Archiv der Kategorie: Autor/innen

Rückblick auf das Spieleautor:innentreffen 2022

Ich bin ja nicht so der rasende Reporter, daher kommt mein kleiner Bericht über das Göttinger Spieleautor:innentreffen auch erst jetzt. Stattgefunden hat es am 11. und 12. Juni 2022 in der Lokhalle, und natürlich war ich die ganze Zeit da und habe es total genossen. Die Lokhalle ist ein toller Ort dafür, und wenn ich mir die aktuellen Prognosen für die Fertigstellung der Stadthalle ansehe, ist es nicht ausgeschlossen, dass wir uns auch im nächsten Jahr noch mal in der Lokhalle treffen können.

Die Plakate hätten etwas weiter verbreitet sein können – aber wer die Augen offen hielt, konnte sie erspähen.

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Taiki Shinzawa – der Meister der Stichspiele

Frage ich in der Spieleszene, wer die spannendsten Autor:innen sind, höre ich meistens Namen wie Stefan Feld, Alexander Pfister oder Uwe Rosenberg (und so weiter). Frage ich in meinem aktuellen Spieleumfeld, lautet die Antwort oft: Taiki Shinzawa. Hand aufs Herz: Kennt Ihr den?

Taiki Shinzawa
Taiki Shinzawa mit einigen seiner Werke. Bildrechte: Taiki Shinzawa.

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Spieleautorentreffen 2019 – ein Bericht mit vielen bunten Bildern

Am 6. und 7. Juli 2019 fand in Göttingen zum 38. Mal das Spieleautorentreffen statt. Da ich diesmal keine präsentablen Prototypen hatte, habe ich die Gelegenheit genutzt, mal mehr zu fotografieren und Leute kennenzulernen. Dieser Artikel wird hauptsächlich eine Fotostrecke, die hoffentlich die Vielfalt der präsentierten Spiele zumindest ein bisschen abbilden kann. Aber ein paar Informationen liefere ich natürlich nebenbei auch.

Spieleautorentreffen 2019

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Wenn man nichts mehr wegnehmen kann.

Il semble que la perfection soit atteinte non quand il n’y a plus rien à ajouter, mais quand il n’y a plus rien à retrancher.

Das hat Antoine de Saint-Exupery geschrieben. Es heißt ungefähr:

Es scheint, als ob Perfektion nicht dann erreicht würde, wenn es nichts mehr hinzuzufügen, sondern wenn es nichts mehr wegzunehmen gibt. 1

Wer dieses Blog öfter mal liest, weiß vielleicht schon, dass ich mich besonders für einfache Spiele interessiere. Viel Spielspaß mit wenigen Regeln zu erzeugen, ist für mich wahre Kunst. Ich stehe der Flut an Erweiterungen für gute Spiele auch etwas ratlos gegenüber, denn das Hinzufügen von weiteren Regeln sorgt bei mir nur dann für ein besseres Spielerlebnis, wenn mit dem Grundspiel etwas nicht in Ordnung war. Wenn sie einfach nur weitere Möglichkeiten hinzufügen, dann muss ich länger über die neuen Regeln nachdenken. Wirklicher Wiederspielreiz beginnt für mich aber erst dann, wenn ich die Regeln so weit verinnerlicht habe, dass ich nicht mehr über sie nachdenken muss. Dann kann ich mich in das Spiel versenken und es genießen.

Ein Meister der Reduktion unter den Spieleautoren ist Jacques Zeimet. Ob in einem Kinderspiel wie Mäusekarussell oder in seinen Familienspielen aus der Kakerlakenreihe – immer wieder freue ich mich daran, wie viel Spaß aus an und für sich simplen Grundideen entstehen kann. Ein weniger bekanntes Spiel von Zeimet ist Mandalay. Ich habe das Glück, ein Exemplar der Ausgabe zu besitzen, die 2008 als Preis bei der Mathe-Olympiade in Niedersachsen vergeben wurde (um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin eher weit davon entfernt, Mathe-Preise zu gewinnen, aber ich mache da öfter mal als Helfer mit).

Mandalay
Meine mittlerweile schon etwas vergilbte und ramponierte Mandalay-Schachtel.

Worum geht’s, und macht das Spaß?

Das Spiel besteht aus 24 Bauteilen in zwei Farben, aus denen man zwölf zweistöckige Pagoden baut, die man in beliebiger Reihenfolge kreisförmig anordnet. Bei sechs Pagoden liegt die eine Farbe oben, bei sechs die andere (die Farbe des jeweils unteren Stockwerks ist beliebig). Wer dran ist, nimmt ein oberes Stockwerk einer Pagode weg (und zwar eins in der eigenen Farbe) und wandert damit so viele Schritte im Kreis herum, wie die Pagode Stockwerke hatte (zu Beginn also zwei Schritte). Dann setzt man das Stockwerk auf die dortige Pagode obendrauf. Wenn eine Pagode komplett abgebaut ist, verschwindet auch ihr Bauplatz, der Kreis verengt sich also. Pagoden können maximal fünf Stockwerke hoch sein, und über solche Pagoden kann man auch nicht mehr hinwegziehen. Wer keinen Zug mehr machen kann, hat verloren.

Das sind die kompletten Regeln. Man braucht kein 24-seitiges Regelbuch, keine Übersichtstafeln über die Zugmöglichkeiten und Siegpunkte, und man braucht ganz sicher keine Erweiterungen. Das Spiel ist simpel, und das ist gut so – ich jedenfalls lehne keine Partie ab, und sollte es wirklich mal länger ungespielt im Regal spielen, dann werde ich hinterher wahrscheinlich immer noch wissen, wie es geht. Und weiterhin darüber nachgrübeln, wie ich meine/n Gegner/in unter Druck setzen kann. Das Vorausplanen von sinnvollen Zügen finde ich nämlich keineswegs trivial. Man muss beim Ziehen berücksichtigen, wie hoch die Zielpagode wird (die ist meistens von einer anderen Höhe als die Ausgangspagode, man kann also nicht im nächsten Zug einfach wieder zurückgehen), man kann versuchen, die Gegenseite durch den Bau einer Fünferpagode zu blockieren, und man kann versuchen, sich dem Abgedecktwerden zu entziehen, oft auch dadurch, dass man eine Pagode ganz auflöst und damit auch das Spielende näherbringt.

Blau kann nichts mehr wegnehmen, denn in beiden Richtungen ist der Weg durch fünf Stockwerke hohe Pagoden blockiert.

In der aufwendigeren Giseh-Holzausgabe gibt es noch eine Art ringförmiges Spielbrett, aber wozu das sinnvoll ist, hat sich mir nicht erschlossen, denn das Verengen des Kreises ist auch optisch ein Genuss (und die Gestaltung passt auch nicht recht zum Titel Mandalay, weil es weniger nach Pagoden aussieht). Das Spiel lebt ja auch gerade davon, dass man es in fünf Minuten spielt und dann meist gleich mehrmals hinterinander, weil man sofort das Gefühl hat: Das könnte ich noch besser hinkriegen. Abendfüllend ist das nicht, aber wunderbar in seinem Genre. Ein Spiel, dem nichts hinzuzufügen ist, und wenn es nichts mehr wegzunehmen gibt, endet es.

Gesamteindruck: 8/10

Mandalay
für 2 Leute
von Jacques Zeimet
Giseh, 2007

Disclaimer: Ich helfe gelegentlich bei der Edition Perlhuhn aus. Diese hat das Spiel allerdings weder entdeckt, noch jemals kommerziell vertrieben oder sonstwie was dran verdient.

1 Im Netz allenthalten übersetzt mit „Vollkommenheit entsteht offensichtlich nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.“
Eigentlich kann ich gar nicht ernsthaft Französisch, aber „Il semble que“ mit „offensichtlich“ zu übersetzen gibt dem vorsichtigen, forschenden Original einen belehrenden Ton, und das lasse ich nicht gern so stehen. Falls das jemand noch eleganter übersetzen kann, freue ich mich über Hinweise.

Fotos vom Spieleautorentreffen in Göttingen 2017

Eigentlich hoffe ich ja, dass Ihr vernünftig genug seid, hier nicht nur wegen meiner Fotografierkünste hereinzuschauen. Die sind nämlich eher von bescheidener Qualität. Aber an diesem Wochenende war in Göttingen mal wieder das Spieleautorentreffen, und da das unter den großen jährlichen Fixpunkten Nürnberg – Göttingen – Essen das Ereignis ist, das vielleicht die wenigsten von Euch schon mal persönlich besucht haben, kommen hier ein paar Eindrücke. Die meisten Fotos habe ich gelöscht, weil sie zu schlecht waren, aber ein paar Bilder kommen jetzt doch.

Spieleautorentreffen Göttingen 2017
Die Stadthalle war angemessen beflaggt.

Los ging es am Freitag Abend mit der Mitgliederversammlung der Spieleautorenzunft. Mit rund fünfzig Anwesenden war sie gut besucht. Wie alle zwei Jahre standen Vorstandswahlen an. Marco Teubner (Stone Age Junior) und Arve Fühler (El Gaucho), die in den letzten Jahren Vorstandsarbeit gemacht hatten, standen nicht wieder zur Wahl. Hartmut Kommerell (Finito!), der zum neuen ersten Vorsitzenden gewählt wurde, stehen jetzt Stefan Kloß (Beasty Bar) und Markus Hagenauer (Cairo Corridor) zur Seite.

Spieleautorenzunft - Vorstand
Stefan Klos, Hartmut Kommerell und Markus Hagenauer

Natürlich gab es auch andere interessante Diskussionen, zum Beispiel über Verträge und die Arbeit der SAZ insgesamt. Schließlich wurde Wolfgang Kramer zum Ehrenmitglied ernannt, der seit der Gründung der SAZ aktives Mitglied ist.

Am Samstag bildete sich dann erstmal eine ziemliche Schlange, aber mittlerweile geht es am Einlass wesentlich schneller als früher.

Spieleautorentreffen 2017

Die Halle füllte sich entsprechend zügig. Es ist ein bisschen schwierig, das angemessen einzufangen. Es gibt kein Gedränge wie in Essen, aber es ist trotzdem viel los – Zeit für Langeweile blieb jedenfalls nicht.

Spieleautorentreffen 2017

Es war nicht so dunkel, wie es auf diesen Fotos aussehen mag – das liegt nur an mir. 🙂

Ich habe auch nicht so viele einzelne Prototypen fotografiert, obwohl viele es wert gewesen wären. Für diesen mache ich eine Ausnahme: Das Zwei-Personen-Spiel Fish n‘ Ships von Antoine Noblet hatte im Januar 2017 bereits einen Autorenpreis gewonnen und war in den Medien schon aufgetaucht, daher gebe ich hier keine Geheimnisse preis. Ich hatte selbst die Gelegenheit, es zu spielen und habe gut nachvollziehen können, warum es die Jury überzeugt hat. Es arbeitet mit einfachen Regeln und bietet dennoch eine erhebliche Spieltiefe und die Gelegenheit, spannende Spielzüge vorauszuplanen.

Fish n' Ships
Fish n‘ Ships von Antoine Noblet

Heute war das Autorentreffen dann für ein interessiertes Publikum geöffnet. Schon früh morgens wurde der Gewinner des Stipendiums für Nachwuchsautoren von der Jury Spiel des Jahres vergeben. Diese Jahr gewann Paul Schulz aus Greifswald, der mit den Spielen Sunset und Silly Space Adventure angetreten war. Sunset war mir am Samstag schon aufgefallen, da geht es darum, Fotos vom Sonnenuntergang zu machen, auf denen Windmühlen, Bäume, Tiere und so weiter abgebildet sind. Die Fotos setzt man aus transparenten Folien zusammen, was einen tollen Gesamteindruck ergibt. Silly Space Adventure ist ein Partnerspiel, bei dem jeweils zwei Leute ein Raumschiff durch’s Weltall lotsen. Das funktioniert ähnlich wie bei Lucky Lachs oder so, man muss koordinierte Bewegungen machen, um dem Raumschiff die entscheidenden Impulse zu geben.

Dann füllte sich die Halle so langsam mit spielinteressierten Göttinger/innen, die spielten, probierten, diskutierten und einen schönen Einblick in die Arbeit der SAZ bekamen. Viel zu früh war dann wie immer um 14 Uhr die Veranstaltung beendet.

Obwohl ich in diesem Jahr an meinem Tisch gar keine neuen Prototypen präsentiert habe, war es ein tolles Treffen für mich. Ich konnte einigen Verlagsleuten lateinamerikanische Spiele näherbringen und auch Mission Impractical weiterverbreiten. Und auch sonst konnte ich vermitteln, kennenlernen, spielen, lachen und alles, was sonst noch dazugehört. Ich freue mich schon wieder sehr auf das nächste Jahr.

Diesen Artikel kann ich natürlich nicht beenden, ohne ein paar Worte zu Reinhold Wittig zu verlieren, der das Treffen 1983 ins Leben gerufen hatte und sich wahrscheinlich auch nicht hat träumen lassen, dass eines Tages mal fast 200 Autorinnen und Autoren teilnehmen würden. 2017 hat er sich erstmals nicht mehr selbst an der Organisation beteiligt, war aber natürlich immer präsent. Dieses Jahr wurde er dann konsequenterweise mit dem Preis Göttinger Spatz geehrt, der von der Stadt Göttingen jährlich für besondere Verdienste um das Kulturgut Spiel verliehen wird. Ich habe kein gutes Foto von ihm bei seiner inspirierenden Dankesrede machen können. Daher stattdessen ein Bild von der Perlhuhn-Feder, bei der die Anwesenden sich verewigen konnten.

36. Spieleautorentreffen in Göttingen

Spieleautorentreffen

Über das Spieleautorentreffen hatte ich letztes Jahr schon mal was geschrieben. Jetzt steht steht die 36. Auflage vor der Tür, und ich freue mich schon wieder sehr drauf. Erstmals in diesem Jahr tritt die Spieleautorenzunft als Mitveranstalterin auf. Die Veranstaltung bleibt natürlich im Kern die gleiche, auch wenn es kleinere organisatorische Änderungen gibt – und das Treffen so stark gewachsen ist, dass es zum ersten Mal einen Anmeldestopp gab. Insgesamt sind 186 Tische vergeben worden, das ist wirklich enorm. Über 30 Verlage werden dort Prototypen sichten, aber vor allem wird es auch die Gelegenheit für die Autor/innen geben, sich untereinander auszutauschen und sich inspirieren zu lassen.

Am Sonntag (11. Juni) ist die Veranstaltung für ein interessiertes Publikum geöffnet. Wer sich für die Entwicklung von Spielen interessiert und es nicht allzu weit hat, darf sehr gern mal vorbeikommen.

Spiele entwickeln lernen

Es gibt so Leute, die sind in der Spieleszene eine Legende. Für die einen mag das Stefan Feld sein, für andere Tom Vasel, für mich ist es zum Beispiel Kathleen Mercury. Ich habe sie zwar leider noch nie persönlich getroffen, verehre sie aber aus mindestens zwei Gründen sehr. Zum einen hat sie schon anderthalb Spieletitel für mich erfunden, nämlich für Mission Impractical und zum Teil für Tricky Bid. Zum anderen ist sie Lehrerin an einer Schule und unterrichtet dort in einer Hochbegabtenklasse Spielentwicklung. Ja, ernsthaft. Zweimal pro Jahr stellt sie auf Boardgamegeek die Prototypen ihrer Siebtklässler/innen vor, und wenn Ihr Euch für sowas auch nur ein bisschen interessiert (und Ihr Englisch könnt), solltet Ihr da unbedingt mal reingucken. Es sind jedes Mal Spielideen dabei, die (auch thematisch) einfach verblüffend sind. Traut Euch auch ruhig, den einen oder anderen netten Kommentar abzugeben, denn sowas ist für die Nachwuchsautor/innen eine tolle Bestätigung. Die 23 Prototypen aus diesem Semester findet Ihr hier.

 

P.S.: Meine beiden oben genannten Gründe hängen letztlich sogar zusammen. Bei Mission Impractical kam der Titel zwar von Kathleen, aber es gab dazu eine denkwürdige Brainstorming-Sitzung in ihren Klassen.

Hajo Bücken ist gestorben.

Eigentlich hatte ich ja eine Pause bis zum 8. Januar angekündigt, „wenn nichts dazwischenkommt“. Nun ist leider was dazwischengekommen: Gestern ist Hajo Bücken gestorben. Für die jüngere Generation von Spieler/innen stand er wahrscheinlich nicht mehr so im Mittelpunkt, aber für mich war er in den Achtzigern einer der ersten Spieleautoren, deren Namen ich kannte. Er wohnte damals wie ich in Bremen und das war mir aufgefallen, obwohl ich ihn dort nie getroffen habe. Seine Mimürfel und viele kleine andere Spiele in Dosen und Rollen und sonstigen ungewöhnlichen Verpackungen waren selbst zu einer Zeit, als vieles noch nicht so standardisiert war wie heute, auffällig.

Erst vor einigen Jahren habe ich Hajo Bücken selbst kennen gelernt, als ich anfing, mich in der Spieleautorenzunft zu engagieren. Er war schon 1991 deren erster Vorsitzender gewesen und 2013, als auf einer Mitgliederversammlung ein/e Kandidat/in für den Vorstand fehlte, spontan erneut für ein Amt eingesprungen. 1988 gehörte er zu den Unterzeichnern der berühmten Bierdeckel-Proklamation, durch die erreicht wurde, dass Spieleautor/innen überhaupt auf Spieleschachteln genannt wurden. Er war einfach immer da.

Im Jahr 2016 sind viele Prominente gestorben. Hajo Bücken wird mir mehr fehlen als manche andere.

35. Spieleautorentreffen in Göttingen

Versetzen wir uns doch mal einen Moment lang in das Jahr 1982. Die Auszeichnung „Spiel des Jahres“ ist noch jung und ihre heutige weltweite Bedeutung noch nicht annähernd abzusehen, es gibt kein Internet, in dem man sich mal eben schnell über Spiele-Neuerscheinungen informieren kann, (dafür muss man schon die Spielbox, die seit Oktober 1981 erscheint, oder die noch etwas ältere Pöppel-Revue abonnieren), die erste Spielemesse in der Volkshochschule Essen liegt noch ein Jahr in der Zukunft und Spiele seiner Lieblingsautorinnen und -Autoren kann man auch noch nicht recht suchen, denn Spieleautor/innen werden nur in seltenen Ausnahmefällen auf der Schachtel genannt.

Spieleautorenteffen
Begleitheft vom ersten Treffen

In dieser heute fast unwirklich klingenden Zeit hatte Reinhold Wittig, der auch den Begriff „Spieleautor“ geprägt hatte, die Idee, damals aktive Spieleautor/innen zu einem Treffen einzuladen. Natürlich hatten sich auch vorher schon welche getroffen, aber eben eher in kleineren Runden. Nun sollte es in größerem Rahmen stattfinden, und zwar in Wittigs Heimatstadt Göttingen. Und so versammelte sich im Januar 1983 eine Schar von Autorinnen und Autoren im Künstlerhaus in Göttingen, um ihre neuen Ideen vorzustellen, miteinander zu fachsimpeln und überhaupt ihre Rolle ein wenig sichtbarer zu machen – das Göttinger Spieleautorentreffen war vermutlich das erste seiner Art auf der Welt, und es ist meines Wissens bis heute auch das weltweit größte. Dieses Jahr am 4. und 5. Juni findet es zum 35. Mal statt (zu Beginn gab es teilweise zwei in einem Jahr), und zwar schon längst nicht mehr im dafür viel zu kleinen Künstlerhaus, sondern in der Göttinger Stadthalle. Seit einigen Jahren bin ich als Mitveranstalter dabei.

Spieleautorentreffen in Göttingen ca. 2011
Das Spieleautorentreffen ca. 2011

Und was passiert heutzutage so auf dem Autorentreffen? Wer sich als Autor/in anmeldet, bekommt einen der rund 150 Tische und kann dort Prototypen präsentieren. Vertreter/innen nahezu aller größeren und vieler kleinerer deutscher (und mit steigender Tendenz auch internationaler) Verlage wandern von Tisch zu Tisch und suchen nach Spielen, die ins eigene Portfolio passen könnten. Es ist also sozusagen umgekehrt wie in Essen oder Nürnberg, wo Verlage ihre Stände haben und dort Termine mit Autor/innen machen. Noch ein Unterschied: Auf den großen Messen haben die großen Verlage oft die imposantesten Stände. In Göttingen haben alle Autor/innen einen gleich großen Tisch, egal ob sie ihre allerersten Stehversuche machen oder Spiel-des-Jahres-Preisträger/innen sind. Und da man nicht permanent im Verlagsgespräch ist, hat man zwischendurch Zeit, auch andere Autor/innen kennen zu lernen, gegenseitig Ideen zu begutachten und neue Impulse zu kriegen.

Auf dem Treffen werden auch mehrere Preise verliehen. Einmal der sogenannte Inno-Spatz der Stadt Göttingen, mit dem besondere Innovationen oder Verdienste für das Spielen belohnt werden. Auch die Preisträger des traditionsreichen Hippodice-Autorenwettbewerbs werden hier ausgezeichnet. Und schließlich vergibt die Jury Spiel des Jahres einen Förderpreis für unveröffentlichte Spieleautor/innen in Form eines Stipendiums für vier Praktika in der Spieleszene.
Am Sonntag ist das Treffen für die interessierte Öffentlichkeit von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Zwar können nicht alle Autor/innen beide Tage anwesend sein, aber es sind immer noch viele Leute da, und man kann sich mal ansehen, wie ein Spiel im Rohstadium aussieht, und es natürlich auch mal anspielen. Wer sich darauf einlässt, kann auch an einer Spieleverlosung teilnehmen, die dieses Jahr von Amigo gesponsert wird. Und wer weiß, vielleicht seid Ihr auf diesem Wege unter den ersten, die eine neue Spieleperle kennen lernen, die im nächsten Jahr oder so ganz groß rauskommt? Niemand weiß, wie viele Spiele in Göttingen schon den Weg in einen Verlag gefunden haben, aber es sind viele Hundert. Vor einigen Jahren gab es mal eine Umfrage unter den in jenem Jahr angemeldeten Leuten, und dabei kam eine ganz imposante Liste heraus. Ich selbst hatte auch das Glück, mich da eintragen zu können, und wenn alles gut geht, kann ich demnächst ein zweites Spiel hinzufügen. 😉

Wer also am 5. Juni noch nichts vorhat und in nicht allzu großer Entfernung von Göttingen wohnt, sollte sich ruhig mal auf den Weg machen. Der Eintritt in die Stadthalle ist kostenlos.

zungenwuerfel

35. Spieleautorentreffen in Göttingen

Für angemeldete Gäste (mit Eintritt) am 4. Juni von 9 bis 19 Uhr
für alle am 5. Juni von 10 bis 14 Uhr – Eintritt frei