen aus. In den letzten Monaten, in denen meine gewohnten Spielerunden nahezu gar nicht stattfinden konnten und meine Familie das nicht völlig auffangen konnte, trug es sich nun zu, dass mir einige Solospiele zukamen. Zuletzt waren das die ersten beiden Ausgaben von Mazescape von Pablo Céspedes und Victor Hugo Cisternas. Die beiden sind in der chilenischen Spieleszene ziemlich sichtbar, ich hatte schon ein paar ihrer Spiele ausprobieren und sie vor einigen Jahren auch in Essen kennenlernen können. Victor war so freundlich, mir die Spiele frisch aus der Druckerpresse zuzuschicken. Was ich damit erlebt habe, erzähle ich Euch jetzt.

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